Mit Don Bosco in Duékoué

Franzi in der Elfenbeinküste

15- Wenn Schüler streiken und Plastiktüten-Verbote die Existenz gefährden

Ich möchte euch von zwei aktuellen Geschehnissen in der Côte d’ivoire berichten.

Heute gab es in Duékoué ein großes Polizeiaufkommen. In einer der weiterführenden Schulen -auf der die meisten unserer Mädchen sind – hat der Schulgründer (ähnlich dem Direktor) ein Mädchen geschlagen. Der Grund für die Schläge: Das Mädchen hat sich  mit Lippenstift geschminkt. Schminke ist an der Schule aber verboten. Dabei hat er ihr Auge verletzt – ob absichtlich oder nicht weiß keiner so genau. Er gilt aber als sehr brutal und vor ihm fürchten sich die meisten.  Nach diesem Vorfall waren die Schüler sehr empört. Sie wollten Widerstand leisten gegen diese Ungerechtigkeit und haben gestreikt. Alle Schüler stehen hinter dem Mädchen und verurteilen die Gewalt des Gründers – ein starkes Zeichen der Solidarität. Es ist nur etwas aus dem Ruder gelaufen. Es wurden Steine geschmissen, Autos zerstört…  Außerdem sind die Schüler zu allen anderen weiterführenden Schulen gelaufen und nun ist überall der Schulbetrieb lahmgelegt. Die Polizei hat die Situation mit EInsatz von Tränengas unter Kontrolle gebracht. Ob die Mädchen des Foyers morgen ganz normal zur Schule gehen können, wird sich zeigen. Sie waren alle sehr aus dem Häuschen, bestürzt und jede hat ihre Version der Geschichte erzählen müssen. An produktives Lernen war heute nicht zu denken.
Die Schule und vor allem der Schulgründer stehen übrigens schon seit langem in der Kritik. Der Gründer hat gestern auf dem Schulgelände ein Rind geschlachtet und das Blut auf dem Schulgelände verteilt, als Opfer! Jedes Jahr sterben kurz nach dieser Opferung ein oder zwei Schüler. Die Mädchen haben mir erzählt, dass es sich um Hexerei handelt und der Gründer seinen Fluch über zwei Schüler legt. Der Bürgermeister von Duékoué hat angedroht, dass die Schule geschlossen wird, wenn es noch einen Todesfall an der Schule gibt.

Ein anderes Ereignis habe ich in den Nachrichten verfolgt. In der Elfenbeinküste gibt es seit letztem Jahr im Mai ein Gesetz, dass Plastiktüten verbietet. Ihr müsst euch vorstellen, dass auf dem Markt so ziemlich alles in Plastik verpackt wird. Man kauft z.B. Öl nicht in großen Flaschen sondern in einer kleinen Tüte aus Plastik. Oder Wasser: Ein halber Liter Wasser in einem Plastiksack verpackt. Mit den Zähnen reißt man es dann an einer Ecke auf und trinkt. Um die Einkäufe zu tragen braucht man Tüten, denn meistens ist der Weg vom Markt nach Hause ziemlich lang. Und mit dem Auto zum Einkaufen fährt hier niemand. Kekse, Zucker,Maismehl, Gewürze,gefrorener Saft als Eis… alles in Sack und Tüten. Das Markttreiben ohne Plastik scheint wirklich unmöglich.
Das Gesetz ist ja angesichts der Umweltverschmutzung gutzuheißen. Und wenn man sich die Müllberge hier anschaut, ist es auch völlig nachvollziehbar. Doch der Haken für die Bevölkerung ist, dass die Regierung keine Alternativen schafft. Der Ansatz ist gut, aber die Umsetzung fehlgeschlagen… Die Verantwortlichen empfehlen zwar biologisch abbaubare Säcke, aber wo bekommen die Menschen diese nun her und was macht sie mit den alten Plastiksäcken, die sie in Massen gelagert hat? Es ist fast so, als hätte man den Deutschen die Mark weggenommen und den Euro eingeführt, ohne das alte Geld durch neues austauschen zu können.
Diese Woche ist nun das Militär durch die Straßen Abidjans gezogen und hat den Marktfrauen und Produzenten von Plastiktüten die Plastiksäcke aus den Händen gerissen, den Inhalt ausgeleert und somit ihre Existenz ins Wanken gebracht. Im Fernsehen sieht man am Boden zerstörte Menschen, schreiende Frauen und weinende Männer: perspektiv- und hoffnungslos. Wie sollen sie nun das Wasser verkaufen? Und wie sollen sie ihre Familie ernähren, nachdem heute ihre ganzen Waren vernichtet wurden? Die Lösung eines Umwelt- und Schmutzproblems schafft leider viele andere Probleme.
Wer nun noch Plastiksäcke verwendet, produziert, importiert… kann dafür zwischen 15 und 20 Jahre im Gefängnis landen und muss mit einer Geldstrafe bis zu 150000 Euro rechnen.

Das sind nun zwei Geschichten der Schattenseiten und es gibt noch viele solcher Geschichten, aber das Leben hier hat auch seine Sonnenseiten und schönen Geschichten. Das darf man nicht vergessen.  Doch an welchem Ort der Welt ist das nicht so? 😉
Eure Franzi

Vorheriger Beitrag

14- Maçedoine

Nächster Beitrag

16- An einem Ort, den Google Maps nicht kennt

  1. Liebe Franziska!
    Nach längerer Zeit möchten wir Dir wieder einen lieben Gruß schicken und Dir danken für Deine Berichte.
    Es erstaunt uns immer wieder, wie Du mit den Gepflogenheiten dieses Landes umgehen kannst – wie z.B. dem Busfahren, dem Trinken aus einem Napf, dem Huhn-Geschenk u.v.m. Und die Erfahrungen, die die Mädchen von der Schule mitbringen oder das Erleben auf dem Markt, das geht sicher auch nicht spurlos an Dir vorüber. – Vermutlich wird Dir immer deutlicher, in welch „gutem Land“ wir in D leben. Deine Berichte machen uns das wieder sehr dankbar bewusst.
    Wir wünschen Dir die physische und psychische Kraft, auszuhalten, durchzuhalten – und Deinen Mitmenschen dort durch das miteinander Reflektieren Mut und Zuversicht zu vermitteln.
    Alles Liebe und herzliche Grüße
    Anni und Kurt

  2. Mama und Papa

    Hallo Franzi,
    hoffentlich beruhigt sich die Situation für die Schüler in Duékoué wieder. Ich denke jedenfalls an deine Schülerinnen, wünsche ihnen eine friedliche Schulwoche und dass der Schulleiter mit seiner Hexerei das Feld räumt/räumen muss. Wie unvorstellbar ist für uns dieses Denken und die daraus resultierende Praxis.
    Ich hoffe, du kannst das gut verarbeiten – wie gut, dass wir einen Gott haben, der uns „aus der Macht des Bösen“ befreit hat!
    Drückerle!
    Mama

Schreibe einen Kommentar

Ich stimme zu, dass meine Angaben aus dem Kommentarformular zur Beantwortung meiner Anfrage erhoben und verarbeitet werden. Hinweis: Sie können Ihre Einwilligung jederzeit für die Zukunft per E-Mail an info@donboscomission.de widerrufen. Detaillierte Informationen zum Umgang mit Nutzerdaten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Läuft mit WordPress & Theme erstellt von Anders Norén