„Mein Name ist Edwige*. Ich komme ursprünglich aus Avranké*, einer Region in Togo. Mein Vater ist Bäcker. Meine Mama ist Verkäuferin. Als ich ungefähr 10 Jahre alt war schickte mich mein Vater von zuhause weg. Ich kam bei meiner Tante mütterlicherseits unter. Meine Tante verkaufte mich an eine nigerianische Frau (sogenannte Tutrice) als Haushaltshilfe. -Diese Art von Kinderhandel wird als Phänomen Vidomegons bezeichnet. Dazu bald mehr in einem Eintrag über die Baraque SOS- Drei Jahre arbeitete und lebte ich bei der Tutrice. Sie zahlte Geld an meine Tante. Meine Tutrice schlug mich regelmäßig. Unter dieser Gewalt litt ich stark. Eines Tages schickte mich die Tutrice auf den Markt der Stadt und ich verlief mich. Um mich herum sprachen alle Englisch, ich konnte mich nicht verständigen. Ich wurde von der Polizei aufgegriffen. Ich versuchte mich auf französisch aus zu drücken, deshalb brachten sie mich in die nächstliegende französischsprachige Auffang- und Schutzstation in Cotonou in Benin. Von dort kam ich ins Foyer Laura Vicuña. Dort fühlte ich mich sofort gut aufgehoben.“

So beschreibt die jugendliche Edwige ihre Geschichte mit ihren eigenen Worten.

Seit sie ins Foyer kam, sagen die Sozialarbeiter, war ab dem ersten Moment ihr Wille zur Rückkehr in die eigene Familie zu spüren. Sofort versuchten Psychologen, Sozialarbeiter… durch Radiosuchaufrufe und Fahrten an die Grenze Benin-Togo die Familie des Mädchens wieder zu finden. Edwige war noch zu jung als sie von zuhause wegkam. Einzig mit dem Wort „Fatondji“ konnte sie ihren Herkunftsort beschreiben. In Benin ist das ein Familienname, nachdem die Sozialarbeiter lange gesucht hatten. In Togo beschreibt „Fatondji“ eine Region. Nachdem diese Unklarheit geklärt war, wurden die Radiosuchaufrufe auch in Togo geschalten. So wurden endlich die Eltern von Edwige erreicht. 8 Jahre hatten die Eltern nichts mehr von ihrer Tochter gehört. Sie hatten geglaubt sie sei tot. Nach vielen Treffen zwischen Edwige, Psychologen und Sozialarbeitern der Schwestern war sich das Team sicher, dass das Mädchen zurück in seine Familie möchte.

Daraufhin hat sich das Team der Don Bosco Schwestern mit dem Sozialzentrum in Avranké (Herkunftsort des Mädchens) und mit den Eltern von Edwige in Verbindung gesetzt. Durch die häufigen Treffen stellte sich heraus, dass der Vater zu dieser Zeit sehr überfordert war. So entschied man sich das Sorgerecht an die Mutter zu geben mit der Auflage von regelmäßigen Besuchen des Sozialzentrums Avranké. In Zusammenarbeit mit der Polizeistation in Avranké konnte Edwiges Tante verhaftet werden.

Edwige war für 6 Jahre im Foyer bevor sie in ihre Familie reintegriert wurde. In dieser Zeit absolvierte sie die „École alternative Saint Joseph“ (eine Einrichtung der Don Bosco Schwestern, in der Kinder im Alter von 10-17 Jahren eine verkürzte Version der Grundschule absolvieren können). Im Anschluss daran machte sie eine Ausbildung zur Bäckerin im Maison de l‘Espérance (das Ausbildungszentrum der Don Bosco Schwestern). Nun arbeitet Edwige in einer Bäckerei und hat gute Zukunftsaussichten. Dank der Arbeit des zuständigen Teams der Don Bosco Schwestern konnte das Mädchen zurück zu seiner Familie, in seine Heimat und zu seinen Wurzeln finden.

„Ich bin sehr glücklich meine Familie wieder gefunden zu haben. Ich bedanke mich bei den Don Bosco Schwestern und allen, die mir geholfen haben!“

Das ist wahre Lebensgeschichte von Edwige. Ein togolesisches Mädchen mit einer ähnlichen Vergangenheit wie viele westafrikanische Mädchen. Ein Auffangzentrum für beninische Mädchen mit einer ähnlichen Geschichte wie Edwige ist das Foyer Laura Vicuña.

