Anna in Bolivien

meine Zeit in Santa Cruz

…halte Gott dich fest in seiner Hand

Die Wochen und Tage verflogen am Ende viel zu schnell und der Tag des Abschieds kam immer näher.
An unserem letzten Wochenende konnten wir noch einen gemeinsamen Ausflug machen. Alle zusammen fuhren wir in einen Park, in dem viel Platz zum Spielen und Toben war, verbrachten dort einen erfüllten Tag, grillten und genossen es, nochmal mit den Jungs zusammen zu sein. Es war ein so wunderschöner Tag, an dem ich nochmal die kleinen und doch so wertvollen Momente mit meinen Jungs bewusst genießen konnte.

Für unseren letzten Abend haben wir viel Kuchen gebacken, ein selbstgeschnittenen Film mit zahlreichen Fotos und Videos von unserem Jahr mit den Jungs geschaut und am Ende jedem eine Abschiedskarte mit Fotos und persönlichen Briefchen gegeben. Es flossen viele Tränen, sowohl bei uns Volontären als auch bei den Jungs. Wir nahmen uns alle nochmal so richtig in den Arm…
Es war ein sehr merkwürdiges Gefühl zu wissen, dass es das letzte Mal war, mit ihnen zu Abend zu essen, Gute-Nacht zu sagen, sie zu umarmen, ihnen gute Wünsche und Gedanken mit auf den Weg zu geben und dann ein letztes Mal aus dem Tor des Hogars zu gehen.

Ich verlasse das Hogar mit einem Herz voll von liebgewonnenen Menschen, besonders meinen Jungs, von denen jeder einzelne seinen Platz in meinem Herzen hat, voll von wundervollen und unvergesslichen Momenten, die sich wie eine kleine Ewigkeit anfühlen, voll von wertvollen Erfahrungen, voll von Freude und Glück. Natürlich werde ich all das in meinem Herzen tragen und nicht vergessen… Doch trotzdem tut der Abschied so weh und ich vermisse meine Jungs jetzt schon sehr!

Seit einer Woche bin ich nun wieder zurück in Deutschland. Immer noch kommt mir hier vieles fremd vor: die leeren und stillen Straßen, die Ordnung und Sauberkeit, warmes Wasser aus dem Wasserhahn oder der unglaubliche materielle Reichtum, den wir hier haben.
All das, was für mich in meinem Leben immer eine Selbstverständlichkeit war, genug zu essen zu haben, warmes Wasser, ein Dach über dem Kopf und besonders eine Familie zu haben, die einen liebt, kann ich jetzt ganz anders wertschätzen.
Wir haben so unglaublich viel und scheinbar nicht genug, wir streben nach immer mehr, das fällt mir jetzt so auf.
Wir haben mehr als genug, und doch fehlt uns etwas: Wir sollten mehr geben als nehmen, mehr sein als haben.

“Anna du hast die reale Welt noch nie erfahren”- sagte mir ein Jugendlicher aus dem Hogar. Was antwortet man da, einem jungen Menschen der schon so viel in seinem Leben durchmachen musste und Dinge gesehen hat, die ich glücklicherweise noch nie erfahren habe? Das macht mich nachdenklich…
Es ist reines Glück, dass ich hier in Deutschland geboren wurde und in einer funktionierenden Familie aufwachsen darf. Deshalb muss ich mich nicht schlecht oder schuldig fühlen, nein, aber ich sollte es nicht als Selbstverständlichkeit hinnehmen, denn das ist es wirklich nicht.

Ich bin dankbar für diese vielfältigen Erfahrungen, die ich in Bolivien mit der Arbeit im Hogar erleben durfte und hoffe, dass ich bald zurückkehren und meine Jungs, auch wenn sie dann ein ganzes Stück gewachsen sein werden, wieder in die Arme schließen kann!

Eure Anna

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Dankeschön!

  1. Anja Zerbe

    Wie recht du hast, Anna. Es wird eine auf immer unvergessliche Zeit bleiben…
    Hat es dich geprägt in der Entscheidung, wie es weiter geht?

    Wir waren ja 2 Jahre weg und ich denke heute noch dran. Einzelne Momente mir wieder zu holen geben mir bis jetzt Mut oder helfen, zu verstehen. Und die Ordnung und Leere der Straßen fallen mir
    sogar nach 2 Wochen Urlaub in der Ferne auf. Ich denke immer es sei Sonntag wenn wir heim kommen.

    Liebe Grüße aus Finthen
    Anja

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