Hey ihr Lieben!!

So nachdem ich mich schon lange nicht mehr gemeldet habe, dachte ich mir es wird mal wieder Zeit bisschen was über die letzten zwei Monate zu schreiben.

Was mir in den vergangen Wochen besonders bewusst geworden ist: Feste, Feiertage und andere Events haben hier in Indien einen immens hohen Stellenwert. Und das ist etwas, was diese Kultur unglaublich fröhlich und auch irgendwie familiär macht finde ich. Hier ein paar Eindrücke der vergangenen Events und Feiertage:

— Mein Geburtstag:

In der zweiten Oktoberhälfte durfte ich einen ganz besonderen Tag mit den Menschen hier im Care Home verbringen – meinen 19. Geburtstag. Ich muss gestehen, vor diesem Tag hatte ich nicht nur Neugierde, was wohl alles passieren wird, sondern bei jedem Gedanken an meinen Geburtstag war ein kleiner Teil von mir immer etwas besorgt. Es war nämlich der erste, den ich nicht Zuhause mit meinen Liebsten verbrachte. Jeder, der mich kennt, weiß, dass meine Mitmenschen mir unglaublich wichtig sind und dass ich sie gerade an solchen Tagen unglaublich brauche. Letztendlich waren aber fast alle Sorgen überflüssig, denn der Ablauf dieses Tages und was alles passiert ist hat mich so ziemlich alles negative vergessen lassen:

In der Früh startete der Tag mit einer Geburtstagsmesse für mich. Die Salesianer haben ihre Morgenmesse quasi mir gewidmet und ich durfte zur Feier des Tages die Lesung lesen (die war zwar auf englisch aber halleluja es musste natürlich so eine sein, in der zig hebräische Namen und Orte vorkamen und die mir das lesen nicht grad leicht machten haha) Weil es ein Freitag war gings danach wie gewohnt weiter mit dem Frühstück für die Boys. Da hab ich dann ein Ständchen gesungen bekommen, zuerst ein englisches Happy Birthday-Lied und dann sogar noch eins auf Tamil!! Dazu haben sich alle Boys und auch die Fathers und Brothers in einer Schlange aufgestellt, um mir zu gratulieren. Es hat mich gleich wieder an unsere Ankunft erinnert, wo wir den Boys allen zum ersten Mal die Hand geschüttelt haben… Zum Frühstück gabs von mir schon ein kleines Geschenk in Form von Schokolade als Nervennahrung für die Schule (die Wochen zuvor hat man mich schon eingeweiht, dass es Tradition ist als Geburtstagskind die anderen zu beschenken). Nachdem wir die kleinen Boys mit dem Bus zur Schule begleitet haben, gabs für uns selber dann auch Frühstück. Von da an war es wieder ziemlich ruhig im Care Home, weil alle Boys in der Schule und die großen im College sind. Das hat mir aber gar nichts ausgemacht. So konnte ich in Ruhe auch nochmal das Moodboard betrachten, dass man extra für mich mit einem hammer schönen Happy Birthday Plakat geschmückt hat. Danach hab ich von Annalena eine Überraschung bekommen, die mich wirklich zum weinen gebracht hat. Grade in der ruhigen, stillen Zeit tagsüber waren meine Gedanken dann schon öfter bei meiner Familie und meinen Freunden, die ich so weit weg sind und ich schon doch vermisse. Umso mehr hat es mich berührt, als ich auf einmal in unser Zimmer kam und über meinem Bett eine Schnur gespannt war mit ganz vielen Fotos. Zum einen von allen unseren Mitvolos, die grad überall in der Welt verstreut sind und wie wir ihren Freiwilligendienst leisten, zum anderen von ehemaligen Volos, darunter auch von den zweien, die das letzte Jahr hier im Care Home verbracht haben. Aber auch von meiner Familie und meinen Freunden waren Bilder dabei und ich muss sagen diese Überraschung zählt für mich zu einen der Tageshighlights!! An dieser Stelle danke an dich Annalena dieses Geschenk bedeutet mir wirklich sehr viel <3 Nach einer kleinen Nachmittagspause sind dann auch schon die Boys wieder von der Schule gekommen und es stand Tea- und Gamestime auf dem Programm. Da haben es sich die Boys nicht nehmen lassen mir ein zweites, drittes, viertes, und manche sogar ein fünftes Mal zu gratulieren, was mich somit quasi durchgehend lächeln ließ hihi. Eigentlich hätte mir das schon gereicht an schönen Erlebnissen für den Tag, aber am Abend gings dann nochmal richtig rund. Es wurde für mich nämlich ein Geburtstagsprogramm zusammengestellt!! Als ich oben in den Eventsaal kam, war schon alles aufgestuhlt und die Bühne schön geschmückt. Und dann ging es auch schon los. Ich durfte mich zurücklehnen und ein hammer buntes, richtig vielseitig gestaltetes Programm genießen. Zuerst hat der Direktor des Care Homes eine kleine Rede gehalten, zuerst auf Tamil und dann nochmal auf Englisch für Annalena und mich. In verschiedenen Konstellationen traten danach die Boys auf die Bühne und zeigten Tänze, Gesangseinlagen auf Tamil und eine kleine Comedyshow. Ich hab zwar nicht alles verstanden, weil letzteres auch auf Tamil war, aber das hat dem ganzen gar nix abgetan. Mich hat es voll gefreut, dass sich jeder von ihnen mit seinem individuellen Talent daran beteiligt hat und für mich etwas einstudiert hat! Am Ende des Programms wurde ich auf die Bühne gebeten und durfte eine mega Geburtstagstorte anschneiden. Wie es in Indien Brauch ist, wird das Geburtstagskind nach dem Anschnitt dann gefüttert. Ja genau ich stand dann auf der Bühne und die kleinsten Boys haben mir dann etwas von der Torte in den Mund geschoben! Nach kurzer Überforderung musste ich einfach nur noch lachen haha (die bisher witzigste Tortenverkostung meines Lebens). Zum Abschluss durfte ich dann noch ein paar Worte sagen und weil man mir das genau 2 Minuten bevor das Programm losging gesagt hat, war meine Dankesrede etwas unkoordiniert und wirr hihi. Meine Gefühle und Emotionen in englisch auszudrücken war irgendwie echt nicht ganz so leicht, weil ich einfach nur geflasht und sprachlos war. Naja aber ich hab dann doch die ein oder anderen Worte aus meinem Hirn gekramt, die dann von einem Father nochmal auf Tamil übersetzt wurden, damit auch alle meine kleine Ansprache verstehen. Mit dem Dinner und anschließendem Abendgebet endete der Tag auch schon und ich kann sagen: Dieser Geburtstag wird mir für immer in Erinnerung bleiben!!

