Tag 76 – Was? Schon?

Liebe Leser,

hier einfach nochmal ein kleiner Zwischenstand, und ein paar Dinge, die ich hier in Ruanda bis jetzt gemacht und erlebt habe.

Zuerst einmal gefällt es mir immer noch sehr gut.  Ich fühle mich vor allem in der Gemeinschaft der Salesianer, die hier zu meiner Familie geworden sind, sehr wohl. Besonders die Köchin ist mir sehr ans Herz gewachsen und mir und Valentina eine richtige Mama.

Auch unser sonstiges Leben spielt sich hauptsächlich auf dem Gelände des VTC oder des Noviziats (=letzte Station, bevor man in die Gemeinschaft der Salesianer aufgenommen wird) auf der anderen Straßenseite ab.

Doch auch Kigali, und alle möglichen Behörden dort, kennen wir mittlerweile ganz gut. Insgesamt 6-mal waren wir schon in der Hauptstadt (das heißt jedes Mal 3 Stunden im Bus hin, 3 Stunden zurück, hier mehr zum Thema Verkehrsmittel in Ruanda). Meistens brauchten wir Dokumente für unser Visum. Mitte Oktober waren wir aber auch in Kigali bei einem Empfang zum Tag der deutschen Einheit, in der deutschen Botschaft eingeladen. Das war vor allem deshalb interessant, weil wir einen guten Einblick in das Leben anderer Freiwilliger bekommen haben und auch sonst mal eine willkommene Abwechslung.

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Blick auf Kigali

Dennoch: das Schönste an unseren Kurztrips fand ich bis jetzt immer, dass wieder zu Hause in Rango ankommen. War das nämlich auch noch vor 6Uhr wurden wir immer herzlichst von den Kindern und Jugendlich hier begrüßt.

Auch unser Kinyarwanda macht deutliche Fortschritte. Sogar das Mot du soir, ein kleines Abendwort für die Kinder im Oratorium, halten wir mittlerweile schon auf Kinyarwanda. Meistens allerdings abgelesen und mit unserem Sprachlehrer vorbereitet. Dieser bringt uns nicht nur die Sprache bei. Von ihm lernen wir viel über die Kultur und er gibt uns viele Tipps, wie wir uns richtig zu verhalten haben. Das ist oft gar nicht so einfach. Hier ein Paar Dinge, die uns am Anfang echte Schwierigkeiten bereitet haben:

Eeeh = Ja

Augenbrauen hochziehen = Ja

Winken (Hand öffnen und schließen) = Komm! Und nicht wie bei uns Tschüss.

Ihr könnt euch sicher denken, zu was für Verwirrungen diese kleinen Unterschiede führen können.

Auch ist es für mich oft schwierig einzuschätzen, in welchem Maße der Körperkontakt normal ist, und ab wann es komisch wird. Fasst jemand dich am Arm beim Reden oder hält deine Hand ist das zum Beispiel ganz normal.

Ein anderes Ding, an das man sich mittlerweile fast gewöhnt hat, ist immer „Umuzungu“ gerufen zu werden. Das heißt Weißer auf Swahili, kann aber auch einfach für einen reichen Menschen oder einen sehr hellhäutigen Afrikaner benutzt werden und wird uns regelmäßig auf der Straße von fremden Personen hinterhergerufen. Ein richtiges Erfolgserlebnis ist es dann, wenn man plötzlich mit seinem eigenen Namen gerufen wird, wie es immer häufiger der Fall ist.

Ein Erlebnis war dann aber doch noch sehr skurril für mich: Als wir mit unserem Sprachlehrer gestern einen Lehrspaziergang durch unser Viertel gemacht haben, trafen wir auf ein ca. 5-jähriges Mädchen, das mich und Valentina aus 20m Entfernung gesehen hat. Sofort hat es angefangen wie am Spieß zu schreien und sich an seine große Schwester zu klammern, als ob es ein Monster sehen würde. Wir waren also wohl die ersten Weißen, die es bis dahin zu Gesicht bekommen hat, erklärt uns der Sprachlehrer.