 

Das Foyer Laura Vicuña

Das Mädchenheim besteht seit 2001 und ist ausgerichtet auf Opfer wirtschaftlicher Ausbeutung, Missbrauchsopfer (z.B. Opfer von Zwangsheirat) und Opfer von Gewallt aller Art.

Das Heim ist unterteilt in zwei Typen:

  • Das „Petit Foyer“: Es ist gedacht für einen Kurzaufenthalt von ca. drei Monaten. Es wird nach der Herkunft der Mädchen gesucht und wenn möglich die Reintegration in die Familie versucht. In dieser Zeit nehmen die Mädchen am Alphabetisierungsunterricht teil.
  • Das „Grand Foyer“: Ist eine Reintegration nach den drei Monaten im Petit Foyer nicht möglich bekommen die Mädchen die Möglichkeit auf einen Aufenthalt im Foyer bis zu einem Bildungsabschluss. Den Mädchen wird der Schulzugang und/oder eine Ausbildung (Friseurin, Schneiderin, Konditorin und Köchin) ermöglicht. Nach Erreichen der Volljährigkeit und/oder eines Bildungsabschlusses wird den Mädchen geholfen Zukunftsperspektiven zu finden.

Aktuelle Zahlen und Fakten aus dem Jahr 2017

  • Über das Jahr hinweg sind 196 Mädchen in das Petit Foyer gekommen für einen Kurzaufenthalt. Durch die Arbeit der Sozialarbeiter konnten 185 Mädchen in ihre Familien zurückintegriert werden. Durch finanzielle Unterstützung konnte 115 Mädchen davon ermöglicht werden von zuhause aus eine Schule zu besuchen oder eine Ausbildung zu machen.
  • Die Anzahl der Mädchen im Grand Foyer liegt bei 54 Mädchen. Ihnen wird im Foyer ein Zuhause geboten. Alle Mädchen gehen zur Schule oder machen eine Ausbildung.
  • Über das Jahr hinweg fanden fünf Sensibilisierungen zu verschiedenen Themen z.B. über gesunde Ernährung oder über die Kinderrecht für die Mädchen statt.

 

 

Ich arbeite einen Nachmittag im Foyer. Zuständig bin ich für die Nachmittagsaktivität der Mädchen im Petit Foyer. Wir basteln, spielen oder machen Sport zusammen. Die Herausforderung liegt darin, dass jede Woche neue Mädchen ins Petit Foyer kommen. Man kann das Arbeitsniveau nie wirklich einschätzen, so muss für alle Arbeitsschritte ausreichend Zeit eingeplant werden. Die Spiel- oder Arbeitsanweisung gebe ich für alle erst einmal auf Französisch. Von den Mädchen wird es dann noch in mindestens eine Stammessprache übersetzt. Häufig ist ein nigerianisches Mädchen in der Gruppe. Das heißt ich übersetzte die Anleitung noch einmal auf Englisch. Hat es dann jeder verstanden kann das Programm richtig losgehen.

Das Mädchenheim ist auf dem Gelände der Don Bosco Schwestern und somit auf dem Gelände auf dem ich auch wohne. So sehe ich die Mädchen fast täglich.

Am Samstag essen meine Mitvolontärinnen und ich gemeinsam mit den Mädels. Jede Woche gibt es Atassi. Ein Gericht aus Reis mit roten Bohnen und einer sehr öligen Tomatensoße dazu. Vielleicht nicht ganz so geschickt wie die Mädels, aber auch ich esse dabei mit der Hand. Gerne teilen sie das Essen mit uns.

An den Sonntagvormittagen gehe ich mit den Mädchen in die Messe. Die Mädels setzen sich in ihren schicken Sonntagskleidern gerne neben mich, lehnen ihren Kopf an meine Schulter, wenn die Predigt zu lange dauert und geben mir auch aus zwei Reihen Entfernung gerne den Friedensgruß.

