Barbara in Benin

Mein Freiwilligendienst bei den Don Bosco-Schwestern

Auf den Straßen Cotonous

Ich schaue auf die Uhr: 20 vor 8, Zeit, zu gehen. Von unserer WG führt eine Wendeltreppe nach unten, ich gehe an der Unterkunft der Foyermädels und dem Gebäude der Schwestern vorbei. Autos parken auf dem sandigen Hof des Geländes, daneben wachsen ein paar kleine Palmen. Der Weg macht eine Kurve, jetzt kann ich die weiterführende Schule sehen. Der Unterricht hat schon angefangen, am Wegrand ist ein kleiner Kiosk, bei dem sich die Schüler in der Pause Schreibwaren, Snacks und Getränke kaufen können. Mitarbeiter der Schwestern kommen mit Mopeds durch das Eingangstor auf das Gelände gefahren. Kurz unterhalte ich mich noch mit unserem Security, wir wünschen uns einen schönen Tag und ich verlasse das Schwesterngelände. Wie so oft ist es bewölkt, da kommen mir die 27 Grad ganz angenehm und nicht zu heiß vor. Die Seitenstraße besteht aus Sand, schwarze Plastiktüten vom Markt liegen auf dem Boden. Öffentliche Mülleimer habe ich noch keinen gesehen.

Ich gehe ein paar Meter, heute dauert es nicht lange, da höre ich schon ein Hupen hinter mir. Ich schaue mich um, und wie erwartet ist es ein Zem (Mototaxi). „Wohin geht’s?“, fragt mich der Fahrer. „Die dritte Straße vor Mawulé (Teil des großen Marktes) nach rechts. Ich zahle 300 Francs (das sind 45 Cent).“ Der Mann gibt ein typisch beninisches erstauntes „Äääh?!“ von sich, als ob er diesen Vorschlag nie, niemals erwartet hätte (wenn ich den Preis nicht kennen würde, hätte ich als Yovo (Weiße) schon oft das Doppelte gezahlt). „400 und wir können los“, versucht der Fahrer zu verhandeln, ich bleibe aber bei meinen 300, was er letztendlich akzeptiert. Er vergewissert sich noch, ob ich auch Münzgeld habe, denn größere Scheine kann er schlecht wechseln. Ich ziehe meinen Helm auf, setze mich hinter den Fahrer auf das Moped und es geht los. Zuerst holpert das Fahrzeug noch etwas langsam die Seitenstraße entlang, es hat länger nicht geregnet und so könnten die Reifen im Sand leichter wegrutschen. Dann kommen wir schon an die größere gepflasterte Straße. Wir sind Linksabbieger, der Zemfahrer zögert nicht lange und fährt kurz an der linken Straßenseite als „Geisterfahrer“ entlang, bis sich eine Lücke im Verkehr ergibt und er auf die richtige Weghälfte wechselt. Es ist wie immer viel los, ein bunter Haufen aus Mopeds, Autos, Zemfahrern in ihren gelben Hemden,…

Der Verkehr stoppt. Ein paar Meter vor uns bringt ein Schülerlotse (die sind echt nötig bei dem Gewusel hier) mit roter Fahne und Trillerpfeife eine kleine Gruppe schuluniformierter Kinder über die Straße.

Wir fahren weiter, auf der Straßenseite sind Männer, die den Sand wegfegen. An manchen Tagen sieht man sogar eine Kehrmaschine. Feiner Sandstaub wird aufgewirbelt und ich schließe für ein paar Sekunden die Augen.

Es riecht stark nach Benzin. Am Straßenrand sehe ich Frauen, die hinter ihren kleinen Ständen sitzen und Essen oder Treibstoff, in alten Flaschen abgefüllt, verkaufen.

kleine Tankstelle

Wir werden rechts von einem Mofa überholt, ein junger Mann fährt. Ein kleines Mädchen, ohne Helm, sitzt hinter ihm und hat die Arme fest um seinen Bauch geschlossen. Sie dreht sich nach mir um und starrt mich an, bis sie mich kurz darauf aus den Augen verliert. Am Straßenrand sieht man immer wieder Verkäufer.

Rucksackverkäufer

Eine Frau verkauft BHs, links im Bild spielt ein Junge mit einem Reifen

Schuhverkäufer

Wir nähern uns einer Kreuzung, an der immer ein bisschen mehr Chaos herrscht, wenn kein Polizist die Vorfahrt regelt. Die Autos stehen schon ein paar Meter davor, in vielen sieht man eine kleine Beninflaggen hängen. Mein Zem schlängelt sich hupend durch den kleinen Stau, mal rechts an den Autos vorbei, mal links, eben da, wo sich gerade eine kleine Lücke ergibt. Seinen Arm benutzt er dabei als Blinker.

Wir fahren weiter, bei vielen Zems und anderen Mopedfahrern staune ich nicht schlecht, was da so alles transportiert wird…

Oben: Vier Personen auf einmal

Wir kommen an dem mehrstöckigen Haus mit dem Holzgerüst vorbei, das dezent wackelig ausschaut. Ganz viele Häuser hier sind nicht fertig gebaut, da das Geld dafür nicht mehr gereicht hat.

Wir sind bei einem Kreisverkehr angekommen, hier wird nicht gewartet, bis der Weg frei ist, das ist nämlich so gut wie nie der Fall. Aber die Straße ist breit genug für alle und so muss man nur auf das Loch im Pflaster aufpassen (nicht nur an dieser Stelle, sondern überall auf den gepflasterten Straßen und Gehwegen sollte man genau schauen, wo man hintritt oder –fährt).

Ich höre laute Musik aus einem Elektrogeschäft, Motorenknattern, das typische Hupen eines Eisverkäufers.

Manchmal sind Bremshügel auf der Straße, dann halte ich mich hinten an der Sitzfläche des Mototaxis fest. Sonst lege ich meine Hände locker auf die Oberschenkel, wie es die Beniner alle machen.

Ein Mädchen steht am Straßenrand und schaut nochmal nach links und rechts, die Lücke zwischen uns und den Fahrzeugen vor uns ist nicht sehr groß, aber ausreichend für das Kind, um schnell auf die andere Straßenseite zu rennen. Ein Zemfahrer schläft auf seinem Fahrzeug, um die Mittagszeit machen das richtig viele und ich frag mich jedes Mal, warum die da nicht runterfallen.

„Die nächste Straße rechts rein“ erinnere ich den Zemfahrer nochmal. Wir biegen in die dreckige Sandstraße ein, es riecht nach Rauch, wir fahren fast einen Hahn über den Haufen. Am Wegrand sehe ich noch mehr Hühner, ein paar Ziegen und einen Hund. Die Tiere können sich tagsüber frei bewegen und kehren abends zu ihrer Familie zurück. „Da ist es, das Maison de l’Esperance“, sage ich, mein Zem hält an und ich gebe ihm sein Geld. 15 Minuten hat die Fahrt gedauert, jetzt kann mein Tag im Ausbildungszentrum losgehen!

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  1. Vroni

    Hey Barbara,
    voll der gute Beitrag, ich hab mich beim Lesen richtig wie zurück in Cotonou gefühlt!
    Ich hoffe euch gehts gut und ihr habt eine schöne Zeit!
    Liebe Grüße

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