Pralinen vom Bischof, eine Rede des Premierministers und ein Erdbeben während des Plätzchenbackens. In den letzten Wochen ist so einiges passiert und ich komme nicht hinterher, von allem zu berichten. Auch wenn es sich nicht nach Weihnachten anfühlt, sind wir in den letzten Tagen ein wenig in Weihnachtsstress gekommen (den Blogeintrag habe ich noch vor Weihnachten angefangen zu schreiben), dazu ist das erste Term vorbei, das bedeutet, Klausuren mussten korrigiert werden und dann war ich zwischendurch auch nochmal krank (diesmal zum Glück kein Malaria, obwohl die Mücken es im Moment, nicht so gut mit mir meinen). Aber alles der Reihe nach.
Jubiläum des Bischofs
Ende November hat der Bischof von Huyé bei der Kathedrale der Stadt sein 25. Bischofsjubiläum gefeiert. Dazu war die gesamte Kommunität der Salesianer eingeladen, das heißt, wir auch. Allerdings waren alle Salesianer bis auf zwei bei einer anderen Veranstaltung in Kabgayi. Also wurden Sonja und ich vormittags von einem Salesianer aus Kigali alleine abgeholt und sind zur Kathedrale gefahren. Dort wurden wir mit den Worten „Wir finden euch später“ aus dem Auto gelassen. Auf der Wiese vor der Kathedrale waren Zelte mit Stühlen und ein Altar in der Mitte aufgebaut. Es war ein sehr sonniger und heißer Vormittag. Nachdem wir aus dem Auto gestiegen sind, waren wir erstmal komplett überfordert, weil wir alleine waren und uns vorher keiner so richtig erklärt hatte, was genau wir da machen würden. Aber überall waren Personen, die den ganzen Gästen gezeigt haben, wo sie hingehen sollten. Insgesamt waren so ungefähr Tausend Gäste da (falls ich mich nicht total verschätzt habe). Es waren tatsächlich auch Kameras aufgestellt und ein paar Journalisten liefen zwischen den Zelten herum. Später haben wir erfahren, dass die ganze Feier im Fernsehen übertragen wurde. Während wir zu dem Zelt gelaufen sind, unter dem unsere Plätze waren, wurde die Kamera auch kurz direkt auf uns gerichtet.
Nach einer Weile, während alle Gäste sich ihre Plätze gesucht haben, wurde es auf einmal unruhig. Alle Kameras haben sich zu einer kleinen Gruppe von Männern in Anzügen gedreht. Einige von ihnen hatten in ihren Ohren kleine Kopfhörer, die Security-Leute häufig tragen. Die Gruppe ist zu dem Hauptzelt gegangen, unter dem später hauptsächlich die Priester und andere Bischöfe saßen. Alle Gäste die dort bereits saßen, haben sich kurz erhoben und erst wieder gesetzt, als einer der Männer, der die ganze Zeit in der Mitte war, sich gesetzt hat. Nach einer kurzen Google-Recherche habe ich herausgefunden, dass es sich bei diesem Mann tatsächlich um den Premierminister von Ruanda gehalten hat. Und wir saßen etwa 15 Meter hinter ihm. Ich musste mir dann erstmal kurz klarmachen: das passiert jetzt gerade wirklich.
Irgendwann, viel später als das Programm es vorgesehen hatte, hat dann der Gottesdienst begonnen. Vorher sind aber erstmal alle Priester des Bistums, darunter auch zwei der Salesianer, in einer langen Prozession eingezogen. Am Ende kam dann der Bischof. Bis die alle auf ihren Plätzen saßen, hat es eine ganze Weile gedauert. Nach dem Gottesdienst, kam dann übergangslos die Feier. Es wurden mehrere Reden gehalten, unter Anderem vom Premierminister, Tänze aufgeführt und ein Mädchen, vielleicht um die zehn Jahre alt, hat alleine etwas vorgesungen. Ein paar der Geschenke wurden auch vor allen Gästen übergeben, dabei waren zum Beispiel Wein, Hostien und verschiedene Sorten Obst (Wassermelonen und eine komplette Bananenstaude).
Während der Feierlichkeiten hat sich das Wetter schlagartig gewechselt. Auf einmal ist die Sonne verschwunden, es wurde kalt und es hat angefangen in Strömen zu regnen. Daran, dass das Wetter sich so schnell ändert und man sich innerhalb eines Tages wie im Hochsommer und später wie im Winter fühlen kann, haben wir uns gewöhnt. Für die Outfitplanung ist das allerdings unpraktisch. Nach ungefähr fünf Stunden, war die offizielle Feier vorbei und der Großteil der Gäste ist gegangen. Wir haben die Novizen gefunden, die uns angeboten haben, dass wir mit ihnen zurück fahren.
