Im Juni stand für mich noch einmal eine ganz besondere Reise bevor, denn mein Freund kam mich für knapp drei Wochen besuchen. Gemeinsam starteten wir in Bangalore und von dort aus ging es dann erstmal für drei Tage in mein Projekt. Anschließend führte uns eine Rundreise in die Großstadt Madurai und von dort aus nach Kerala zu den Teebergen in Munnar, einem Nationalpark in Thekkady, den Backwaters in Allapuzha und der Hafenstadt Kochi.

Bangalore:

Ich stehe am Flughafen und kann es kaum glauben. In ein paar Minuten sehe ich meinen Freund das erste Mal seit neun Monaten wieder. Etwas nervös aber voller Vorfreude beobachte ich die Menschen, die aus dem Flughafen kommen, und zähle die Weißen unter ihnen. Und genau dann steht er plötzlich vor mir. Der Moment auf den ich so lange gewartet habe ist endlich da! Sich nach so langer Zeit wieder in die Arme schließen zu können ist einfach unglaublich schön.

Zusammen fahren wir zu unserem Hotel, wo wir eine Nacht bleiben. Am nächsten Morgen haben wir noch ein bisschen Zeit uns etwas von der Stadt anzuschauen bevor wir mit dem Zug nach Salem fahren.

Salem – Don Bosco Care Home

Als wir bei uns im Care Home ankommen ist es schon Abend und Zeit zum Essen. Am nächsten Morgen geht es dafür richtig los und mein Freund darf meinen indischen Alltag kennenlernen. Daher hilft er uns natürlich auch in der English Class. Dabei bekommt er sogar einen Jungen zum Arbeiten, mit dem Johanna und ich öfters Probleme haben. Da bin ich gleich ein bisschen beeindruckt (und ein klitzekleines bisschen neidisch). Weiter geht es dann nach dem Mittagessen mit der English Games Class, der Gamestime und der Studytime. Für mich also ein ganz normaler Alltagstag – für meinen Freund dagegen ist alles neu. Ihn mit den Jungs zu sehen ist für mich immer lustig. Zum Beispiel, als die Jungs immer wieder vor der Frage stehen, wie sie ihn denn jetzt nennen sollen. Wir werden ja immer Sister genannt, aber das geht natürlich nicht. Und der Name Brother ist irgendwie auch schon für den Salesianer-Bruder reserviert. Also kommen immer wieder lustige Namen wie zum Beispiel Man oder Uncle bei raus.

mit unseren Jungs aus der English Class
Madurai

Nach drei Tagen im Projekt fahren wir weiter nach Madurai. Hier erwartet uns der riesige Meenakshi Tempel. Die große Anlage mit den vielen Türmen ist beeindruckend, aber auch ein bisschen überfordernd. Und da wir gerade in der Mittagszeit hier sind ist der Boden soooo heiß, dass wir uns fast die Füße verbrennen (in Tempeln darf man nicht mit Schuhen, sondern nur barfuß herumlaufen). Daher kommen wir nicht drum herum, schnell von einem Schattenplatz zum anderen zu rennen. Zum Glück ging es nicht nur uns so, sondern auch einigen Indern.

der Meenakshi Tempel
Munnar

Weiter geht es zu den Teebergen nach Munnar. Schon als wir im Bus den Berg hochfahren, merken wir den Höhenunterschied sehr deutlich. Während wir in Madurai noch bei über 40°C geschwitzt haben, müssen wir jetzt sogar unsere Pullis rausholen. Am nächsten Tag wollen wir dann ein bisschen wandern gehen. Leider finden wir aber keinen schönen Wanderweg und müssen stattdessen die ganze Zeit an der Straße entlang laufen. Daher entscheiden wir uns am darauffolgenden Tag für eine Tuk Tuk Tour von einem Aussichtspunkt zum nächsten. Am Nachmittag fängt einmal ein Nieselregen an – soll das etwa der Monsun sein, der im Juni durch Indien zieht?