Was das Thema Geburtstag angeht wurde mir aber vor ein paar Tagen erzählt, dass es in Indien nicht gebräuchlich ist im Erwachsenen Alter Geburtstag zu feiern. Dafür ist der 1. Geburtstag eines Kindes umso wichtiger und auch die darauffolgenden werden gefeiert. Bis zum etwa 19./ 20. Lebensjahr wird also noch ausgiebig gefeiert und danach wird dieser Tag im Jahr gleich wie jeder andere angesehen ohne einmal eine kleine Aufmerksamkeit darauf zu legen. Dieser Fakt war mir ziemlich neu und ich weis noch nicht so ganz, was ich davon halten soll. Aber ja andere Kultur andere Sitten und Bräuche. Und wenn man ehrlich ist gibt es ja auch in Deutschland und wo anders Menschen, die ihren Geburtstag nicht feiern und diesen Tag als nichts besonderes abstempeln, aber das dies von einer ganzen Kultur gelebt wird ist dann doch nochmal anders.

Naja aber zurück zum eigentlichen Thema: bisherige Feste und Feiertage hier in Indien

— Diwali:

Dieser Feiertag am 31. Oktober jeden Jahres ist einer der wichtigsten der indischen Kultur – Diwali. Als bekanntes Lichterfest wird an diesem Tag der Sieg des Lichtes über die Dunkelheit gefeiert. Symbolisch steht dabei das Licht für das Gute und das Dunkle für das Böse. Außerdem ist Diwali auch bekannt als das Fest des Gebens und Schenkens. So kamen die Wochen zuvor auch schon ettliche Sponsoren und haben allerlei Geschenke für die Boys vorbeigebracht. Unter anderem ist neue Kleidung ganz typisch dür Diwali. Jeder der Boys wurde also im Vorhinein mit einem komplett neuen Outfit ausgestattet.

