Schon wieder eine Woche rum!

Seit letztem Dienstag arbeite ich nachmittags mit den Streetworkern der Street Presence zusammen und nicht mehr im Shelter, da dort mittlerweile andere Volontäre arbeiten.
Die Street Presence befindet sich im Bahnhof von Vijayawada und dort arbeiten auch die Streetworker und suchen auf den Gleisen, den Bahnsteigen und in den Zügen nach streunenden Kindern. Ich helfe ihnen dabei, wobei mir das Verständigen mit den Kindern noch relativ schwer fällt, Telugu ist schwerer, als ich dachte, aber ich bin fleissig am Lernen :). Der Bahnhof ist übrigens der größte in ganz Andrah Pradesh (sozusagen das Bundesland, in dem ich mich befinde).
Die Kinder werden, falls sie möchten, zum Shelter gebracht. Dort wird zunächst geprüft, ob sie eventuell vermisst werden, ob sie Eltern oder andere verantwortliche Personen haben und in wie weit diese verständigt werden können. Häufig besitzen die Kinder jedoch keine Eltern mehr bzw. sind die Eltern nicht in der Lage, sich um sie zu kümmern. Falls das zutrifft können die Kinder im Shelter bleiben, bekommen dort zu essen, einen Platz zum schlafen und spielen und morgens etwas Englischunterricht.

So viel zu meiner Arbeit. Ich möchte außerdem noch etwas über einen Jungen schreiben, der mir in den letzten Wochen ans Herz gewachsen ist.

Radsched (Name geändert) ist wahrscheinlich 13 Jahre alt, genau weiß er das nicht. Als er sich mir das erste Mal vorgestellt hat, meinte er, er sei Radshed „The King“, da er einmal König werden würde. Allgemein hat er eine ziemlich große Klappe, ist aber ziemlich klug für sein Alter. Er mag Autos, Kameras und würde gern einmal in seinem Leben fliegen.

Radsched ist HIV-positiv. Bekommen hat er das Virus bei seiner Geburt, seine Eltern sind inzwischen gestorben. Seit den letzten zwei Wochen ist er bei uns im Sick Room mal geht es ihm besser, mal schlechter. Er spricht besser Englisch als die meisten der Mitarbeiter vom Sick Room, zur Schule gehen möchte er aber nicht. Wenn man ihn fragt, ob er nicht doch gehen möchte, sagt er aus Höflichkeit ja, in Wirklichkeit hat er aber keine Lust. Er weiß genau, wie schwerwiegend seine Krankheit ist, deswegen sieht er keinen Sinn im Lernen.
Er lebt mal hier, mal da, einmal ist er auch aus dem Sick Room ausgerissen, obwohl er einen Krankenhaustermin an dem Tag hatte. Am nächsten Tag war er wieder da. Mittlerweile ist er aber schon seit längerer Zeit so gut wie jeden Tag im Shelter bzw. Sick Room. Heute ging es ihm nicht so gut und ich musste wieder mit ihm ins Krankenhaus gehen.
Trotz seiner schweren Krankheit, ist er fast immer fröhlich, begrüßt mich immer und singt jedes mal bei der „Music Class“ mit. Außrdem hat er mich mittlerweile als persönliche Eskorte für sämtliche Krankenhaustermine beschlagtnahmt. Nur manchmal ist er etwas nachdenklich.

Achso, um auf den Titel nochmal einzugehen:
Da das Ganesha-Fest vorbei ist, man in Indien aber selten eine Woche ohne Fest verbringt, werden nun in der ganzen Stadt Durga-Festzüge veranstaltet, auch nachts um 12.
Dabei dürfen RICHTIG laute Musik und Trommeln nicht fehlen und auch nicht diese RIESIGEN Leuchtscheinwerfer, die wahrscheinlich in einer Stunde so viel Strom verbrauchen, wie man durch den geplanten Nachmittagsstromausfall spart. Unsere Wohnung ist im 2. Stockwerk und wenn wir nachts das Fenster aufmachen denken wir trotzdem, es wäre Tag :D.

Tagsüber sieht ein Umzug übrigens so aus:

Zum Abschluss noch ein Bild von den anderen Jungs aus dem Sick Room und mir, Radsched ist nicht mit drauf, er wollte unbedingt das Foto machen.

Liebe Grüße,

Jonathan

P.S.: Ich hab das mit dem Schnee gehört :-)!