Hola und willkommen zu meinem 4. Blog, diesmal über das Zwischenseminar und meinen Urlaub in Bolivien.

Kurz vorweg: Wenn man meine Blogs so liest, könnte man meinen ich mache hier nur Urlaub. Ich schreibe aber hauptsächlich über die Urlaube, weil ich da natürlich die meisten neuen Eindrücke erlebe und das etwas spannender ist als mein klassischer Arbeitsalltag hier.

Trotzdem hier einmal mein Alltag, wie er seit Anfang März aussieht:

Ich arbeite von Montag bis Freitag in der Schule des Internats. Mein Schultag ist in zwei Blöcke aufgeteilt. Vormittags bin ich von 7:30 Uhr bis 12:20 Uhr dreimal wöchentlich in der Klasse „Procesos Básicos“, in der sich Jungs im Alter von 10 bis 13 Jahren befinden, aber einen Lernrückschritt haben und deshalb noch nicht in die richtigen Klassen gehen können.

Die anderen beiden Tage bin ich vormittags in der „Cuarto“ (4. Klasse), wo die Jungs ca. 8 bis 10 Jahre alt sind. Hauptsächlich halte ich in diesen beiden Klassen Englisch- und Matheunterricht, aber auch Geographie-, Sozial-, Religions-, Biologie- und sogar Spanischunterricht (hauptsächlich Diktate) habe ich schon gehalten.

Um 12:20 Uhr beginnt meine Mittagspause und ab 14:00 Uhr bis 17:20 Uhr bin ich täglich bei der Klasse „Aceleración“ (Beschleunigung), wo die Kinder ähnliche Lernprobleme haben, wie in Procesos Básicos. Nachmittags übernehme ich auch den Englischunterricht, helfe aber hauptsächlich einem Schüler, der eine Leser-Rechtschreib-Schwäche hat.

Zusätzlich gebe ich seit März der Tochter einer Mitarbeiterin, die zurzeit Medizin studiert und in drei Jahren in Deutschland weiterstudieren möchte, Deutschunterricht. Das macht mir besonders Spaß, da sie im Gegensatz zu den Kindern hier im Internat aus einer guten Bildungsschicht kommt und daher sehr motiviert ist und schnell lernt.

Insgesamt werde ich also in der Schule sehr gut eingebunden und halte vormittags teilweise den gesamten Unterricht, was mir großen Spaß macht. Dieser feste Tagesablauf hat aber dazu geführt, dass die Zeit seit Anfang März so schnell wie noch nie vergeht. Jetzt bleiben mir schon nur noch gut 3 Monate hier in Kolumbien und ich weiß jetzt schon, dass ich es sehr vermissen werde.

Nun aber zum Zwischenseminar in Bolivien.

Am 24. Februar bin ich mit zwei Umstiegen und einer Übernachtung am Flughafen in Santa Cruz de la Sierra nach Cochabamba in Bolivien geflogen, wo wir ein einwöchiges Zwischenseminar mit allen Don Bosco Volontären aus Südamerika (Kolumbien, Bolivien und Argentinien) hatten. In der Zeit haben wir die erste Hälfte unseres Volontariats reflektiert und uns auf die zweite Hälfte vorbereitet. Besonders interessant war es, sich mit den anderen auszutauschen und dabei festzustellen, dass jeder einen anderen spanischen Akzent hatte, aber auch welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede es in den verschiedenen Kulturen gibt. Yannik konnte leider nicht dabei sein, weil er genau zu dieser Zeit wegen Rückenschmerzen kurzzeitig zurück nach Deutschland musste.

Ausflug in Cochabamba
Die Christusstatue in Cochabamba ist mit 34,2 m die drittgrößte der Welt (Größer als die aus Rio de Janeiro)

Die Woche mit den anderen Volontären war superlustig, gewinnbringend und hat mir insgesamt sehr großen Spaß gemacht.

Nach dem Zwischenseminar bin ich noch eine Woche mit Bruno und Sebastian (Zwei Volontäre aus Argentinien) durch Bolivien gereist. Für umgerechnet 13 Euro sind wir über die Nacht 8 Stunden mit einem Luxusreisebus, einer sogenannten flota, nach Uyuni gefahren, was für seinen mehr oder weniger ausgetrockneten riesigen Salzsee bekannt ist (s. Foto). Dort haben wir für etwa 100 Euro eine 3 Tagestour durch die atemberaubende Landschaft im Südosten Boliviens gebucht.

Salar de Uyuni

Zusammen mit einer Schweizerin, einem Österreicher, einer Tschechin und unserem Tourguide sind wir am ersten Tag mit einem Geländewagen über den ausgetrockneten Salzsee gefahren. Ich glaube ich war noch nie in meinem Leben an einem so surrealen Ort. Der Boden besteht aus purem Salz und die etwa 10 cm hohe Wasserschicht spiegelt die Wolken so, dass es aussieht, als wäre man im Himmel. Unser Mittagessen haben wir dann in einem Haus, dessen Wände, Boden und Möbel aus Salz besteht gegessen und das Essen mit dem Salz der Wände gewürzt.

