Niko in Argentinien

Wie schon im letzten Beitrag angekündigt und passend zur Weltmeisterschaft schreibe ich in diesem Post über den Fußball hier in Argentinien. Fußball ist hier der Nationalsport und das auch mit weitem Abstand. Jeden Abend wird auf dem Steinfußballplatz auf dem Gelände der Salesianer (direkt gegenüber von unserem Zimmer) Fußball gespielt, wobei Kinder aus allen Altersgruppen mitspielen. Auch beim Sportunterricht gibt es keine Zweifel, wenn der Lehrer Tomás den Kindern überlässt, was wir spielen. Für mich genau richtig, weil ich auch mit weitem Abstand am liebsten Fußball spiele und aus dem deutschen Sportunterricht leider nur wenig Fußball in Erinnerung habe. 

Fußball in Villa Regina

Bei uns in Villa Regina gibt es nur zwei große Fußballvereine. Club Atletico Villa Regina und Circulo Italiano. Beide Vereine spielen in der 5. Argentinischen Liga, also schon auf sehr solidem Niveau. Mit unserem Freund Tomas sind wir zum Stadtderby zwischen dem „Club“ und „Circulo“ ins große Stadion vom Club gefahren und haben dort unser erstes Spiel in Argentinien gesehen. Am Ende gab es ein sehr hitziges 1:1 mit drei roten Karten und Krankenwageneinsatz. Besonders beeindruckt hat mich der Support der schätzungsweise über 3000 Fans, die mit richtigen Fangesängen, Trommeln und sehr vielen Beleidigungen für eine sehr hitzige Atmosphäre gesorgt haben. Zum Glück sind die beiden Fanlager hier in den Stadien aber jeweils getrennt.

Wir wollen hier auch unbedingt einem Verein beitreten. Allerdings ist gerade Sommerpause und die Vorbereitung für die neue Saison beginnt erst wieder im Februar. Bis dahin haben wir also die Chance, uns einen Verein auszusuchen. Unser Favorit ist aktuell allerdings noch ein anderer Verein. Unser Freund Tomás, der Sportlehrer der Kinder, hat uns gefragt, ob wir nicht mit ihm für seinen Dorfverein Chichinales spielen wollen. Der Verein spielt auch in der 5. Liga, ist aber deutlich kleiner und hat auch nur einen Ascheplatz. Das bin ich aber ja auch schon von meinem Verein aus Essen gewöhnt. Der Vorteil bei Chichinales wäre, dass wir dort sehr gute Chancen hätten in der ersten Mannschaft in der 5. Liga zu spielen und mit unserem Freund Tomás zusammenspielen würden. Beim „Club“ in Villa Regina würden wir es vermutlich „nur“ in die U21, also die zweite Mannschaft schaffen, würden dort aber trotzdem in einem großen Stadion mit Naturrasen, bei uns um die Ecke spielen. Das Spiel zwischen Chichinales und dem „Club“ haben wir uns natürlich auch angeschaut. Der Club hat 3:0 gewonnen und es gab wieder drei rote Karten… Außerdem hat einer der Fans den Linienrichter mit einem vollen Dosenbier abgeworfen, weshalb auch noch die Polizei anrücken musste. Ihr merkt also, dass der Fußball hier nochmal einen anderen Stellenwert hat als in Deutschland, was für uns aber auch bedeutet, dass wir besonders aufpassen müssen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir es probieren werden, in der ersten Mannschaft bei Chichinales anzufangen und werde Euch auf dem Laufenden halten. 

Die Weltmeisterschaft

Die WM ist hier in Argentinien seit unserer Ankunft das Thema Nummer 1 und hat deshalb gut geholfen, die Sprachbarriere schnell zu überwinden. Außerdem haben wir für die Jungs ein Tippspiel erstellt und zu jedem Land eine Art Steckbrief gemacht, weil viele gar nicht wissen, zu welchem Kontinent manche Länder gehören und schon gar nicht, was beispielsweise das Nationalgericht des Landes ist. Dabei konnten wir natürlich auch viel dazulernen, die Tipps der Jungs waren allerdings für meine Begriffe trotzdem eher eigenartig aber egal.

Inzwischen steht fest, dass Argentinien am Sonntag im Finale gegen Frankreich spielen wird, weshalb die Stimmung hier großartig ist, aber ich fange von vorne an. Argentinien ist mindestens als Mitfavorit in das Turnier gegangen, wobei viele vermutet haben, dass Teams wie Brasilien oder Frankreich noch etwas stärker sein könnten. Demzufolge waren sich die Argentinier aber auch alle sehr sicher, dass der Turnierstart gegen Saudi-Arabien kein Problem darstellen wird. Als wir dann aber um 7 Uhr morgens mit den Jugendlichen aus der Casita vor dem Fernseher saßen und die 1:2 Niederlage angesehen haben, war die Stimmung schnell im Eimer. Als dann auch noch Deutschland gegen Japan verlor, war zumindest für mich, der WM-Auftakt endgültig gelaufen. Zumindest für Argentinien verbesserte sich die Situation aber stark, sodass die Menschen hier nach den Siegen gegen Mexiko und Polen neue Hoffnung hatten. Die Argentinier setzen nahezu alle ihre Hoffnungen auf Lionel Messi. Er ist zusammen mit Maradona nicht nur sportlich gesehen der Held der Nation und soll in seiner letzten WM, wie damals Maradona, den Titel nach Hause holen. Viele Argentinier haben uns sogar gesagt, dass sie sich den Titel mehr für Messi selbst, als für das argentinische Volk wünschen, was das Verhältnis zwischen Messi und den Argentiniern glaube ich gut beschreibt. Nach dem Sieg gegen Australien und spätestens dem Sieg im Elfmeterschießen gegen Holland drehen die Menschen hier völlig durch und treffen sich nach den Spielen zum Feiern im Stadtzentrum. Zu einer solchen Feier sind wir nach dem Finaleinzug gegen Kroatien selbstverständlich auch gefahren und ich war überwältigt von der Stimmung. Die gesamte Stadt war dort versammelt und hat mit Trommeln, Schaumkanonen, Pyrotechnik und sehr viel Bier gefeiert. Eine solche Stimmung habe ich in meinem gesamten Leben noch nie (außer vielleicht beim Schalke Aufstieg) erlebt. 

Jetzt hoffen wir alle hier natürlich, dass es am Sonntag zum Titel reicht und Messi, der inzwischen bereits 5 Turniertore erzielt hat, seine Karriere krönen und die Stimmung hier auf das Maximum heben kann. Besonders schön für uns:

Nächste Woche Mittwoch fahren wir in den Urlaub nach Buenos Aires und können dort im Falle des Titels und etwas zeitlichem Glück, bei der Ankunftsfeier der Mannschaft dabei sein und nach dem, was ich im Internet gesehen habe, ist die Stimmung in Buenos Aires noch einmal um einige Dimensionen verrückter…