Das beschreibt den Beginn von meinem Freiwiligendienst recht gut. Eigentlich sollte ich nämlich zusammen mit meinem Mitvoluntär Emmanuel am 12. September nach Mumbai ausreisen. Allerdings hatte Emmaneul nicht so Glück mit der Ausstellung des Visums wie ich, die nach einer Woche schon den Reisepass samt Visumsticker im Briefkasten hatte. Es hieß dann auf einmal es kann noch mehrere Wochen dauern, ein paar Tage darauf aber dann, es dauert doch nur eine Woche. Aber ob mit einer Woche eine Arbeitswoche oder 7 Tage gemeint waren wurde nicht erklärt, was unseren umgebuchten Flug am 21. September erneut in Gefahr gebracht hätte. Letztendlich ist dann das Visum zwei Tage vor dem 21. September fertig gewesen, was riesige Freude bei uns ausgelöst hat. Das hört sich jetzt zwar nicht so dramatisch an, aber nachdem man sich schon ein halbes Jahr auf den Freiwilligendienst gefreut hat und dann gesagt bekommt, dass die Bewilligung noch mehrere Wochen dauern kann und man nichts konkretes sagen kann, war dann doch ziemlich enttäuschend.

Nach diesem Hin und Her bei der Ausstellung des Visums und einem wilden Emotionenmix ging es am Mittwoch dann endlich für uns los. Unser Boarding wurde für 12.30 Uhr angesetzt und das Flugzeug sollte dann um 13.20 Uhr abheben. Als wir dann schon in der Schlange für das Boarding standen kam eine Durchsage nach der nächsten, die unseren Flug um je 10 Minuten verschob. Als wir dann um ca. 13.15 Uhr im Flieger saßen, sagte der Pilot durch dass unser Flug noch nicht losgehen kann. Dabei zögerte es sich 15 min für 15 min … heraus bis wir dann um 14.50 Uhr starten konnten. Etwas um die 8 Stunden waren wir dann in der Luft, was sich für mich wie eine Ewigkeit anfühlte, weil ich noch nie so lange geflogen bin, viele um mich herum einschliefen (worauf ich sehr neidisch war) und über 8 Stunden auf einem Economy Class Sitz nicht das Angenehmste ist. 

Ich war so froh als wir dann endlich um ca. kurz nach 3 Uhr nachts (indische Zeit) ankamen und ich meine Beine etwas bewegen konnte. Ohne Verspätung wären wir um 1 Uhr da gewesen/ was 21.30 Uhr nach deutscher Zeit ist. Im Flughafen in Mumbai ging es dann für uns weiter zum Einwanderungsschalter, um einen Stempel in unseren Pass zu bekommen und im Anschluss zum Gepäckband.

Kurz vor 4 konnten wir dann das Flughafengebäude verlassen um dort Father Lester, den Direktor des Shelters Don Bosco, in dem wir arbeiten werden, zu treffen. Er brachte noch Fr. Roy und Fr. Rudolf mit, die ebenfalls im Shelter arbeiten. Zu Fünft und mit 6 Taschen sind wir dann Richtung Shelter gefahren. Ich musste kurz schlucken, als ich mich in die Mitte saß und gesagt bekam „ No Seatbelt“, aber ich wurde dann beruhigt mit „ We won’t go over 40“. Die Fahrt vom Flughafen zum Shelter dauerte ca. 20 Minuten. Wir hatten die Fensterscheiben unten, da es um die 24 Grad waren. Der frische Fahrtwind und die Stadt im dunklen haben diese Fahrt einzigartig gemacht. Durch die Straßenlaternen und teils dem Licht der Häuser konnte man auch bei Nacht ziemlich viel erkennen. Mir ist besonders aufgefallen, wie grün es ist. Überall am Straßenrand stehen riesige Palmen oder andere hohe Bäume und auch Kletterpflanzen und Büsche. Der Straßenverkehr war im Vergleich zum Tag sehr ruhig, auch wenn gefühlt sich alle begegnenden Fahrzeuge willkürlich anhupen. 

Also dieses Schild scheinen alle gekonnte zu ignorieren.

Im Shelter angekommen haben wir noch etwas zu Trinken bekommen und sind dann weiter zu unserer Unterkunft im „Shrine Office“, der zu einer Großen Einrichtung von Don Bosco Matunga gehört. Auf dem Gelände befinden sich ebenfalls das Provincial House gegenüber von unserer Unterkunft, eine internationale Schule, eine weitere Schule, der Shrine (eine Gartenanlage mit einem Schrein, bei dem ich noch nicht weiß wen er ehren soll) und eine große Sportanlagen mit 3 Fußballfeldern und einem Basketballplatz. Als ich dann in meinem Zimmer war, nachdem alles wichtige für die Nacht bzw. den Morgen geklärt wurde, habe ich mich noch kurz frisch gemacht und bin dann gegen 5.20 Uhr schlafen gegangen. 