Pralinen vom Bischof
Am Tag nach dem Jubiläum, haben wir uns mit einem Priester des Bistums getroffen, der für die Caritas in Ruanda arbeitet und lange in Deutschland studiert hat. Er hat uns mit zum Bischofshaus in der Stadt genommen. Es war offensichtlich, dass dort am Tag vorher, noch lange weiter gefeiert wurde. Wir hatten nicht damit gerechnet, dass wir den Bischof persönlich treffen würden, aber wir sind mitten beim Mittagsessen ins Esszimmer reingeplatzt. Zum Glück, schien keiner der dort Anwesenden gestört. Wir haben alle begrüßt, dabei waren wir ein wenig verwirrt, welche Sprache wir nutzen sollten. Ich war überrascht, als der Bischof uns mit „Guten Tag“ begrüßt hat, dabei wurde uns vorher schon erzählt, dass er Deutsch spricht. Einer der anderen Priester, die gerade beim Mittagessen waren, war ein Gast, der eigentlich in Deutschland arbeitet und nur für das Jubiläum zu Besuch gekommen ist. Er hat uns gefragt, wo aus Deutschland wir kommen, er arbeitet tatsächlich in Köln-Nippes. Wie klein die Welt doch ist.
Bevor wir gegangen sind, hat uns der Bischof noch von seinen Pralinen angeboten, die er geschenkt bekommen hat. Nach drei Monaten, in denen wir ungefähr dreimal Schokolade gegessen haben, waren diese Pralinen ein Festmahl.
Milo, Otis, Snickers und Milky Way
Vor ein paar Wochen, hat uns ein Freund, der auch an der Schule unterrichtet, erzählt, dass sie zu Hause vier Hundebabys haben, die noch Namen bräuchten. Er meinte, wir könnten sie ja benennen. Also haben wir uns auf die Suche nach Hundenamen gemacht. Meine Liste mit potentiellen Namen bestand am Ende aus über zwanzig. Auszusortieren war deutlich schwerer, als neue Namen zu finden. Aber manche sind schnell rausgeflogen, einfach weil sie schwer auszusprechen waren.
Wir sind dann zu den Hunden nach Hause gegangen, um sie uns anzuschauen und obwohl ich ja eigentlich nicht so der Hundemensch bin, fand ich, die waren schon echt niedlich. Nach weiterem Namen aussortieren, haben Sonja und ich jeweils zwei Hunde benannt. Die von Sonja heißen Snickers und Milky Way, meine beiden Milo und Otis.
Der gleiche Freund hat etwa zur gleichen Zeit auch noch eine Babykatze bekommen, die wir Polly genannt haben.
Theater im Petit Seminaire
Auch Anfang Dezember, hat uns einer der Salesianer zu einer Theateraufführung mitgenommen. In der Stadt gibt es das Petit Seminaire, eine weiterführende Schule für Jungs, die sich darauf vorbereiten, Priester zu werden. Die Abschlussklasse hat das Theaterstück „Docteur Knock“ vorbereitet, was sie den Gästen, zu denen auch der Bischof gehörte, vorgetragen haben. Da an der Schule nur Französisch gesprochen wird, haben wir von dem Theaterstück sogar etwas verstanden. Es war beeindruckend zu sehen, wie professionell und gleichzeitig locker, die Schüler gespielt haben. Alle Zuschauer haben sich sehr amüsiert, wir auch. Es war tatsächlich sehr lustig. Zwischen den einzelnen Akten, haben die anderen Jahrgangsstufen jeweils ein Lied aufgeführt. Ein Schüler jeder Stufe hat dabei seine Mitschüler dirigiert und ein Anderer hat dazu Klavier gespielt. Das war sehr eindrucksvoll.
Als wir dann später nach Hause fahren wollten, war das Auto zugeparkt. Wir sind aus der Parklücke rausgekommen, aber nicht vom Parkplatz runter, weil ein Auto quasi mittendrin stand, sodass die anderen Autos nicht durchkamen. Der Salesianer war aber der Meinung, dass die Lücke groß genug wäre, sodass wir durchpassen würden. Also sind wir ins Auto, Motor an, Seitenspiegel eingeklappt. Draußen stand jemand der angezeigt hat, ob es passt oder nicht. Hat es nicht. Das war mir und Sonja schon vorher klar, aber der Salesianer meinte (ganz verwundert): „Ich dachte, mit dem kleinen Auto passen wir dadurch“. Dann ist er wortlos ausgestiegen, hat eine Runde um das Auto gemacht, was uns zugeparkt hat und hat sich dann auf die Suche nach der Person gemacht, die es ein Stück nach vorne fahren könnte. Nach etwa einer halben Stunde, war das Auto frei und wir sind los. Insgesamt ein sehr unterhaltsamer Abend ;).