Das Salzhaus

Die Nacht haben wir dann auch in einem Salzhotel verbracht. Da auch das Bett aus Salz bestand und die in Salz Wände eingebetteten Fenster die nächtlichen Temperaturen von ca. 0 Grad nicht besonders gut isolierten, war die Nacht eher weniger angenehm. In diesem Hotel hätten wir morgens die erste und auch letzte Möglichkeit auf der Tour zu duschen gehabt, nach einer eiskalten Nacht war eine noch kältere Dusche aber auch nicht besonders attraktiv.

Unser Salzhotel

Am zweiten Tag sind wir weiter in den Südosten Boliviens gefahren, weg von der Zivilisation. Dort haben wir Stopps an Bergseen und in wüstenähnlichen Landschaften gemacht und sind schließlich am Lago Colorado angekommen, wo wir in einer der für Touristen dort provisorisch aufgebauten Unterkünfte übernachtet haben. Da in dieser extremen Natur niemand wohnt, gibt es dort auch keine Infrastruktur, weshalb diese Unterkünfte mit Notstromgeneratoren betrieben wurden. Wie das Abwasser dort funktioniert hat, habe ich mich bis jetzt noch gar nicht gefragt, möchte es glaube ich aber auch gar nicht wissen.

Lago Colorado

Durch diese völlige Abgelegenheit gab es dort aber auch überhaupt keine Lichtverschmutzung und man konnte in der Nacht die gesamte Milchstraße sehen.

Am nächsten Morgen sind wir viel zu früh (um 5 Uhr morgens) weitergefahren, um den Sonnenaufgang auf 5000 Höhenmetern beim Geysir „Sol de la mañana“ zu sehen. Dort oben habe ich mich wie auf einem anderen Planeten gefühlt. Die Landschaft sieht aus wie eine Mondlandschaft, aus dem Boden kommen stinkende Gaswolken und neben denen Flüssigkeiten in den verschiedensten Farben brodeln. Das frühe Aufstehen hat sich aber gelohnt.

Geysir Mañana Del Sol

Gegen die Höhe schieben sich Bolivianer dort in großen Mengen die dort legalen Kokablätter in die Wangen. Die Höhe hat mir zwar zum Glück nichts ausgemacht, ich habe die Blätter aber auch mal probiert, habe aber ehrlichgesagt überhaupt keine Effekte gespürt (vielleicht auch weil ich keine Probleme mit der Höhe hatte). Ich fand die Blätter mit ihrem leicht bitteren Geschmack eher unappetitlich.

Nach den Geysiren sind wir dann zu heißen Quellen gefahren, worauf wir uns nach 2 ½ kalten Tagen ohne Dusche sehr gefreut haben. Anschließend haben wir einige Lamas und eine zerklüfte Landschaft aus Vulkangestein gesehen, bevor wir als letzte Station der Dreitagestour noch einen Canyon gesehen haben.

Babylama
Zerklüfte Vulkangesteinslandschaft

Vor der Tour dachte ich, es gäbe dort nur den Salar de Uyuni, aber was ich alles in diesen drei Tagen erlebt habe, hat meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Im Nachhinein kann ich gar nicht glauben, dass die Tour nur drei Tage lang war.

Wieder in Uyuni angekommen, ging es abends für uns drei weiter mit einer der flotas nach La Paz. Nach einer weiteren kurzen Nacht kamen wir also völlig übermüdet früh morgens im kalten La Paz an, haben unser Gepäck im Hostel abgestellt und haben ein wenig das Seilbahnnetz der Stadt erkundet.

Ähnlich wie Medellín liegt La Paz in einem Tal, allerdings ca 2500 Meter höher, nämlich auf etwa 3800 m.M. (laut Statista.com), womit sie die höchstgelegene Stadt der Welt ist.

Die anstrengenden vorherigen Tage, die ungewohnte Kälte und der Schlafmangel wurde mir im Laufe des Tages zum Verhängnis und den restlichen Dienstag und den Mittwoch lag ich dann krank im Bett. Am Donnerstag, unserem letzten Tag, war ich dann zum Glück wieder fit und bin früh morgens mit dem Bus 3 Stunden zum Titicacasee an der Grenze zu Perú gefahren. Sebastian hat an dem Tag eine Death Road Tour mit dem Fahrrad überlebt und Bruno ist in Museen und Cafés gewesen.

Mit diesen Teilen werden die Fahrzeuge ans andere Ufer gebracht

Am Titicacasee (mit ca. 3800 m.ü.M. der höchste schiffbare See der Welt) habe ich dann das erste Mal so wirklich die Höhe gespürt, als ich beim Aufsteigen zu einem Aussichtspunkt auf einem Hügel nach jeder zehnten Stufe eine Pause einlegen musste. Der Aufstieg hat sich aber gelohnt.

