… das ist das einzige Wort, dass ich in einer Stammessprache kann: “ Willkommen“. Als ich gefragt habe, welche der ca. 80 Sprachen das ist, konnte mir keine Antwort gegeben werden. Eine andere Sprache werde ich aber sowieso nicht lernen, denn es wird für mich schon schwer genug sein, dass „Bauernfranzösisch“ (wie manch ein Franzose das hier gesprochene Französisch nennen würde) so auszusprechen und zu verstehen, wie die Menschen es in der Elfenbeinküste tun. Es gibt auch keinen Grund, andere Sprachen zu lernen, denn man kann sich mit jedem hier auf Französisch verständigen.
Nun ist es schon fast 2 Wochen her, dass ich mich auf den Weg gemacht habe. Gerne gebe ich euch ein paar Einblicke meiner ersten Tage:
Schon der Flug hat sehr spannend angefangen. Als ich in Addis Abeba in einem kunterbunten Flughafen auf meinen Anschlussflug gewartet habe, hielt ich nach 5 Minuten die erste Visitenkarte in der Hand – ein bisschen irritiert was ich denn damit machen soll. So schnell schließt man also Freundschaften.
Im Flugzeug von Addis Abeba nach Abidjan mit Zwischenstopp in Cotonou (Benin) bin ich hinter zwei Fußballnationalspielern aus Sierra Leone gesessen, die beide in der Schweiz unter Vertrag stehen. Bis auf mein Sitznachbar – der mir übrigens auch gleich mal seine Visitenkarte gegeben hat- fand das niemand so außergewöhnlich, dass da zwei Nationalspieler an Bord sind. Ich war ehrlich gesagt echt beeindruckt, dass die Fußballer einfach so in der Economy Class fliegen und sich keiner dafür interessiert. Stellt euch vor, Mario Götze würde das machen. Das ganze Flugzeug würde toben und Autogramme haben wollen. Ich hab auch erst überlegt, ob ich nach einem fragen soll, aber da das sonst auch niemand gemacht hat, hab ich das lieber gelassen. 😉
Nach 18 Stunden Flug bin ich gut in Abidjan angekommen. Beim Fiebermessen am Flughafen wurde ich allerdings erst nicht weiter gelassen. Vor lauter Aufregung war mir doch wohl ein bisschen zu heiß geworden. Bei einer weiteren Kontrollmessung konnte dann aber Ebola ausgeschlossen werden und ich durfte weiter zum Hände desinfizieren.
Abidjan hat mich überwältigt. Das waren so viele neue Bilder auf einmal, dass ich das gar nicht alles verarbeiten konnte. Und selbst nachts konnte ich nicht abschalten, denn diese Stadt schläft nie – Gesänge, Kindergeschreie, das nächtliche Gebet der Muslime… Es ist so viel Leben dort, so viel Farbe. Ich hatte das Gefühl, dass sich so ziemlich der ganze Alltag auf der Straße abspielt. Doch ich habe nur einen Stadtteil gesehen (Koumassi) – einen sehr armen – und war nichtmal 24 Stunden dort, von daher kann ich wohl nichts über Abidjan sagen. Ich war sehr froh, Tobias (Volontär 2012/13 in Abidjan) die ersten Tage an meiner Seite zu haben, der mir sehr viele Tipps und Tricks gegeben, Dolmetscher gespielt und mir viel über das Land erzählt hat.
Am nächsten Morgen ging es dann endlich nach Duékoué. Aus geplanten 7 Stunden Fahrt wurden 11, denn wir steckten noch 4 Stunden in den engsten Gassen Abidjans fest, um Einkaufe zu erledigen, die auf dem Land nicht möglich sind. Mit dem Jeep sind wir doch tatsächlich echt überall hingekommen und die Menschen auf der Straße standen fast schon Spalier.
Die Autobahn von Abidjan (größte Stadt) nach Yamoussoukro (kleine Hauptstadt) kann wirklich mit den deutschen Autobahnen mithalten. Der einzige Unterschied: Auf dem Seitensteifen laufen viele Menschen, bepackt mit 1000 Sachen. im deutschen Verkehrsfunk müsste durchgängig die Ansage laufen: „Achtung Achtung, Menschen auf der Fahrbahn!“
Nach Yamoussoukro wurde die Fahrt dann eher zum Slalomlauf. Unser Chauffeur versuchte, so gut wie möglich allen Löchern der Fahrbahn auszuweichen, aber manchmal war die Straße nur noch ein einziges Loch.