Ansonsten sind zurzeit 2 Monate Schulferien. Das heißt unser Deutschunterricht findet nicht statt, dafür unterrichten wir 3-mal die Woche Englisch. An den restlichen Tagen, probiere ich jede verfügbare Zeit zu nutzen, um den Kindern etwas beizubringen. Das kann Englisch sein, das kann aber auch schreiben und rechnen sein, je nachdem, ob das Kind sonst zur Schule geht, oder nicht. Ein Junge kann jetzt zum Beispiel die Zahlen bis 6 schreiben, ein anderer seinen Namen, und der nächste hat die 3er-Reihe verstanden. Wenn wir den Kindern außerdem die Möglichkeit zum Duschen geben, wie wir es letzten Samstag das erste Mal gemacht haben, ist sogar schon mal ein quieken vor Glück zu hören. Außerdem habe ich begonnen, einige Knöpfe anzunähen, damit die Kinder nicht mehr Bauchfrei rumlaufen müssen. Auch eine Hose und Pullis habe ich schon geflickt.

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Namen Lernen

Neben Volleyball, Fußball und Basketball tanzen hier nachmittags auch immer einige Jugendliche. Meistens Hip-Hop. Voller Neid können Valentina und ich da nur zuschauen, wenn wir sehen, was hier sogar die Kinder schon draufhaben. Dennoch geben wir auch da unser Bestes, uns nicht zu sehr zu blamieren, in dem wir uns von den Jugendlichen ein bisschen was beibringen lassen. Wer weiß, vielleicht kriegen wir in einem Jahr sogar die traditionellen Tänze hier hin.

Die restliche Zeit verbringen wir mit Beten (morgen Messe, abends Gebet). Also fast jedenfalls. So schlimm wie das klingt, ist das meistens aber gar nicht. Sogar unser Französisch verbessert sich dadurch, und nur sonntags wird es nach 2 Stunden in der oft ziemlich heißen Kirche, echt anstrengend.

So fliegt die Zeit bei uns also dahin und ich sende euch allen liebe Grüße, und freue mich über jede Rückmeldung,

Lina

oder auch Rina, Nina, Aline, … wie ich hier auch schonmal heiße.

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2 Kommentare

  1. Lena Felder

    Hallo liebe Lina,
    ich habe mich sehr gefreut deinen Eintrag zu lesen und hoffe das es dir so gut geht, wie es sich anhört. Ich wünsche dir weiterhin eine tolle Zeit und einen schönen Advent! Viele liebe Grüße an Valentina! Haltet die Ohren steif =)

  2. meine liebe kleine grosse
    endlich!!!!!hat unser rechner sich entschlossen, deine nachricht als ungefährlich durchzulassen…
    es liesst sich ganz nett, was du schreibst – eher ruhig, oder???
    gitte berichtete von den bettwanzen – u. ich habe in einem reisebegleiter voll mit homöopathischen tipps gelesen, dass bettgestelle u. matrazen mindest. 1x monatlich in die sonne müssen (diese komischen umuzungus….) u. wenn sich die kleinen schon eingenistet hätten: konzentrierte kochsalzlösung in alle ritzen des bettes giessen…
    wie sind denn erfahrungen mit empfang von päckchen? weihnachlichen , z.b.????
    hier ist alles okay. ich sitze gerade vor einem aufgeräumten u. blitzsauberen schreibtisch – ich war 1 woche wegen einer stärkeren erkältung nicht bei der arbeit – u. hatte zeit, diesen lange gehegten plan, endlich umzusetzen.
    brauchst du was???? bescheid schreiben!!!
    sei ganz, ganz lieb gegrüsst u. umarmt. deine doris mit pe u. santoz

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