Nun hab ich schon viel über meine Arbeit erzählt und ich hoffe ihr habt jetzt einen groben Eindruck davon erhalten. Heute will ich euch erzählen mit welchen Differenzen im Alltag man als Deutscher hier konfrontiert wird.

Zum Beispiel..

..die Fahrten

Angefangen hat es schon an unserem Ankunftstag, als wir von Paolo, einem Mitarbeiter des Don Boscos, in seinem Pick-Up abgeholt worden sind. Wie gut erzogene Deutsche griffen wir natürlich zuerst zum Anschnallgurt und führten diesen zum Anschnaller. Allerdings konnten wir auf der gesamten Rückbank keinen solchen ausmachen. Bueno. Dann gibt es halt keinen Anschnaller. Wurde bei der Konstruktion vielleicht einfach vergessen zu installieren. Dann, bei unserer ersten Taxifahrt in Santa Cruz, auf der Suche nach dem Anschnallgurt. Denn als wir dieses Mal instinktiv wieder nach diesem greifen wollten, griffen wir komplett ins Leere. Nichts. Nada. Kein Gurt. Dafür aber Anschnaller. Fragt sich nur für was. Inzwischen haben wir den Reflex „Anschnallen“ auch schon komplett verloren, da es selbst bei gutem Willen sicher durch die Stadt zu kommen einfach nicht möglich ist.

Die Taxifahrten sind hier sowie so ein klein wenig speziell. Man versucht natürlich immer so viel wie möglich Geld zu sparen. Und je mehr Personen mit einem Taxi fahren, desto günstiger wird die ganze Angelegenheit. Also ist es nicht unüblich sich auch mal zu neunt in einen Viersitzer zu quetschen. Was man hier dadurch auf jeden Fall lernt: Die Origamifaltkunst seines eigenen Körpers.  Genauso amüsant wie die Taxifahrten sind die Microfahrten hier. Der Micro ist ein Kleinbus. Man darf sich diesen absolut nicht so vorstellen wie die Busse Deutschlands. Nein. Im Gegenteil. Es fängt schon bei der Inneneinrichtung des Micros an. Diese ist nicht nüchtern, nur auf das wesentliche beschränkt. Ein Micro wird schön ausgeschmückt. Mal mit Amistuff, mal mit kitschigen Vorhängen, je nach dem persönlichen Geschmack des Fahrers. Die laute, leicht chaotisch anmutende Fahrt wird oftmals untermalt mit Musik. So kann ein Micro wie der absolute Partybus wirken oder wie eine wandelnde Folklore. Auch die Höhe des Micros unterscheidet sich zu den Bussen in Europa. Denn ein normalgewachsener Europäer muss da beim Stehen seinen Kopf einziehen und in Buckelhaltung gehen. So kam es schon vor, dass die relativ klein gewachsenen Bolivianer extra für uns aufgestanden sind, damit wir Riesen uns setzen und unseren Kopf wieder entspannt aufrichten konnten.  Ein weiterer Unterschied zu deutschen Linienbussen: Der Micro hat keine offiziellen Haltestellen. Man stellt sich einfach an den Straßenrand, wenn die richtige Linie kommt winkt man. Und sobald man aussteigen will schreit man kurz dem Fahrer zu. Dies alles macht die Fahrten von A nach B zu meinem kleinen Highlight Boliviens.

Genauso gern wie Micro fahren liebe ich es auch hinten auf der Ladefläche eines Jeeps mit zu fahren. Wenn die heiße Sonne Südamerikas auf den Kopf knallt und der Fahrtwind dir den Atem raubt. Ich liebe es.. Eine abenteuerliche Fahrt im Jeep war beispielsweise zu den Espejillos, Wasserfälle in der Nähe Santa Cruz`. Wir sind eine Stunde über eine kurvige, hügelige Straße entlanggebrettert. Als plötzlich die Klappe hinten auf der Ladefläche aufging. Ich dagegen angelehnt. Zum Glück sind wir nicht auf die staubige Straße geflogen. Aber ab diesem Zeitpunkt hege ich doch ein leichtes Misstrauen in die Klappen der Jeeps hier und versuch mich nicht mehr dagegen zu lehnen.

Und so werden die Kinder hier transportiert:

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..die Tänze

Bolivianer scheinen das Tanzen zu lieben. Überall wird getanzt. Auf der Straße, bei Weiterbildungen zum Thema Don Bosco, in den Kinderheimen, in Restaurants.. Und natürlich in den Clubs. Jedoch wie sie tanzen. Wenn man das so sieht könnte man meinen, dass die Leute hier alle Statisten bei Magic Mike waren. In Deutschland würde man diesen Tanzstil „leicht aufreizend“ nennen. Hier ist er Standard. Auch die Kinder üben sich schon früh darin.

 

..die Toiletten und das Essen

Eine weitere gewöhningsbedürftige Sache, die mir allerdings nicht so zusagt wie die Fahrten ist das Toilettengehen. Denn das Abwassersystem Boliviens ist nicht das Beste. So verkraftet es zum Beispiel kein Toilettenpapier. Dieses muss immer in einem Mülleimer entsorgt werden. Was für mich vor allem in den ersten Tagen doch recht befremdlichend war. Genauso wie der erste Biss in ein Brötchen hier. Okay ein Toilettengang kann jetzt eigentlich nicht mit einem Brot verglichen werden, da es doch zwei ziemlich unterschiedliche Dinge sind, aber es war mindestens genauso befremdlichend und ungewöhnlich für mich wie der Papiereimer auf der Toilette. Denn es sah so schön nach leckerem Roggenvollkornbrot aus. Ich hab mich schon auf den nussigen, vollen Geschmack davon gefreut als ich es gesehen hab.. und dann war es im Grunde genauso süß wie ein Sonntagsgebäck. Und so schmeckt in etwa das ganze Brot in Bolivien. Ich vermisse sehr das gute pikante Schwarzbrot. Oder zumindest ungesüßtes Weißbrot. Nicht nur das Brot ist hier so süß. Nein. Geradezu alles ist süß. Wer denkt, dass Fanta süß ist, hat noch nie bolivianischen Orangensaft getrunken. Wer denkt, dass Fruchtzwerge süß ist, hat noch nie einen bolivianischen Drink Joghurt genießen dürfen. Jeder Zuckerdiätler würde hier maßlos verzweifeln. Genauso wie jeder Kohlenhydratverachter. Denn das Essen besteht größtenteils aus Mais, Kartoffel, Reis. Und natürlich Fleisch, Fleisch und nochmal Fleisch. Und dabei wird zum Beispiel die Kartoffel nicht als Beilage gezählt sondern als Gemüse. Also gesunde, ausgewogene Ernährung ist hier nicht ganz so einfach zu gestalten.

Auch sehr interessant, wie man hier Milkshakes-to-go serviert bekommt:

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In einer Plastiktüte mit Strohhalm.. 😀

So, mehr fällt mir jetzt gerade nicht mehr zu diesem Thema ein, aber ich denke im Laufe des Jahres werd ich noch mit mehr solchen kulturelldifferenten (gibts dieses Wort?) Sachen konfrontiert von denen ich euch dann natürlich berichten werden