Das Wandern ist des Müllers Lust
An einem Wochenende, haben wir mit zwei Freunden eine Wanderung in der Umgebung gemacht. Geplant war, morgens los zu gehen, um mittags wieder zurück zu sein. Daraus wurde natürlich nichts. Wir sind in der prallen Mittagssonne losgekommen und etwa fünf Stunden später komplett fertig und durchschwitzt wieder in Rango angekommen.
Erstmal sind wir den Berg, auf dem Rango liegt runter gelaufen, auf der anderen Seite des Tals, sind wir dann wieder hoch und durch einen kleinen Wald. Der Weg hat dann wieder runter ins Tal geführt, wo eine Hängebrücke über Felder und einen kleinen Fluss ging. Von der Brücke aus, konnte man durch das ganze Tal gucken und die Dörfer auf den umliegenden Bergen sehen. Wir haben die Brücke nicht überquert, sondern sind weiter entlang der Reisfelder gelaufen, bis wieder ein Weg den nächsten Berg hochgeführt hat. Für die nächste Stunde ging es bergauf, durch mehrere Dörfer. Begleitet wurden wir von einer Kuh.
Das Ziel unserer Wanderung, war ein Steinfels, unter dem, laut einer Legende, eine riesige Schlange lebt. Angeblich hat dort früher der König ein Spiel gespielt, bei dem kleine Steine in Löcher gelegt werden. Der König hat eins Tages eine Schlange in einem solchen Loch mit einem Stein im Boden eingeschlossen. Die Schlange ist aber weiter gewachsen und dadurch ist aus dem Stein, der Fels geworden. Ob die Legende nun wahr ist oder nicht, von dem Fels aus, hatte man einen tollen Ausblick, sogar bis nach Rango.
Zurück ging es dann entlang der Straße. Das war eindeutig weniger anstrengend.
Zuckerrohr und Ubugali
Kurz vor Weihnachten hat uns ein Freund zu sich nach Hause eingeladen, damit wir zusammen kochen. Bevor wir damit angefangen haben, hat er uns aber erstmal Sugar Cane (Zuckerrohr) zum Probieren gegeben. Wir waren total überfordert, wie wir das essen sollten und, dass das überhaupt geht.
Zuerst wird das Rohr in Stücke zerteilt, dann wird die Rinde entfernt, was, wenn das Gebiss stark genug ist, mit den Zähnen geht. Man reißt die Rinde einfach ab. Ich habe das nicht hinbekommen, also habe ich das Messer benutzt. Dann kann man einfach in das Rohr reinbeißen, ein Stück abreißen und darauf herum kauen, bis der ganze Saft und Geschmack weg ist. Die Reste spuckt man wieder aus. Mich hat es ein bisschen an Zuckerwatte erinnert. Den Geschmack kann ich nicht gut beschreiben, es war einfach ein süßer Saft. Die Reste haben etwas holzig geschmeckt. Während ich Ewigkeiten gebraucht habe, mein eines Stück zu zerkauen, haben die anderen mindestens zwei geschafft. Danach waren meine Hände komplett verklebt, aber ich möchte Zuckerrohr auf jeden Fall noch Mal essen.
Danach ging es ans Kochen. Erstmal haben wir Gemüse geschnitten und die Kohle angezündet. Gekocht haben wir draußen, mit einem kleinen Herd, wo der Topf quasi direkt auf dem Feuer steht. Diese kleinen Herde, auf denen jeweils ein Topf erhitzt werden kann, habe ich auch schon oft auf dem Markt gesehen, wo sie verkauft werden. Mit den Tomaten und Möhren, haben wir eine Sauce für die Bohnen gemacht. Dazu gab es Ubugali. Es war das erste Mal, das wir diesen selber gemacht haben. Dafür muss man Wasser zum Kochen bringen, dann das Maniokmehl dazugeben und gut umrühren, bis eine Art Teig entsteht, der nicht mehr klebt. Gegessen wird Ubugali mit den Händen. Man reißt ein kleines Stück vom Teig ab, knetet es kurz durch, tunkt es in die Sauce beziehungsweise Bohnen und dann ab in den Mund. Köstlich, finde ich.
Nach dem Essen, gab es noch Porridge zum trinken. Das ist ein heißes Getränk, was häufig Kindern zum Frühstück gegeben wird. Es besteht aus Wasser, verschiedenen Getreiden wie Soja, Mais, Hirse und Sorghum und meistens Zucker. Auch wenn es extrem süß ist, ist es echt lecker. Der ganze Tag war unglaublich schön, die Familie unseres Freundes war so gastfreundlich und das Kochen unter freiem Himmel, hat Spaß gemacht, sodass ich diese tolle Erfahrung, so schnell nicht wieder vergessen werde.
