Hamburg in Medellín - Leopold

Erfahrungen und Erlebnisse in Kolumbien

Was bisher geschah…

Hallo!

nun sind schon 5 Wochen vergangen. Jan und ich haben uns super eingelebt, ich fühle mich sowohl von den Mitarbeitern als auch von den Kindern gut angenommen. Das Spanisch läuft auch immer besser, ich muss jetzt nicht mehr drei Mal, sondern nur noch einmal nachfragen, was denn gerade gesagt wurde. Die Gemeinschaft der Volontäre hat sich nach der Heimfahrt der beiden Spanierinnen und der Venezolanerin verkleinert und über die ersten Tage wurde es etwas leiser. Doch nun haben wir uns an die Umstellung gewöhnt und in einer Woche kommt wieder Verstärkung aus Spanien.

Inzwischen habe ich schon fast alle Barrios kennengelernt, in denen das Projekt „Derecho a Soñar“ durchgeführt wird. In der letzten Projektversammlung wurde dann auf Wunsch der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen jeder Freiwillige einem Stadtteil fest zugeteilt. So ist es leichter zu planen. Mir hat „El Salado“ sehr gut gefallen und hier bin ich jetzt jeden Montag. „El Salado“ ist ein Teil der Comuna 13. Unser Arbeitsort befindet sich knapp über den letzten Dächern des Barrios. Dort steht eine schlichte, zum Ort passende Kirche, die von einigen Schwestern unterhalten wird. Einige kleine Räume daneben dürfen wir für die Ciudad Don Bosco nutzen. Oberhalb des Komplexes beginnt schon grünes Land und Wald, was mir sehr gefällt.

In der Woche stehen wir kurz vor sieben auf, während für die „Internos“, also die Jungs, die hier im Internat leben, die Nacht schon um 5 Uhr morgens zu Ende ist. Sie müssen sich schon um diese Uhrzeit fertig für den Tag machen. Um 7 Uhr gibt es Frühstück, um 8 Uhr ist dann Arbeitsbeginn im Bürogebäude von „Derecho a Soñar“. Dort wird zuerst jeder persönlich begrüßt. Gegen 8.30 h fahren Volontäre und Teams mit dem Taxi von der Ciudad Don Bosco zu den Einsatzorten in ganz Medellín. Im Kofferraum liegen immer Kisten mit Snacks für die Kinder, damit sie hinterher auftanken können. Mit den öffentlichen Bussen könnten wir die Nahrungsmittel zwar transportieren, es wäre aber sehr anstrengend, diese Mengen die vielen Treppen und Sträßchen zum Projektort zu schleppen. Dazu muss man sagen, dass die Taxis für europäische Verhältnisse sehr günstig sind. Alle 70 Meter zahlt man 100 Pesos, also umgerechnet ca. 3 Cent.

In „El Salado“ angekommen, bereiten wir uns auf die gemeinsamen Stunden mit den Kindern vor und warten, bis diese um 10 h eintreffen. Nach einem Aufwärmspiel beginnen wir mit der geplanten pädagogischen Aktivität. Zum Beispiel schreiben die Kinder auf, wie sie ihre Vergangenheit und Zukunft sehen, wann sie welche Emotionen haben und wie sie auf solche Situationen reagieren oder wie sie es schaffen können, sich ihre Träume zu erfüllen.

