Jetzt sind es schon fast sechs Wochen zurück in Deutschland. Lieber würde ich es vermeiden, jeden Montag eine weitere Woche zu meinem Ankunftsdatum dazu zu rechnen, aber das lässt sich nun mal nicht aufhalten. Der Grund des frühen Abschieds war die Corona Krise. Das auswärtige Amt entschied, dass es für uns sicherer sei, zurück in unser Land zu fliegen, da sie nicht wissen, wie sich die Lage entwickeln wird. Unsere Mitbewohner aus Österreich mussten uns eine Woche zuvor schon ganz plötzlich verlassen, da sich die Lage bei Ihnen schneller zuspitzte, als bei uns. Seitdem war Entspannung für uns nicht mehr möglich, da wir nur auf unseren Abruf warteten. Unsere Organisation stand zum Glück in ständigem Kontakt mit uns, so war es uns möglich unsere Sorgen nicht nur untereinander zu teilen, sondern auch mit unseren Mentoren. Leider war es nicht mehr zu vermeiden, unsere Rückreise anzutreten, also packten wir innerhalb weniger Tage die Koffer und verabschiedeten uns von unseren Kindern und der ganzen Organisation in Indien. Eine Woche vor Abflug waren wir noch neun Volontäre/Freunde, von verschiedenen Organisationen aus der Schweiz, Österreich und Deutschland. Jetzt waren Maria, Theresa und ich die Letzten, die die Volontärs-WG zurück lassen durften. Noch nie hatten wir unsere zwei Wohnungen so leer gesehen. Es war ein komisches Gefühl, so viel Rückzugsmöglichkeit zu haben. Zeit für uns und das Allein sein, dass hatten wir uns komplett abgewöhnt, denn es war nicht möglich, wenn jedes Zimmer zwei Bewohner hat, einen Raum für sich alleine zu finden, außer man saß auf der Toilette. Aber das war auch garnicht schlimm, denn Zeit für uns nahmen wir uns dann einfach, wenn wir in unser Bett krabbelten, welche durch die Moskitonetzte schon eine schützende Atmosphäre lieferten. Jeder von uns respektierte diese Zone als Ruhezone des anderen , so wurde man auch von niemand gestört, wenn man sich zurück zog. Es war sogar sehr schön, sich das Zimmer zu teilen und ständig mit jemand reden zu können. Es gab einem das Gefühl von Familie. Ich erinnere mich gerne daran zurück, wie ich noch mit Theresa vor dem Einschlafen von Bett zu Bett über den Tag oder belastenden Probleme sprechen konnte. Ich lernte endlich Nähe anzunehmen und Freundschaften aufzubauen und das mit bewundernswerten Menschen. Die letzten Tage waren die Hölle für uns, denn wir mussten uns schnell von unseren Projekten verabschieden, wobei es schon mal die Problematik gab, das unsere Kinder das gar nicht richtig verstanden. Zusätzlich kam noch die Angst vor dem zurück kehren nach Deutschland. Es wird alles anders sein, nichts, wie wir uns es vorgestellt hatten. Nach dem das ganze Organisatorische geklärt war, konnten wir den letzten Abend am 20.03.2020 noch mit unserem Father verbringen. Da unser Father gerade frisch aus Europa zurück kam, amüsierten wir uns bei leckerem Essen noch über unsere grundsätzlich verschiedene Kulturen.
Unser letzter Spaziergang zu dritt fand mit jeweils zwei Müllbeutel in jeder Hand zum Müllcontainer, der sich etwas weiter die Straße rauf befand, statt. Wir waren durch den tollen Abend mit unserem Father positiv gestimmt und sangen ausgelassen den kompletten Weg mit lautem Gelächter.