In Duékoué wurde ich dann sehr herzlich von den Schwestern begrüßt. Die Stadt ist eher ruhig und wie sich in den nächsten Tagen herausstellte, passt Dorf eher, um diesen Flecken Erde zu beschreiben. Viele Menschen wollten mirdie Hand schütteln (vor der Ausreise haben verschiedene Ärzte und die deutsche Botschaft mir gesagt, fremden Leute nicht die Hand zu geben – das ist aber einfach nicht machbar) und begrüßen mich mit „Bonne arrivée“! Es ist eine sehr willkommene Atmosphäre.
Ich wohne auf dem großen Missionsgelände in einem schlichten Haus zusammen mit Pascaline ( Sie ist Ivorerin und arbeitet hier in der kleinen Boutique, in der von den Don-Bosco-Ausbildungszentren Sachen verkauft werden).
Zum Essen gehe ich zu den Schwestern. Dann sind wir ein internationaler Tisch: Schwester Rosanna und Schwester Lucia aus Italien, Schwester Françoise aus Ruanda, Novizin Irène aus Togo und ich aus Deutschland. Das ist z.B. echt witzig zu sehen, auf wie viele verschiedene Weisen man auf dieser Welt eine Orange isst. Außerdem gibt es einen guten Mix aus allem- ein bisschen europäische und afrikanische Küche. Ich habe zum ersten Mal Papaya gegessen (unglaublich lecker), fritierte Kochbanane und Fisch mit der Hand 😉 Hier schmeckt sowieso jedes Obst viel intensiver und besser. Es hat eben keine halbe Weltreise auf dem Buckel, bis es auf dem Teller landet.
Mit Sœur Françoise gehe ich ab und zu auf den Markt. Dort wimmelt es nur so von Menschen, Angeboten, Waren und leider auch von Müll. Es gibt so ziemlich alles, was das Herz begehrt.
Wenn die Kinder mich „Weiße“ sehen, kommen sie angestürmt und wollen mir ihre Waren anbieten oder mich umarmen. Ein Mädchen hat mich auf dem Markt mindestens eine Stunde verfolgt. Obwohl ich ihre Streichhölzer nicht gekauft habe, hat sie mich angestrahlt.
Als ich ein paar Fotos vom Markt machen wollte, durfte ich gar nicht mehr aufhören, weil jeder wollte, dass ich ein Bild von ihm nach Italien schicke. ( Sehe ich so italienisch aus? 😉 )
Gerade befinden wir uns in der Regenzeit. Für mich ist das ganz angenehm, weil die Temperaturen noch nicht den Höhepunkt erreicht haben und ich mich so langsam an die Hitze gewöhnen kann. Wenn es dann regnet, dann so heftig, wie das in Deutschland nur selten der Fall ist. Dieses Jahr beschweren sich die Menschen hier aber schon über zu viel Regen. Besonders für die Kakaobauern ist das ein großes Problem, weil der Kakao nicht richtig trocknen kann und so sich alle Lieferungen verzögern. Traurigerweise können viele Familien so das Schulgeld für ihre Kinder zum Schuljahresbeginn nicht bezahlen.
Die Tage hier sind noch sehr ruhig, denn die Schule beginnt erst am 15. September, deswegen ist das Foyer noch leer.
Zusammen mit Irène werde ich im Foyer arbeiten. Das Foyer ist eine Art Internat für 55 Mädchen. Sie kommen aus kleinen Dörfern und der Weg zur Schule wäre zu weit, deswegen wohnen sie für das Schuljahr bei uns. Unsere Aufgabe wird es sein, sie auf ihrem Weg zu begleiten, vor allem beim Lernen zu unterstützen und ihnen durch verschiedene Projekte und die Gemeinschaft, in der wir zusammenleben, Werte zu vermitteln. Jedes Schuljahr hat ein Thema, welches sich durch das Jahr zieht. Wir haben uns für Versöhnung entschieden. Denn viele der Mädchen haben den Bürgerkrieg hautnah miterlebt und auch die Krise bei der Präsidentenwahl 2010 hat sichtlich Spuren hinterlassen. So haben Irène und ich uns entschieden, dieses Jahr als Chance für die Mädchen zu nutzen, um Versöhnung und Frieden zu lernen.