Wie schon erwähnt, besteht ein Team immer aus mehreren Mitarbeitern von „Derecho a Soñar“. In der ersten Woche im Monat übernehmen die Psychologen die Organisation der Aktivitäten, in der zweiten die Pädagogen, in der dritten die Sozialarbeiter und in der vierten ab jetzt wir Volontäre. Nach Abschluss der vier Wochen geht es wieder von vorne los. In der letzten Woche hatten Jan und ich unser Debut in El Salado und dafür einen Leitfaden mit verschiedenen Aktivitäten an die Hand bekommen. Beim ersten Mal stand uns noch ein Mitarbeiter zur Seite. Nach der ersten Stunde ist gegen 12 h Mittagspause. Normalerweise lassen wir uns dafür immer am Abend zuvor in der Cafeteria etwas einpacken. Es besteht aber auch die Möglichkeit, in der Kirche zu essen. Dort ist jeder willkommen, der Großteil der Anwesenden sind aber Kinder. Von 13 h bis 14 h und von 14 h bis 15 h Uhr folgen dann die nächsten beiden Gruppen. Die Stunden sind auf jedes Alter zugeschnitten, also stellen die Altersunterschiede von Gruppe zu Gruppe kein Problem dar. Manche brauchen dann etwas Hilfe und Animation, auch dafür sind wir aber da. Ihren Spaß haben ganz besonders die kleineren Kinder, wenn wir sie spielerisch in die Höhe heben. Wenn man einmal angefangen hat, lassen sie auch nicht mehr so schnell locker. Man muss sie immer mindestens 10-mal „zum letzten Mal“ hochheben. Im Anschluss räumen wir kurz auf und laufen dann die Treppen in Richtung Stadt herunter, vorbei an den waghalsig gebauten Häusern, bis zur nächsten Busstation. Von dort aus geht es zur Metro und dann nochmal mit dem Bus zur Ciudad Don Bosco. Die letzte Busfahrt ist meistens unangenehm, da um 17:00 die Rushhour beginnt und die Busse überfüllt sind. Medellín ist eine Stadt mit unglaublich viel Verkehr. Autoschlangen, Busse und Taximassen winden sich durch die Straßen, Motorräder schlängeln sich hupend zwischendurch, während sich Abgasschwaden über all dem Chaos wälzen. Zwischen 17 und 18 Uhr abends komme ich dann meistens tagesmüde zu Hause an.

Da unsere Aktivitäten in „El Salado“ nur einmal die Woche stattfinden, helfe ich dienstags und donnerstags in anderen Barrios wie „Carpinelo“, „Altos de la Torre“ oder „Villa Santa Fe“. Am Mittwoch gibt es immer eine Besprechung und am Nachmittag gehen wir mit einigen Internos und Kindern aus dem benachbarten Stadtteil „Villa Santa Fe“, zur gemeinsamen Gartenarbeit. Auf einem größeren Beet wachsen mehrere Kräuter, Zwiebeln, Salat und anderes Gemüse. Dort zupfen wir Unkraut, graben um, setzen neue Pflanzen und ernten, was reif ist. Die Kinder mögen diese Arbeit unter freiem Himmel, vor allem, da sie Kräuter und Gemüse mit nach Hause zu ihren Familien nehmen dürfen. Die Ciudad Don Bosco hat weiter oben auf den Bergen noch Landflächen, die häufig für größerer Veranstaltungen genutzt werden.

Am Freitag arbeiten wir ausschließlich im Büro.

Eine meiner Lieblingsstunden ist der nachmittägliche Schwimmunterricht am Donnerstag. Wir holen die Kinder an einem Treffpunkt in „Villa Santa Fe“ ab und bringen sie zum hauseigenen Schwimmbecken. Ich unterstütze dabei den Schwimmlehrer und stehe im Pool, falls Hilfe nötig ist. Nach dem Unterricht dürfen die Kinder nach Lust und Laune planschen oder schwimmen, je nach Fertigkeit im flachen oder tiefen Teil des Beckens.

Dabei werden die Anfänger aber trotzdem irgendwie magisch angezogen vom tiefen Teil des Schwimmbads und überzeugen mich jedes Mal aufs Neue, sie dort hinzutragen. Dabei habe ich dann immer vier oder fünf Kinder an meinem Körper hängen. Die ganze Schwimmstunde ist immer eine ziemlich lustige Aktion.