Der Feiertag begann im Care Home mit einer speziellen Zeremonie, bei der viele kleine Öllampen angezündet und alle Anwesenden des Care Homes gesegnet wurden. Neben dem Licht ist auch Öl ein wichtiges Symbol dieses Tages und nach dem Frühstück wurde es ziemlich glitschig. Alle Boys sowie die Fathers, Brothers und Stuffmembers unterzogen sich am Vormittag einem ausgiebigem Ölbad. Zwei Stunden lang haben sie sich am ganzen Körper mit Öl eingeschmiert und gegenseitig massiert. Diese Tradition haben Annalena und ich galant ausgelassen hihi (irgendwie war uns nicht so nach Ölbad) Währenddessen haben wir auch unsere neuen Outfits angezogen und sind auf diese Weise mal so richtig in die indische Kultur eingetaucht. Zu diesem wichtigen Anlass haben wir zusammen mit den Köchinnen des Care Homes (die mir persönlich schon sehr ans Herz gewachsen sind) unsere ersten Sari gekauft!! Und ja von diesen zwei Stunden haben wir auch wirklich jede Minute gebraucht. Da Annalena und ich keinen Plan hatten (und ehrlicher Weise immer noch nicht haben), wie man einen Sari richtig anzieht, haben sich unsere zwei Köchinnen uns angenommen. Im Endeffekt besteht der Sari aus Unterrock, einer Bluse und einem unendlich langen Tuch. Dieses wird auf eine mir unverständliche Art und Weise so gefaltet, dass man auf einmal komplett eingehüllt ist in buntem Stoff. Allein hätte ich das auf jeden Fall nicht hinbekommen und ich bin gespannt, ob ich die Falttechnik beim nächsten Mal raus hab haha. Um den indischen Look noch voll abzurunden, wurden wir noch mit traditionell indischen Schmuck ausgestattet, sowie dem traditionell indischen Punkt (auf tamil „Pottu“) zwischen den Augenbrauen. Und schon war die Verwandlung vollzogen!! Auf einmal waren Annalena und ich richtig waschechte Inderinnen geworden. Bis auf die Hautfarbe unterschied uns nicht mehr viel von den richtigen Einheimischen. Nachdem sich dann auch alle Boys herausgeputzt haben kam ein sehr witziger Teil des Tagesablaufs – ein großes Fotoshooting. Wie ich zu Beginn schon festgestellt habe, sind die Inder und ganz besonders unsere Boys im Care Home besessen davon Fotos zu machen. Also wurden die Handys gezückt und in allen möglichen Konstellationen an den unterschiedlichsten Orten Bilder gemacht. Der Umfang meiner Galerie hat sich an diesem Tag gefühlt verdoppelt aber es hat so Spaß gemacht mit den Boys um die Wette zu Posen. Darin sind die echt richtige Master!! Nachdem dann wirklich so jede Konstellation und jede Pose festgehalten wurde gings zum Lunch und danach hieß es dann schon wieder Dresschange. Am Nachmittag haben sich die Boys in Gruppen zusammengefunden und etwas fürs Abendprogramm einstudiert. Auch Annalena und ich haben uns ein Eckchen gesucht, um eine kleine Tanzperformance vorzubereiten. Joa und mit klein meine ich ein (wie es hier anscheinend üblich ist) 5 minütiger Tanz bestehend aus 3 verschiedenen Songs (normal sind es 5, für jede Minute einer)!! Den haben wir dann am Abend gezeigt und auch die Boys zeigten wieder was sie drauf haben, seien es hammer Tanzchoreos, witzige Comedy oder beeindruckender Gesang. Ich finds immer richtig schön die Boys auf der Bühne zu sehen. Klar dem einen gefällts da oben mehr dem anderen weniger, aber sobald die Performance dann losgeht ist jeder in seinem Element. Nach dem Programm startete für mich und auch für viele der Boys dann das Highlight des Tages. In der Einfahrt stand schon eine große Box mit großen und kleinen Feuerwerkskörpern, denn was wäre denn ein Lichterfest ohne Feuerwerk! Und wer braucht schon einen professionellen Pyrotechniker, wenn man die Böller auch einfach selber zünden kann haha. Die älteren Boys bekamen die großen Feuerwerkskörper zum zünden und wir durften mit den kleinen Boys verschiedenste Arten von Wunderkerzen, und kleinen Zündspiralen ausprobieren. Bis auf den abartigen Lärm (und der für eine Deutsche sehr mangelhaften Sicherheit haha) war es echt mega cool mitten im Getümmel zu sein und in den Himmel zu schauen, wo die großen Feuerwerkskörper eine wunderschöne Lichtershow lieferten! Ein Tag der meine Erinnerungen um ein großes schönes Stück reichen gemacht hat!!

