Ich schreibe Sonntag, den 10.November 2019.
An Kälte ist hier nicht zu denken. Hannah, Felix und ich befinden uns im Zug zurück nach Hause, zurück nach Vijayawada, nachdem wir 12 Tage im grünen Bundesstaat Kerala verbrachten. Wer mich kennt weiß, das meine Aufmerksamkeit oft extra angefordert werden muss, was allerdings auf keinen Fall als Desinteresse an der Person oder Situation gewertet werden sollte. Nach ein paar genervten Blicken und Kommentaren, als Ihnen bewusst wurde, dass ich das Gespräch vom Vortag nicht aufgenommen hatte, lernten auch Sie, die Situation in Zukunft mit einem Lächeln, zeugend von Leichtigkeit, und einem Kopfschütteln ab zu tun. Fürs erste war dies der einfachste Weg, denn meine Aufmerksamkeit auf das `Hier und Jetzt´zu richten ist und bleibt ein langer Weg, besonders im bunten Indien, wo gefühlt keine Stunde ohne besonderes Ereignis vergeht. So sind meine Gedanken auch im Moment nicht bei der Heimfahrt, sondern schwirren noch beim Ankunftstag in Trivandrum, der Hauptstadt von Kerala, umher. Den Urlaub hatte ich mir speziell mit Hannah und Felix gelegt, da dies Hannahs letzter freier Urlaub war und die Beiden mir in Sachen spontan reisen sehr ähnlich waren.
#DerUrlaubWarSafeKeinFehler!
Angekommen, schüttete es aus Eimern, doch wir ließen uns davon nicht beeinflussen und hielten fest an unserem Plan, 20 km entfernt zum Strand von Kovalam zu gehen. Nach einer Abkühlung im Pool unseres Hotels, einer Massage basierend auf der Heilkunst von Ayurveda und einer Shopping-Tour, die unser Felix wirklich tapfer durch stand, gesellten wir uns in ein nettes Restaurant direkt am Strand. Gleich wurde klar, dass hier sämtliche Regeln leichter genommen wurden, als im Rest von Indien. Das ermöglichte zum Beispiel locker das Tanzbein mit dem Kellner zu schwingen, als er einen Song von Bob Marley spielen lies. Als ich am Abend eine Runde in meinen Gedanken, begleitet von Musik, eine Runde durch den kleinen Ort drehte, erinnerte ich mich wieder daran, bei Dunkelheit nicht mehr abseits von Gesellschaft meine Anwesenheit zu vertreten. Dabei ist es egal, in welchem Land der Erde man sich gerade befindet. Den zweiten Tag erfreute uns ein Frühstück mit dunklem Brot in der German-Bakery mit Blick zum sonnigen Strand. Wir dachten daran per Anhalter weiter zu reisen, doch nachdem uns die meisten nur kurze Strecken droppten, ließen wir es bei der Erfahrung einmal den Fahrtwind auf der Ladefläche eines LKW`s genossen zu haben und stiegen auf den Bus um. Da Inder sehr lange für einzelne Arbeitsschritte brauchen, überließ ich der Kioskverkäuferin die paar Rupie, die sie gerade zu wechseln versuchte, um noch schnell auf den Bus aufzuspringen, der sich schon zur Abfahrt in Bewegung gesetzt hatte. Hannah und Felix empfangen mich mit geschockten Blicken, denn sie waren der Meinung das ich den Bus verpassen würde. Mit erstaunen bekam ich mein Rückgeld ohne Aufforderung von der Frau bei Ankunft desselben Busbahnhofs am Abend wieder in die Hand gedrückt. Leider war die lange Busfahrt nach Kanyakumari nicht lohnenswert, denn die drei Ozeane, die dort zusammentreffen, äußerten sich wie erwartet nur in einem Ausblick aufs Meer. Dazu verpasste Felix noch seinen Sonnenuntergang, auf den er sich so freute, da eine Scharr von Indern jeden Zentimeter der Treppe besetzten, von der man die Sonne betrachten konnte.Von hören sagen bekamen wir nämlich mit, dass er hier in der Atmosphäre ganz besonders wirken sollte. Unsere Blicke spiegelten die Erschöpfung vom Tag in sich, weshalb ein sehr netter Mann uns an dem späten Abend noch bei der Suche nach einem freiem Bett unterstützte, um uns um eine Sorge zu erleichtern.
