Jetzt sind wir schon mehr als vier Monate hier und es gibt wieder so viele Dinge, die ich erlebt habe und über die ich schreiben könnte und für die ich jetzt diesen Sammel-Beitrag nutze. Ich fände es zu schade , diese Dinge nicht zu erzählen, obwohl sie schon etwas länger her sind (der Entwurf ist mir etwas in Vergessenheit geraten).

Der Bischof höchstpersönlich

Am 12. November, also jetzt schon ganz schön lange her, war unsere Kommunität bei dem 25. Bischofsjubiläum eingeladen. Philippe Rukamba sein Name, ist Bischof der Diözese Huye. Wir wussten zwar, dass es eine Feier geben sollte an dem besagten Tag, sind am Morgen dann jedoch sehr spontan aufgebrochen. Von einem der Salesianer wurden wir informiert, dass wir vorfahren sollten und dass wir von jemand mitgenommen werden würden, während er alleine nachkommen würde. Obwohl die ganze Kommunität eingeladen war, waren wir die einzigen drei, die der Einladung gefolgt sind. Gut, dachten wir uns, dann treffen wir uns eben an der großen Kathedrale in Huye. Nichts da! Wir wurden von einem uns unbekannten Priester mitgenommen, der, so erfuhren wir später, ein Priester aus Kigali war. Bei der Ankunft merkten wir jedoch recht schnell, dass es schwierig werden könnte, Père Rémy wiederzufinden. Es waren auf dem großen Hof der Kathedrale riesige weiße Zelte mit Plastikstühlen und Stuhlhussen aufgebaut. Bestimmt 1000. Und so viele Menschen waren es am Ende auch nach meiner Einschätzung. Vorne in der Mitte stand der Altar mit Sitzen für den Bischof und alle Priester (auch Père Rémy) und seine Gefolgschaft. Etwas verloren betraten wir den Hof und wurden sofort von Platzordnern empfangen, die uns einen Platz zuweisen wollten. Für die Salesianer Don Boscos aus Rango waren ein paar Stühle reserviert. Ein wenig unangenehm war es durch die ganzen Menschen bis zu unserem Platz zu gelangen und wir fühlten uns auch noch immer fehl am Platz, bis wir begriffen, dass wir unsere Unwissenheit über den Ablauf des Ereignisses einfach hinnehmen sollten, denn wir wussten nicht, was passieren würde. Es kamen mindestens 70 Priester mit dem Bischof und zu unserem Erstaunen auch der Ruandische Premierminister. Dies begriffen wir, als er vor allen vorgestellt wurde und in Begleitung von Personenschützern mit Headset kam. Jetzt können wir sagen, dass wir nicht einmal 20m von ihm entfernt saßen. Am Ende hat er einen Ansprache und Dankesrede für den Bischof gehalten.

Nach einer langen Messe, vielen kurzen Ansprachen von Priestern und einem Kardinal und plötzlichem Regenguss, war die Messe vorbei. Der Regenguss löste während der Messe eine Stuhlwanderung der ersten Reihen in die Zeltmitte aus. Von fleißigen Helfern des Roten Kreuzes wurde Wasser, Apfelsaft und Mangosaft verteilt. Am Ende der Messe gab es eine Tanz-Aufführung von Kindern und erwachsenen Frauen in traditionellen Kleidern zu traditioneller Musik. Im Anschluss daran sind ein paar Kinder regelrecht aufmarschiert. Sie haben sich als Schüler einer Schule vorgestellt, die ihrem Bischof gratulieren wollten. Ein sehr mutiges kleines Mädchen (ca. 10 Jahre alt), hat dem Bischof alleine vor allen ein Lied gesungen. Dafür hat sie natürlich großen Applaus bekommen. 

Einen Tag später, keiner hätte es geahnt, wurden wir von einem Priester in das Haus der Bischofs in Huye eingeladen. Er war nicht auf uns eingestellt (wir auch auf ihn nicht), weshalb wir ihn mitten beim Mittagessen erwischten. Dennoch hatten wir eine kurze, nette Unterhaltung und durften auch mit ein paar echt leckeren Pralinen gehen. Er konnte übrigens auch ein paar Worte Deutsch.

