Annalus Jahr in Mumbai

Ein Freiwilligendienst im Shelter Don Bosco

Mumbai im Feierrausch

Diwali: Der Sieg von Gut über Böse, von Wahrheit über Lüge und Licht über Schatten. Das bedeutendste Fest der Hinduisten wurde die letzten Tage in Indien gefeiert. Und wir waren mitten drin. Um euch eine kleine Vorstellung zu geben: Man könnte meinen, Silvester und Weihnachten würde gleichzeitig an vier Tagen hintereinander gefeiert werden, ohne auch nur einmal zu schlafen.

Lotta und ich hatten das Glück, ab und zu mal schlafen zu können 😉 . Die Festivitäten wollten wir uns jedoch nicht entgehen lassen! So zogen wir am ersten  Diwali-Tag mit einer Sheltermitarbeiterin los, um uns erst einmal passende Kleidung auf einem Markt zu kaufen. Wo wir uns über die Preise freuten (nur 8€ für ein komplettes Outfit!!) winkte Shabra jedoch ab und ließ die Verkäufer einfach stehen. Nach ein paar erbitterten Verhandlungen und jeder Menge Spaß besaßen Lotta und ich unsere traditionelle Kleidung für das Diwalifest im Shelter, welches am vierten Diwali-Tag stattfinden sollte. Außerdem gab es für uns Unmengen an Süßigkeiten. Die Fathers im Provincial House bestanden darauf, dass wir auch ja alle Süßigkeiten probieren, die es nur zu Diwali gibt. So saßen wir und aßen wir, bis der Tag auch schon fast vorbei war und wir gefühlt 5 Kilo mehr wogen. Eine abendliche Runde durch unser Viertel zeigte uns die Schönheit des Festes: Alle Häuser waren geschmückt. Girlanden, Lampions, Lichterketten und ganz viel bling-bling: An nichts wurde gespart. Die Läden hatten noch offen und wunderschön gekleidete Menschen gingen aus. Viele Familien waren auch noch unterwegs und wir konnten das Nachtleben Mumbais ein bisschen besser kennenlernen. Um den Abend ausklingen zu lassen, gingen Lotta und ich nach unserer Rückkehr auf die Dachterrasse und  schauten uns die Feuerwerke über der Stadt an.

Am zweiten Diwali-Tag hatten unsere Jungs ein Fußballturnier, welches wir natürlich unterstützen mussten. Leider haben wir nicht gut genug angefeuert, denn alle drei aufgestellten Mannschaften gewannen keine Medaille. Abends nahm uns ein Father mit auf eine kleine Stadtrundfahrt, da er uns Mumbai und Diwali bei Nacht zeigen wollte. Das war wirklich fantastisch. Die ganze Stadt war auf den Beinen, überall war großes Gewusel und die hinduistischen Tempel waren wunderschön geschmückt. Besonders beeindruckend war für mich der Marine Drive, von dem ich das Meer, die Skyline und die Feuerwerke perfekt im Blick hatte.

Mit Süßigkeiten wurden wir auch am dritten Diwali-Tag wieder überschwemmt. Außerdem bekamen die Jungs im Shelter neue Klamotten und neue Stifte, worüber sie sich sehr freuten. Am Abend wurde mit vielen Kerzen ein Lichterfest gefeiert.

Der Vormittag des vierten Diwali-Tages war voll und ganz auf die bevorstehende Party fokussiert. Lotta und ich hatten die Aufgabe, Gipsmasken von den Jungs zu machen, was (wie eigentlich alles, was wir mit den Jungs machen) mit jeder Menge Spaß verbunden war.

Bevor die große Party stieg, machten wir uns gemeinsam mit den anderen Mitarbeiterinnen schick. Das heißt, sämtliche Schminke wurde ausgepackt, Haare wurden gemacht, Saris wurden gewickelt, es wurde sich umgezogen, gesungen und gelacht. Und das alles in einem ca. 10 Quadratmeter großen Raum mit acht Frauen für mehr als 40 Minuten. Als wir dann alle fertig waren, kam der große Auftritt und die Jungs waren ganz ausm Häuschen und mussten uns gaaaanz oft sagen, wie schön wir doch alle sind. Aber nicht nur wir haben uns schick gemacht: Auch die Jungs waren in ihren schönsten Klamotten und frisch gewaschen. Der Shelter war kaum wiederzuerkennen. Bunt geschmückt und natürlich, was auch sonst, viele Lichterketten ;).  Die Party begann mit einem Gebet, einem Video über Diwali und dem, doch etwas kitschigen Diwalisong. Außerdem zeigten die Fathers uns ein Video über die Luftverschmutzung von Feuerwerkskörpern und die gesundheitlichen Schäden, was mich stark beeindruckt hat. Aus diesem Grund wurden auch im Shelter keine Feuerwerke gezündet. Danach ging es weiter mit Wettspielen. Unter anderem wurden Rangolis gelegt (verschieden gefärbter Sand, mit dem man auf dem Boden Bilder legt), es wurde gegeneinander getanzt, gesungen, Geschicklichkeitsspiele gespielt und die Masken wurden angemalt. Ein Geländespiel rundete den Abend ab und dann gab es für alle Süßigkeiten. Als Zeichen der Freundschaft schiebt man seinem Gegenüber in Indien die Süßigkeiten in den Mund. Das hatte den großen Erfolg, dass ich nach fünf Minuten ungefähr 20 Kinderhände und zehn verschiedene Süßigkeitensorten in meinem Mund hatte.  Ein bisschen sandig hat’s geschmeckt, aber ich bin ja nicht aus Zucker und habe auch alles vertragen ;). Zum Schluss gab es noch ein großes Festessen für alle und Lotta und ich machten uns, etwas geschafft, auf den Heimweg.

