Nach einer schier nicht enden wollenden Woche ohne neuen Blogeintrag meinerseits gibt es nun endlich wieder Futter für die hungrigen Tiere. Nicht lang schnacken, Kopp in´ Nacken! Wobei das wäre ein wenig kontraproduktiv, da ihr dann vermutlich nicht mehr euren Bildschirm vor Augen hättet, es sei denn ihr liegt/sitzt/steht/kniet in einer verkopften Position. Mal wieder genug Müll erzählt, fangen wir einfach an.

Unter dem Motto „Back to school” (Die Schule fing für alle Schüler wieder am 13.01. an) veranstalteten die Karateker des Oratoriums am Samstag, den 11.01.2020, eine kleine Feier, um Einnahmen zu generieren, damit einige von ihnen die Prüfung für den schwarzen Gürtel absolvieren können. Da wir Volos nicht in die Planung und Veranstaltung dieses Events eingebunden waren, interessierten wir uns auch dafür, was so in den heiligen Hallen oder eher der heiligen Halle des Oratoriums abgeht. Ich denke ich muss an dieser Stelle theoretisch nicht erwähnen, dass das Event natürlich nicht, wie geplant um 14 Uhr, sondern gut zwei Stunden später startete. Zur Begrüßung gab es erstmal eine Runde Toastbrotwettessen (nicht) zu bestaunen. 15 Minuten schauten wir einem großen Jungen zu, wie er einen kleineren Jungen in einem sogenannten „Wettessen“ fertig machte. Im Grunde war es für meine Begriffe kein Wettessen, da sich die Toastbrotessgeschwindigkeit nicht wesentlich von ganz normalem Essen unterschied. Anschließend wurden wir von (Vorsicht Ironie!) umwerfendem Playbackgesang mit eingebauter Tanzeinlage unterhalten. Danach präsentierte ein Mann eine Flaschen-an-Schienbein-kaputtschlag-Show, bei der ich manchmal nicht unbedingt hinschauen wollte, da es nicht wirklich gesund aussah, wie er die Glasflaschen an seinem Schienbein zerschmetterte, naja er hat es überlebt. Der Gym-Club des Oratoriums war auch überraschenderweise in das Programm mit eingebunden. Zu Beginn ihrer „Show“ brachten sie die Langhantelbank zum Bankdrücken auf die Bühne. Ganz im Stile des NFL-Combine erwartete ich nun einen kompetitiven Vergleich zwischen den einzelnen Jungs, wer ein bestimmtes Gewicht öfter stemmen kann. Pustekuchen, die Jungs präsentierten uns einfach eine ganz normale Brust-Trainingseinheit. Ob man das nun gut findet sei jedem selbst überlassen, ich fand das Programm einschließlich dieses Programmpunktes bis zu dem Zeitpunkt echt mau. Das sollte sich aber mit dem nächsten Programmpunkt ändern, denn einige Karate-Jungs präsentierten uns eine beeindruckende Story. In der kurzen, soweit ich mich richtig erinnere, dialogfreien Geschichte wurde ein kleiner Junge von einer Gruppe entführt und sein Vater befreite ihn in einem Kampf mit spektakulären Moves aus der Gefangenschaft. Für mich war das das Highlight der gesamten Veranstaltung und ich hätte nichts dagegen gehabt, wenn das gesamte Programm auf solchen Storys basiert, aber das Leben ist nun mal kein Wunschkonzert. Der nächste erwähnenswerte Programmpunkt war dann eine Aufführung der Damengruppe des Karate-Clubs. Sie zeigten uns eine interessante Choreografie und wurden von den Jungs, die in eins gegen eins Duellen gegeneinander antraten, abgelöst. Zum Abschluss gab es nochmal eine große Choreografie mit allen Karatekern, egal ob Männlein oder Weiblein.

Ganz liebe Grüße gehen an dieser Stelle raus an den Pütz. Wenn ihr auch einmal an dieser Stelle im Blog erwähnt werden möchtet, verlange ich auch nur einen Freundschaftspreis von 27,11€😉

Der 13.01. ist Kathas Geburtstag und so feierten wir Volos erst ein wenig am Sonntagabend in ihren Geburtstag rein, bevor wir am folgenden Abend in der Community alle zusammen unsere Volomutti feierten. Es gab, wie immer eine Zeremonie, die grundlegend so aufgebaut war, wie die zu Father Johns Geburtstag. Ein Bestandteil der Zeremonie war das Einschmieren ihres Gesichtes mit einer Mischung aus Mealimeal (das Mehl, das zur Herstellung von Nsima verwendet wird) und Wasser. So musste Katha, nachdem sie tagsüber schon dreimal mit Wasser geduscht wurde (ein Brauch verlangt, dass Geburtstagskinder mit Wasser übergossen werden), ein weiteres Mal leiden. Es war ein sehr witziger und unterhaltsamer Abend.

