Im Dezember ist in Kolumbien sehr viel los. Gefühlt ist jeder zweite Tag ein Feiertag oder ein Fest wird gefeiert. Dass Kolumbianer sehr verrückt nach Weihnachten sind, habe ich schon früh gemerkt, als pünktlich am ersten November in der Mall alles mit Weihnachtsbäumen und anderer Deko geschmückt war. Genauso findet man auf den Straßen, an jedem Haus Weihnachtsbeleuchtung und auch die Innenräume sind festlich verziert. So komisch es mir vorkommt im Dezember und an Weihnachten in Badehose rumlaufen zu können, gibt es doch mit den Weihnachtsbäumen und der Beleuchtung Dinge, die mich ein bisschen an Weihnachten zu Hause erinnern.

Springen wir aber nochmal ein wenig zurück und ich erzähle ein bisschen was wir in letzter Zeit gemacht haben.

Ich nehme gleich vorweg, wir haben tatsächlich immer noch nicht angefangen in unseren Projekten zu arbeiten. Daher sind wir meistens in der Ciudad bei den Kindern des Internats und machen mit ihnen Aktivitäten. Da weiterhin der ganze Dezember schulfrei ist, haben sowohl sie als auch wir viel Zeit. Oft spielen wir Volleyball oder Fußball, vor ein paar Wochen gab es zum Beispiel ein von den Koordinatoren organisiertes Fußballturnier, an dem auch wir Volontäre teilgenommen haben. In den Ferien werden allgemein viele Aktivitäten von der Ciudad Don Bosco veranstaltet, bei denen wir mitmachen. Außerdem haben wir aus Stöcken und Flaschen unser eigenes Wikingerschach gebaut und den Kindern beigebracht. Das macht allen sehr viel Spaß und wir spielen es sehr oft. Am Wochenende hat, solange er geputzt ist, der Pool auf, und da das Wetter eigentlich immer sonnig und warm ist, lassen wir uns diese Möglichkeit auf eine Abkühlung nicht entgehen.

beim Wikingerschach spielen

Neben den Aktivitäten mit den Kindern in der Ciudad haben wir die sonst freie Zeit für einige Ausflüge genutzt. Ende November waren wir beim „Picacho“. Das ist ein Aussichtspunkt in Form einer Jesus-Statue, der am Rand von Medellín liegt. Oben angekommen hatten wir unsere bis jetzt beste Aussicht auf Medellín. Wir sind am späten Nachmittag hochgelaufen, sodass wir den Sonnenuntergang und das Erwachen der unzähligen Lichter Medellíns erleben konnten.

Ausblick vom Picacho

Ein anderes Mal waren wir mit einem Schüler der 8. Klasse auf einem Ausflug in einem Park am Rande Medellins. Dort gab es einen kleinen Fluss zum Baden und viele Familien brachten riesige Töpfe mit, machten Feuer und kochten ihr Essen am Fluss. Nach der Abkühlung sind wir zu einer Seilbahn gegangen, die den gesamten Park überquerte und bei der Fahrt hatte man den besten Blick über den Park. Die anderen sind danach noch auf einer Kletterwand klettern gegangen. Den Ausflug beendeten wir mit Hamburgern in einem Restaurant.

Am ersten Dezember sind wir die Hügel hinter der Ciudad hochgelaufen, um uns ein besonderes Spektakel anzusehen. „La Alborada“ wird in Medellín in der Nacht vom 31. November auf den 1. Dezember gefeiert und läutet die Feier- und Partyzeit des Dezembers ein. In Medellín wird über das Jahr verteilt oft Feuerwerk abgefeuert, aber kein Vergleich zu der Menge an diesem Tag. Der ganze Himmel leuchtete in bunten Farben, es war wirklich sehr schön anzusehen. Kolumbianer haben also quasi zweimal Silvester.