Am nächsten Morgen machten wir uns dann auch schon auf zum Flughafen, um Mumbai ein paar Stunden später zu erreichen. Am Abend war nämlich der letzte Flug Richtung Dubai, den wir unbedingt bekommen mussten, bevor der Flugverkehr komplett eingestellt wurde. In Mumbai konnte man den deutlichen Unterschied zu unserem „kleinen Kaff“ Vijayawada feststellen, denn hier war die Panik durch Corona schon durchgedrungen, was man bei uns noch nicht behaupten konnte. Bis zu diesem Tag waren wir noch bewahrt vor der Corona-Panik. Aus dem Flughafen ausgetreten mussten wir leider gleich lernen wie fatal es war, hier kein Mundschutz zu tragen. Ein Mann, dem die Angst deutlich ins Gesicht geschrieben war, kam auf uns zu und wollte eine Begründung dafür, das wir keine Masken trugen. Die Tatsache, das wir bisher im „Hinterland“ lebten um Entwicklungshilfe zu leisten und somit kaum Informationen erhalten hatten, interessierte ihn kein Stück. Der Mann steigerte sich immer weiter in die Situation hinein, weshalb sein Auftreten für uns sehr unangenehm wurde. Um die Situation zu entschärfen, brachten uns Taxifahrer, die den Aufstand mitbekamen, Mundschutzmasken. Mit den Masken entfernten wir uns dann von dem Mann und der Situation, doch es beschäftigte uns noch eine ganze Weile, da dies eindeutig keiner uns bekannten Situation gleichen konnte.

Nach dem Aufenthalt in der Don Bosco Einrichtung in Mumabi fuhren wir zusammen mit zwei weiteren Mitvolontärinnen (von einem anderen Einsatzort in Indien) zum Flughafen. Monika und Frieda hatten den gleichen Flug wie wir nach Dubai bekommen. Beim Check-in wurde uns allerdings ein Strich durch die Rechnung gemacht. Theresa, Maria und ich wurden zum Flug zugelassen, Monika und Frieda leider nicht, da etwas mit ihren Registrierungspapieren nicht stimmte. Nachdem wir den Angestellten der Fluggesellschaft über Stunden ordentlich auf die Nerven gingen, weißte uns der Vorgesetzte darauf hin, das wir schnell zu unserem Gate müssten um durch die Sicherheitskontrollen zu kommen, da die Zeit bis zur Schließung des Gates nicht mehr lange war. Nach der schnellen und kurzen Verabschiedung von Monika und Frieda, mussten wir am Gate feststellen, dass und der Mann nur schnellst möglich los werden wollte, denn das Gate hatte noch länger geöffnet. Doch wir nahmen es locker, denn eine lange Verabschiedung hätte uns sicher mehr Probleme und Sorgen bereitet. Außerdem wussten wir, das unsere Organisation weiter in ständigem Kontakt mit Monika und Frieda stehen und sie so genug Unterstützung hatten.

Nach einem langen Aufenthalt in Dubai konnten wir endlich den Flug nach München antreten, welches das vorletzte Flugzeug nach Deutschland war. Der Flug war sehr traurig und doch aufregend. Kaum vorstellbar, dass wir bald wieder im gewohnten und doch fremden Deutschland sein werden. Ich war froh nicht alleine zu sein und am Flughafen in München mit offenen Armen von Kirsten und Holger empfangen zu werden, die sich direkt bereit erklärten, mich abzuholen und aufzunehmen, da dies im Moment wohl das größte Problem für mich darstellte, nämlich abgeholt zu werden. Durch Corona wurden nämlich Reisebeschränkungen errichtet und Grenzen geschlossen, das heißt meine Oma werde ich erstmal nicht besuchen können.
Meine zwei Mädels Theresa und Maria sind meine größte Unterstützung gewesen in diesen letzten Tagen und ich bin unglaublich glücklich darüber, das Don Bosco uns die Chance gegeben hatte, Schwestern zu werden. Die einzigen, die ich je haben werde.
Abschlussworte gibt es für diese Zeit nicht, denn sie war erst der Anfang eines neuen Lebens, für mich, wie für Andere.
Ich bin gespannt auf meine Zukunft!

#SoVielDazu #BesteZeitMeinesLebens #UnverhofftKommtOft