Eine indische Adventszeit

Halli hallo, 

schön das Du zurück in meinem Blog gefunden hast! 

Heute möchte ich von der Adventszeit hier in Vijayawada, Indien berichten. 

Dieser Monat, welcher zuhause von selbstgebackenen Plätzchen, Kälte und Zeit mit der Familie geprägt ist, lief dieses Jahr für mich etwas anders ab. Aber fangen wir doch erstmal ganz von vorne an.

Diese typische Adventszeit mit Adventskranz, Keksen und Nikolaus gibt es hier in der Art und Weise nicht. Auch die vertraute Dezember-Kälte, die meiner Meinung nach sehr ausschlaggebend für Weihnachten ist, blieb für mich dieses Jahr aus. Trotzdem ist die Temperatur im Vergleich zum September stark gesunken. Tagsüber sind es nur noch ca. 30 Grad und nachts kühlt es auf 19 Grad ab. Da werden an einigen Abenden sogar die dicken Pullis aus den Koffern geholt. Mit einem Tee und gekauften Keksen (wir können leider keine Eigenen backen, weil es einfach nirgends einen Ofen gibt) kommt da glatt Weihnachtsstimmung auf. Zusätzlich haben wir uns aus einem Stück Stoff und Kerzen aus dem Supermarkt einen eigenen Adventskranz gebastelt. Bei einer gemeinsamen Adventsstunde, mit allen 10 Mitgliedern wurde an Dekoration und einem FLAT-Adventskalender gebastelt. Der Nikolaus (Anna, eine Mitbewohnerin) hat uns allen am 06.12 sogar etwas in die Sandalen/Flip-Flops gelegt. Also auch wenn nicht alles wie gewohnt abläuft, haben wir hier eine sehr schöne und besondere gemeinsame Zeit.

Anfang Dezember gab es eine Cyclone, das ist eine Art Wirbelsturm mit Starkregen. Aufgrund dessen durften wir für 3 Tage nicht in die Slums arbeiten gehen. Es gab auch eine Warnung vom Auswärtigen Amt, weil der Sturm direkt durch unsere Region in Andrah Pradesh ziehen sollte. Nachts war es dann wirklich ziemlich kalt. In der freien Zeit hatte man mal für ein paar Tage Pause von dem ganzen Trubel außerhalb der FLAT. 

Während des Regens waren meine Gedanken und Sorgen vor allem bei den Menschen in den Slums, die nicht wie wir in einem Haus wohnen, sondern nur eine Art Zelt über dem Kopf haben. Der Slum, in dem ich arbeite, musste Ende Oktober bereits umziehen, weil an ihrem ursprünglichen Wohnort Häuser für wohlhabende Menschen gebaut werden sollen. Sie haben ihre Zelte ca. 500 Meter weiter auf einem Feld aufgeschlagen. Das hat sich allerdings wegen des Regens in einen sumpfartigen Ort verwandelt. Die Community musste deshalb wieder an den alten Platz zurückziehen. Hier dürfen sie natürlich nur übergangsweise stehen und sobald das Feld wieder trocken und bewohnbar ist, heißt es: Sachen packen und wieder alles ab-, um-, und aufbauen. Dieser ganze Aufwand ausschließlich, weil reiche Menschen Häuser für andere reiche Menschen bauen wollen, ohne Rücksicht auf die Wohnsituation von Familien die nicht viel haben. Hier wird einem erst richtig bewusst, wie viel man eigentlich besitzt, wenn man lediglich ein richtiges Dach mit vier Wänden über dem Kopf hat. 

Der Tadepalli-Slum zurück am alten Platz

Am 08.12. war das erste Goodbye. Lea und Teresa aus Österreich, haben ihr 4-monatiges Praktikum abgeschlossen und sind zurück in die Heimat. Derzeit sind wir zu 8. in der FLAT, Ende Dezember bekommen wir ein neues Mitglied, Lice aus Süd-Deutschland. Wir freuen uns auf sie und ich bin sehr gespannt was sie zu Indien und dem Leben hier sagen wird.

Am 20.12 wurde Semi-Christmas im Chiguru gefeiert. Mit ca. 750 Menschen war dies eine sehr große Veranstaltung. Einige der Kinder aus den verschiedenen Slums, die Chiguru-, die Deepa Nivas-, und die Vimukti-Kids, der Provincial aus Hyderabad und allerlei Staff-Members der Don Bosco Community waren dabei. Aufgrund der Feierlichkeit haben wir Volontärinnen einen Sari getragen, welchen wir Anfang des Monats gekauft hatten. Die Jungs trugen Lungis, eine Art Rock, welcher mit einem Hemd kombiniert wird. Saris sind zwar sehr schön anzusehen, aber ehrlicherweise sehr unpraktisch beim Laufen und vor allem beim Spielen mit den Kindern. Ich bin sehr beeindruckt von den Frauen, die hier im Alltag dieses Gewand tragen und damit wirklich alles machen können.

Fast alle anwesenden Gruppen haben einen indischen Tanz vorbereitet und ihn präsentiert. Wir natürlich auch, das Video dazu findet ihr auf meinem Instagram Account unter @hannaindien.

Unsere Shelter Boys durften leider nicht teilnehmen, aus Angst, sie in dem großen Trubel zu verlieren. Dies find ich persönlich sehr schade, weil ihnen so die Möglichkeit genommen wurde raus zu kommen, allerdings haben wir Voluntäre auf solche Entscheidungen keinen Einfluss. Stattdessen wurde am 22.12. im Shelter selbst Semi-Christmas gefeiert. Hierfür haben wir natürlich nochmal unsere Saris angezogen und vor Ort zu fünft unseren Tanz präsentiert. Auch dieses Fest war sehr schön und ich genieße mittlerweile jede Minute mit den Jungs.