An den Wochenenden erkunden wir die Gegend. So hatte ich eine großartige Ausfahrt in den „Parque Arví“, einen Naturschutzpark kurz außerhalb von der Stadt, den man unter anderem mit einer Seilbahn erreichen kann. Hier in Medellín gibt es mehrere Seilbahnlinien, die als ganz normale öffentliche Verkehrsmittel dienen. An diesem Tag waren wir aber in einem weniger besuchten Teil, der nur nach einer längeren und sehr kurvigen Busfahrt zu erreichen war. Eine weitere Volontärin und ich waren zusammen mit einem jungen Biologen, dem Sohn von einer der Koordinatorinnen von „Derecho a Soñar“, und seinem Team dort. Die Nacht verbrachten wir im Zelt, dessen Standort mitten in der Pampa wir erst nach einem anderthalbstündigen Marsch durch den Wald erreichten. Zu dieser Zeit war es bereits stockdunkel. Die Biologen sind dabei, die Maße von kleineren Spinnen zu nehmen und diese zu fotografieren, um ihre Datenbank zu erweitern. Da man die Spinnen im Dunkeln besser sieht als tagsüber, geschah das alles natürlich in der Nacht. Nach der langen und anstrengenden Anfahrt gingen wir also mit Stirnlampe auf der Suche nach Spinnen durch den Wald. In der Nacht regnete und gewitterte es, sodass die Zeltwände durchnässten und man sehr gut aufpassen musste, nicht mit Arm oder Bein daran zu stoßen. Mit wenig Schlaf, aber viel Begeisterung, erkundeten wir am nächsten Morgen noch die Gegend und wanderten dann um 12:00 Uhr zurück zum Bus.

Diesen Sonntag haben wir einen Trip in die „Zona de vuelo“, in „San Félix“, zum Gleitschirmfliegen unternommen. Alle Volontäre und ein befreundeter Deutscher waren dabei. Wir sind bis ganz oben auf einen der Berge gefahren, die Medellín umschließen. Von 2400 Meter Höhe ist jeder von uns mit dem Piloten abgesprungen. Der Flug hat 15 Minuten gedauert und war ein unbeschreibliches Erlebnis. Zurück zur „Ciudad Don Bosco“ sind wir gelaufen.

Ich fühle mich sehr wohl hier und bin gespannt, was noch alles kommt.

Die Fortsetzung folgt.

Viele Grüße,

Leopold        

 

Die Kirche in ,,El Salado“

 

Der Blick über die Dächer der Comuna 13

 

Das Schwimmbad in der ,,Ciudad Don Bosco“

 

Unser Zeltplatz

 

Der Blick über einen Teil des ,,Parque Arví“

 

Start- und Landebahn

 

Während des Fluges

 

 

 

 

 

 

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  1. Annette weinacht

    Hi, lieber Leopold!
    Kaum sind wir aus Canada zurück, der Opa und ich, da kann ich schon so einen tollen Bericht von die aus Medellin lesen. Dein Wochenplan kingt sehr gut von Montag bis Freitag. Warum müssen denn die armen Jungs von El Salado so furchtbar früh aufstehen?? Auf unserer Bus Tour in Kanada mussten wir immer um 6h raus, was irgendwie gegen meinen Biorhythmus ist. Deswegen mein Mitleid. Gartenarbeit, Schwimmen mit vier Kindern am Körper rumhängen, Gleitschirmfliegen in der Zona de Vuelo, im Parque Arvi Spinnen fangen bei Nacht, hört sich ganz schön spannend an! Wie gut, dass du aus Brasilien solche Naturabenteuer kennst. Im AlgonkinPark in Kanada wäre ich soo gerne inein Kanu gestiegen und hätte eine mindestens Dreitagespaddeltour mit Hüttenübernachtung gemacht – aber leider waren diese Träume schon nach 45Min. vorbei – zurück zum Bus, weiterfahren!
    Lieber Leopold, ich wünsche dir weiterhin viel Freude bei deiner Arbeit, Gesundheit und viele liebe Kinder!
    Herzliche Grüße deine Moma

  2. Hallo Leopold,

    beste Grüße aus Köln nach Robledo-Aures!
    Es macht den Eindruck, dass ihr gut angekommen seid und euch auch dementsprechend wohlfühlt. Der Eintrag erinnert mich direkt an meine ersten Wochen im CDB. Die Sache mit dem Schwimmunterricht hört sich echt gut an! 😀

    Genießt die Zeit, denn das Jahr geht ja bekanntlich schneller vorbei als man es sich vorstellen kann!

    Beste Grüße und bis bald,
    Niklas

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