Zwei Glückspilze auf Reisen

Noch bevor Valerie und ich in Benin angekommen waren stand fest, dass wir auch Ghana sehen wollen und während des ganzen Freiwilligendienstes war unsere Ghanareise so als Highlight am Ende diesen Jahres geplant. Und diesem Begriff Highlight wurde sie definitiv gerecht. Für den Trip hatten wir aber auch im Kopf im Togo, durch den wir sowieso durchmussten, Halt zu machen. Was uns bei dieser Reise wichtig war, war die Spontanität. Mal keinen Guide buchen, sondern selber losziehen und dann je nach Lust und Laune entscheiden wo wir hinwollen und wie lange uns ein Ort festhält.

Die Jagd nach Visen

Dass ich mit meiner deutschen Staatsbürgerschaft und einem EU-zugehörigen Land ganz schön verwöhnt bin was das Thema Visum angeht, wurde mir vor dieser Reise mal wieder bewusst. Das einzige Mal, dass ich mich in meinem Leben zuvor um ein Visum kümmern musste, war das für Benin. Denn eigentlich bin ich es gewöhnt einfach so problemlos über Grenzen spazieren zu können.

Das Ghanavisum war verhältnismäßig einfach: Zur ghanischen Botschaft fahren. Dem Zemfahrer erklären, dass man ihn nicht mit nach Deutschland nehmen kann. In der Botschaft erfahren, dass man fürs Ghanavisum sämtliche Sachen, wie ein Einladungsschreiben, Passkopien usw. braucht. Also wieder zurückfahren, ein paar Tage später wiederkommen, Formulare ausfüllen. Einen Spaziergang zu einem Kopiershop machen, den man erst findet, nachdem man zig Leute gefragt hat, zurück in die Botschaft wandern, alles abgeben, zahlen (15.000 CFA=23 Euro), heimfahren. Drei Tage später wiederkommen, Reisepass mit Visum abholen, fertig!

Die Togolesen machten uns da schon etwas mehr Kopfzerbrechen: Eine togolesische Botschaft in Benin? Fehlanzeige. Und auch das Visum einfach schnell an der Grenze zu holen, wie es früher der Fall war, geht seit ein paar Monaten nicht mehr. Nein, das togolesische Visum gibt es jetzt ganz modern in einem Onlineformular. Allerdings viel zu wenig ausgeklügelt. So musste man das Foto seines Flugtickets angeben, obwohl man noch eine Seite zuvor angegeben hatte, dass man auf dem Landweg einreist. Aber das Visum zeigte auch ständig andere Probleme auf, sodass ich eine ganze Weile am Bibbern war, ob mir das Visum noch rechtzeitig ausgestellt werden würde. Schwein gehabt! Damit war das Thema Togovisum jedoch noch nicht gegessen, denn später in Lomé mussten wir noch zweimal zur zuständigen Ausweisstelle bis dann endlich alles vollendet war.

Warme Herzen in Lomé

Am Vormittag des 8. Julis ging unsere Reise dann los. Lomé, die Hauptstadt vom Togo, war unser erstes Ziel. Dort kommt man von Cotonou aus ganz praktisch mit einem der Autosammeltaxis hin. Meistens ist man dann mit ziemlich vielen anderen Menschen in ein Auto gequetscht, aber diese Fahrt war verhältnismäßig entspannt. An der Grenze zu Lomé mussten wir fast eine Stunde mit Bürokratien verbringen, aber dann war das Wunder vollbracht und ich stand das erste Mal auf dem Boden eines anderen afrikanischen Landes als Benin.