 

Ich merke wie die Mädchen meine Persönlichkeit und meine Präsenz schätzen. Für ein Jahr darf ich ihre große Schwester sein. Ich genieße diese Rolle. Genauso sind sie für mich meine kleinen Schwestern. Mit einem Strahlen oder einer festen Umarmung geben auch sie mir ganz viel. Ich schätzen jede von ihnen. In ihrem jungen Leben haben sie schon viel erlebt und können lange ganz persönliche Lebensgeschichten erzählen, solche Geschichten wie Edwige von Vertrauensbrüchen, Gewalterfahrungen, Zwangsheirat, Missbrauch, Vernachlässigung. Eines vereint sie alle: ein Aufenthalt im Foyer Laura Vicuña, wenn auch nur für einige Wochen.

In dieser Zeit haben die Mädchen ein vernünftiges Dach über dem Kopf, Zugang zu Sanitäranlagen, einen geregelten Tagesablauf, sportliche und kreative Aktivitäten, Zugang zu Bildung durch Alphabetisierungskurse, Schule oder Ausbildung.

 

Und genau an diesem Punkt darf ich das Foyer mit meinen Spenden unterstützen. Meine tolle Summe an Spenden wird in die Schul- und Ausbildungskosten der Mädchen aus dem Grand Foyer eingesetzt.

Um eine ausreichende Schulbildung in Benin zu erhalten müssen die Kinder auf kostenpflichtige Privatschulen geschickt werden. Privatschulen sind dafür wirklich sinnvoll. In den öffentlichen Schulen werden andere Lernmethoden angewendet und mit dem Abschluss an einer privaten Schule ist die spätere Suche nach einem Arbeitsplatz aussichtsreicher. Dieses Schuljahr z.B. haben die Lehrer an den öffentlichen Schulen für drei Monate gestreikt.

 

Neben dem eigentlichen Schulgeld müssen auch der Transport, Schuluniformen und Schulmaterialien für die Schülerinnen bezahlt werden. Diese Kosten für die Mädchen, die fest im Heim sind, kommen jährlich auf die Don Bosco Schwestern zu. Dabei sind sie auf Spenden angewiesen um den Kindern eine gute Schulbildung zu ermöglichen. Die Kosten sind von der Ausbildungsform und Schule abhängig.

Die 18-jährige Edith* steckt gerade mitten im Lernen für ihren Mittlere Reife Abschluss. Sie hat noch 3 Jahre bis zum Abitur. Für ihr kommendes Schuljahr ist ein Budget von 550 Euro eingeplant. Die 14- jährige Ariane war als sie in das Foyer kam für eine normale Grundschule zu alt, deshalb besucht sie die „Ecole alternative“. Das ist eine Grundschule der Don Bosco Schwestern, die zu alten Jugendlichen die Grundschulbildung vermittelt. Das nächste Schuljahr sind für Ariane Kosten von 250 Euro kalkuliert. Der 19-jährigen Victoria* kann mit den Spenden eine Ausbildung im Ausbildungszentrum der Schwestern als Konditorin ermöglicht werden.

Die Spenden werden sinnvoll eingesetzt und können gebraucht werden. Durch eine gute Bildung für die Mädchen können ihnen gute Zukunftsaussichten ermöglicht werden. Ariane beispielsweise möchte später eine Ausbildung zur Köchin machen, dafür ist der Besuch der Schule grundlegend um Rezepte lesen und Mengenangaben lesen zu können.

 

Liebe Spender,

all diese Mädchen mit den Geschichten, die ihr Leben schreibt, sind Euch genauso wie ich sehr dankbar. Gemeinsam schicken wir euch ein herzliches „ENA CHE NUWE“(DANKE!) für jede einzelne Spende aus Cotonou. Ihr seht was ihr mit euren Spenden bewirkt. Ich freue mich meine kleinen Schwestern dank Eurer Hilfe den Besuch einer Schule oder eine Ausbildung zu ermöglichen.

 

Mein Spendenkonto ist noch bis zum Ende meines Freiwilligendienstes offen. Ihr seid gerne dazu eingeladen die Schulgelder der Foyermädchen weiter zu unterstützen

 

Herzliche Grüße

Marie-Luise

 

*= wurde aus Datenschutzgründen geändert