Neben dem Foyer werde ich zwei Mal in der Woche Alphabetisierungsunterricht geben. Diese Woche habe ich in den ivorischen Nachrichten gehört, dass jeder 7. (!) Ivorer weder lesen noch schreiben kann. So wird dies eine besonders wichtige und wohl auch spannende Aufgabe werden. Außerdem werde ich mit kleinen Mädchen und Jungs der Gemeinde einmal pro Woche eine Gruppenstunde machen, in der wir vor allem viel malen, basteln und spielen werden.
Was bestimmt viele von euch brennend interessiert: Wie siehts mit Ebola aus? In den Nachrichten habe ich dazu nichts gehört. Mir wurde nur erzählt, dass am Anfang viele Leute dachten, Ebola ließe sich mit Zwiebeln heilen. Inzwischen hat sich das Land aber gut vorbereitet. Schon die Maßnahmen am Flughafen sprechen für sich. In Duékoué habe ich außerdem ein Schild entdeckt:
Dass die Krankheit sehr ernstgenommen wird, merkt man auch daran: Ein Mann, der Buschfleisch gegessen hat und dann überall verkündet hat, dass das ja gar nicht schadet und er jetzt kein Ebola hat, wurde sogar für 5 Jahre ins Gefängnis gesperrt.
Mit geht es hier sehr gut, kein Grund zur Sorge. Und wenn hier doch ein Fall von Ebola auftreten sollte, so hat ein Pater der Mission mir versprochen, mich so schnell wie möglich in sein Auto zu schnappen und in Sicherheit zu bringen. Ich bin hier also gut versorgt! 🙂
Ich freue mich sehr, wenn die Mädchen kommen und es dann endlich richtig losgeht!
Liebe Grüße nach Deutschland und an alle meine Mitvolontäre auf der Welt!
– Franzi
Hester
Hallo Franzi!
Merci für Deinen ausführlichen Bericht!
Ich weiß, wie spannend diese Zeit für Dich ist – genieße jede Sekunde (auch die stressigen).
Iss bitte eine Papaya für mich & eine Passionsfrucht, falls Du eine kriegst, jetzt sollte gerade die Saison sein.
„Akwaaba“ ist übrigens Twi bzw. Akan. 🙂
Liebste Grüße aus Brüssel!
Hester
Marietta Lang
Hallo Franzi,
endlich hören wir von dir und sind erleichtert, dass du es gut getroffen hast und es dir gut geht. Und das ist nur der Anfang. Du wirst noch so viel Neues und Unbeschreibliches erleben. Wir freuen uns über weitere Berichte.
Herzliche Grüße
Marietta
Anni und Kurt
Liebe Franziska!
Danke für Deinen ausführlichen Bericht. Jetzt ist es uns ein wenig leichter ums Herz, weil wir wissen, dass es Dir gut geht. – Wir denken jeden Tag an Dich und wünschen Dir alles Liebe und Gute! – Und wir freuen uns auf Deinen nächsten Bericht.
Herzlichst
Anni und Kurt
Gundekar Fuersich
Hallo Franzi, Dein Bericht klingt sehr interessant! Das wird bestimmt ein spannendes Jahr! Wir wünschen Dir auf alle Fälle alles Gute und viele gute Begegnungen!
Clemi ist auch gut in Indien angekommen.
Viele Grüße von Familie Fürsich
Papa und Mama
Hallo Franzi,
schön, dass wir jetzt auch mal sehen können, wo du gelandet bist. Dein Häuschen schaut ja ganz nett aus – und das Haustier konnten wir zum Glück nicht identifizieren (wir tippen mal auf Kakerlake!). Wir sind dankbar für die vielen hilfreichen Menschen, die dir das Ankommen in den ersten Tagen erleichtert haben.
Dir nun weiterhin viel Offenheit und Mut, einen guten Start in die neue Woche und in die Arbeit mit den Mädels und „bon courage!“
Mama und Papa