Momentan sieht es bei mir noch so aus:

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Ich denke dieses Foto sagt mehr als tausend Worte.

Es zeigt sehr eindrücklich meine  Hauptbeschäftigung der letzten zwei Wochen. Jeden Tag, zwischen 9 und 10 Uhr, schwinge ich mich beschwingt und motiviert (naja fast ;))in den Sattel und trete die Fahrt zu „meiner Lernstätte“ an:  die Philosophie-Theologie-Bibliothek der Universität Regensburg ( in Anbetracht der Tatsache, dass ich eher medizinische Fächer lerne, finde ich dieses Detail erwähnenswert, ich fühle mich hier jedenfalls wohl;)).

Was ich darin tue, kann man sich wohl denken. Pauken, pauken, pauken. Kein Handy, kein Laptop, kein Buch, keine Küche, die -man -jetzt -putzen -könnte, nichts. Ich habe nur mich und meine Lernunterlagen. Und meine Wasserflasche, die indirekt dazu beiträgt, dass ich mir immer mal wieder eine kleine Pause erlauben darf ;). Also eine völlig reizlose Umgebung, in der man nur produktiv sein kann. Aber das ist Typsache und ehrlich gesagt: auch ich bin nicht zu 100% aktiv, aber das wäre ja nicht normal…Gerade kämpfe ich mich durch Audiologie und versuche dieses Fach neben zig anderen Fächern in mein Hirn zu quetschen. Audiologie ist für mich wie Mathe am Gymnasium. Das Fach das man am längsten aufschiebt, weil man es nicht kann und deswegen auch den Sinn es zu lernen als nicht so hoch ansieht ;). Aber heute habe ich festgestellt, wenn man sich einmal länger ernsthaft mit Audiologie beschäftigt, ist es doch nicht so schlimm. Aphasie, Stottern, Stimmstörungen, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Neurologie, Sprechapraxie, Berufskunde und  weitere Fächer, füllen schon Schubladen in meinem Gehirn. Ich hoffe, dass ich diese am Tag des schriftlichen Examens zum richtigen Zeitpunkt öffnen und den richtigen Inhalt herausbefördern kann.

Wenn ich nun in der Bibliothek sitzend gerade nicht mit gedanklichem Sprechen verschiedener logopädischer Fakten beschäftigt bin, dann bin ich – und das geht oft schneller als ich denken kann- in  einer Gedankenwelt abseits der Logopädie… . Und ihr dürft raten, welcher gedanklicher Bereich da besonders präsent ist und zu den Top3 der am durchdachtesten Gedanken gehört: der Ghana-Gedanke!  Ein Gedanke der mich kurz aus der tristen Atmosphäre der Bibliothek in ein mir fremdes von meinen Vorstellungen geprägtes Land entfliehen lässt.  Der viel Fragen aufwirft. Hoffentlich klappt das mit der Visumsbeantragung? Was fehlt noch auf meiner Todoliste? Wie gestalte ich meine Abschiedsfeier? Wie sieht mein Projekt aus? Wie geht es mir jetzt in weniger als zwei Monaten, wenn ich in Ghana bin? Der viele Aufgaben, die noch zu tun sind vor Augen führt. Cholera-Impfung, Packliste erstellen, Spenden sammeln, Arzttermine machen,…. Der Vorfreude schenkt. Und der mir ein Ziel vor Augen hält und eine Perspektive nach meiner Ausbildung gibt.  Der Ghana-Gedanke.  Das kleine Land in Westafrika, das ein Jahr mein Zuhause sein soll . Obwohl meine Ausreise am 28.10 immer näher rückt, fällt es mir momentan schwer diese zukünftige Wirklichkeit zu fassen. Es gibt noch so viel zu tun. Lernen, schriftliches und praktisches Examen. Mir ist es wichtig meine Logopädie- Ausbildung zu bestehen, so gut es mir möglich ist.

In Anbetracht der vielen Blogs der anderen Volontäre meines Jahrgangs, die über ihre spannende Anreise in ihre Länder berichten, werde ich kurz etwas melancholisch und würde am liebsten aus der Bibliothek rennen und auch gleich ins Flugzeug steigen.

Aber ist Vorfreude nicht die schönste Freude?

Da fällt es mir doch gleich viel leichter meine Gedanken wieder auf absolute Hörschwelle, maximale Basilarmembranauslenkung, otoakustische Emissionen und CI-Implantat zu richten und in die letzte Tischreihe im zweiten Lesesaal, ganz vorne rechts, neben den kirchengeschichtlichen Zeitschriften in die Bibliothek zurückzukehren.