Den nächsten Tag zog es uns zu einem Tempel, der mit seiner Felslandschaft und seinem versteckten See am obersten Punkt überwältigend war. Das zweite Ziel war nicht weniger beeindruckend, wo uns eine lange Steinbrücke mit einem wunderschönen Fluss erwartete. Erkältet startete der nächste Tag mit einer 5-stündigen, vollklimatisierten Busfahrt nach Alappuzha. Nach zwei Stunden musste der Bus eine Pause einlegen, da eine unterkühlte Anna ganz dringend zur Toilette musste. Als der Bus sich ohne meine Anwesendheit in Bewegung setzte, gab es einen lauten Aufstand von den anderen Beiden, bis sie feststellten, dass der Bus sich nur um die Ecke parkte. In Alappuzha-Beach kümmerte sich unser Hotelbesitzer um einen frischen Tee und ein Magic-Water zum inhalieren von Heilkräutern. Er schmiss uns die Decke über unseren Kopf und den dampfenden Kessel, worunter die Hitze kaum zum aushalten war. In der Früh starteten wir die Kanu-Tour durch die Backwarters, wo mein Fieber weiter anstieg. Unser Paddel-Captain verstand genau, denn ihn quälte auch die Grippe. Nachdem wir Stunden mit ihm rum witzelten, entschied ich mit Hannah, dass #KeineZeitFürFieber herrscht und so nahmen wir das Angebot eines Tuk Tuk Fahrers an, uns zu den Spots für weitere Kruschläden zu fahren. Dort stellten wir fest, trotz handeln, bei der ersten Shopping-Tour übers Ohr gehauen worden zu sein. Das war aber schnell vergessen, als wir den Abend mit Felix und zwei neuen Bekanntschaften aus Berlin mit Blick auf zwei hübsche Kellner, oder den Strand, je nach Vorliebe, ausklingen ließen. Den nächsten Tag starteten wir Richtung Munnar, wo wir Socken und Schal trugen, da es höher liegt und deshalb kälter wurde. Ich vertrat Deutschland bewusst, als ich bei der Bus-Pause Socken und meine Birkenstock stylisch kombinierte. In Munnar starteten wir eine Jeep-Tour durch die tollen Tee-Plantagen wo wir sogar Elefanten besuchten. Das scheint erst nicht besonders, doch liegt die Hand erstmal auf dem mächtigen Rüssel, beginnen die Atemzüge zu stocken. Über Umwege erreichten wir unser nächstes Ziel Kumily, da die normale Strecke gesperrt wurde. Dort fanden in den letzten Tagen Unfälle statt, bei dennen Menschen ihr Leben ließen, durch die starken Regenfälle. Kumily war mit Abstand einer der schönsten Orte auf dieser Welt. So günstig, dass wir den Preis bei uns behielten, fanden wir wieder am späten Abend, durch die Hilfe eines Verkäufers ein ziemlich luxuriöses Zimmer. Felix, der völlig begeistert von seinem ersten eigenem Bett im Urlaub und der Türklinke an der Badtür war, konnte somit besser hinnehmen, das Hannah vor unserer Dusche das ganze heiße Wasser aufbrauchte, welches in Indien auch ein Punkt von Luxus ist. Am nächsten Morgen unterhielt ich mich mit dem Hotelbesitzer, der die Begeisterung zur Natur genauso zu teilen scheint, wie ich. Auf seinen Vorschlag hin starteten wir die Bootstour durchs Tiger-Reserve im Nationalpark Periyar, wo wir schon einiges an Tieren und unberührter Natur beobachten konnten. Die Trauer, nicht schon früher ins Eco-Dorf gekommen zu sein, war schnell verflogen als mir vor Freude und Überwältigung dieser Natur die Tränen kamen. Hannah und Felix bemerkten dazu, dass wir sicher noch öfters sonnenbadende Vögel beobachten können. Dieser Kommentar brachte uns zu einem lauten Lachen, sodass die Aufmerksamkeit im Boot jetzt auf uns gerichtet war. Hannah vetrug das Essen im Restaurant nicht besonders gut, weshalb Felix und ich den Jungle-Track alleine mit unserem Guide Vino starteten. Er war ein wirklich lustiger Typ, der den Begriff Unterhaltung genau verstand. Der Traum, die Weiterbildung zum Wildhüter/ Parkranger zu machen, kam mir hier wieder näher als je zuvor. Noch nie konnte mich ein Gefühl so erfüllen, wie es das hier tat. So bemerkte ich wieder, bisher besonders im Berufsweg, die richtige Entscheidung getroffen zu haben und nichts, was man wirklich schaffen möchte, unmöglich ist. Unser Vino war vor fünf Jahren noch Tuk Tuk Fahrer, doch er gab nicht auf und ist jetzt einer der wenigen Menschen, die den Nationalpark auch alleine betreten dürfen. Das Glück, einen der über 40 Tiger zu beobachten, hatten wir leider nicht, doch einen frischen Fußabdruck eines Tigers, betrachteten wir mit Staunen. Zurück von der Tour legten wir die Stulpen wieder ab, welche verhinderten, das Insekten an Füßen und Beinen hoch krabbelten. Felix begleitete trotzdem noch bis zur Busfahrt ein Blutegel, welcher sich dort durch zwicken bemerkbar machte. Mit einem fetten Discount durchwühlten Hannah und ich am Abend hunderte von Kleidungsstücken, in einem Hippie-Laden. Zum Abendessen gesellten wir uns in ein Restaurant zu einer Multi-Kulti-Reisegruppe aus unserem Hotel, wo Oldies wie Nirvana und Bonny M. gespielt wurden. Beeindruckt, vom `Besten Tag meines Lebens´, ließen mich meine Gedanken am Abend noch weit kreisen. Den Tag wiederholte ich mit positiven Gefühlen noch viele weitere Male, bis Hannah und Felix meinen Satz schon mit monotoner Stimme beenden konnten. Das war ein perfektes Ende für unseren Urlaub.
#SteigtNichtInChennaiUm
#ChennaiStinkt
Mehic, Dagmar
Einfach toll die Beschreibung, man fühlt sich voll dabei! Mach weiter so! Freu mich schon auf den nächsten Text!,👍🍀👍