Hola amigossssss,
da bin ich wieder, und werde euch heute ein wenig von meinem Alltag und meiner Arbeit erzählen. Ihr fragt euch bestimmt wie sich alles mitlerweile hier in meinem Leben entwickelt hat. Es ist nämlich so einiges schon wieder passiert, sowohl in der Beziehung zu den Kindern als auch im Zusammenleben im Voluntärshaus und vieles Mehr. Puh, wo soll ich da denn anfangen? So viel kann ich sagen, ich liebe die Arbeit als Voluntärin. Auch wenn es manchmal echt anstrengend und lang ist, jeden Tag 8h in dem Kinderheim zu verbringen und mitzuhelfen, macht mir diese Arbeit mit den Kindern so Spaß. Und diese Kinder haben irgendetwas sehr besonderes an sich, was ich noch nie so an Kindern wahrgenommen habe. Ich arbeite hier jetzt schon 9 Monate und habe so viel gelernt, erfahren und vor allem erlebt. Seit mehreren Monaten arbeite ich mit der Gruppe der Großen (10-14 Jahren) zusammen und begleite diese täglich mit einer Educadorin (Erzieherin) durch ihren Alltag. Wenn ich nach dieser langen Zeit auf den Anfang hier zurückschaue, sehe ich so viele Entwicklungen in meiner Arbeit. Ich bin richtig aufgegangen in dem was ich hier Tag für Tag tue und genieße es meine Zeit mit den Kindern zu verbringen.
Aber wie sieht meine Arbeit mitlerweile eigentlich aus? Um 12 Uhr mittags komme ich im Mano Amiga an und serviere das Essen. 20 Minuten später rennen die Kinder, begleitet durch meine ecuadorianische Mitvoluntärin Lorena, von der Schule durch das Tor ins Haus hinein. Wenn ich die Kinder vom Tor aus schon „Aannaaaaaa“ schreien höre, dann weiß ich, dass der Tag jetzt gleich los geht. Das Essen serviert, sammeln sich alle im Comedor (Speisesaal). Stehend wird gemeinsam ein Tischgebet gesprochen, was die Kinder jedoch so sehr nuscheln, dass ich nach 9 Monaten immer noch nicht genau verstanden habe, wie der Mittelteil geht. Die Kinder sind auf 6 Tische aufgeteilt, was bedeutet, dass ich mich jeden Tag entscheiden muss, an welchem Tisch ich esse. Das sorgt immer für Rumgeschreie. „Se sienta a mi mesa?“ Das ist die erste Frage, die ich jeden Tag gestellt werde, meistens vor „Hola Anna“…
Nach dem Essen geht’s zu den Officios (Aufräumaufgaben). Jedes Kind hat eine Aufgabe, es wird geputzt, bis das Haus mehr oder weniger wieder sauber ist. Ich helfe jeden Tag in der Küche bei den Größeren mit. 50 Teller spülen, Boden kehren, wischen,… Das überleben wir auch nur jeden Tag, weil ich immer meine Musikbox mitbringe. Dann wird so laut Reggaeton aufgelegt und mitgesungen, dass das ganze relativ schnell vorbeigeht. Meistens singen die Mädels mehr zur Musik mit, als das sie Teller abspülen, also Spaß haben wir dort immer. 😉
Dann gehts auch schon los mit Tarea (Hausaufgaben). Ich bin dort auch mit der Gruppe der Großen und versuche täglich englische Personalpronomen, was ein Verb ist, oder Multiplizieren zu erklären. Manche Kinder verstehen logische Zusammenhänge und ihre Tareas erstaunlich schnell, andere wiederrum brauchen jedoch für vieles deutlich länger. Es ist aber echt schön zu sehen, dass einige der Kinder über die Zeit Vortschritt machen, und man nicht nur täglich gegen eine Wand erklärt. Natürlich freut es mich auch, wenn sie danach zu mir kommen und mich mit einem „Gracias por tu ayuda, Anna“ (Danke, fürs helfen) umarmen.
Um 4 Uhr gibt es Merienda, die ich tagesabhängig auch oft vorbereite. Meistens ein wenig Obst mit einem Refresco (Erfrischungsgetränk). Wenn mal keine Schule ist und die Kinder frei haben, schnappe ich mir auch manchmal ein, zwei Kinder und koche mit ihnen eine Kleinigkeit zur Merienda. Wir haben zum Beispiel schon Crepes gemacht oder aus den zahlreichen Obstdonationen gute Smoothies gemixt. Danach müssen die Kinder sich duschen, wobei ich immer helfe Shampoo auszuteilen, Haare zu kämmen und danach zu flechten. Da ich mit den Größeren arbeite, kriegen die Meisten das alles gut alleine hin, und meine Aufgabe ist es eher nur zu schauen, dass sie sich gegenseitig nicht umbringen oder die Dusche abreißen, wie meine Educadorin immer so schön sagt…
Die Kinder, die ihre Tarea schon beendet haben können meistens dann raus auf die Cancha (Sportplatz) zum spielen, jedoch hat die Mehrheit der Kinder zur Zeit so viele Hausaufgaben, dass kaum Zeit für viel Freizeit bleibt. Um 6 Uhr treffen sich alle Kinder dann zum Rosario (Rosenkranz), der wird hier nämlich fast täglich gebetet. Danach gibt es meistens noch eine kleine Geschichte, die ich auch schon öfters vorbereitet und vorgelesen habe. Wir singen dann meistens noch ein paar Lieder, bei denen die Kinder immer kräftig mitsingen oder mehr mitschreien („Mientras recorres la vidaaaa,…“).