Der Unterschied Togo-Benin ist ähnlich wie Österreich-Deutschland. So wirklich viele große Unterschiede gibt es nämlich nicht. Zum Beispiel spricht man im Togo auch französisch und der Entwicklungsstand ist ungefähr derselbe. Aber, und das habe ich erst festgestellt als wir schon dort waren, es gibt eine Zeitverschiebung von einer Stunde. Die Leute tragen außerdem etwas weniger traditionelle Kleidung und an sich gilt Ware im Togo billiger, was sicherlich auch mit dem riesigen Hafen in Lomé zu tun hat. Übrigens ist der Togo eine ehemalige Deutsche Kolonie, was man v.a. daran merkt, dass noch sehr viel Deutschunterricht in den Schulen stattfindet.

Die gesamte Fahrt dauerte 4-5 Stunden und rausgelassen wurden wir direkt am Rande des großen Marktes. Natürlich wollten uns gleich alle Zemfahrer zum Hotel fahren, aber als wir uns deren Preise anhörten, fühlten wir uns doch ganz schön verarscht und wollten uns so lieber erstmal die Strecke auf Google Maps ansehen. Auf diese Weise lernten wir Dilan kennen: Da wir noch keine Togo-SIM-Karte hatten, bot er uns an, die Entfernung zum Hotel auf seinem Handy nachzuschauen. Nachdem die Zemfahrer 1. immer noch viel zu hohe Preise wollten und 2. den Ort nicht kannten, brachte Dilan den Vorschlag, eine von uns, die dann mit dem Handy navigiert, auf seinem Motorrad zu fahren und die andere solle ein Zem, das nachfährt, nehmen. Ich bin ein relativ misstrauischer Mensch und so war ich es auch erst bei Dilan. „Warum hilft er uns?“, waren meine Gedanken. „Will er Geld? Nummer? Europa?“ Aber nachdem er mir sein Handy in die Hand drückte und dann aus meinem Sichtfeld verschwand, um sein Motorrad zu holen fand ich vertrauen. Und so fuhren wir und fuhren und kamen irgendwann irgendwo im Nirgendwo an. Abgeschottet und definitiv nicht mehr im Zentrum von Lomé stellte sich dann heraus, dass unser Hotel ein Scam war (wir hatten glücklicherweise noch nichts gezahlt!) und waren wegen der komischen Lage aber auch gar nicht so traurig darüber. Auch da Dilan schon einen Plan hatte. Im Endeffekt fuhren wir wieder zu unserem Ausgangspunkt, nur diesmal in den Markt rein. Dort war nämlich ein günstiges, sicheres und offensichtlich gut gelegenes Hotel, das unser neuer Freund sehr gut kannte. Wir ließen uns dort nieder und unsere Lomébesichtigung konnte beginnen. Den restlichen Tag, eben so wie den nächsten und den ersten Teil des übernächsten verbrachten wir auf dem Markt oder am Strand.