Dieses Bild hat ein leeres Alt-Attribut. Der Dateiname ist Munnar-1024x768.jpg
Thekkady

In Thekkady werden wir gleich sehr herzlich in unserem Hotel empfangen. Und da die Frau des Besitzers lustigerweise Deutsche ist, gibt es am nächsten Morgen sogar selbstgebackenes Brot zum Frühstück. Hm wie lecker.

Anschließend machen wir im nahegelegenen Nationalpark eine kleine Wanderung zu einem See, werden dort mit einem Bambusboot gefahren und wandern anschließend wieder zurück. Theoretisch hätten wir hier die Chance gehabt, viele wilde Tiere zu sehen und wurden daher auch von mehreren bewaffneten Guides begleitet. Außer einem Giant Squirrel (Rieseneichhörnchen), ein paar Affen und jeder Menge Blutegel, haben wir jedoch leider keine Tiere gesehen. Dafür haben wir zwei sehr lustige Inder kennengelernt mit denen wir uns auf dem Weg viel unterhalten haben.

Bamboo Rafting
Alappuzha

Nächster Stopp: Die bekannten Backwaters. Hier lässt dann auch der Monsun mal wirklich von sich Grüßen, denn schon bei unserer Ankunft schüttet es. Trotzdem lassen wir uns von dem Regen nicht aufhalten, schließlich haben wir ja Regenjacken und einen Regenschirm dabei.

Das Highlight ist eine Kajaktour. Am Anfang geht es durch einen See, wo uns viele Hausboote entgegen kommen. Mit diesen Hausbooten wird hier ein ordentliches Geschäft gemacht. Leider schaden sie aber der Umwelt. Unser Kajak Guide erzählt uns, dass er das Wasser der Backwaters als Kind noch getrunken hat – mittlerweile würde er hier nicht einmal mehr schwimmen gehen…. Nachdem wir den See hinter uns gelassen haben, paddeln wir weiter durch viele kleine Kanäle. Die Natur ist hier so wunderschön! Nach einiger Zeit halten wir an einem kleinen Tee Shop und bestellen direkt vom Kajak aus. Ich bin so glücklich. Denn was könnte es schon besseres geben, als in einem von Palmen umgebenen Kanal in einem Kajak zu sitzen und einen leckeren Chai zu trinken?

im Kajak vor dem Tea Shop
Kochi

Da ich letzten Monat zufällig ein Super Schnäppchen auf Booking.com gefunden habe, machen wir jetzt Urlaub in einem Luxushotel – und das für gerade einmal 12 Euro die Nacht, inklusive Frühstück. Ach ja, ich vermisse die indischen Preise jetzt schon, wenn ich an Deutschland denke…

In den nächsten Tagen enthüllt sich Kochi als eine weitere Stadt, in der traditionell und modern nah beieinander liegen, und trotzdem ganz verschiedene Gruppen ansprechen. Während wir an einem Tag mit dem Tuk Tuk durch Fort Kochi tuckern und uns unter anderem traditionelle chinesische Fischernetzte anschauen, fahren wir am nächsten Tag mit der Metro zum größten Einkaufszentrum Indiens. Hier gibt es von Marken Läden, über einen Indoor Freizieitpark mit Achterbahn, Box Autos und co bis hin zu internationalen Fast Food Läden wirklich alles.

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In den zwei Wochen haben wir noch einmal so viel verschiedenes von Indien gesehen. Wir waren in einer  Großstadt, aber auch in ruhigen Bergen. Wir haben in Madurai geschwitzt und haben am nächsten Tag Regenjacken rausgeholt. Wir waren in einem Nationalpark und beim Kajak fahren.

Und neben den großen Erlebnissen gab es noch die unendlich vielen schönen kleinen Momente. Momente, in denen wir in einem kleinen Restaurant saßen und leckeren Chai getrunken haben. Momente, in denen wir im Zug die Landschaft an uns vorbeiziehen lassen haben. Momente, in denen wir ernsthafte oder lustige Gespräche mit Indern oder anderen Reisenden geführt haben.

All diese großen und kleinen Momente werden uns wohl noch lange in Erinnerung bleiben.