— Childrensday:

Der 14. November wird hier in Indien allen Kindern gewidmet. Am Childrensday feiert und würdigt man die Kinder und Jugendlichen, weil es auch mal wichtig ist, die Kleinen wertzuschätzen! Da es kein gesetzlicher Feiertag ist, mussten unsere Boys trotzdem in die Schule oder ins College und der Tagesablauf war eig wie immer. Die Tage zuvor stand für Annalena und mich etwas Vorbereitung an, um den Tag zusammen mit den Fathers, Brothers und Angestellten doch noch etwas besonders zu machen. So haben wir mal zur Abwechslung ein Programm für unsere Boys zusammengestellt, was ja normal ihr Part wäre… Das bestand dieses Mal aus verschiedenen traditionellen Tänzen, sowie welche zum mitmachen und natürlich Gesangseinlagen. Annalena und ich haben unsere erste offizielle Gesangsperformance hingelegt!! Mit der Gitarre hab ich den Song „Why this kolaveridi“ begleitet und das Beste war der Songtext, der auf tanglisch (ein Mix aus tamil und englisch) war. Der Song war den Boys natürlich bekannt und wir haben fleißig Unterstützung aus den Publikumsreihen bekommen. Hat echt Spaß gemacht! Mein persönliches Highlight des Programs war ein Videoclip, den die Brothers zusammen mit den Fathers und Stuffmembers erstellt haben. Darin wurde jeder Boy mit einem Bild gezeigt und darunter ein Schlagwort zu seiner individuellen Persönlichkeit eingeblendet. Jeder einzelne wurde auf diese Weise einfach nochmal wertgeschätzt dafür, dass sie einfach so sind wie sie sind!! Als weitere Überraschung haben Annalena und ich uns noch was fürs Abendessen überlegt. Wir standen den ganzen Vormittag (ungelogen mehr als vier Stunden!!) in der Küche im Fathershaus und haben einen deutschen Tassenkuchen gebacken. Da es im Care Home keinen Ofen gibt musste die schon etwas ältere Mikrowelle herhalten und daher kam auch die Idee eines Tassenkuchens (ein Bananen-Schoko-Kuchen hihi). Mit vier Kaffeetassen und immer wieder frisch angerührtem Teig (weil wir keine große Schüssel hatten und deswegen den Teig immer portionsweise nachproduzieren mussten ahhh) haben wir sage und schreibe mehr als 60 kleine Kuchen gemacht!! (Das Care Home zählt mit den Boys und allen Salesianern und Angestellten über 55 Leute) Diese Arbeit hat sich aber sowas von gelohnt! Alle Boys haben sich richtig gefreut zum Nachtisch einen „deutschen“ Kuchen zu kosten und es hat jedem wirklich geschmeckt – und auch ich muss sagen, die sind uns wirklich gut gelungen hihi!

Indische Feiertage sind einfach nochmal ganz anders und mir macht es wirklich Spaß sie hier im Care Home mit den Boys und allen anderen zu feiern. So erfahre ich immer noch mehr von der indischen Kultur und kann bei ihrer bunten und eindrucksvollen Vielfalt oft nur stauenen!!

Eure Marlene!!