Trotz der großen Feierlichkeiten stand am Dienstag wieder ein ganz normaler Arbeitstag an. Wir hatten das erste Mal so richtigen Unterricht in unserem eigenem Projekt. Die Kinder, die oft aus finanziellen Gründen nicht zur Schule gehen können und deswegen unsere Alternative sehr gerne annehmen, teilten wir in zwei Gruppen ein. Katha und ich sind gemeinsam mit einem Übersetzer die „Lehrer“ der Schüler, die nie eine Schule besuchten (teilweise sind zehnjährige Kinder oder älter dabei), Cassi betreut gemeinsam mit einem Übersetzer die Kids, die schon ein wenig lesen und schreiben können. Wir starten unsere knapp zweieinhalb Stunden dienstags und donnerstags immer mit einem Gebet und einem kleinen Morningtalk. Anschließend gehen wir in die Klassen, überprüfen die Anwesenheit und starten den Unterricht. Dienstags ist Englisch (lesen und schreiben) die erste Stunde. Nach einer kleinen Pause, in der wir ein kleines Spiel spielen (einen sogenannten Energizer), startet dann der Matheunterricht (beide Stunden sind jeweils 45 Minuten lang). Gemeinsam beenden wir den Unterrichtstag mit dem Aufräumen des Klassenraumes und einem Gebet. Am Donnerstag sieht der Unterricht grundsätzlich gleich aus, nur statt der Mathestunde möchten wir beim Oratorium einen kleinen Garten anlegen, um den sich die Kinder ein wenig kümmern.

Am Dienstag teilten wir Hefte und Stifte zum Schreiben aus, damit die Kids das Gelernte auch niederschreiben konnten. Das hat allerdings aufgrund der Lautstärke innerhalb der Klasse und aufgrund von Namensmissverständnissen so lange gedauert, dass wir anschließend nur den Buchstaben „A“ einführen konnten. Die Kids sollten erst einmal eine Seite mit dem Buchstaben vollschreiben und wer in der Stunde nicht fertig wurde, bekam den Rest ganz klassisch als Hausaufgabe auf. Bei vielen Kids gab es aber auch große Schwierigkeiten bei der Ausführung dieses Auftrags. In diesem Zuge habe ich mich mal gefragt, wie ich denn Lesen und Schreiben gelernt habe. Leider kann ich mich nicht mehr daran erinnern, aber anscheinend haben meine Lehrer/innen einen guten Job gemacht, sonst könntet ihr heute nicht meine geistigen Ergüsse genießen. Nach der Stunde war ich dann ziemlich fertig aufgrund der Lautstärke und da ich in den vergangenen Tagen unfassbar wenig geschlafen hatte. Naja, selbst schuld würde ich mal sagen.

Eine weitere Erfahrung fürs Leben habe ich dann am Mittwoch gemacht, denn Katha und ich machten uns an die Arbeit, um die Inventur eines (!) Schrankes zu machen. Da habe ich mal gemerkt, was dahintersteckt und wie nervig so etwas sein kann. Nach mehr als zwei Stunden war dann zumindest dieser Schrank mal wieder in Ordnung gebracht und wir fanden auch einige „Schätze“ die man in Zukunft gut in der Arbeit mit den Kids verwenden kann.

Am vergangenen Donnerstag hatten wir morgens wieder unseren Unterricht. Es war sehr schön zu beobachten, wie die meisten Kinder beim Üben der Buchstaben immer mehr Fortschritte machten. Es ist allerdings schade und auch ein wenig frustrierend, dass man den Kindern mit Problemen nicht so gut helfen kann. Ich würde mir gerne für jede und jeden alle Zeit der Welt nehmen, um ihnen zu helfen, allerdings ist das in einer Klasse mit 54 Kindern und dem Lärm nur bedingt möglich. Das hat mir auch einmal wieder gezeigt, was es für eine Herausforderung sein muss Lehrer zu sein. Etwas seltsam fühlt es sich auch an, wenn die Kinder mich rufen. Sie sagen nicht „Gregor“ oder wie es eher üblich ist „Gregory“ sondern teilweise werde ich mit „Sir“ gerufen, wo ich mir nur denke: Jungs (und Mädels natürlich auch) ich war gefühlt vor 5 Jahren auch noch in eurem Alter und ich bin alles andere als ein „Sir“.

Am Nachmittag war ich dann wieder ganz klassisch im Oratorium und ein wenig traurig, dass ich meinen Football nicht mit nach Sambia genommen habe, denn den hätte ich an diesem Nachmittag dort echt gut gebrauchen können. Wir haben hier zwar einen Rugby-Ball, der von der Form her ähnlich ist, aber es ist trotzdem ein unterschied, wie zwischen Tag und Nacht. Ich krallte mir zwei Kinder und erklärte ihnen, was ich vorhatte. Zuerst liefen sie ein paar Routen, die ich ihnen zeigte, und wurden abwechselnd mit Würfen des akkuratesten Quarterbacks der Geschichte dieses Sports gefüttert. Im Anschluss wollte ich ein wenig Zweikampf reinbringen und wir spielten 1 vs. 1, Receiver (Passempfänger) gegen Defensive Back (Verteidiger), was echt Spaß machte. Ein paar weitere Kids gesellten sich dazu und wir hatten alle gemeinsam verdammt viel Spaß. Es hat mal wieder gut getan ein paar Bälle zu werfen und ein paar Kids die Grundlagen dieses fantastischen Sports zu erklären.

Nach einwöchiger Abstinenz ist euer Lieblingsblog also wieder zurück. Ich wünsche euch eine schöne Woche und bis demnächst.

Gregor