Am nächsten Tag, also am 1. Dezember trafen alle Mitarbeiter von Ciudad Don Bosco aus allen Projekten in der Ciudad ein. Zunächst feierten wir einen Gottesdienst, und die am längsten bei Don Bosco arbeitenden Kollegen wurden geehrt. Als nächstes gab es Mittagessen und ich habe zuvor noch nie so etwas Leckeres in unserer Mensa gehabt. Auch die Küche hatte sich für diesen besonderen Tag rausgeputzt und servierte allen Schnitzel. Nach dem Mittagessen begann die eigentliche Weihnachtsfeier des Kollegiums. Zuvor hatten die Mitarbeiter in verschiedenen Teams kleine Theaterstücke einstudiert, die aufgeführt wurden. Auch wir Volontäre haben teilgenommen und spielten in unserem Stück ausländische Touristen. Dafür verkleideten wir uns mit Sonnenbrille, Hut und Badehose. Es war sehr lustig und alle Aufführungen sehr kreativ. Selbst die älteren erwachsenen Mitarbeiter waren sich nicht zu schade, enthusiastisch mitzuspielen. Zwischen den Vorführungen gab es verschiedene Minispiele und es wurden viele Dinge verlost. Die padres hatten ausnahmsweise mal die Spendierhosen an, und verschenkten Rucksäcke, Möbel und sogar 100.000 Peso Scheine (ca. 25€, in Kolumbien ist das viel). Zum Schluss wurde dann zu unterschiedlichster Musik getanzt und es gab sogar einen kleinen Tanzwettbewerb. Das war dann für mich der Moment mich zu verabschieden, auf Paartanz hatte ich jetzt nicht so große Lust.
Im Nachhinein habe ich mir nochmal überlegt, dass es so eine Veranstaltung in Deutschland nie geben würde. Kolumbianer sind dahingehend einfach viel offener, spielerischer und machen sich auch gerne zum Affen.

Springen wir zum nächsten Feiertag. Das Lichterfest „Noche de las Velitas“ ist vergleichbar mit unserem Nikolausfest, wird aber einen Tag später am 7. Dezember gefeiert. Im Mittelpunkt des Festes stehen die „Velitas“, kleine Kerzen, die in den Abendstunden von Kolumbianern vor ihren Haustüren entzündet werden. Das Licht soll der Jungfrau Maria den Weg weisen, denn die Kolumbianer erhoffen sich von ihr gesegnet zu werden.
Wir hatten an diesem Tag in der Ciudad auch ein kleines Theaterstück über die Geburt Jesu, dazu wurden viele Weihnachtslieder gesungen und ein Gottesdienst gehalten.
Abends sind wir dann noch ein bisschen durchs Barrio gelaufen und haben uns die vielen Kerzen angesehen.

Am nächsten Tag sind wir in unseren ersten größeren Urlaub geflogen. Das hat jetzt zwar nichts mit Weihnachten oder Feiertagen an sich zu tun, aber es lohnt sich auch darüber zu berichten.
Am 8. Dezember sind Leo, Justus, Wissam und ich für vier Nächte in den Chocó geflogen, dass ist die Gegend Kolumbiens an der Pazifikküste im Westen des Landes. Dort gibt es viel Regenwald und teilweise kaum Infrastruktur, dafür aber ein Traumstrand nach dem anderen.

Zunächst hatten wir allerdings einige Startschwierigkeiten, wobei eher Landeschwierigkeiten, denn unser Flugzeug konnte beim ersten Mal wegen Regens nicht im Chocó landen und wir mussten wieder zurück nach Medellín. Am nächsten Tag lief dann alles gut und wir landeten nach ca. einer Stunde am Flughafen. Der wirklich kleinste Flughafen, den ich je gesehen habe, die Gepäckkontrolle bestand daraus, dass ein Soldat bei jedem kurz den Koffer öffnet und reinschaut.

Vom Flughafen sind wir einen langen Schotterweg durch den Dschungel nach El Valle, einem kleinen Fischerort am Meer, gefahren. Dort haben wir Mittag gegessen, ganz traditionell gab es Thunfisch, Reis und eine selbstgemachte Limonade. Von dort sind wir dann den Rest zu Fuß weiter zu unserer Unterkunft, die an der Grenze von Strand zu Dschungel liegt.


