Ring, ring, ring. Es ist 5.36 Uhr und mein Wecker reißt mich unsanft aus dem Schlaf. Ich schalte ihn aus, drehe mich um und schaffe es doch tatsächlich in den 2 Minuten, bis der nächste Wecker klingelt, noch einmal einzuschlafen. Jetzt muss ich mich aber wirklich beeilen. Immer noch im Halbschlaf ziehe ich mich an, putze meine Zähne und klopfe gegen die Wand. Als Antwort kommt ein Klopfen zurück und kurz darauf treffen Laura und ich uns auf dem Flur und laufen zur Kapelle. Jeden Morgen ist hier um 5.45 Uhr Morgengebet, Messe und anschließend eine Meditation, in der man Lesen, Beten oder auch ausversehen noch einmal kurz einnicken kann. Um 7:00 Uhr gibt es dann Frühstück. Aufs Frühstück freue ich mich immer ganz besonders, denn mit dem selbst gebackenen Brot und einem starken Kaffee oder einer Tasse Tee lässt sich die Müdigkeit dann doch überwinden. Anschließend machen wir uns auf dem Weg zum Mot du Matin. Bevor die Schule beginnt gibt es jeden Morgen ein Morgenwort mit anschließendem Gebet für die Schüler.

Danach haben Laura und ich noch ein paar Minuten Zeit, die irgendwie immer ganz schnell schon um sind und wir uns dann mit etwas Verspätung auf den Weg zum Kinyarwanda- Unterricht machen. Dafür laufen wir wieder über unser Gelände bis zur Schule. Auf dem Weg begegnen wir immer ein paar Leuten, denen wir noch schnell „Mwaramutse! (Guten Morgen)“ zurufen und schließlich bei der Schule ankommen. Manchmal mehr, manchmal weniger motiviert lernen wir dann Kinyarwanda. Wenn letzteres der Fall ist müssen wir unserem Lehrer nur eine Frage stellen und schon fangen wir an, über alles Mögliche zu reden. So lernen wir dann im Unterricht auch noch viel über die Kultur Ruandas. Zum Beispiel, wie man sich höflich begrüßt. Gibt man hier einer älteren Person einfach nur die Hand ist das respektlos. Um Respekt zu zeigen muss man mit der linken Hand seinen rechten Arm berühren während man jemandem die Hand schüttelt. Nach unserem Unterricht unterrichten wir dann Englisch. Einmal unterrichten wir die Schüler des VTC (was mittlerweile TVET = Technical and Vocational Education and Training heißt), aber auch 3 Lehrer der Schule. Früher war das Schulsystem in Ruanda auf Französisch, jetzt ist es auf Englisch. Deshalb können ein paar Lehrer noch nicht so gut Englisch. Außerdem möchte ein Mädchen, das in Rango wohnt, in Deutschland studieren. Deswegen unterrichten wir momentan auch Deutsch.

Also mache ich mich auf den Weg von unserem Klassenzimmer ins nächste (heute unterrichte ich Deutsch) und treffe dabei einen Salesianer. Er fragt mich: „Bringst du deiner Schülerin Schokolade mit?“ Ich antworte: „Nee, wenn jemand Schokolade braucht dann ich, damit ich gut unterrichten kann.“ Zwei Minuten später steht er vorm Fenster und hat mir doch tatsächlich Schokolade mitgebracht. Solche kleinen Momente zeigen mir immer wieder wie wohl ich mich hier fühle. Oft witzeln wir mit den Salesianern oder diskutieren über alle möglichen Themen. Die Schokolade teile ich dann mit meiner Schülerin und so können wir gestärkt mit dem Unterricht weiter machen.

Auf dem Rückweg treffen wir dann ein paar Kinder, die mit ein paar Holzbrettern an einem kleinen Abhang sitzen. „Kommt her und guckt mal“, rufen sie. Sie stellen oder setzen sich auf die Bretter und rutschen den Abhang hinunter. Das muss ich natürlich auch gleich versuchen! Es macht wirklich Spaß, auch wenn ich noch etwas üben muss. Man kann also auch in Ruanda Snow- bzw. Grasboard fahren.