An unserer Seite immer Dilan, der wie sich lustigerweise rausstellte, auch schon mit den Schwestern in Cotonou zu tun hatte, u.a. durch eine Ausbildung im ME. Unser Lieblingsort aber war eine windige Terrasse, ganz oben auf dem Hotel. Von dort aus konnte man unter sich das Marktgewusel beobachten, während nicht fern über einem immer wieder Flugzeuge vorbeiflogen und der Ozean, der direkt auf der anderen Straßenseite lag, zahlreiche Schiffe am Horizont schaukeln ließ. Außerdem mussten Valerie und ich am zweiten und dritten Tag vormittags noch zur Ausweisstelle wegen des Visums und besuchten an unserem zweiten Abend in Lomé eine Freundin, eine ehemalige Präaspirantin, die dort wohnt. Die am Ende noch 6 Präaspirantinnen haben nämlich mittlerweile alle das Schwesterngelände verlassen und verbringen gerade ein paar Wochen bei sich zu Hause. Im Oktober geht die Ausbildung dann in Lomé weiter. Zu unserer Freundin hinzukommen war auch eine kleine Tortour, da es schon dunkel wurde, wir keinen genauen Standort, nicht viel Akku und nicht viel Handykredit hatten. Außerdem war ihr Wohnort auch gar nicht direkt in Lomé. So fuhren wir bei Dämmerung durch das Maisfeld irgendeines Dorfes und landeten schließlich bei einer menschenseelenleeren Schule. Danke an diesen Zemfahrer, der sich kein einziges mal beschwert und völlig selbstverständlich mit uns auf weitere Informationen gewartet hat. Nachdem wir als genaueren Standpunkt nun noch eine Kirche mitgeteilt bekamen und sich unser Zemfahrer geduldig durchfragte, konnte eine Frau bei der Kirche unserem Zemfahrer endlich den genauen Standort zum Wohnort der Präaspirantin beschreiben. Der Weg hatte sich aber gelohnt. Wir wurden mit offenen Armen empfangen, bekamen Saft eingeschenkt und versanken schließlich in Gesprächen. Afrikanische Häuser bestehen oft aus einem großen Innenhof, um den herum dann ein paar kleine, einstöckige einfache Häuschen gebaut sind, die wiederum auch oft nur aus einem oder wenigen Räumen bestehen. Ein Großteil des Lebens spielt sich dann in diesem Innenhof ab, macht ja auch Sinn bei diesen Temperaturen. Und so saßen wir dann ca. zwei Stunden da, während die Familie um uns herumwuselte. Irgendwie ist das immer so schön, dass hier generell meist keiner abgeschottet von den anderen lebt, sondern alle immer irgendwie zusammen. Egal ob Familie, Nachbarn, oder Bekannte. Nachdem uns der Vater netterweise noch Stoffe geschenkt hatte, kehrten wir mit einem bekannten Zemfahrer der Familie glückstrunken wieder zurück.