Erste Eindrücke

Um 6.30 Uhr wache ich von Geräuschen von draußen auf. Nach kurzem Orientieren stelle ich fest, dass auf dem Fußballplatz, gegenüber von meinem Zimmer gelegen, Kinder laut fröhlich Fußball spielen. Ich bemühe mich sehr wieder einzuschlafen, nachdem ich enttäuschend feststelle, dass ich ja noch gar nicht lange geschlafen habe. Um 10.20 Uhr klingelt dann mein Wecker und ich mache mich fertig um zum Shelter zu laufen. Nach einem 7 minütigen Gang mit sehr vielen neuen Eindrücken werden wir dann im Shelter Don Bosco von Fr. Rudolf und den neugierigen Blicken einiger Kinder begrüßt. Meinem Magengrummeln entsprechend habe ich mich dann sehr über das Frühstück bzw. Lunch gefreut. Es gab Nudeln mit einer mittelscharfen Tomaten-Gemüsesoße (die laut den Fathers gar nicht scharf ist) und Ricecake mit einer Art Dip. Danach wird uns von Fr. Lester erklärt wie der reguläre Tagesablauf im Shelter ist und zu meiner Freude, dass wir die erste Woche Eingewöhnung ganz entspannt angehen können. Anschließend geht es dann zurück zur Unterkunft auf unsere Zimmer, wo ich angefange mein Gepäck auszupacken und mein Zimmer schon ein bisschen einzurichten. Gegen 18 Uhr gehen wir dann zum Shelter zurück, wo sich jetzt viel mehr Kinder als am Vormittag versammelt haben, welche direkt auf uns zu kommen und einige Fragen stellen. Um 18.15 Uhr findet dann ein Assembly mit allen statt, bei dem gebetet wurde und Emmanuel und ich offiziell als Volunteers vorgestellt werden. Dabei bekommen wir nach Shelter Don Bosco Tradition weiße Hüte von zwei Kindern aufgesetzt, was alle sichtlich amüsiert. Die Jungs (es ist ein reines Jungen Projekt) führen uns dann anschließend inmitten auf irgendwelcher Nebenstraßen zum Fußballplatz beim Shrine, wo dann Fußball gespielt werden soll. Ich bemühe mich sehr mich nicht ganz so ungeschickt anzustellen, aber das ist gar nicht so leicht. Denn wenn man von allen Teammitgliedern „Didi shoot“ (Didi ist Hindi und heißt in etwa „große Schwester“ (das sagen die Kinder zu den Frauen, die etwas älter als sie sind) zuhören bekommt, aber auf Grundlage des Ersten Tages kaum Namen und die zugehörigen Jungs kennt, ist es schwer zu wissen wem man jetzt zupassen soll. Dazu kommt noch, dass ich nicht sehr begabt im Fußball Spielen bin und ich seit Jahren nicht mehr gegen einen Ball getreten habe. Ich bin also sichtlich verwirrt und etwas hilflos. Abgesehen von meinem kläglichen Spielversuch, genieße ich die 1 ½ Stunden auf dem Fußballplatz aber sehr aufgrund der tollen Atmosphäre. Auf diesem riesen Fußballplatz zu stehen während es schon dunkel wird, umgeben von großen Palmen und noch größeren Hochhäusern, wo nur die Flutlichter und Hochhäuser in der warmen, diesigen Abendluft Licht schenken, hat sich unglaublich angefühlt. Ich hoffe ich kann diese Atomsphäre mal in einem Foto festhalten um es euch hier zu zeigen.

Dieses Bild (23.09.2022) kommt bis jetzt am ehesten an die Atmosphäre vom ersten Tag heran.

Anschließend geht es wieder zurück in den Shelter, wo es dann Abendessen gibt, das nach so viel Bewegung auch nötig war. Wieder im Unterkunftsgebäude sitze ich nun geduscht und glücklich auf meinem Bett und verfasse diese Zeilen. Ich kann kaum glauben, dass ich in diesem Moment nicht einmal 24 Stunden hier bin und schon so viel erlebt und so viele Eindrücke gesammelt habe, die über diese Erzählungen hinaus gehen.

Ich würde an dieser Stelle noch gerne Anmerken, dass alles worüber ich berichte meine eigenen Erfahrungen sind in dem Kontext, dass ich als Freiwillige und zum ersten Mal in Mumbai bin. Diese Erzählungen sollten also nicht verallgemeinert werden und besonders nicht auf ganz Indien bezogen werden. Indien ist ein sehr diverses Land, was sich in Kultur, Religion, Geographie, Klima und vielem mehr äußert. Bitte dies beim lesen im Hinterkopf behalten!

Hier noch ein Foto vom Innenhof des Shelters.

Liebe Grüße und ute Nacht aus Mumbai 🙂