Nachdem wir die letzten vier Monate, von kleineren Ausflügen unterbrochen, im Projekt verbrachten, hieß es nun: Urlaub! Und was bietet sich da nicht besser an als Goa? – Urlaubsziel Nummer eins in Indien.
Holpriger Start
Jedoch erreicht uns schon eine schlechte Nachricht, bevor die Reise angefangen hat. Wir erfahren, dass Charlotte und Annette, die Volontärinnen aus Vilathikulam, mit Denguefieber im Krankenhaus liegen. In letzter Zeit gab es einige Fälle in unserer Umgebung, im allerschlimmsten Fall endeten diese sogar mit dem Tod. Ganz so schlimm hat es die beiden zwar nicht erwischt, dennoch ist für sie momentan natürlich nicht an eine Reise nach Goa zu denken. Dementsprechend macht sich unsere, auf vier Menschlein – Magdalena und Lara aus Salem mit Jakob und mir –, geschrumpfte Reisegruppe mit dem Bus auf den Weg nach Salem. Im Projekt unserer Reisebegleiterinnen wird uns zunächst unser Zimmer für die kommende Nacht, anschließend das restliche Projekt gezeigt. Das „Care Home“ beherbergt ungefähr 70 Jungs – über die Weihnachtsferien sind die meisten von ihnen bei der Familie oder Verwandten untergekommen –, welche HIV-positiv sind. Bei einem kleinen Volleyball-Match können wir mit ein paar Jungs Bekanntschaft machen. Falls ihr mehr über das Projekt erfahren wollt, schaut einfach mal auf den Blogs von Lara und Magdalena vorbei.
Tags drauf, geht es mit dem Zug weiter. Fast zwei Monate zuvor haben wir Tickets gebucht, was letztlich jedoch nicht ausgereicht hat, und wir somit zum Zeitpunkt der Abfahrt, noch auf der Warteliste stehen. Deswegen heißt es, Tickets für die „unreserved class“ besorgen, und die nächsten 16 Stunden, tagsüber um einen Sitzplatz kämpfen und in der Nacht auf der Gepäckablage oder der Sitzbank etwas Schlaf finden. Gegen fünf Uhr morgens erreicht unser Zug Madgaon, Goas wichtigststen Bahnhof. Da die Busse zu dieser Zeit aber noch ruhen, dürfen wir es ihnen gleichtun und es uns ein Weilchen auf dem Steinboden des Bahnhofs gemütlich machen.
Die Ankunft am Strand – inzwischen ist es schon nach 13:00 Uhr – ist eine ungluabliche Erleichterung. Auf dem Sofa liegend, den Blick über Strand, Palmen und Wellenberge schweifen lassen zu können bringt die Gewissheit, endlich angekommen zu sein.
Die kommenden Tage erkunden wir die Umgebung, lassen uns das Essen schmecken, stöbern durch das Sortiment der zahlreichen Souvenir-Shops und ruhen uns natürlich auch ordentlich am Strand aus.
Dieses Goa, jenes Goa
Einen Tag mieten wir uns, gemeinsam mit Lara, Magdalena, Matteo (Volo aus Coimbatore) und Matthias (Volo aus Chennai), Roller und düsen die Küstenstraßen entlang. Immer mal wieder wird Halt gemacht um die Landschaft zu erkunden, im Meer zu baden oder, nicht gerade selten, um sich nach dem Weg zu vergewissern. Neben den Kilometerlangen weißen Sandstränden weiß auch Goas bergiges Hinterland mit seinen dichten Wäldern und den darin versteckte Dörfchen zu beeindrucken.
Gerade weil die Gegend um Keela Eral flach und sehr spärlich bewachsen ist, genieße ich es, jetzt durch die Palmwälder zu fahren oder auf deren Blätterdach hinab zu blicken, wenn wir auf einer Anhöhe unterwegs sind. So einige Häuschen, aber auch regelrechte Villen deuten auf die Vergangenheit als portugisische Kolonie hin. Die Gebäude haben einen ganz besonderen Charme, wie sie sich hinter Vorgärten und gebogenen Palmen verstecken. Auch die zahlreichen Kirchen, deuten auf die Kolonialzeit hin. Beinahe jede Gemeinde besitzt ein christliches Gotteshaus, wohingegen hinduistische Tempel eher selten zu entdecken sind.