Das war’s mit Diwali. Jetzt, eine Woche später, gibt es immer noch Feuerwerke und die Häuser und Tempel sind auch noch geschmückt. Die Atmosphäre ist eine ganz besondere und sehr familiär.

Schon drei Tage nach Diwali gab es das nächste Fest: Ende eines jeden Monats werden immer von allen Jungs die Geburtstage zusammen gefeiert. Auch ich durfte mitfeiern und den Kuchen anschneiden, nachdem für uns gesungen wurde. Ein paar Quizfragen über jedes Geburtstagskind mussten in der großen Runde beantwortet werden. Bei mir mussten die Jungs erraten, was meine Lieblingsfarbe ist und in welches Land ich gerne reise. Derjenige, der es als erstes wusste, bekam dann eine Süßigkeit von mir. Noch viel verrückter und ereignisreicher war Brother Selvins Geburtstagsfeier, die möchte ich aber in einem anderen Blogeintrag beschreiben.

Die Festivitäten sollten nicht enden – zwei Tage später war das große Provincial Jubiläum, bei dem verschiedene Fathers ihr Priesterjubiläum feierten (25 Jahre, 50 Jahre und 60 Jahre). Nach einer großen Messe, die mindestens 100 Fathers  zelebrierten, gab es ein Festessen auf unserem Schulhof mit mehr als 450 Gästen.

Nochmal zwei Tage später gab es die nächste Feier im Shelter, da Father Provincial, also der Chef der Don Boscos aus Mumbai, zum jährlichen Besuch kam. Auch hier wurden wieder Tänze  aufgeführt, Reden gehalten und es wurde natürlich wieder viel gegessen ;).

Schaut man im Kalender weiter, so sieht man, dass der Spaß des Feierns gar nicht mehr aufhört. Nächste Woche ist dann Weltkindertag, Lotta hat Geburtstag, vier weitere Geburtstage im Shelter und einer im Provincial House…und so weiter.

Wieder einmal lässt sich sagen, dass ich einfach nur glücklich bin hier zu sein und ich mich super eingelebt habe. Lotta und ich kennen uns mittlerweile gut in unserem Viertel aus und lernen immer mehr von der Stadt kennen. So langsam haben wir auch fast alle 52 Namen der Shelterjungs drauf (mit  Akash, Ganesh, Rajendra, Rajesh und Rohit liegt man meistens richtig) und lernen ihre Charaktereigenschaften immer besser kennen. Die Jungs sind mir jetzt schon so ans Herz gewachsen, am liebsten würde ich sie alle mit nach Hause nehmen.

Liebe Grüße und bis bald, eure Annalu

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  1. Riccarda

    Dein Festtagsoutfit ist wunderschön 🥰 Generell ist die indische Festtagskleidung schön.
    Liebe Grüße 😇

  2. Okay, euer Diwali klingt ein bisschen nicer als hier unten in Tamil Nadu 😂 Wir hatten einen Abend Feuerwerk und das war’s. Allerdings könnte das daran liegen das das Fest aus dem Norden kommt und seinen historischen Ursprung im Sieg der Nordländer über die Tamilen hat, wie uns ein Brother erklärt hat. Deshalb feiern die Tamilen das nicht sooo krass😂
    Grüße aus dem Süden🙈
    Jakob
    PS: Und die Böller hier explodieren schneller als in Deutschland, wie meine rechte Hand schmerzhaft erfahren musste😂😂

  3. Anna-Lu, das klingt ja alles mega schön! 😍😌👌🏻Es freut mich sehr, dass es bei euch viel zu feiern gibt und ich euch im Shelter immer wohler fühlt! Weiterhin viel Spaß in dieser für euch wohl sehr feierreichen Zeit, die noch kommt 😉
    Grüße aus Ruanda 🤗✌️✨

  4. Katharina Theune

    Liebe Anna-Lu,
    ich hatte kurz das Gefühl, mit dabei gewesen zu sein. Danke für einen richtig tollen Blogeintrag! Festefeiern ist wohl eine typische Eigenschaft der Salesianer… 😀

    Und alles Gute nachträglich zum Geburtstag aus Kiel,

    Kathi

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