An(ge)kommen

Heute vor einer Woche um halb zwölf in der Nacht sind Bene und ich hier in Coimbatore angekommen. Doch schon bevor wir in unserem neuen Zuhause eingetroffen sind haben wir einiges erlebt: Am 10. September um 10:55 startete unser erster Flug von Frankfurt nach Doha. Unsere Reisegruppe – bestehend aus acht Volontären, die alle im Bundesstaat Tamil Nadu tätig sind – war 19 Stunden lang und mit drei verschiedenen Flugzeugen unterwegs, bis wir in Tiruchirapalli landeten. Dort wurden wir von drei salesianischen Fathers rosig in Empfang genommen (jeder von uns bekam eine Rose) und erhielten direkt die traurige Nachricht, dass an diesem Morgen, wenige Stunden vor unserem Eintreffen der Provincial gestorben ist. Durch den Verlust des Provinzoberhauptes fand das geplante zweitägige Schlaf- und Sightseeingprogramm nicht statt und wir acht Volos wurden am nächsten Tag, nach der Beerdigung, in unsere jeweiligen Projekte gebracht. Am nächsten Morgen wurden Bene und ich dann von allen Jungs herzlich Willkommen geheißen.

Empfangskomitee in Coimbatore (auf dem Bild sind längst nicht alle Jungs zu sehen)

Alltag

Nachdem wir die ersten Tage unseres Aufenthalts nach Lust und Laune verbrachten und einige organisatorische Dinge erledigten (indische Sim-Karte aktivieren, Visum registrieren) haben wir mittlerweile einen geregelten Tagesablauf. Dieser sieht vor, dass wir bei den „study-times“ anwesend sind und die Jungs unterstützen, wo wir können. Außerdem laufen wir vormittags mit ihnen zur Schule und holen sie dort Nachmittags auch wieder ab. Da nicht alle Kinder zur Schule gehen und außerdem zur Zeit Prüfungen sind, ist hier in der Zwischenzeit immernoch einiges los. Nach der Schule wird dann erstmal eine Stunde Sport gemacht: Auf dem gelände gibt es ein Volleyball- und ein Basketballfeld und die kleineren Jungs spielen immer ein Ballspiel, dass ich bisher noch nicht ganz durchschaut habe. Am Abend wird dann, unterbrochen von „evening-prayer“ und Essen, wieder (mehr oder weniger) fleißig gelernt, bis die Jungs um halb elf erschöpft in ihr Bett fallen dürfen.

Und sonst so?

Zwar bin ich jetzt erst kaum mehr als eine Woche in Indien und habe vermutlich nur einen Bruchteil der kulturellen Besonderheiten dieses Landes gesehen und erlebt, dennoch will ich euch meine ersten Eindrücke nicht vorenthalten:

Inder hupen gerne! Und viel! Das ist zwar eine allgemein bekannte Tatsache, aber ich halte es trotzdem für erwähnenswert. Der indische Straßenverkehr ist generell eine sehr interessante Sache: haufenweise Rikschas, Motorräder und Roller, Busse, Jeeps, hin und wieder auch gewöhnliche Autos und natürlich einige Kühe bieten ein sehr spezielles Farb-, Geräusch- und Geruchserlebnis. Da könnte man jetzt zwar meinen, es wäre sehr schwierig und völlig unverantwortlich, mit zehn Kindern im Alter von sieben bis elf Jahren hier durchzulaufen, jedoch sind die Jungs vollkommen daran gewöhnt, weshalb die Herausforderung vor allem darin besteht, ihnen beim Straßeüberqueren hinterherzukommen. Es herrscht übrigens Linksverkehr, was mich noch zusätzlich durcheinander bringt.

Leckeres Essen! Das ist zwar eine vollkommen subjektive Bewertung, aber das (meiste) Essen ist wirklich sehr lecker! Trotzdem stellt das Essen vermutlich eine der größten Umstellungen dar. Zum einen wird nur mit der rechten Hand gegessen, was jedoch sehr intuitiv zu lernen ist und eigentlich auch viel praktischer als mit Messer und Gabel (außer das Essen ist heiß, dann tuts weh). Was für mich jedoch eine größere Umstellung ist, ist die Tatsache, dass es eigentlich immer Herzhaftes gibt. Ich habe mich immernoch nicht daran gewöhnt, dass es zum Frühstück auch Reis, Dosai (eine Art Fladenbrot aus Reis), Chutneys, Curry und ähnliches gibt.

Witziger Weise kriegen wir ziemlich häufig die Frage: „eating finished?“ zu hören. Den Jungs scheint unser Magenfüllstand also ein großes Anliegen zu sein. Irritierend ist nur, dass diese Frage hin und wieder zu vollkommen absurden Zeiten fällt, wie zum Beispiel kurz vor dem Essen. Wieso sollte ich denn vor dem Essen schon gegessen haben?

Ventilator statt Heizung! Während in Deutschland die Heizung zum Standartinventar eines Raumes gehört, sind hier an den Decken eigentlich immer Ventilatoren angebracht. Glücklicherweise hat Coimbatore jedoch ein milderes Klima, als es für Südindien gewöhnlich ist, somit können wir den Ventilator nachts getrost ausschalten.

So, ich hoffe, dieser Beitrag konnte euch schon mal einen groben Einblick geben, wie mein Jahr hier aussehen wird. Natürlich werde ich euch auch weiterhin auf dem Laufenden halten, also schaut bald wieder auf meinem Blog vorbei! Bis dahin: Auf Wiedersehen. Oder wie wir es den Jungs beigebracht haben: Servus!