Die zwei Seiten Accras

Da Lomé direkt an der ghanaischen Grenze liegt, marschierten wir zu Fuß in unser 2. Reiseland. Während die Formalien zum Ausreisestempel auf der togolesische Seite etwas schnell und unhöflich abgefrühstückt worden waren, ging es auf der gar ghanaischen Seite mit dem Einreisestempel direkt deutlich lustiger und freundlicher zu. Dass ich jetzt „yes“ statt „oui“ und „thank you“ statt „merci“ sagen musste, wollte mein Kopf noch nicht so richtig verstehen. Eigentlich wär die günstigste Möglichkeit, um zu unserem nächsten Ziel zu kommen, die Busfahrt gewesen, allerdings hatten wir in diesem Moment leider falsche Preise im Kopf und weil es sich anbot fuhren wir so mit einem Sammeltaxi nach Accra: in die Hauptstadt Ghanas. Ghana wirkt v.a. in den großen Städten im Vergleich zu den meisten anderen westafrikanischen Ländern ziemlich entwickelt. Das macht sich nicht nur an offensichtlichen Sachen wie bspw. der Architektur bemerkbar, sondern auch an dem Glutengehalt im Essen. Aber man darf sich nicht täuschen lassen. Hinter hohen schicken Häusern und funktionierenden Klospülungen verbergen sich auch in Ghana massenweise Armut und harte Lebensrealitäten.
Schon aus den Autofenster werfen Valerie und ich natürlich einen Blick auf eines unserer Lieblingsthemen: Die Kleidung. Während die Beninerinnen und Beniner immer superelegant aussehen in ihren bunten gemusterten traditionellen Stoffen, sieht es was das angeht bei den Ghanaern etwas langweiliger aus: Sie tragen „normale“ Kleidung und wenn man doch mal einen Stoff sieht, dann nur an Frauen. Auch was Frisuren angeht sieht es etwas anders aus: Ein großer Anteil der Frauen hat irgendein Tuch um ihren Kopf gewickelt, aber man sieht auch deutlich mehr Frauen mit offenen, natürlichen Haaren als in Benin. Nachdem wir uns kurz in unserem Hostel eingerichtet hatten, es war schon lange nach Sonnenuntergang, lockte uns der Hunger nochmal vor die Türe. Wir suchten nach einem geeigneten Essenstand und wurden bald fündig. Auch hier zeichnen sich kleine Unterschiede zur beninischen Küche ab, auch wenn der Grundbaustein (meist Reis mit Soße) gleich ist, nur eben anders zubereitet. Am nächsten Morgen waren wir erstmal etwas planlos, aber eine nette Deutsche, mit der wir am Frühstückstisch ins Plauern kamen, schlug uns ein paar Sehenswürdigkeiten in Accra vor. Na dann mussten wir doch eigentlich nur noch dorthin kommen!? Aber Zems gibt es in Accra kaum und die, die man sieht, fahren äußerst unverantwortlich. Nein, hier nimmt man Uber (Autotaxi), den man mit einer App bestellt und bei dem die App den Preis anzeigt. Taxis, die man zu sich winkt und den Preis verhandelt, sind eine weitere, aber v.a. wenn man sich nicht wirklich auskennt auch deutlich teurere Angelegenheit. Also downloadeten wir uns die Uber-App und warteten bis der Uber endlich kam. Nicht nur das Warten auf den Uber ist etwas nervig, auch die Abhängigkeit vom Internet und dann der Stau, den man im Auto viel mehr einzuberechnen hat, als auf dem Motorrad. Nachdem wir vergeblich versuchten an eine SIM-Karte ranzukommen waren wir schon etwas frustriert. Tatsächlich hatten wir im Endeffekt bis Tag 5 in Ghana keine SIM-Karte, weil wir es immer irgendwie anders ganz gut schafften uns durchzuschnorren. Also machten wir uns auf den Weg zu den Sehenswürdigkeiten. Sehenswürdigkeit Nummer 1 war ein Kunstmarkt, an dem die Verkäufer relativ aufdringlich versuchten, ihre Ware an die Touristen loszuwerden. Ich bin ja generell schon eine recht schlechte Käuferin und irgendwie fühlte ich mich auf dem Markt nicht wohl, wahrscheinlich weil es so ein reiner Touristenhotspot ist und ich so das Gefühl hatte, Accra und Ghana gar nicht kennenzulernen. Auch unser zweites Ziel war nicht wirklich besser: Der Memorial Park. „Ach wie lange waren wir in keinem Park mehr gewesen!“, dachten wir uns. Wir kauften uns Reis to go und wollten uns zum Verzerr entspannt in den angepriesenen Park setzten, den ich mir wie eine große Grünfläche mit Wiesen und Bäumen vorgestellt habe. Pustekuchen. Schon als wir von außen dran vorbeigingen, sahen wir, dass der Park fiel geschleckter und kleiner aussah, als in meiner Vorstellung und als wir dann auch noch in eine große Eingangshalle gelangt waren und auf die Preisliste starrten, machten wir auf der Stelle kehrt. Ich möchte hier nicht diesen Park mit seiner Bedeutung klein reden. Es war nur einfach nicht das, was wir in diesem Moment gesucht hatten, und v.a. war es wieder beinahe nur für Touristen (das sagten schon alleine die Preise aus). Na toll, was nun? Doch wie durch ein Wunder tauchte da gerade wieder der Mann auf, der uns eben noch den Weg erklärt hatte. Eigentlich wollte er nach unserer Nummer fragen, aber ich hatte eine bessere Idee. Und so erklärte ich ihm unser Dilemma und fragte ihn, ob er nicht irgendwelche weniger touristischen, sehenswerten Orte in Accra kenne.

So leicht waren unsere nächsten Stunden gerettet. Emmanuel war eigentlich gerade auf dem Heimweg von der Arbeit, aber freute sich, uns seinen Heimatort und sein Wissen darüber mit uns teilen zu können. Und so gingen wir die nächsten Stunden die Straße, die auch am Memorial Park vorbeiführt, entlang, machten viele kleine Abstecher in denen wir kleine Slums, einen Schlachthof, einen Leuchtturm, ein ehemaliges Hotel, einen ziemlich armen Fischerhafen, der gerade renoviert wurde und das ein oder andere weitere zu Gesicht bekamen, während Emanuel erzählte und erzählte. Immer wieder tauchte der Ozean in seiner Pracht vor uns auf. Als es dunkel wurde kehrten wir glücklich über diesen besonderen Nachmittag zurück ins Hostel.