Erdbeben während des Plätzchenbackens
Vor Weihnachten haben Sonja und ich eine große Plätzchenbackaktion gestartet. Wir wollten für uns für Weihnachten welche haben und auch ein paar verschenken. Den Aufwand dafür, haben wir vorher eindeutig unterschätzt, aber gelohnt hat es sich definitiv.
Also haben wir zwei Tage vor Weihnachten Spritzgebäck, Engelsaugen (Husarenkrapferl) und Zitronenblätter gemacht. Unser Plan ist ursprünglich gewesen, vormittags damit anzufangen, damit wir auch alles schaffen. Bis nachmittags ist allerdings immer wieder irgendwas dazwischen gekommen, sodass wir letztendlich um ungefähr vier Uhr angefangen haben. Dabei haben wir natürlich Weihnachtsmusik gehört. Passend dazu kam dann auch einer der heftigsten Regenfälle, die wir hier bisher erlebt haben, vom Himmel runter. So kalt und ungemütlich wie es auf einmal war, hätte man fast denken können, wir wären in Deutschland.
Da wir keine Gebäckpresse hatten, wollten wir das Spritzgebäck nicht spritzen, sondern ausstechen, genau wie die Zitronenblätter. Irgendwann haben wir nämlich mal in der Vorratskammer ein Mäppchen, gefüllt mit Ausstechformen gefunden. Die haben wahrscheinlich unsere Vorvolontärinnen mitgebracht. Allerdings war die Vorratskammer abgeschlossen, als wir so weit waren, den Teig auszurollen. Also haben wir, kreativ wie wir sind, Plätzchen in verschiedenen Formen mit Messern ausgeschnitten. Für eines, habe ich jeweils ein paar Minuten gebraucht, so schön sind sie auch nicht immer geworden. Nach einer halben Stunde ungefähr, ist uns dann aufgefallen, dass wir es niemals schaffen würden, so alle Plätzchen fertig zu bekommen. Mal ganz abgesehen davon, dass es ewig dauert, ist es auch nicht leicht, mit dem Messer Plätzchen auszuschneiden, wenn das Ergebnis halbwegs in Ordnung aussehen soll.
Zum Glück, kam nach einer Weile jemand mit einem Schlüssel, sodass wir uns die Ausstecher holen konnten. Danach ging es deutlich schneller voran. Trotzdem waren wir den ganzen Abend noch beschäftigt und sind auch während des Abendessens immer wieder aufgesprungen, um die Plätzchen vor dem Verkohlen zu retten.
Nach dem Essen, haben wir gespült, zusammen mit der Köchin und einem Jungen, der auf dem Gelände der Salesianer wohnt, während die letzten Plätzchen im Ofen waren. Auf einmal hat es extrem laut angefangen zu donnern. Aus dem nichts. Zumindest dachte ich das. Das Geräusch war überall und hat sich angehört, wie ein seltsames Gewitter. Ich habe mich erschreckt, aber wir haben uns erstmal nichts dabei gedacht. Die anderen beiden wussten aber sofort Bescheid. Das war kein Gewitter. Sie sind rausgerannt und haben gerufen „Raus, raus!“. Während wir rausgelaufen sind, habe ich dann auch gecheckt, was da gerade abging. Das war ein Erdbeben. Nach ein paar Sekunden war der ganze Spuk vorbei und wir sind wieder reingegangen. Nichts war beschädigt oder ist umgefallen.
Später, meinte einer der Salesianer dennoch, dass es wohl ein relativ starkes Erdbeben gewesen ist. Das Komische ist, dass ich das Beben der Erde überhaupt nicht gespürt habe. Alle anderen schon. Vielleicht stand ich in dem Moment so unter Schock, dass ich das Beben nur unterbewusst wahrgenommen habe.
Am nächsten Tag, als es beim Mittagessen angefangen hat zu donnern, habe ich mich total erschreckt und mich am Tisch festgehalten, bis dann ein Salesianer lachend meinte: „Kein Erdbeben“.
Karin Sauer
Liebe Gesine,
Tante Hedwig hat gerade mit viel Freude und sehr interessiert deinen Bericht gelesen.
Sie findet die vielen neuen Erfahrungen, die du dort machst, ganz toll.
Und eure Kekse hat sie auch bewundert. Da könnt ihr stolz drauf sein. In dem Punkt ist sie nämlich eine sehr kritische Frau.
Liebe Silvestergrüße
Hedwig & Karin