Wenn die Familie aus Deutschland einen besuchen kommt wird es unglaublich spannend, für den Besuch, wie auch für den Volontär. Denn – das können sicher viele Volontäre bestätigen – sagen alle Blogeinträge die man schreibt und Videocalls welche man führt, längst nicht soviel aus, als der Eindruck, den man vor Ort bekommt. Auch ich konnte meiner Mutter und Schwester vor kurzem einen Einblick in mein indisches Leben geben. Für insgesamt zwei Wochen kamen sie in das „ferne Indien“ – wie es meine Oma nennt. Dabei habe ich natürlich versucht, ihnen soviel wie möglich zu zeigen.
Der Besuch der beiden startet damit, dass ich sie an einem Sonntag Nachmittag in Madurai (2h mit dem Bus von unserem Projekt entfernt) am Flughafen abhole. Das anschließende Mittagessen in der Stadt, sorgt bei meiner Mutter schon für den ersten kleinen (Kultur-) „Schockmoment“. Ein rappelvoller Saal mit schmatzenden Inder, die sich den Reis mit der rechten Hand vom Bananenblatt in den Mund schieben. Ein herrliches Bild, und ich bin sehr froh darüber, sie sofort in ein authentisches Hotel – wie die Restaurants hier genannt werden – ausgeführt zu haben. Damit startet für die beiden das „Abenteuer“ so richtig. Die erste Lehrstunde lässt nicht lange auf sich warten und sollte veranschaulichen, wie man den Reis – „Also ich kann mir ja ganz und gar nicht vorstellen, wie man so etwas wie Reis mit den Fingern essen soll“, so meine Mutter ettliche Male zuvor – mit der Hand isst. Da natürlich auch Übung dazu gehört, sind die ersten Versuche von mäßigem Erfolg, aber auch das wird sich die kommenden Tage noch bessern.
Mit dem Bus erreichen wir einige Zeit später das Dörfchen Keela Eral – seit sechs Monaten mein Zuhause, und für die kommenden drei Tage auch das meiner Mutter und Schwester. Schockmoment Nummer zwei (diesmal für mich): es werden die Mitbringsel, naja, wohl eher die Berge von Geschenken aus Deutschland auf den Betten ausgebreitet. Da bin ich schon etwas überfordert und muss mir einen Schlachtplan zurechtlegen, wie und wo ich die Unmengen an Süßigkeiten, Fußbällen, T-Shirts, Spielen, Luftballons und Pflastern aufteilen soll. Dazu kommen noch Campinglampen, sowie Kreide und kleine Schwämme. Deren Bestimmungsort wurde glücklicherweise aber schon im Voraus festgelegt, wozu ich später nochmal komme. Beim darauffolgenden Rundgang über das Gelände kann ich meinen Besuch schon dem ein oder anderen Father und Brother bekannt machen. Die Jungs werden erst am darauffolgenden Tag meine Mutter und Schwester kennenlernen, und Fragen wie „Do you like Hitler?“ stellen.
Am Montagmorgen machen wir uns im hopsenden und ächzenden Bus nach Bommaya Puram auf. Während ich mich natürlich schon längst an die Zustände der Straßen und Fahrzeuge, sowie das andauernde hupen gewöhnt habe, hat meine Schwester jetzt schon genug davon. Wenig später empfangen sechzig strahlende Gesichter den schon so lang ersehnten Besuch aus Deutschland. Die ein oder andere Schülerin weiß inzwischen sogar schon die Namen meiner Familienmitglieder – immerhin wurden diese auch wöchentlich nachgefragt. Der Unterricht läuft dann, bis auf wenige Fotoeinlagen meiner Mutter und interessierte Frage der Kinder an die beiden, recht normal ab.
Viel aufregender ist, vor allem für die Kinder, die Pause und das damit verbundene Verteilen der so heiß geliebten „Germany chocolate“, was übrigens für jede deutsche Süßigkeit steht, auch für Gummibärchen. Damit diese Angelegenheit auch fair und einigermaßen gesittet vonstattengeht, versuchen wir, mit eher mäßigem Erfolg, eine Schlange zu bilden. Den Überblick zu bewahren, ist bei so vielen ausgestreckten Kinderhänden nicht wirklich einfach.
Anhand verschmierter Münder und Finger, können wir jedoch ganz gut identifizieren, wer schon von der Schokolade abbekommen hat. An die Lehrerin übergebe ich die Schwämme und Kreide, was man in einer Schule logischerweise immer gebrauchen kann, einige Spiele für unseren Unterricht und Pflaster, sodass man zukünftig eine in der Pause entstandene Wunde flicken kann.
Mittags, nach einem kleinen Nickerchen, machen die beiden dann auch noch Bekanntschaft mit den Sisters, als ich ihnen die Don Bosco Schule nebenan zeige. Kurzerhand werden wir zum Kaffee eingeladen und mit allerhand Früchten, Kuchen und frisch gemachten Säften mehr als ausreichend versorgt. Das würden alle sehr gute Omas abgeben, wenn es darum geht, sich um das leibliche Wohl zu sorgen.
An zwei aufeinanderfolgenden Abenden besuchen wir das letzte übrig gebliebene Arbeitsfeld von Jokob und mir: die Tuition Centers. Auch hier heißt es wieder: Fragen stellen, Süßes verteilen und Fotos schießen. An die Leiter eines der Tuition Center übergeben wir zudem noch Campinglampen, welche per Handkurbel mit Strom versorgt werden, da es hier ab und zu Stromausfälle gibt. Diese verhindern immer wieder, dass die Kinder lernen können.
Es hat mich wirklich sehr gefreut, dass es meiner Mutter und meiner Schwester so gut in Keela Eral gefallen hat und mit den Kindern soviel Spaß hatten. Ich habe aber auch ehrlich gesagt nichts anderes erwartet. Über die anschließenden Tage, welche wir zur Erkundung Südindiens genutzt haben folgt in Kürze ein weiterer Blog-Eintrag. Also schaut immer mal wieder vorbei 😉
Euer Hendrik!
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