Durchatmen in Kizzi (Dorf bei Cape Coast)

Der nächste Tag war dann ein kompletter Reisetag. Acht Verkehrsmittel brauchte es, damit Valerie und ich an unserem Ziel ankamen. Das wäre allerdings nicht der Normalfall gewesen. Vom Hostel ging es mit einem Auto zur Busstation in Accra. Dort warteten wir dann fast zwei Stunden im Bus, bis dieser endlich voll war und somit losbrauste. Dem Ticketmann hatten wir zwar weis gemacht, dass wir in Cape Coast raus wollen, diese Information war wohl aber nicht bis zum Fahrer durchgedrungen. Als mein Google Maps nach über 3 Stunden Fahrt anzeigte das Cape Coast schön langsam nicht mehr vor, sondern hinter uns lag konnten wir den Bus zum stehen bringen und raushüpfen. Mit einem Kleinbus und anschließend einem Taxi fuhren wir dann genau die Strecke, die wir gerade nach Westen gefahren waren wieder nach Osten zurück und kamen anschließend mit einem Tuktuk zum Baobab Hostel. Welches Gefährt wir wohin nehmen müssen, das war dank der bemerkenswert großen Hilfsbereitschaft der Ghanaer kein Problem herauszufinden. So und was ist jetzt das Baobab Hostel? Ein Grund warum wir nach Ghana wollten war Nielson, ein ehemaliger Klassenkamerad von Valerie, der Volontariat in Ghana macht und uns für unsere erste Reise schon in Benin besucht hatte. Genauer gesagt wollten wir nach Kizzi, einem Dorf in der Nähe von Cape Coast. Das Projekt heißt „Baobab Children Foundation“ und in Cape Coast gibt es ein zum Projekt gehörendes Hostel. Dort trafen wir auf Nielson, kauften uns in der Stadt noch etwas zu essen und brachen dann mit einem Taxi und Minibus nach Kizzi auf. Bei mittlerweile Dunkelheit kamen wir in dem Dorf und nach einem kleinen Fußmarsch auch im Projekt an. Später lernten wir dann noch Nielsons Mitfreiwillige Louisa kennen, mit der wir uns sehr gut verstanden.

Den nächsten Tag verbrachten wir entspannt auf dem Gelände, schauten uns das Projekt genauer an, quatschten mit ein paar der Jugendlichen und guckten am Abend alle gemeinsam einen selbstgedrehten Film zum Thema Plastikmüll. Ja und was ist denn überhaupt das Projekt? Auf einem großen Gelände im Grünen stehen zahlreiche Häuschen, sodass das Gelände wie ein eignendes Dorf wirkt. Es gibt ein Mädchenschlafsaalshaus, ein Jungenschlaafsaalhaus, ein Lehrerschlafsaalhaus, ein Unterrichtsräumehaus, ein Küchenhaus, ein Volontärshaus und verschiedene Ausbildungsbereichshäuser. Zusätzlich wird auf ein paar nahegelegenen Feldern auch noch Landwirtschaft betrieben. Auf diesem Gelände leben ca. 100 Jugendliche zwischen ca. 13-20 Jahren, die aus schwierigen und armen Verhältnissen stammen, oder gehandicapt sind. Sie leben auf dem Baobabgelände für vier Jahre, in denen sie dort ihre Ausbildung meistern (Schreinerei, Weberei, Schneiderei, Batik, Küche,…) und unterrichtet werden. Die Aufgaben von Nielson und Louisa sind verschieden. Teilweise helfen sie beim Unterricht, machen Sport mit den Jugendlichen, Basteln, machen Bibliothektsbetreuung, usw. Außerdem starten sie auch Projekte wie beispielsweise den Film, den sie mit den Jugendlichen gedreht haben.