Weil ich nur für einen Tag an den See gefahren bin, konnte ich leider nicht auf die bekannte Insel „Isla Del Sol“ fahren, deshalb habe ich die meiste Zeit oben auf dem Hügel verbracht, mir Copacabana (So heißt das Dorf) angeguckt, und mich darüber gefreut, bei einem Marktstand einer indigenen Frau das erste Mal seit meiner Abreise aus Deutschland halbwegs normale Brötchen gefunden zu haben.

Basilika in Copacabana

Am Nachmittag bin ich dann für umgerechnet 3 Euro mit einem Bus wieder zurück nach La Paz gefahren. Der Bus ist aber leider nicht wie ich gedacht hatte zum Busterminal gefahren, sondern hat mich abends irgendwo mitten in La Paz rausgelassen. Ich hatte aber Glück und war nur 20 Minuten vom Hostel entfernt.

Gegen 22 Uhr bin ich dann mit Seilbahn und Taxi zum Flughafen gefahren, wo ich die halbe Nacht verbracht habe und dann um 6 Uhr morgens endlich losfliegen konnte. Nach noch einmal 4 Stunden Umstieg in Lima bin ich dann endlich wieder in Medellín angekommen.

Mein Fazit zu Bolivien: Die Landschaft ist wunderschön, das Land ist supergünstig und die Flotas, mit denen man komfortabel und günstig weite Strecken zurücklegen kann hätte ich auch gerne hier in Kolumbien. Mit Einheimischen hatte kaum Kontakt, die Menschen wirken aber viel verschlossener und eher auf sich selbst fokussiert als in Kolumbien. Aus Kolumbien kenne ich es nämlich so, dass man fast täglich angesprochen wird, woher man komme, was man hier mache und wie es einem hier gefalle. In Bolivien kein einziges Mal. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass der Großteil der Bevölkerung indigene Wurzeln hat und überdurchschnittlich alt ist. Ich habe in den zwei Wochen kaum Jugendliche oder Kinder gesehen und auf den Straßen liefen gefühlt nur indigene Omas herum. Völlig anders als in Kolumbien (bzw. Medellín), wo die Straßen voller junger Leute sind. Dafür habe ich mich in Bolivien überall deutlich sicherer gefühlt als in Medellín.

La Paz war mir viel zu hektisch, laut, dreckig und kalt. Die Luft in den Straßen hat nach Abgasen gestunken und das ständige Gehupe hat mich einige Nerven gekostet. Mein Eindruck ist aber wahrscheinlich verfälscht, da ich in La Paz im Hostel mitten in der Stadt gewohnt habe und hier in Medellín am Rande der Stadt im Barrio wohne. Zudem war ich in La Paz auch gesundheitlich angeschlagen, weshalb ich vielleicht einige Dinge etwas intensiver wahrgenommen habe.

Ich hatte aber den Eindruck, dass Bolivien insgesamt weniger entwickelt ist als Kolumbien (bzw. Medellín), auch die Großstadt La Paz. Beispielsweise ist es in ganz Bolivien verboten, Toilettenpapier ins Klo zu werfen, weil die Rohre zu eng sind und auf öffentlichen Toiletten gibt es nie Klopapier. Man sollte immer sein eigenes dabeihaben. Das hört sich jetzt vielleicht nach einem lächerlichen Beispiel an, es war aber nicht nur das (Das hat mich nur am direktesten betroffen). Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass die Straßen schlechter sind, die Gebäude sehr marode waren und die Armut größer, bzw. deutlicher zu erkennen war.

Als ich dann nach 2 Wochen wieder in Medellín angekommen bin, hat sich das schon nach Heimat angefühlt. Warmes Wetter, interessierte, offene junge Leute, laute Musik und Freude in den Straßen der Barrios, bessere Luft und hunderte Parks und Grünanlagen und das Beste: endlich wieder aus dem Wasserhahn trinken können und vor allem das Klopapier in die Toilette schmeißen dürfen.

Hier noch ein paar Fotos aus Kolumbien

Pueblito Paisa in Medellín. So sieht ein typischer Dorfplatz in Antioquia (Das Departamento von dem Medellín die Hauptstadt ist) aus. Dieser hier ist künstlich nachgebaut.
Manrique, ein buntes Barrio auf der anderen Seite der Stadt
Bei einer Aktivität mit den Jungs
Parque Norte Medellín
Hässlicher und komischer Schlangenfisch im Parque Explora
El clásico paisa Nacional vs. Medellín
Wir spielen zurzeit regelmäßig Billard bei uns im Barrio

Das war’s. Danke fürs Lesen und im nächsten Blog geht’s dann weiter mit dem nächsten Urlaub.

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Vielen Dank!