Nach meinen ersten 3 Wochen in Mumbai melde ich mich dann auch mal zurück. Es ist bisher schon sehr viel passiert, ich habe sehr viele Eindrücke aufgenommen und mich schon eingelebt im Shelter und der Stadt. Dass das schon so schnell geht hätte ich nicht gedacht. Das Erlebte zu verarbeiten dauert bei mir aber noch etwas. Ich fühle mich sehr wohl hier und kann nach meinen ersten Erfahrungen sagen: „Mai bahut kush hu!“ (Das ist Hindi für: „Ich bin sehr glücklich!“). Das ist einer der vielen Sätze und Wörter, die uns die Jungs vom Shelter täglich beibringen. Da man sich das alles leider nicht direkt merken kann, werden die wichtigsten und für uns interessantesten Hindi Vokabeln aufgeschrieben und auswendig gelernt. Eigentlich dachte ich ja mit Vokabeln lernen wär Schluss nach 13 Jahren Schule, aber wenigstens kann ich mir jetzt aussuchen was und wie viel ich lernen möchte. Außerdem ist es immer super zu sehen, wie die Jungs sich freuen und jubeln, wenn man etwas richtig auf Hindi sagt.
Alltag & neue Aufgaben
Ich lerne hier aber nicht nur, sondern „unterrichte“ auch, seit einer Woche. Nach unseren 2 Wochen Eingewöhnung musste ein fester Zeitplan her, denn selbst wenn stundenlang Uno, Dobble, Quartett und andere Tischspiele mit den Boys zu spielen Spaß macht, ist es auch irgendwann langweilig und nicht das wofür ich hierher gekommen bin.
Mein (Arbeits-)Tag startet jetzt immer gegen 8,30 Uhr mit dem Frühstück im Shelter. Danach beschäftigen mein Mitvoluntär Emmanuel und ich uns erstmal mit den jüngeren Boys, die erst ab dem Nachmittag in der Schule sind. Da diese Jungs noch nicht so gute Englisch Kenntnisse haben, wird sich Vormittags in der „study time“ darum gekümmert. Wir unterstützen dann bei den Hausaufgaben oder üben englische Texte zu lesen.
Ab 10.30 Uhr bis ca. 12 Uhr „unterrichte“ ich 2 ältere Jungs in Englisch. Dabei üben wir die Grammatik und verschiedene Aufgaben für einen Test, den einer der Jungs bald schreibt. Die ganze Sache stellt sich aber doch schwieriger ,als anfangs gedacht heraus, da die Sprachbarriere noch ziemlich groß ist. Aber mit Geduld, einer konkreten Herangehensweise (die ich nach einer Woche jetzt viel besser entwickeln kann) und Online Übersetzern klappt es ganz okay.
Anschließend wird dann noch das ein oder andere Spiel gespielt, bevor es um 13 Uhr Mittagessen gibt. Zwischen 14 Uhr und 15.30 Uhr ist dann „recreation time“ im Shelter, in der die Boys ihren Hobbys und Interessen nachgehen können. Diese Woche haben wir in der Zeit mal ein paar Instrumente aus dem Shelter ausprobiert. Es gibt hier zwei Ukulelen, 4 oder 5 Gitarren (von denen aber nur 2 mit Saiten bespannt sind) und 4 Keyboards (wovon aktuell noch keine Anschlusskabel zu finden sind). Da Emmanuel Gitarre spielen kann, war es für ihn auch leicht zur Ukulele umzuswitchen und mir und einigen Jungs ein paar Akkorde auf der Ukulele beizubringen. Sobald dann ein Kabel für die Keyboards besorgt ist, kann ich auch etwas musikalisches den Kindern vermitteln.
Ab halb 4 ist dann wieder „study time“, die von manchen Boys mal mehr mal weniger produktiv genutzt wird. Um 18 Uhr ist dann ein „Assembly“ bei dem gebetet wird und manchmal noch wichtige Informationen mitgeteilt werden. Danach wird auch schon voller Vorfreude zum Fußballplatz marschiert. Auf dem Weg zum Don Bosco Matunga Gelände unterhalte ich mich mit den Boys oder bringe ihnen ein paar deutsche Wörter bei (Sehr beliebt ist dabei „Tschüss“ was wir regelmäßig von vielen Jungs hören, wenn wir den Shelter verlassen oder aber manchmal auch einfach so zwischendurch). Um 20 Uhr ist dann das Fußballspielen zu Ende und es geht zurück in den Shelter für das Abendessen.
Ich bin dann meistens gegen kurz vor 9 auf meinem Zimmer und mache oft nicht mehr allzu anstrengende Dinge. Ich bin nämlich meistens relativ erschöpft, wenn mein Tag zu Ende geht, vor allem wenn es mal wieder ein sehr sonniger, trockener Tag war. Aktuell sind die Temperaturen um die 30 Grad und es regnet vereinzelt noch. Ich freue mich schon sehr auf den Winter in dem es um die 17-20 Grad sein soll.
Freizeit
Wir haben jetzt immer Samstags einen halben Tag und Sonntags den ganzen Tag frei. Die letzten Sonntage haben wir dann kleine Trips in der Stadt gemacht und sind zum Beispiel zum Strand gelaufen. Dort waren viele Menschen unterwegs und an einem Abschnitt gab es Angebote wie Pferde reiten oder für die Kinder eine Fahrt auf einem sehr fragwürdigen selbstgebauten Karussell. Wenn man durch die Stadt läuft sieht man so viele Dinge auf einmal und es ist schwer alles zu beschreiben, weil es sehr eindrucksvoll ist. Allerdings kann ich sagen, dass die Umgebung sich ziemlich differenziert, je nachdem wo man in Mumbai unterwegs ist.
Im Süden der Stadt gibt es viele Hochhäuser. Dort sind wir an einem Sonntag auch mit dem Zug hingefahren (was hier das günstigste Verkehrsmittel ist) und sind zum „Gateway of India gelaufen (ein Wahrzeichen Mumbais) und zum „Marine Drive“ (Das ist eine lange Straße entlang des Meeres mit Promenade).
Heute waren wir ganz entspannt Pizza essen, was mein Highlight heute war, da ich nach drei Wochen nur Reis mit Gemüseeintöpfen echt etwas anderes zum Essen vermisst habe. Außerdem waren wir unter der Autobahnauffahrt spazieren, wo es einen Spazierweg gibt der eingezäunt und mit Beeten und vielen Pflanzen bestückt ist.
Eigentlich gibt es noch viel mehr zu erzählen, aber das würde jetzt den Rahmen sprengen. Deshalb macht es gut, liebe Grüße und bis zum nächsten Mal!
Gregor Kirchner
Es freut mich sehr zu hören, dass es dir gut geht, du dich gut eingelebt hast und du dich wohl fühlst☺️
Ich bin echt immer total heiß darauf Neues von dir zu erfahren und was du so erlebst!