Am darauffolgenden Morgen standen wir schon um 5:00 Uhr auf. Freiwilliges Morgenjogging für die Jugendlichen war angesagt. Der Moment des Aufstehens war hart, das Joggen noch mehr (ehrlichgesagt mache ich hier bis auf regelmäßiges Tanzen gar keinen Sport). Aber als wir auf dem Rückweg dann gingen, konnte ich es richtig genießen und bin noch immer ein bisschen angetan von der Morgenluft und dem Gefühl schon vorm Frühstück morgens richtig produktiv gewesen zu sein. Nachdem wir den restlichen Tag noch entspannt auf dem Gelände verbracht hatten, hieß es am Nachmittag dann mal wieder Aufbruch. Mit Nielson zusammen verließen wir Kizzi und fuhren mit einem Sammelminibus nach Cape Coast, unserer nächsten Etappe.

Intensive Eindrücke in Cape Coast

In Cape Coast angekommen machten wir es uns direkt bei dem Laden eines ghanischen Freundes von Nielson bequem. Seine Frau hatte doch tatsächlich Fufu für uns gemacht (traditionell ghanisches Essen, eine Art fester Brei, ähnlich wie Igname pilé), herrlich. Später schauten wir vor dem Laden dann zuerst das EM-Finale (Glückwunsch Spanien!) und anschließend den selbstgedrehten Film. Die drei Nächte in Cape Coast verbrachten wir natürlich im Baobab Hostel und in der ersten davon war Nielson auch noch bei uns. Am nächsten Morgen klingelte der Wecker tatsächlich schon wieder um 5 Uhr, Valerie und ich machten uns rasch fertig und fuhren dann zum Karkum-Nationalpark. Aus drei Quellen wurde uns nämlich mitgeteilt, dass man dort sehr früh vor Ort sein muss, um nicht in den kompletten Menschenwall zu geraten und ewig warten zu müssen. Etwas übermotiviert standen Valerie und ich also schon um 7:00 Uhr bei bei der Kasse des Nationalparks auf der Matte. Außer ein paar Angestellten war niemand zu sehen. Weil wir also deutlich zu früh da waren mussten wir eine Stunde warten, die wir uns mit „Vier gewinnt“ aus Naturmaterialien gemütlich gestalteten. Weil man die Tour nur mit Guide machen darf, hieß es dann nochmal eine halbe Stunde warten. Die Tour an sich war schön aber v.a. für den Preis mit einer halben Stunde Dauer etwas kurz. Erst stiegen wir viele Treppen hoch und dann befanden wir uns auf einem Baumwipfelpfad. Die Konstruktion der Baumwipfelwege bestand eigentlich nur aus Leitern, über die Bretter gelegt worden waren und drum herum ein Netz. Mama, du hättest es geliebt**. Aber die Aussicht war schon toll.

Zurück im Baobabhostel frühstückten wir dann entspannt mit Nielson und waren später noch auf dem Markt in Cape Coast, der ganz anders ist als der Marché Dantokpa. Um Welten kleiner, weniger Kinderarbeit und ein Teil ist tatsächlich auch in Gebäuden drin. Nach einem feierlichen Reisabendessen hieß es dann sich von Nielson zu verabschieden, der wieder zurück zu seinem Projekt musste.

