Ein Jahr Indien.
Ein Jahr voller Herausforderungen.
Ein Jahr voller Höhen und Tiefen.
Ein Jahr voller Erfahrungen.
Ein Jahr voller unglaublich schöner Momente.
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Es ist schwer (beziehungsweise eigentlich unmöglich) ein ganzes Jahr in ein paar Sätzen zusammenzufassen. Ich habe so viel gesehen und erlebt. Und ich habe so viel gelernt, sowohl über die Tamil Nadu Kultur als auch über mich selbst.
Alles, was am Anfang noch so neu und aufregend war, wurde nach und nach zum Alltag. Es wurde für mich normal, nur mit der Hand und ohne Besteckt zu essen. Ich gewöhnte mich daran, mit lauwarmem Wasser unter einem Eimer zu duschen und meine Wäsche von Hand zu waschen. Und es war plötzlich selbstverständlich, permanent Jungs um mich herum zu haben, die mich nicht gerade selten auch auf Tamil zu gequasselt haben, wovon ich dann meistens nicht mal die Hälfte verstand.
In den letzten Monaten fühlte es sich immer mehr an, als würde die Zeit nur so an mir vorbeirasen. Und so schnell, wie mein Jahr in Indien letztes Jahr angefangen hatte, so schnell war es dann plötzlich auch schon wieder fast vorbei. Aus Monaten wurden Wochen, Tage, Stunden.
Die letzten Tage
Stück für Stück arbeiteten wir unsere TO-DO Liste ab. Wir unterrichteten die letzten Themen im Englisch Unterricht, besorgten Gewürze und kleine Souvenirs, kochten Mango Marmelade, bastelten Abschiedsgeschenke für die Jungs, und und und.
Oft erinnerte ich mich genau, wie ich Dinge vor fast einem Jahr das erste Mal machte. Jetzt machte ich sie das letzte Mal. Die letzte Tuk Tuk Fahrt. Der letzte Englisch Unterricht. Die letzte Gamestime. Die letzte Nacht in meinem Bett. Das letzte indische Essen (in Indien).
In den letzten Tagen hatte ich praktisch immer im Kopf, dass ich bald wieder zurück nach Deutschland zu meiner Familie fliege. Aber trotzdem konnte ich es mir lange nicht richtig vorstellen. Der Abschied vom Care Home und die Ankunft zu Hause waren gleichzeitig so nah und fühlten sich doch noch so weit weg an.
Die letzten Stunden
Aber auch, wenn ich es mir lange nicht vorstellen konnte, dass dieses Jahr jetzt wirklich vorbei sein sollte, kam der Tag unserer Abschiedsfeier.
Die Jungs führten verschiedene Tänze und Mimik Shows auf, einer der College Jungs hat ein Video mit ganz vielen Bildern von uns geschnitten, der Rektor hielt eine schöne Rede und schließlich sangen wir den irischen Reisesegen, hielten eine kleine Abschiedsrede und verteilten unsere Abschiedsgeschenke.
Am letzten Tag ließen wir alle Jungs auf einer großen Indienflagge unterschreiben, die wir als Andenken mit nach Deutschland nahmen. Außerdem nutzten wir den Tag hauptsächlich noch einmal dafür, unsere letzten Sachen zusammenzupacken. Als wir fertig waren stand ich in unserem Zimmer und habe einfach nur noch geguckt. Das war für ein Jahr mein zu Hause. Aber jetzt wo alles aufgeräumt und alle Fotos abgehängt waren, sah es überhaupt nicht mehr aus wie unser Zimmer. Das fühlte sich alles so komisch an.
Die letzten Minuten
Die letzten Minuten verbrachten wir damit, uns noch einmal von allen Jungs zu verabschieden.
Ich habe jetzt noch vor Augen, wie ich vor dem Care Home stand, Anando auf mich zu kam und immer wieder sagte „No feelings, no feelings okay. You only happy.“ Und mir trotzdem eine Träne die Backe runterlief, die er mir versuchte mit seiner kleinen Hand wieder wegzuwischen.
Und ich weiß noch genau, wie ich dann zwischen so vielen Jungs stand, die sich alle um meine Hand stritten, weil mir jeder gleichzeitig die Hand geben und „I miss you“ sagen wollte. Und wie sie sich währenddessen immer gegenseitig zugerufen haben, sie sollen jetzt mal „I miss you“ sagen.
Irgendwann wollten die Fathers dann den Abschied beenden, also sangen alle ein Abschiedslied. Aber die Jungs liefen einfach immer wieder zu uns und manche schüttelten mir schon zum mindestens zehnten Mal die Hand und sagten, ich solle nächstes Jahr wieder kommen.
Ich wollte nicht gehen, wollte einfach noch länger bei den Jungs stehen bleiben. Doch ich wusste, wir mussten langsam wirklich los zum Flughafen. Also folgte ich dem Father zum Jeep, verabschiedete mich auch von ihm und setzte mich schließlich ins Auto. „Jetzt ist es wirklich vorbei.“
Ich hab noch genau im Kopf, wie Balu an der Tür hing und mich ansah. Oh wie sehr ich diesen kleinen intelligenten Sturkopf und sein freches aber unendlich süßes Grinsen vermisse.
Die letzten Hände wurden durch die Tür gestreckt und berührten noch einmal meine Hand. Und dann fuhr das Auto los und die Jungs winkten uns nur noch hinterher.
Der Abschied war nicht leicht. Er war gleichzeitig so traurig und doch so schön. Ich werde sie so vermissen – meine Jungs.
***
Sobald wir im Auto saßen ging eigentlich alles ziemlich schnell. Wir hatten die große Freude, dass die Community von unserem Mitvolontär Leonhard uns bis zum Flughafen in Chennai fuhr. Dort trafen wir dann auch die anderen Südindien Volontäre wieder und zusammen flogen wir zurück nach Deutschland. In Frankfurt am Flughafen wurde ich dann gleich von meiner Familie und meinem Freund begrüßt.
Es fühlt sich schön an, wieder zu Hause zu sein und ich habe mich in den letzten zwei Wochen auch wieder gut eingelebt.
Natürlich denke ich in den verschiedensten Situationen immer noch viel an Indien und an die Jungs. Und das wird auch sicher noch lange so bleiben. Denn auch wenn ich jetzt wieder in Deutschland bin, werde ich dieses Jahr mit Sicherheit nie vergessen und Indien wird immer in meinem Herzen bleiben!
An dieser Stelle möchte ich mich auch bei allen bedanken, die dieses Jahr möglich gemacht haben. Danke an meine Familie und Freunde, die mich immer unterstützt haben. Danke an Don Bosco Volunteers für die wunderbare Organisation. Und Danke an alle Spenderinnen und Spender und euren großartigen finanziellen Einsatz.
Danke für diese tolle Zeit!
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