Am Montag war Schulanfang in der Elfenbeinküste. Offiziell! Das hat hier aber anscheinend nichts zu heißen.
Im Foyer sind am Sonntagabend 3 Mädchen, im Laufe des nächsten Tages waren es dann 6.
6 von 55 Mädchen sind am 1. Schultag mehr oder weniger bereit, aufs College oder Lycée der Stadt zu gehen. Die Quote ist miserabel! So richtig wird die Schule erst die nächsten Wochen losgehen (denn ohne Kinder kein Unterricht), und so lange wird es auch noch dauern, bis alle Mädchen im Foyer angekommen sind. Deswegen ist es gerade für mich noch sehr ruhig. Keine Hektik im Foyer, keinen Alphabetisierungsunterricht, keine Gruppenstunden.
Als ich meinem kleinen Bruder erzählt hab, dass fast keine Kinder am 1. Schultag in den Schulen sind, meinte er bloß: „Und da soll nochmal einer in Deutschland sagen, die afrikanischen Kinder würden sich freuen, wenn sie zur Schule gehen könnten!“ Doch ich glaube, auch wenn sie es hier nicht so genau nehmen mit den Zeiten und der Pünktlichkeit, sind viele Familien trotzdem sehr dankbar, wenn ihr Kind eine Chance auf Bildung hat.
So kann ich die Zeit mit den Mädchen, die schon da sind, genießen. Es ist für mich außerdem leichter, nach und nach die Mädchen und ihre Namen kennen zu lernen als 55 auf einen Schlag!
Auch wenn sie nur zu Sechst sind, haben die Mädels schon so viel Freude und Leben ins Foyer gebracht. Sie wollen mir alles zeigen, lassen mich alles probieren. Jedes Mal, wenn sie essen, bekomme ich einen Löffel und wir mampfen zu 7. aus einem Teller. Manche mit der Hand, andere ein bisschen „zivilisierter“ 😉 Inzwischen ist es aber Pflicht,dass jede ihren eigenen Teller hat, einfach auch als Schutzmaßnahme vor Ebola.
Meistens weiß ich garnicht, was ich eigentlich esse. Dann erklären sie mir, wie und womit man das zubereitet, aber alle reden durcheinander und am Ende weiß ich immer noch nicht, was das auf dem Teller ist, nur das es wirklich lecker schmeckt.
Man muss wissen: Hier im Foyer der Mädchen gibt es keine Kantine oder Köchin. Jedes Mädchen kocht für sich selbst. Es ist spannend, ihnen dabei zuzusehen. Sie sind fast alle jünger als ich aber so geschickt und flink bei der Hausarbeit. Ich werde wohl selbst mit 80 Jahren nicht so gut kochen können wie sie. Das beeindruckt mich jeden Tag aufs Neue.
Die Mädchen genießen die Zeit im Foyer ohne Unterricht. Da sie ja gerade verlängerte Ferien habe, wecke ich sie jeden Morgen „erst“ um 6.30 Uhr. Sie gehen auf den Markt, bereiten ihre Schulhefte vor, reden und lachen ohne Pause, häkeln und stricken (Schwester Lucie bringt ihnen alles bei), tanzen zwischendurch, zeigen mir Klatschspiele, kochen und wir singen viel. Und ja, sie sind vernarrt in den alten Fernseher. Nachdem sie nun über den Sommer zu Hause waren, hatten nur wenige die Gelegenheit, mal einen Film zu schauen. Wir sehen fast nur Zeichentrickfilme an, das haben sie am liebsten. Ich habe dabei sogar ein paar Bildungslücken geschlossen: Habe hier zum ersten Mal Dschungelbuch gesehen. 🙂
Andererseits sind die Mädchen aber auch sehr eifrig, wenn es darum geht, Samstag morgens die Kochstellen, Duschen und Toiletten zu putzen. Ich wollte sie wieder um 6.30 Uhr wecken, doch sie waren schon auf den Beinen und dabei, alles sauber zu machen. Da gibt es keine Diskussion, sie machen es einfach, und sehen dabei sogar noch glücklich aus 😉
Auch wenn meine Arbeit also noch nicht wirklich angefangen hat, wird es mir hier nie langweilig. Es gibt immer was zu tun und Neues zu entdecken.
Sobald die Schule beginnt, ist es für mich und die Jugendlichen vorbei mit dem Lotterleben. Jeder Tag hat dann einen straffen Zeitplan, mit sehr viel ETUDES- Lerneinheiten. Doch dazu dann mehr, wenn es soweit ist.
Im Ausbildungszentrum von Don Bosco, dem CPAR [Centre professionell artisanal et rural] lernen ca. 300 Jungen und Mädchen. Dort gibt es die Möglichkeit, eine Ausbildung in den Berufen Konditor/Koch, Schneider/Näher, Mechaniker (generell und speziell für Autos), Elektriker,… zu machen.
Ein paar Mädchen, die dort ausgebildet werden, wohnen dann auch bei uns im Foyer. In diesem Zentrum werde ich (wenn dann mal das Schuljahr wirklich losgeht) 2 Stunden Alphabetisierungsunterricht geben.
Es ist ziemlich traurig, dass bei den eher weiblichen Berufen kaum Einschreibungen erfolgt sind. Eltern müssen nämlich für die Ausbildung ein geringes Schulgeld zahlen. Doch meistens investieren die Väter in ihre Söhne, aber weniger in die Töchter. Die Jungs können nämlich wenigstens nicht schwanger werden und so ist die Investition keine Verschwendung.
Eine Sache, die mich hier wirklich jedes Mal zum Schmunzeln bringt:
Ein ivorisches („schwarzes“) Mädchen fragt ein anderes: Wo ist die Schwarze?
Das andere Mädchen weiß sofort, um wen es geht.
Für mich haben einfach alle Menschen eine andere, dunklere Hautfarbe als ich. Aber die Ivorer selbst unterscheiden das „schwarz“ in hell und dunkel. Da viele Afrikaner europäische oder amerikanische Menschen als Schönheitsideal sehen, sind die Helleren die Schöneren. Über die Dunklen wird sich manchmal sogar lustig gemacht. Und auf dem Markt kann man an jedem zweiten Stand Produkte zur Hautaufhellung kaufen.
Ich wünsche euch in Deutschland und überall sonst auf der Welt, dass auch ihr wieder ruhig und gut in den Arbeits-/Schulalltag eingestiegen seid und ihr es euch gut gehen lasst.
In diesem Sinne,
liebe Grüße von der sehr hellen Weißen
P.S. Hier noch ein paar Bilder aus den Straßen Duékoués:
Alex
Liebe Franziska,
echt tolle Erlebnisse, diese Mädchen sehen so nett aus!
Anni und Kurt
Liebe Franziska!
Danke für Deinen interessanten Bericht – und schön, dass wir Dich auch mal auf einem Bild sehen konnten. Wir warten schon immer gespannt, was Du Neues erlebt und erfahren hast. – Hast Du Dich schon ans Wetter gewöhnt?
Wir wünschen Dir einen guten Schulanfang – wenn es denn mal los geht…
Ganz liebe Grüße
Anni und Kurt