Cape Coast als Stadt hat mich an vielen Ecken von der Architektur an Italien erinnert. Von 1664 bis 1877 war Cape Coast die ghanaische Hauptstadt und einer der größten Sklavenhandelspunkte Westafrikas. Ein absolutes Muss bei einem Besuch in Cape Coast ist demnach auch das Castle. Wir haben am nächsten Tag die Tour durch das Schloss gemacht und haben den damaligen grausamen Umgang mit den Sklaven ganz nah erlebt. Sklaven wurden dort Monate, wenn nicht Jahre in dunklen Bunkern auf engstem Raum zusammengepfercht mit kaum essen und trinken und mussten abwarten bis sie schließlich durch das Tor vom Schloss zum angrenzenden Meer gebracht wurden, um in die neue Welt verschifft zu werden. Vergewaltigungen von den Briten waren alltägliches Prozedere für die Sklavinnen und hohe Strafen, wenn du es nicht einfach über dich ergehen lässt. Und wer seinen Mund aufgesperrt hat und dieses unmenschliche System kritisierte wurde mit anderen Leuten zusammen in einen kleinen dunklen Raum gesperrt, bis alle darin verdurstet oder welchen Tod auch immer gestorben waren. Die Bilder und Erzählungen im Kopf nachklingend gestalteten wir den Tag noch ruhig und verbrachten anschließend Zeit mit Louisa, die an ihrem freien Tag auch nach Cape Coast gefahren war.

Letzte Station in Keta

Als Zwischenstopp auf der Heimreise zwischen Cape Coast und Cotonou wählten wir Keta. Mit einem gemütlichen Kleinbus ging es nach Accra. Mit dem Uber fuhren wir dann bis zum Markt, wo es weitergehen sollte. Wir kauften uns Reis und auch später, also wir schon im Minibus saßen, deckten wir uns noch mit einigen Leckereien ein von Marktfrauen, die einem die Sachen bis in den Bus reichen. Auch während der Fahrt ist das immer so ein Ding, dass überall Verkäuferinnen und Verkäufer stehen und die Ware mal mehr mal weniger aufdringlich anpreisen. An roten Ampeln zum Beispiel. Wir hatten uns leider mit der Uhrzeit etwas verschätzt und kamen so erst um 23:00 Uhr an – netterweise waren wir bis direkt vors Hotel gefahren worden. Und so lagen wir auch schon kurze Zeit später schlafend in unseren Betten. Am nächsten Morgen, dem 18.07 und somit letztem Reisetag, sahen wir dann erst, wo wir gelandet waren. In einem ziemlich großen, grauen, verlassenen und runtergekommenen Hotel. Durch eine ebenfalls ziemlich verlassene Gegend gingen wir zum Strand und verbrachten dort in aller Ruhe noch etwas Zeit bis wir losmussten. Zusammenpacken, auschecken, Sammeltaxi suchen. Wir wurden direkt an der Grenze zu Lomé rausgelassen und dann begannen lustige Minuten. In Ghana zahlt man nämlich mit Cedi und nicht CFA und wir hatten umgerechnet noch ein paar Euro in der Hand, die wir nun loswerden mussten. Wir schlugen einfach bei allem zu, was uns die Leute anboten und was lecker aussah (Früchte, Säfte, etc.). Nachdem wir uns den Ausreisestempel für Ghana geholt hatten, ging es zum Einreisestempel für Lomé. Eine der ersten Fragen war dann mal wieder, ob wie den lieben Herrn Beamten nicht heiraten möchten. Das war in Ghana tatsächlich angenehmer gewesen, klar hatten wir da auch ein paar Begegnungen in die Richtung erlebt, aber deutlich weniger. Eine andere interessante Feststellung ist, dass wir in Benin immer für Französinnen gehalten werden und in Ghana war die Frage tatsächlich meistens „german“? Mit einem Sammeltaxi ging es dann von Lomé aus wieder zurück nach Hause, nach Cotonou.

Die Reise war absolut interessant und gefüllt mit Marmeladenglasmomenten! Ich hoffe ich konnte euch auf diesem Wege ein bisschen mitnehmen und über die verschiedenen Kulturen in Teilen Westafrikas erzählen.

LG Teresa


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  1. Vroni

    WoW!! Teres, das klingt sooo spannend!! Bin stolz auf dich und deinen Mut!

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