Adventskranz, Lebkuchen, Weihnachtsbäume, Adventskalender, Bratäpfel, Glühwein, Weihnachtsmärkte, Lichter überall, Plätzchen backen und naschen, Schnee… -Naja, nicht ganz!
30 Grad, Hitze, T-Shirt oder Top, Palmen, Staub, alles so wie immer? -Fast.
Doch ein paar Kleinigkeiten im Alltag zeigen auch hier, dass das Weihnachtsfest näher rückt:
Um etwas von der deutschen Kultur und Tradition mit meinen Mädels und meiner Mitbewohnerin zu teilen, habe ich Adventskalender gebastelt. Kannten sie vorher nicht, gefällt ihnen aber ziemlich gut, jeden Tag ein Türchen öffnen zu dürfen 😉
Mit vielen Kindergruppen basteln wir zurzeit Engel, Sterne oder Krippen aus Papier.
Die härteste und schwierigste Sache, die ich den Kindern beim basteln beibringen will, sind die kleinen Zauberworte „Bitte“ und „Danke“. Normalerweise geht das so: „Ich will blau!“ oder „Gib mir sofort blau!“ Den 20 Kindern, mit denen ich gebastelt habe, sind Höflichkeitsfloskeln einfach fremd. Selbst bei den „großen“ Mädchen im Foyer fehlt das. Es ist nicht so sehr in ihre Kultur eingegliedert wie bei uns.
Auch wenn es sehr mühsam und anstrengend war, den Kleinsten zu erklären, dass ich die Stifte nur hergebe, wenn ich ein „Bitte, Tantie!“ höre, war es am Ende doch eine erfolgreiche Mission, denn selbst die Allerjüngsten haben mir freudestrahlend „Bitte“ und „Danke“ gesagt. Es hat den Kindern irgendwann so viel Spaß gemacht, die Wörter zu benutzen, dass sie gar nicht mehr aufhören wollten, nach Stiften zu fragen. 😉 Ich hoffe nun sehr, dass sie die Wörter nie wieder vergessen.
Wir haben in einem Pavillon gebastelt. Am Ende heißt es gemeinsam alle Papierschnipsel aufzuräumen. Die Kleinen haben das ganze Papier schön aufgesammelt. Ich war echt überrascht, dass das so gut geklappt hat. Und dann gehen sie aus dem Pavillon raus und schmeißen einfach alles auf den Boden. So nach dem Motto, draußen ist es ja eh schon dreckig. Auch nach etlichen Erklärversuchen, dass das Papier nicht einfach in die Natur geschmissen werden kann, hat sich kein Kind mehr dazu bewegen lassen können, das Papier nochmals aufzuheben. Schließlich machen es die großen Leute ja genauso, wieso sollten wir Kleinen es dann anders machen.
Von Samstag abend an war der Strom 24 Stunden am Stück weg – mal wieder. Aber das kam ganz passend zum 1.Advent. Ein paar Mädchen im Foyer haben Kerzen gekauft. Obwohl doch eigentlich nur die erste Kerze brennen sollte, leuchteten nun 5 Kerzen. Im Kerzenschein sind alle Mädchen ganz ruhig geworden (Das passiert wirklich nicht oft, hier steppt sonst immer der Bär). Einige haben angefangen, ruhige Lieder zu singen, andere haben von sich aus gebetet und viele andere mit angesteckt. Ein für mich vorher unvorstellbares Bild. Das Foyer war wie verzaubert.
Diese Woche war ich mit Irène und S. Françoise auf dem Markt. Bis auf etwas mehr Puppen, Kuscheltiere und Spielzeug ist alles so wie immer – bunt, durcheinander, chaotisch und einfach schön. In einem Laden habe ich einen Mini-Plastiktannenbaum entdeckt. Irgendwie kam mir der Baum hier so fehl am Platz und einsam vor.
