Mein letzter Artikel endete damit, dass die Pilgerreise nach Cotoca, einem Marienwallfahrtsort, wegen des schlechten Wetters leider ausfiel. Heute kann ich berichten, dass sie nachgeholt wurde. Vor etwa drei Wochen machten wir uns morgens um halb 4 auf den Weg und kamen gegen acht Uhr in Cotoca an. Es war sehr interessant und auch lustig, mit den Kindern nachts 28 Kilometern zu laufen, sich Geschichten zu erzählen, rumzualbern, oder gegen Ende einfach nur vollkommen erschöpft und schweigend nebeneinander herzulaufen – bis wir dann vollkommen ausgepowert ankamen und frühstücken konnten, bevor wir die Messe feierten.
Da jedoch der Spaß an dem Tag auch nicht zu kurz kommen durfte, ging es danach in einen Freizeitpark mit Trampolinen, Schaukeln und Schwimmbädern. Jeder kramte noch seine letzten Energievorräte heraus und es wurde noch einmal ordentlich gespielt.
Um vier Uhr nachmittags ging es dann, zum Glück im Bus, nach Hause und es dauerte keine fünf Minuten, bis der ganze Bus voll mit Kindern eingeschlafen war!
Im Hogar angekommen, schafften es die meistens gerade noch so in die Dusche und zum Abendessen. Um acht Uhr abends war dann aber Schicht im Schacht und – egal ob fünf oder sechzehn Jahre alt – alle schliefen friedlich ein!
In dieser Woche begann auch ein großes Projekt für mich und meine Gruppe. Wir fingen an, unseren Gruppenraum zu streichen. Jedoch bedeutete das viel Vorbereitung! Nachdem alles von den Wänden abgehängt war, bekam jedes Kind einen Spachtel in die Hand gedrückt, denn erst einmal musste die alte Farbe runter. Das war schwerer als gedacht und somit verbrachten wir fast anderthalb Wochen damit, den Gruppenraum abzuspachteln. Als dann schließlich alle Wände geschliffen und alle Löcher gestopft waren und sich eine glatte Oberfläche zeigte, konnte es ans Streichen gehen.
Im Hogar ist es üblich, immer zwei Farben zu verwenden, eine für die obere Hälfte der Wand und eine andere Farbe unten. Wir entschieden uns für blau – hellblau oben und dunkelblau unten. Hinzu kam noch ein Spruch über die Tafel: „La Amistad duplica nuestras alegrias“ – „Die Freundschaft dupliziert unsere Fröhlichkeiten“. Als í-Tüpfelchen wurden auch noch Schränke, Fenster und die Tür neu lackiert und jetzt erstrahlt der Raum in ganz neuem Glanz und schafft hoffentlich eine bessere Lernatmosphäre!
Zur Einweihung des neuen Ambientes habe ich mit meiner Gruppe an einem Sonntagnachmittag Pizza gebacken und anschließend aßen wir gemeinsam zu Abend. Die Kinder hatten viel Spaß und allen hat es sehr gut geschmeckt.
Und dann standen auf einmal auch schon die Ferien vor der Tür. Wie im Dezember packte jedes Kind seine Plastiktüte mit dem Nötigsten zum Anziehen und dann ging es wieder ans warten. Die Kinder, die abgeholt wurden, verabschiedete ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Denn auf der einen Seite freute ich mich für sie, dass sie nach Hause kommen, auf der anderen Seite wusste ich natürlich, dass ich sie in den zwei Wochen Ferien sehr vermissen werde, vor allem, da danach für mich leider nur noch sieben Wochen in Santa Cruz bleiben.
Aus meiner Gruppe sind zehn Kinder im Hogar geblieben. Sue mussten in den zwei Wochen Ferien arbeiten, denn der Garten muss zum Beispiel auf Vordermann gebracht werden und viele andere Kleinigkeiten fallen an.