Ich will schon sagen, dass ich mehr Touristen in Goa erwartet hätte, da fahren wir durch eine Hotelanlage. Am wenige hundert Meter entfernten Strand werden wir mit kyrillischen Schriftzeichen begrüßt und darauf hingewiesen, dass hier exklusiv „Russian Food“ angeboten wird. Der Strand wird von zahlreichen Liegestühlen geziert, belegt von Osteuropäern, welche teilweise so rot gebrannt sind, dass das bloße Hinschauen schon schmerzhaft ist. Es gibt eben solche und solche Ecken in Goa. Von einem kurzen Badegang im Meer lassen wir uns jedoch nicht abbringen. Aufgrund der tiefstehenden Sonne, zeigt sich Goa auf der Rückfahrt nochmal von der allerschönsten Seite.
Ist Goa noch Indien?
Essen gehen ist in Goa ausgesprochen teuer. Zumindest wenn man seit vier Monaten indische Preise gewohnt ist. Hier lässt man gut und gerne auch mal das vier- bis fünffache dessen liegen, was man bisher bezahlt hat. Doch nicht nur die Preise, sondern auch die Gerichte bringen Überraschungen mit sich. Von Pasta geht es über Steak bishin zu Hamburger. Man muss sich ja schließlich den Gelüsten der westlichen Kundschaft, welche hier ganz klar in der Überzahl ist, fügen. Indisches Essen ist aber auch noch irgendwo auf der Karte auffindbar, falls der ein oder andere wagemutige Tourist sich daran erpoben möchte. Dafür ist die Atmosphäre und der Ausblick, auf die ins Meer versinkende Sonne, sehr entschädigend. Wenn dann noch das Lagerfeuer angezündet wird und sich die Gäste darum versammeln um sich zu wärmen – abends wird es nämlich kälter als gedacht –, kann man von einem perfekten Tagesabschluss sprechen. Bei einer dieser abendlichen „Zusammenkünfte“ um das Feuer, kamen wir unter anderem mit einem deutschen Backpacker ins Gespräch. Dieser war schon mehrere Male in Indien, jedoch das erste mal in Goa. Besonders seine Aussage „Nach Indien geht man nicht um Urlaub zu machen. Hier macht man Entdeckungen und Erfahrungen“, blieb mir in Erinnerung. Goa sei deshalb auch nicht mit dem Rest Indiens zu vergleichen. Urlaub zum Entspannen, kann man hier dafür aber ziemlich gut machen.
Fliegende Lichter und sinkende Kamera
Den Silvesterabend gehen wir vergleichsweise ruhig an. Nach einem leckeren Abendessen setzten wir uns an den Strand und schauen uns das Spektakel an.
Bereits zwei Stunden vor Naujahr wird eine Rakete nach der anderen gezündet, welche den Himmel in alle erdenklichen Farben erleuchten lässt. Auch wir haben uns eingedeckt. Jedoch nicht mit Feuerwerkskörpern, sondern mit fliegenden Laternen. Zwar ist es ein kleiner Act, die Dinger zum fliegen zu bringen, dadurch ist aber auch die Freude umso größer, wenn die bunten Lichter dann endlich gemächlich in den Nachthimmel schaukeln. So war es für uns alle eine ganz andere Art Silvester zu feiern, aber auf jeden Fall hatten wir einen sehr schöner Abend.
Naujahr machten wir uns, als alle mehr oder weniger ausgeschlafen hatten, nochmal zu einer kleinen Rollertour auf den Weg. Ziel war ein Naturreservat, mit einem idyllisch gelegenen Wasserfall. Leider ging dabei meine Action-Kamera unter Wasser flöten. Und war trotz Matteos zahlreicher Tauchgänge nichtmehr auffindbar. Noch ärgerlicher als der Verlust der Kamera, ist, dass dabei logischerweise auch jegliche Aufnahmen des bisherigen Urlaubs nichtmehr zu retten sind. Aber wer mich kennt weiß auch, irgendwas geht bei mir immer verloren…
Am 02. Januar treten alle die Heimreise in verschiedene Richtungen an und verabschieden sich voneinander. Bis spätestens im Februar, zum Zwischenseminar. Vom Strand aus bis an unsere Haustüre dauert die Heimreise insgesamt ziemlich genau 36 Stunden. Hört sich aber um ehrlich zu sein schlimmer an als es tatsächlich war. Die Urlaubstage taten auf jeden Fall sehr gut und haben mit den anderen Volontären großen Spaß gemacht. Dennoch freue ich mich jetzt wieder auf die Kinder und die Jungs aus dem Hostel.
Ich hoffe ihr hattet alle einen ebenso schönen Silvesterabend, um gut ins neue Jahr zu starten.
Beste Grüße,
euer Hendrik
Schreibe einen Kommentar