Nach dem Abendessen und einer erneuten Aufräumaktion geht es spätestens ab 7 Uhr für alle raus, zum Spielen. Meist spiele ich mit den Kindern Fußball, Basketball oder setze mich in eine ruhigere Ecke, um ein bisschen zu quatschen und dabei Armbänder zu knüpfen. Das macht mir total Spaß und ich durfte von einigen Mädels, die echte Profis sind, auch schon einiges lernen. Außerdem habe ich tolle Flechtfrisuren lernen dürfen. Die Mädels haben nämlich alle echt wunderschöne Haare hier und freuen sich, wenn man ihnen etwas flechtet. (Naja, zumindest wenns danach auch gut aussieht 😉 aber ich bin ja noch im Lernprozess…) Wie ihr sieht lernt man hier so einige nützliche Dinge.Vor einigen Wochen habe ich auch spontan angefangen mich mit 3 Mädels auf einer Wiese zu dehen. Seitdem kommen eine Gruppe von Kindern mindestens zwei Mal die Woche zu mir und fragen mich ob wir gemeinsam Dehnübungen machen können. 😉 Um 8 Uhr abends endet dann meine Schicht und ich gehe meistens nach 8 Stunden Kinderrumgeschreie sehr müde nach Hause zu unserem Voluntärshaus.
Sonntags ist hier immer Hl. Messe, bei der sich alle Heime in der Kapelle versammeln. Die Gottesdienste sind hier sehr lebendig, es wird viel und laut gesungen und dazu geklatscht. Es gibt auch jeden Sonntag einige Kinder, die zu den Liedern Bewegungen vormachen, die dann alle mehr oder weniger motiviert nachmachen. Mitlerweile ist mein Spanisch auch ausreichend gut geworden, sodass ich oft die Lesungen oder die Fürbitten vorlese. Mit der Zeit kann ich auch immer mehr die Texte auf Spanisch mitbeten, was anfangs wirklich eine Herausforderung war, da die Kinder diese eher runternuscheln. 😉
Außerdem helfen wir Voluntäre auch mit, Spiele wie zum Beispiel Sackhüpfen oder Eierlauf vorzubereiten, wenn alle Heime des Projektes sich versammeln. Das ist jedes Mal echt sehr lustig und vor allem chaotisch! Auch in letzter Zeit war ganz schön viel los hier im Projekt. Es war die Marienwoche, in der jedes Heim jeweils eine Andacht vorbereitet hat. Meine Mitvoluntäre und ich haben die Kapelle schön dekoriert, Lieder rausgesucht und mit den Kindern ein kleines Anspiel vorgeführt. Das alles vorzubereiten war echt viel Arbeit, aber hat mir total Spaß gemacht. Außerdem gab es eine rießige Prozession durch die Straßen, bei der die Kinder alle ihre selbstgebastelten Laternen in die Nacht hineinleuchten ließen. Das war eine echt schöne Atmosphäre, als mehrere hundert Kinderstimmen laut die Lieder mitsangen („Junto a ti Maria, como un nino quiero estar,…“) und ihre Laternen hochhielten. Ich half dabei die Texte vorzulesen, was ich mitlerweile auch ganz gut mit meinem Spanisch meistere. 😉 Am Sonntag hat sich das ganze Projekt dann im Hogar Don Bosco versammelt und das Chaos ging los. Es gab dieses Mal etwas ganz besonderes und einmaliges: Hüpfburgen !! Das war das absolute Highlight für die Kinder. Und nicht nur für die Kinder, auch wir Voluntäre fühlten uns wie 11 Jährige und sprangen den ganzen Tag mit den Kindern auf den Hüpfburgen herum. Außerdem veranstalteten meine Mitvoluntärinnen und ich einen Malwettbewerb, bei dem sich ein paar echt beeindruckende Werke herausstellten.
Ein Tag später ging es für das ganze Projekt zum Muttertag nach Cotoca, ein kleines Dorf in der Nähe von Santa Cruz. Die Älteren liefen die 27km dort hin zu Fuß. Mein Haus dagegen fuhr mit dem kleinen Microbus (hatte ich jetzt auch nichts dagegen). Dort gab es eine kleine Feria, eine Art Jahrmarkt, für diese der Padre an alle Kinder 10 Bolivianos austeilte, sodass sich jeder eine Kleinigkeit kaufen konnte. So großzügig, richtig lieb! Wir teilten uns in Gruppen auf, und schon hatte ich 10 Kinder, die ich nicht verlieren durfte. So einfach war das gar nicht! Der eine rennt zu dem Süßigkeitenstand hin, die andere bleibt eine gefühlte Stunde bei einem Schmuckstand hängen (könnte auch ich gewesen sein), und der nächste muss jede zwei Sekunden aufs Klo… Naja, lustig wars auf jeden Fall. Ich wurde auch mehrmals angesprochen, ob dies alles meine Kinder sind, was ich meist mit einem irritierten und verängstigten Blick verneinte. Wir kauften uns alle gemeinsam die traditionelle „Jalea“, eine bappsüße Zuckermasse, die die Kinder nur so verschlangen. Ich kaufte mir auch eine, um das traditionelle Kulturerlebnis nicht zu verpassen, war dann aber froh nach meinem ersten Löffel, viele glückliche Abnehmer zu finden. Es war ein richtig schöner Tag mit den Kindern, denn ich genieße es immer sehr aus dem Alltag mit den Kindern auszubrechen und in anderen Umgebungen Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich habe das Gefühl an solchen Tagen die Kinder nochmal viel besser kennenzulernen, da man sie in solchen Umgebungen so anders wahrnimmt, als wenn man sie im Heim nur durch ihren Alltag begleitet.
Ich hoffe ihr konntet ein wenig in mein Leben meiner letzten Monate eintauchen, und euch ein Bild von meinem schönen, verrückten Leben hier machen…
Hasta prontoooooo y bendiciónes !!!
Anna
Schreibe einen Kommentar