Dort angekommen, Gepäck abgeladen und sofort ins Meer. Das Wasser war perfekt warm, sauber und es gab hohe Wellen. Die gesamte Situation fühlte sich so irreal an, wir waren wirklich im Paradies. Von unserem Zimmer aus hatten wir einen guten Blick aufs Meer und sind morgens und abends mit Meeresrauschen ins Bett gegangen.

Strand vor unserer Unterkunft
ohne Tür und Wände war das unser „Zimmer“


An unserem ersten ganzen Tag haben wir eine kleine Wanderung am Strand entlang gemacht hin zu einem Baum der ganz allein aus den Felsen herausragte. Den Rest des Tages entspannten wir im Meer und spielten mit ein paar Einheimischen Strandfußball.
Frühstück gibt es in unsere Unterkunft inklusive für Mittag- und Abendessen sind wir entweder in der Stadt essen gegangen (meistens Hamburger) oder haben uns selbst in der Küche des Hostels Essen gekocht.
Am nächsten Tag haben Leo und ich Surfen ausprobiert. Das hat zwar nicht ganz so gut funktioniert, aber dennoch sehr viel Spaß gemacht. Außerdem haben wir wieder unser eigenes Wikingerschach gebaut und am Strand gespielt. Abends haben wir den Tag meistens mit Kartenspielen ausklingen lassen oder in einer der Hängematten entspannt.

Am letzten vollen Tag machten wir einen großen Ausflug. Zuvor hatte Wissam im Dorf einen Fischer namens Jaime kennengelernt und dieser bot uns an für einen Tag unser Guide zu sein und uns seinen Arbeitstag als Fischer zeigen.
Der Ausflug begann sehr früh, sodass wir den Sonnenuntergang im Fischerboot beobachten konnten. Da in El Valle das Fischen mit Netz verboten war, benutzte Jaime klassisch eine lange Schnur. Kleinere Fische, die Jaime in kleine Streifen schnitt, waren unsere Köder, um die großen Fische zu fangen. Wenn einer anbiss, zog Jaime fest an der Schnur und holte sie danach ein. Mit einem großen Messer schlug er danach mehrmals auf den Kopf und anschließend wurde der Fisch in einer Box gelagert. So machten wir die nächsten ein zwei Stunden weiter und waren recht erfolgreich. Unseren ersten Stopp legten wir auf einer kleinen Insel ein, wo das Wasser so klar war, dass ganz viele Fische zu sehen waren. Mit Schnorchelausrüstung von Jaime konnten wir die verschiedensten Arten beobachten, ich habe auch den Fisch gesehen, den wir vorher gefangen haben. Als nächstes fuhren wir mit dem Boot zu einer anderen Insel und der beste Teil begann. Wir bereiteten nämlich das Mittagessen vor. Es gab Reis, plátano (Kochbanane), Salat und natürlich unseren vorher gefangenen Fisch. Jaime zeigte uns wie man ihn zubereitet und wir kochten über unserem Feuer auf einer einsamen Insel mitten im Niergendwo.
Dann meinte Jaime er müsse kurz jemanden holen gehen und fuhr weg. Für eine halbe Stunde also durften wir uns wie Robinson Crusoe fühlen, denn Handyempfang und Zugang zu Land gab es nicht.
Zum Abschluss des Tages brachte uns Jaime zu einem Fluss, der ins Meer mündete. Dort zeigte er uns einen Wasserfall und wir konnten uns kurz abkühlen. Das war auch echt nötig, denn die Sonne scheinte schon den ganzen Tag. Das wäre auch kein Problem gewesen, hätten wir unsere Sonnencreme nicht vergessen. Naja, ein Sonnenbrand im Dezember ist mal was Neues.
Insgesamt fand ich den Urlaub sehr erholsam, auch wenn es nicht wirklich was gab, von dem wir uns hätten erholen müssen. Wir haben viel entspannt und das umwerfende Meer genossen, aber auch durch den Ausflug mit dem Fischer interessante Dinge über die Kultur und Lebensweise der Menschen vor Ort gelernt. Diese Erlebnisse werde ich in meinem Leben nicht mehr vergessen.