Während Irène noch schnell Taschenlampen kaufen wollte (damit wir für künftige Stromausfälle nicht im Dunkeln stehen), warteten wir in der Hauptmarktstraße. Es sind ganz viele kleine Jungs und Mädchen in ihren süßen Schuluniformen vorbei gekommen. Nachdem wir angestarrt wurden, als wär ich ein Alien, hat Françoise alle Kinder aufgefordert, meine Hand anzufassen. Als 50 Kinderhände meine berührt hatten, sollten sie dann Françoise Hand berühren. Sie hat gefragt, wie sich meine Hand angefühlt hat: „Weich“ Und dann hat sie gefragt, wie sich ihre Hand angefühlt hat und die Kinder haben wieder mit „weich“ geantwortet. Inzwischen haben sich ganz viele Menschen um uns versammelt und wir haben die ganze Einkaufsstraße für Motos und Autos versperrt. Ich hab mich gefühlt, als wär ich ein echt guter Straßenmusiker, denn so viele Menschen sind stehen geblieben und haben ihre Handys rausgeholt um den Moment festzuhalten. Eigentlich wollte Sr. Françoise nur klarmachen, dass unsere Hände und wir, egal ob schwarz oder weiß, gleich sind. Um das zu verstehen, sind sie vielleicht einfach noch zu klein, denn die „Faszination Weiße“ hat nicht mehr aufgehört und die neugierigen Blicke blieben. Bei den Erwachsenen war das allerdings auch nicht anders.
Ich bin nun schon seit mehr als 3 Monaten hier – und die Zeit rast. Ich sehe mich schon wieder im Flieger nach Hause sitzen. Aber zuerst kommen mal die Feiertage. Ich werde in Duékoué Weihnachten und Silvester verbringen. Am 20. Dezember geht die Feierei los: An dem Tag kommen mehr als 400 Kinder in das Kulturzentrum der Mission, um von Santa Claus beschenkt zu werden, zu spielen… Am 21. Dezember feiern wir Weihnachten mit den Foyermädchen, denn sie werden dann über die Feiertage in ihre Dörfer fahren und erst im neuen Jahr wiederkommen. Schon jetzt laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren, Weihnachtslieder werden geübt, Deko gebastelt und wir haben Komitees (von Abwasch bis Programm) gebildet damit an dem Tag nicht nur ein Festessen für alle Mädels aufgetischt wird, sondern auch das Entertainment stimmt und es ein schönes Fest wird. Am 24. Dezember wird dann die ganze Nacht lang Weihnachten mit der Kommunität und allen Menschen der Gemeinde gefeiert, wenn ich das richtig verstanden habe. Ich lass mich mal überraschen.
Da es nicht mein erstes Weihnachten fern von zu hause ist und ich mich erinnere, was für eine tolle Erfahrung das in Frankreich war, ein anderes Weihnachten zu erleben, freue ich mich schon sehr auf neue Traditionen und Überraschungen. Schon allein die Tatsache, dass ich nicht frieren werde, ist ein Grund zur Freude 🙂
Ich wünsche euch eine ganz verzauberte und schöne Adventszeit! Und esst ein paar Lebkuchen für mich mit, denn die fehlen mir wirklich 🙁
Eure Franzi
Mama und Papa
Hallo Franzi,
unser Famiienumsatz an Sterne-Hezen-Brezel-Lebkuchen ist in diesem Jahr wirklich weit geringer als sonst. Du fehlst uns da als Großabnehmerin. Wir haben schon über Exportwege für Lebkuchen und Plätzchen nachgedacht, sind aber noch zu keinem Ergebnis gekommen.
Eure pädagogischen Bemühungen, die Kinder vor Ort zu mehr Höflichkeit, Umweltschutz und Völkerverständigung zu erziehen, sind außerst lobenswert. Auch wenn der Erfolg nur teilweise sichtbar wurde – macht weiter so!
Einen schönen zweiten Advent!
Papa und Mama