Es ist der 12. Februar, Karneval, 7 Uhr morgens, es regnet in Strömen und es ist kalt. Vier Freiwillige haben nur einen Tag bolivianischen Karneval miterleben dürfen, stehen um diese Zeit mit Rucksäcken bepackt vor ihrem Haus und versuchen verzweifelt, ein Taxi zu finden, das sie zum Flughafen bringt.
Ja, eine von diesen Freiwilligen bin ich. Es soll zum Zwischenseminar der Don Bosco Salesianer nach Buenos Aires gehen: Mit viel Vorfreude, pinkfarbenen Haaren, die wir dank der feierfreudigen Bolivianer haben, die jeden überall mit Farbe bespritzen, aber auch mit ein bisschen Wehmut, da wir den Höhepunkt des Karnevals nicht mit den Kindern verbringen können, fahren wir schließlich los.
In Buenos Aires angekommen, bleiben uns zwei Tage, um die Stadt zu erkunden und auch ein bisschen shoppen zu gehen. Dann beginnt das Zwischenseminar und wir haben die Chance, mit anderen Freiwilligen über Erfahrungen und Zukunftspläne zu reden. Mit neuen Ideen und einem wieder vollen Motivationstank kehren wir nach einer Woche zurück nach Santa Cruz.
 
Ich freute mich unheimlich, die Kinder wiederzusehen, hatte aber gleichzeitig auch ein bisschen Angst vor ihrem Verhalten. Ich fragte mich, ob sie sich überhaupt freuen würden, dass ich wieder da bin. Jedoch verflog diese Angst, als mir, kaum durch die Tür, das erste Kind freudestrahlend in den Arm flog. Nach und nach kamen alle an und begrüßten mich. Ich freute mich unheimlich, wieder „zu Hause“ zu sein.
 
Somit begann der Alltag wieder: Hausaufgaben, kreativ Einheiten, kleine und größere Streitereien über das Duschen, darüber, am Tisch sitzen zu bleiben und nicht vier Stunden am Stück Krach zu machen. All das ist manchmal extrem anstrengend. Jedoch überwiegen die positiven Momente:
 
Momentan lieben es meine Jungen zu singen. Es ist schön mit anzusehen, wenn sie sich zusammensetzen und die von mir mitgebrachten Texte schmettern. Und die Kinder, die zu mir kommen und mich in den Arm nehmen oder mit glücklichem Gesicht anstrahlen, können auch den Tag verschönern.
 
Momentan habe ich mir zum Ziel gesetzt, dass sich alle die Zähne putzen, was vorher schwer zu kontrollieren war. Somit habe ich angefangen, jedem Kind ein cara fecliz (einen Smiley) zu geben. Diesen können sie dann auf eine Tafel im Schlafraum kleben. Ist die Liste am Ende voll, soll es eine kleine Überraschung geben. Somit stieg die Motivation schon an und es putzen sich jeden Abend alle die Zähne.
 
Besonders erfreut hat mich in den letzten Wochen, dass ich mit dem Jungen, mit dem ich am meisten Probleme hatte, Frieden geschlossen habe. Ich traf ihn alleine an und schaffte es zum ersten Mal, mit ihm zu reden, ohne dass er sofort die Flucht ergriff. Wir trafen die Vereinbarung, noch einmal ganz von vorne anzufangen. Seitdem läuft es besser als je zuvor.
 
Noch habe ich ein bisschen Sorge, wie lange das anhalten wird, aber ich merke, wie auch er sich sehr bemüht, dass es nicht wieder zur Eskalation kommt. Das zauberte auch mir ein cara feliz und damit verabschiede ich mich aus Bolivien!

Auf bald!

Katharina