Mittagessen geangelt
verlassene Insel
unser Boot
gebratener Fisch, Reis, „Plátano“ (Kochbanane) und Tomatensalat
den Fisch kann man nicht essen, haben ihn wieder freigelassen

Der Blog wird schon wieder viel zu lang und deshalb kommen wir zum letzten Ereignis, denn nur ein paar Tage nach dem Urlaub im Choco ging es für alle Volontäre nach Santa Elena zum Volontärstreffen. Über eine Nacht reisten wir in eine (Betonung auf eine) der Fincas der Padres. Als wir so ein Treffen das letzte Mal hatten, war Wissam (aus Belgien) und Marie (aus Frankreich) noch nicht da, deshalb wurde es Zeit das aufzufrischen. Die Finca ist eine riesige Anlage mit Garten und sogar einer Sauna, in die wir nach Beziehen der Betten direkt gingen.

Danach machten wir einige Aktivitäten als Gruppe. Laura hatte ein großes Plakat vorbereitet, sowie zwei Zettel, auf dem einen man die schlechten Dinge, die man gerne in 2023 lassen würde, und auf dem anderen, Wünsche für das Jahr 2024, aufschrieb. Den einen verbrannten wir im Kamin, der andere wurde aufgehoben.
Danach entzündeten wir Kerzen und der Reihe nach sollte jeder an seinen Nachbarn ein paar nette Worte und Wünsche für das nächste Jahr richten.


Daraufhin bereiteten wir das Abendessen vor. Es gab ein großes Barbecue mit verschiedenen Fleischsorten, Maiskolben, gebratene Champignons und Aubergine. Dazu bereiteten wir Guacamole und Kartoffeln als Beilage zu. Zu Trinken machten wir unsere eigene Limonade, das Rezept dafür haben wir aus unserem Urlaub im Choco. Während das Essen in Arbeit war, wagte ich mich an kolumbianische Tanzkultur ran und Laura zeigte mir ein paar Schritte.
Das Essen war glaube ich zum ersten Mal ohne Reis und vielleicht deshalb auch eine der Gründe, warum es so gut geschmeckt hat.


Nach dem Essen holten wir das Bier und es wurde Zeit den Kolumbianern ein bisschen deutsche Kultur beizubringen: Wir spielten Bierpong. Schnell zeigte sich, dass die Kolumbianer uns im Trinken nicht das Wasser reichen können, nach zwei Bier hatten Laura und einer der Mitarbeiter schon zu kämpfen. Danach zeigte Wissam uns noch ein Trinkspiel aus Belgien und Marie hatte die Idee zu Activity, was sich auf Spanisch als gar nicht so einfach herausstellte.
Insgesamt war es ein sehr lustiger Abend und alle hatten viel Spaß. Am nächsten Tag ging es dann mit dem Bus zurück nach Medellin.

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Seit dem 16. Dezember feiern Kolumbianer täglich die „Novenas“. Es werden Weihnachtslieder gesungen, gebetet, viel getanzt und kleine Spiele gespielt. Die Stimmung ist immer sehr ausgelassen. Da merkt man richtig, wie sich die Vorfreude auf Weihnachten zuspitzt.
So ganz fühlt es sich für mich trotzdem nicht wie Weihnachten an, alleine dass ich hier gerade in kurzer Kleidung sitze und diesen Blog schreibe. Trotz allem ist es sehr interessant zu erleben, wie die Weihnachtszeit und vor allem dann Heiligabend in einer anderen Kultur gefeiert wird.

Zum Abschluss noch ein Bild aus Medellín

Adiós und bis bald!