Dieser Blogeintrag stellt eine kleine Erweiterung des letzten Eintrags „Alltag“ dar. An drei Beispielen versuche ich, besondere Situationen darzustellen, die doch irgendwie zum Alltag gehören. Und es geht auch schon direkt los…

Nummer eins: Plötzliche Überraschungen
Hierfür muss ich etwas weiter ausholen. Eigentlich sollten Annette und ich ein Zimmer im Zweitgebäude bewohnen. Da soll aber der Boden neu gemacht werden, weshalb wir im Hauptgebäude im Gästezimmer wohnen. Wir schauen immer wieder mal in unser eigentliches Zimmer rein, viel tut sich aber nicht, außer das ein größeres Loch im Boden ist und daneben ein Sandhaufen 😀

Unser Zimmer in der Entwicklungsphase

Irgendwann um Mitte Oktober rum erzählte uns unser Father, dass Ende November ein Brother (Brothers sind quasi Fathers in Ausbildung) in unser Projekt kommen würde. Brothers sind eigentlich in allen (oder fast allen) Einrichtungen. Als das Hostel hier noch bestanden hat, gab es hier auch welche. Wir haben uns riesig gefreut, weil die Brothers, die wir bis jetzt kennen gelernt haben, alle total cool drauf sind. Unser Father meinte, dass unser Zimmer fertig werden muss, bevor der Brother kommt, weil er dann unser jetziges Zimmer beziehen würde. Dann vergingen wieder ruck zuck die Wochen, in unserem Zimmer tat sich aber immer noch nicht viel. Ich habe die Info, dass ein Brother in unser Projekt kommt also in die Kategorie „passiert vielleicht in ein paar Monaten“ abgelegt. Am Montag, den 20. November saß ich nach der morgendlichen Messe nichtsahnend mit meinem Tagebuch und Tamilbuch bei Ammaa in der Küche, bis Ammaa fragte, ob ich nicht mal frühstücken will, der Brother säße auch schon in der Dining-Hall. Das hat mich erst mal – auf gut Deutsch gesagt – von den Socken gehauen! Wir haben uns direkt ziemlich gut mit ihm verstanden und als ich mich mal mit ihm über seine plötzliche Ankunft hier unterhalten habe, hab ich rausgefunden, dass er ähnlich präzise Angaben erhalten hatte wie wir: Er hätte eigentlich ein paar Tage später anreisen sollen, aber bekam dann mitgeteilt, dass hier alles fertig sei und er jetzt fahren würde. Fertig ist also ein relativ dehnbarer Begriff 😀

Nummer zwei: (festliche) Programme
Es vergeht hier eigentlich keine Woche ohne ein oder zwei besondere Programme. Als Beispiel dient die vergangene Woche: Am Sonntag den 19. November hat VEMBU eine „Children Rally“ veranstaltet: Nicht nur aus Vilathikulam, sondern auch aus näheren umliegenden Dörfern kamen (Annettes und meine Schätzung) rund 200 Kinder. Es hat angemutet wie eine Kinderdemo: hinter einem Auto mit Lautsprechern sind alle Kids in Zweierreihen hergelaufen, einige mit Schildern in der Hand, und haben sich gegen die Umweltverschmutzung (ich glaube hauptsächlich gegen Plastik) ausgesprochen. An zwei Plätzen im Städtchen haben wir angehalten (ich bin an der Hand von einem unserer Evening-Tuition-Kids mitspaziert) und die Tanz-Gruppe hat losgelegt. Der letzte Programmpunkt war dann eine Baumpflanzung, von der ich selbst allerdings nichts mitbekommen habe, da ich alle meine Kraft darauf verwendet habe, drei Mädels davon abzuhalten, dauernd im Spaß aufeinander los zu gehen.

Die Dance-Group in grün tanzt in der Mitte und wer ganz genau hinschaut, kann auch Annette und mich erkennen – natürlich im Publikum und nicht in der Dance-Group 😀

Am Mittwoch darauf dann fand zur Feier des Children´s days statt der Evening-Tuition ein Mal-, Sing- und Sprechwettbewerb für die Kids statt, der durch einige Tänze der Kids kräftig aufgepeppt wurde. Mein Lieblingstanz war natürlich der der kleineren Jungs auf Justin Bieber´s „Baby“ 😉 Einige der Eltern der Kinder waren auch am Start, und alle Kids waren aufgehübscht wie noch was.

Der Tanz zu Justin Biebers „Baby“

 

Die Mädels legen los, diesmal auf einen tamilischen Song.

Damit nicht genug: Am Samstagabend ging´s mit einem „Buchabend“ weiter: Fünf Autoren aus der Umgebung kamen ins Projekt und haben ihr neues Werk vorgestellt (Das Publikum waren die Evening-Tuition Kids, Mitarbeiter Vembus, die Fathers, einige Jugendliche, die genauso zu Vembu gehören wie die Fathers – sie sind immer beim Youth-Meeting, der Sunday Class oder auch mal einfach so am Start, und Annette und ich). Auch hier wurde natürlich wieder getanzt, wenn auch nicht ganz so oft wie am Mittwoch.
Natürlich sieht nicht jede Woche so aus, diese war schon ungewöhnlich gefüllt. Besondere Programme wie diese kehren aber trotzdem mit einer gewissen Regelmäßigkeit wieder!

Nummer drei: Neue Bekanntschaften
Wir lernen hier einfach dauernd neue Leute kennen. Oft einfach nur, indem wir in der Dining-Hall sitzen. Original-Situation von Samstag: Annette und ich kommen nach dem morning-prayer mit unserem gesammelten Kram in die Dining-Hall, um dort noch Tagebuch oder schon am Blog zu schreiben. Dort sitzen bereits Fr. Paulraj und eine uns völlig fremde Person. Das überrascht uns schon gar nicht mehr. Nach einem kurzen Gespräch stellt sich heraus, dass der fremde Mann ebenfalls ein Father ist, allerdings aus Madurai und von einem anderen Orden. Er hat hier seinen Kumpel, den Ingenieur unserer Kirchenbaustelle besucht. Im Gespräch durfte natürlich auch das obligatorische „you´re welcome to (das ist ein Platzhalter für das jeweilige Projekt, in das wir eingeladen werden. Im Falle dieses Fathers handelt es sich um ein College)!“ nicht fehlen, was ansonsten gerne auch mal offensiver formuliert wird: „So, when will you come visit us?“
Die Dining-Hall ist einfach DER Hotspot für interessante Begegnungen.

So, das war es schon wieder von mir. (Sorry für dieses abrupte Ende – wer meine vorherigen Blogeinträge aufmerksam gelesen hat, hat wahrscheinlich schon gemerkt, dass ergreifende Einleitungen und sacht auslaufende Schlusssätze nicht ganz so mein Ding sind. Mal ganz zu schweigen von genial gesetzten Überleitungen :D)