Die Kleineren Jungen fuhren wieder in eine Art Feriencamp in San Carlos. Ich begleitete sie in der ersten Woche. Und musste ich im Dezember berichten, dass oft die Motivation für Spiele fehlte, war es diesmal das komplette Gegenteil. Auch nur der kleinste Programmpunkt wurde mit viel Enthusiasmus mitgemacht. So spielen wir viele Spiele draußen, bastelten Schlüsselanhänger oder Styroporboote, spielten Gesellschaftsspiele oder erkundeten die Umgebung. Der Höhepunkt der ersten Woche war die Disco am Samstagabend. Wir Volontäre bereiteten kleine Cocktails vor – Saft in Bechern mit Zuckerrändern. Dazu gab es die Plätzchen, die zuvor am Nachmittag gebacken wurden. Mit lauter Musik und Taschenlampen, die als Lichteffekte benutzt wurden, war das Ambiente perfekte. Und alle tanzten ordentlich mit, ganz egal ob erste oder fünfte Klasse, alle waren voll dabei. Und am Ende wurden sogar Tränen vergossen, da man einfach noch weiter tanzen wollte und beim besten Willen nicht ins Bett 😉
Am Sonntag reisten Jacintha und ich dann ab und tauschten mit den zwei anderen deutschen Freiwilligen die Rolle, die momentan die zweite Woche gestalten.
In dieser Woche habe ich frei, jedoch bin ich doch fast die ganze Zeit im Hogar, da wie gesagt, die Kinder aus meiner Gruppe dort geblieben sind, um zu arbeiten.
Nebenbei bereite ich gerade Rucksäcke mit einer Schul-Grundausstattung für jedes Kinder meiner Gruppe vor. In den Rucksack gehört ein kleines Federmäppchen mit Kugelschreiber, Bleistift, Buntstiften, Radiergummi, Anspitzer und einer kleinen Schwere. In der Hoffnung, dass die Kinder es nicht ganz so schnell verlieren, wenn die Stifte markiert sind, bin ich gerade dabei, jeden einzelnen Stift mit Namen zu versehen.
An dieser Stelle auch noch einmal vielen Dank für alle Spender, denn ohne diese hätte ich dieses Projekt und auch das Streichen meines Gruppenraumes nicht verwirklichen können.
Eine Geschichte, die mich noch sehr berührt hat in den letzten Wochen, hat mit einem Kind zu tun, das bis vor etwa einem Monat immer sehr distanziert zu mir war. Jedoch fiel es vor ein paar Wochen vom Baum und brach sich das Bein. Der Junge musste sogar einige Tage im Krankenhaus und zurück im Hogar im Bett bleiben. Somit besuchte ich ihn oft, auch an meinem freien Tag und wir verbrachten viel Zeit zusammen. Als dann wieder eine Kältewelle in Santa Cruz einbrach, fing sein Fuß an zu schmerzen. Nach kurzem Überlegen mit dem zuständigen Koordinator beschlossen wir, der Junge muss nochmal ins Krankenhaus!
Dazu kam jedoch das Problem, dass meine Nachmittagserzieherin die Gruppe gewechselt hat und ich einen Monat alleine war mit den Kindern. An diesem besagten Nachmittag war gerade der neue Erzieher angekommen und hatte seinen ersten Arbeitstag. Jedoch kannte er den Jungen noch nicht und auch der Koordinator hatte keine Zeit, also fuhr ich mit ihm alleine ins bolivianische Kinderkrankenhaus. Man merkte dem Kind die Angst an, wieder da bleiben zu müssen. Dazu kam, dass wir circa eine Stunde auf den Arzt warten mussten, der nur Bereitschaftsdienst hatte und erst extra ins Krankenhaus kommen musste. Während wir also da saßen und auf den Arzt warteten, fing der Junge auf einmal an zu erzählen, wie seine Mutter starb, dass er dann bei seiner Oma wohnte, dort aber viel arbeiten musste und schließlich in verschiedene Heime kam, bis er im Hogar Don Bosco landete. Ich war sehr überrascht, dass er mir dies alles anvertraute, da er sonst nie über persönliche Dinge mit mir geredet hatte. Das Gespräch wurde dann etwas Unsanft durch die Ankunft des Arztes unterbrochen, jedoch änderte sich seit diesem Tag meine Beziehung zu dem Jungen vollkommen. Er ist unheimlich anhänglich und gesprächig geworden und gerade jetzt in den Ferien verbringen wir viel Zeit miteinander.
Inzwischen ist der Gips auch wieder ab und der Fuß scheint gut geheilt.
Bis zu nächsten Mal
Katharina
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