12:35 Uhr gibt es dann Mittagessen. Falls wir auch hier einmal nicht ganz pünktlich sein sollten, ist das auch nicht weiter schlimm, denn meistens ist erst ein Salesianer da und die anderen alle noch unterwegs. Nach dem Essen helfen wir beim Spülen und haben dann etwas Freizeit. Das Oratorium fängt offiziell um 16 Uhr an, aber meistens sind die Kinder auch schon früher da und dann können wir auch schon früher raus. Im Oratorium gibt es eigentlich immer etwas für uns zu tun. Wir verarzten kleine Wunden, flicken kaputte Klamotten, geben Seife zum Waschen heraus oder behandeln Hautkrankheiten. Wir haben hier eine Dusche für die Kinder, wo sie sich waschen können. Sonst machen wir all das, was eben noch so anfällt, wie zum Beispiel Bälle aufpumpen. Wenn es grade nicht so viel zu tun gibt spielen wir mit den Kindern Fußball, Volleyball oder Basketball. Die Gitarren sind immer noch sehr beliebt und fast jeden Tag fragen die Kinder danach. Ab und zu versuchen wir auch, den Kindern etwas beizubringen. Denn viele der Straßenkinder können weder lesen noch schreiben. Auch versuche ich, den Kindern etwas Englisch beizubringen. Es fühlt sich wirklich schön an, wenn ein Kind dann weiß, was „Ja“ und „Nein“ bedeuten und noch ein paar weitere Wörter auf Englisch kann. Ich glaube, dass dieses „Unterrichten“ sehr wichtig ist, weil die meisten Kinder sogar gerne lernen und bereitwillig versuchen, ihren Namen schreiben zu lernen, denn sonst gehen die Straßenkinder nicht zur Schule und haben darauf auch keine Lust. So merken sie vielleicht, dass Lernen auch Spaß machen kann und wollen vielleicht eines Tages doch wieder in die Schule gehen.

Jetzt will ich Euch aber noch von einem Nachmittag erzählen, als wir mit zwei Kindern, die beide an einer Hautkrankheit litten, zur Dusche gegangen sind, damit sie sich waschen können. Eric*, der eine der beiden freute sich und fing gleich an sich zu waschen. Claude* dagegen war nicht so motiviert. Alles aufmuntern half nicht viel und statt sich zu waschen fing er an, seine Schuhe zu putzen. Ich muss dazu sagen, dass hier in Ruanda saubere Schuhe sehr wichtig sind. Oft bekomme ich von den Kindern zu hören, wie dreckig meine Schuhe sind, was sich in der Regenzeit und beim Fußballspielen leider schlecht vermeiden lässt. Trotzdem war ich sehr erstaunt, dass er lieber seine Schuhe putzt, als sich zu waschen. Schließlich hat er sich aber doch gewaschen. Während sich die beiden gewaschen haben saßen wir mit ein paar anderen Kindern auf dem Boden und haben uns unterhalten. Die Kinder finden es sehr lustig, Sehtests mit mir zu machen und auch dieses Mals sollte ich meine Brille abnehmen. Die Kinder laufen dann ein paar Schritte nach hinten und ich muss sagen wie viele Finger sie hochhalten, was natürlich immer sehr amüsant für die Kinder ist, denn ihr könnt euch vorstellen, dass ich nicht viele Zahlen richtig errate. Als aber ein Kind seine Faust hochhielt dachte ich: „Ah das ist ja ganz klar!“ „Null“, sagte ich also und die Kinder guckten mich erstaunt an, denn hier bedeutet sowohl eine Faust, als auch eine offene Hand „5“. Setzt man den Zeigefinder auf den Daumen bedeutet das „0“. Ich habe also wieder etwas Neues dazu gelernt. Später erfuhr ich dann von einem Salesianer, dass wenn man hier Zeigefinger und Daumen aufeinander legt und sich den Kreis, den die Finger bilden vors Auge hält und dann mit der Hand nach vorne geht es so viel bedeutet wie: „Du bist eine Null.“ Also wieder etwas, das für Verwirrung sorgen kann, denn in Deutschland bedeutet so eine Geste viel mehr so etwas wie: „Das ist perfekt“ oder „Das schmeckt köstlich“.

Um 18:00 Uhr gibt es dann ein Mot du Soir für alle Kinder des Oratoriums (das wir auch manchmal halten) und danach gehen sie nach Hause. Für uns bedeutet das: noch schnell unter die Dusche und dann um 18:45 Uhr in die Kapelle zum Abendgebet. Nach dem Abendgebet wird noch eine spirituelle Lektüre vorgelesen und ein Abendwort gehalten. Dabei wechseln sich die Salesianer ab und erzählen von ihrem Tag oder was es sonst noch so an Neuigkeiten gibt.

Abendessen gibt es dann um 19:15 Uhr und bis wir mit Spülen und Tisch decken (für das Frühstück) fertig und wieder auf unseren Zimmern sind, ist es meistens schon 20:30 Uhr.

Für mich ist das hier mittlerweile alles schon Alltag geworden und trotzdem ist jeder Tag anders und das macht es so schön. Auf den Sonntag freuen Laura und ich uns besonders, denn da können wir ausschlafen. Sonntags gehen wir nicht hier in der Kommunität in die Kirche, sondern in Rango und die 1. Messe ist um 7.30 Uhr und die 2. um 10:30 Uhr. Ihr könnt Euch sicher denken, für welche wir uns meistens entscheiden 🙂 Außerdem gibt es sonntagabends immer Bier oder Soda (Cola, Fanta, Sprite) zum Essen, worauf ich mich auch immer freue, denn hier gibt es andere Fanta Sorten, als in Deutschland.

Ich hoffe, ich konnte Euch einen kleinen Einblick in unseren Alltag hier geben und freue mich schon, Euch wieder etwas von hier zu berichten.

Viele liebe Grüße aus Rango,

Katharina

*Namen wurden geändert