Natürlich haben wir am 24.12. auch Weihnachten in der FLAT gefeiert. Um wenigstens ein bisschen in Weihnachtsstimmung zu kommen gibt es neben dem Advetskranz, Lichterketten, Sternen, sogar einen kleinen (Weihnachts-)Baum. Essen gab es ganz traditionell fast wie zuhause, mit selbstgemachten Kartoffel-Knödeln, Rotkraut, (veganer) Bratensauce und kleinen Gemüse-Patty’s. Solche Sachen bekommt man hier nicht in den Supermärkten, weshalb wir mit den Vorbereitungen schon Nachmittags angefangen haben. Das ganze hat sich definitiv gelohnt und wir hatten einen schönen Weihnachtsabend, mal ein bisschen anders als gewohnt. 

Bei der Bescherung zuhause konnte ich via Facetime sogar auch dabei sein. Glücklicherweise ist eins der Pakete, die für mich losgeschickt wurden angekommen, so konnte ich neben dem Wichtelgeschenk aus der FLAT auch etwas von zuhause auspacken. Mir wird immer klarer, an Weihnachten geht es nicht um die Geschenke, sondern um die Menschen um einen herum. Ich bin so dankbar für jedes einzelne FLAT-Mitglied und das sie dieses Weihnachten so anders und besonders gemacht haben. Auch, dass meine Familie mich immer miteinbezieht, denn obwohl ich von der Distanz so weit weg bin, bin ich ihnen doch irgendwie sehr nah. Dankeschön :**

Ich wünsche euch Allen schöne Weihnachtstage und genießt jede Sekunde mit euren Liebsten.

Zudem einen Guten Rutsch ins neue Jahr. Bis dann.

Wenn ihr Interesse daran habt, mich zu unterstützen, findet ihr hier einen Link zu meinem Spendenkonto: https://www.donboscomission.de/volontariat/2023/spenden/hannadierkesindien

Eure Hanni

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  1. Volker Bockskopf

    Hanna Montana! Vielen vielen Dank für deine wunderbaren und beeindruckenden Worte. Wie sehen die Fahrräder dort aus? Wie funktioniert die Mülltrennung in Indien? Was machen die UN Menschenrechte? Steht die Heizung auch immer schön auf 3? Kann ich Fahrräder reparieren kommen? Liebe Grüße aus Münster, Volker

    • Hanna Dierkes

      Hi Volli,
      freut mich sehr von dir zu hören!
      Unsere Fahrräder sind sehr klapprig, etwas rostig und ich wundere mich jeden Tag wie sie überhaupt noch fahren können. Glücklicherweise haben wir in unserer Straße einen kleinen Reparateur, der so ziemlich alles kann und alles da hat. Wir gehen min. einmal pro Woche zum Aufpumpen hin und wenn er etwas sieht, dann fixt er es sofort. Damit sind wir sehr gut versorgt. Wenn du den Rädern mal ein komplettes Make-over geben möchtest, bist du natürlich immer herzlich eingeladen ;).
      Die Mülltrennung funktioniert mehr oder minder. Es gibt zwar die amerikanische Mülltrennung aber die meisten Menschen lassen ihren Müll einfach auf der Straße fallen oder schmeißen es in die Flüsse. Es gibt eine Müllabfuhr die aber nicht überall fährt und nicht alles mit nimmt.
      Das mit den UN Menschenrechten ist so eine Sache, ich kann natürlich immer nur für Vijayawada und für das was/wie ich es wahrnehme sprechen und nicht für ganz Indien. Laut der Verfassung haben die Menschen Rechte, es ist illegal zu schlagen, … aber in der Realität und vor allem in den Communitys (=Slums) sieht das anders aus. Hier haben die Mädchen in meinem Alter meist schon zwei-drei Kinder, es werden illegale Substanzen konsumiert und Kinder zu schlagen ist eigentlich ganz normal. In den städtischen Regionen, also für die Mittelschicht sieht das nochmal etwas anders aus.
      Heizungen gibt es hier nicht. Wir haben dauerhaft tagsüber min. 29/30 Grad, auch Klimaanlagen gibt es nur an bestimmten Orten.
      Bei mehr Fragen, kannst du mir auch gerne via WhatsApp schreiben, dann kann ich dir nochmal detailliertere Auskunft geben.
      Liebe Grüße

  2. Thomas O-S

    Frohe Weihnachten, Hanna und überall, Thomas

    • Hanna Dierkes

      Hallo Thomas,
      ich hoffe ihr hattet schöne Weihnachtsfeiertage mit der Familie.
      Liebe Grüße und guten Rutsch!

  3. Monika Klingberg

    Liebe Hanna!

    Handgemachten Gewürzkuchen habe ich uns aus Cochin mitgebracht. Heute wurde er angeschnitten 😉
    Herzliche Grüße und Danke für Deine Eindrücke.
    Frohe Weihnachten und eine Zeit in der Gottes Segen spürbar werden kann wünsche ich Euch! Ein Teil dieses Segens seit Ihr.
    Bleibt gut behütet!

    Monika (MoKli) aus Hameln

  4. Ulla

    Das klingt nach dankbaren und gesegneten Weihnachten, danke liebe Hanna fürs teilen…
    Liebe Grüße Ulla

  5. Walter Littmann

    Liebe Hanna,
    ist das neue Jahr bei dir schon da? Sag Bescheid wie 2024 wird und ob es besser wird als 2023!

    Guten Rutsch!
    Walter

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