Petit Seminaire

7. Dezember: Wir haben nun fast einen Monat später. Heute wurden wir spontan von Père Rémy gefragt, ob wir nicht mit zu einem Theater kommen möchten. Wir waren etwas überrascht, aber haben natürlich zugesagt. Spät abends fuhren wir dann gemeinsam zu einer Schule mit Namen Petit Seminaire (eine weiterführende Schule für Jungs). Die Vorstellung war schon im vollen Gange, aber damit hatte anscheinend keiner ein Problem. In der ersten Reihe der Bischof, der uns mit Handschlag begrüßte, und sonst sehr sehr viele Schüler und Eltern in einer Aula mit Bühne. Wie wurden mehr oder weniger in die zweite Reihe gesetzt und ließen auf uns zukommen, was die Schüler vorbereitet hatten. Ein paar Gesänge der einzelnen Stufen mit sehr motivierten Schülern als Dirigenten. Das Highlight war das Theaterstück „Docteur Knock“, ein französisches Stück. Es wurde in der ersten Hälfte als Film auf einer Leinwand präsentiert, die zweite Hälfte wurde dann richtig gespielt. Auf französisch kein Problem, denn auf dieser Schule können das alle Schüler fließend. Das war wirklich sehr beeindruckend. Wir sind etwas früher gegangen, als alle anderen, weshalb wir erst auf dem Parkplatz bemerkten, dass wir zugeparkt worden waren. Auf dem kleinen Parkplatz standen die Autos zu dicht, als das wir noch in Richtung Auffahrt durchgepasst hätten. Erst wollte Père Rémy es so versuchen und war fest der Überzeugung, dass wir mit unserem kleinen Auto durchkommen. Es hat schließlich darin geendet, dass der Fahrer des anderen Autos das Auto doch noch um parken musste. Eine halbe Stunde später als geplant haben wir dann den Parkplatz verlassen.

Mein erstes Erdbeben

21. Dezember: Wie dieser Tag enden würde hätte keiner gedacht. Heute früh haben wir erstmal die restlichen Noten eingetragen, denn da jetzt Ferien sind, bekommen die Schüler alle ihre Zeugnisse und die Klausuren müssen korrigiert und die Noten eingetragen werden. Nachdem das erledigt war, gab es noch ein leckeres Essen mit den Lehrern und der Schulköchin. Am Nachmittag haben wir dann angefangen, Plätzchen für Weihnachten zu backen (dazu mehr in meinem Weihnachts-Beitrag „Noheli nziza“). Als wir dann endlich mit dem Backen fertig waren, standen wir noch in der Küche und haben zusammen mit der Köchin und einem Jungen den Abwasch gemacht. Plötzlich hat es laut angefangen zu donnern, aus dem Nichts. Es hat sich direkt komisch angefühlt, aber wir haben es noch nicht begriffen. Anders war es jedoch bei der Köchin. Sie hat sofort „out“ „out“ gerufen und ist allen vorweg aus der Küche ins Freie gerannt. Hinterher der Junge, dann Gesine, dann Ich. Draußen, alle am Zittern, habe ich es dann begriffen. Es war ein Erdbeben. Und zwar kein Leichtes, was uns ein Salesianer im Nachhinein berichtete. Das Gefühl ist schwer zu beschreiben. Es hört sich an wie ein Donner, aber mein ganzer Körper hat sich wackelig angefühlt, vielleicht auch einfach nur, weil ich so eine große Aufregung in mir hatte. Erdbeben kommen hier anscheinend ein bis zweimal im Jahr vor. Es kam jedoch so plötzlich, dass ich noch danach etwas aufgeregt war, dass jederzeit ein Weiteres kommen wird. 

Neue Geschmäcker

22.Dezember: Heute waren wir bei einem Freund eingeladen: wir haben das erste mal Zuckerrohr gegessen. Wieso ich das erzähle? Weil es so ein einfaches Erlebnis ,aber so etwas Neuen für mich ist. Das riesige lange Rohr, das so ähnlich aussieht wie ein Bambusstange, wurde in Stücke geschnitten und dann nochmal zerteilt. Wir haben probiert, die harte Rinde mit unserem Zähnen abzubeißen, haben es aber nicht hinbekommen. Für uns wurde dann die Rinde mit dem Messer entfernt. Außerdem haben wir Ubugali, Soße mit Bohnen und Kohl auf offenem Feuer draußen gemacht. So machen dass hier viele. Überall werden die kleinen Mini Öfen verkauft, in die man oben Kohle legt, diese zum brennen bringt und dann den Topf direkt auf das Feuer stellt. Es war nicht ganz einfach, denn heißen Topf nur mit einem Stück Papier anzufassen und dabei noch kräftig umzurühren. Das Ubugali haben wir schon mal gar nicht alleine hinbekommen, denn die zähflüssige Masse aus Mehl und Wasser ist wie Kaugummi, also sehr schwer umzurühren. Obwohl es für uns sehr ungewohnt und aufwendig war, draußen so zu kochen, hat es sehr viel Spaß gemacht und hat mir gezeigt, dass man überall kochen kann und dafür keine feste Küche braucht. Das Essen war eine Gemeinschaftsaktion. Die Nachbarn haben mit uns zusammen gekocht und so sind wir mit noch mehr Leuten in Kontakt gekommen, was wirklich sehr schön war. Nach den Abendessen gab es dann nochmal Porridge. Eine Mischung aus Wasser und verschiedenen Getreidesorten und Zucker. Es war sehr lecker. Man trinkt Porridge hier oft zum Frühstück.