Hanna in Bolivien

Ein Jahr dort, wo der Mond auf dem Kopf steht

Ich bring dann mal Licht ins Dunkel

Es ist doch ziemlich verrückt, wie schnell man von Grund auf neue Umgebungen und Umstände als alltäglich akzeptiert und anfängt mitzuleben ohne noch groß zu hinterfragen wo man sich gerade befindet und was eigentlich um einen herum so passiert. Mittlerweile bin ich drei Monate lang in Bolivien und es fühlt sich so an, als wäre bereits mindestens ein Dreifaches an Zeit vergangen. Die Stunden fliegen vorbei, obwohl fast jeder Tag so vollgestopft ist mit Eindrücken und Momenten, die hängen bleiben, dass es einem doch so vorkommt, als würde man hier nach weit mehr als 24 Stunden das Kalenderblatt wechseln. Klingt ziemlich widersprüchlich, fühlt sich aber genauso an!

Die Grippe, die mich jetzt eine Woche in unserer Volunteers-WG festgehalten hat, hat auch eine gute Seite: Ich komme endlich mal dazu, euch mit meinem zweiten Blogeintrag an meiner Anfangsphase teilhaben zu lassen!

Es ist schwer in Worte zu fassen, wie ich hier lebe, weil es wirklich anders ist

Beginnend bei der Dusche, die mithilfe von direkt über dem Duschkopf verlaufenden Stromkabeln ihr Wasser erhitzt, gefolgt von den Vögeln, Schmetterlingen, Geckos und Mangobäumen, dem Verkehrssystem (das überhaupt keinem ersichtlichen System folgt, außer demjenigen, dass man hupt, bevor man an einer Kreuzung nicht bremsen wird) und dann sind da auch noch Klima, Menschen, Traditionen und nicht zu vergessen die Tatsache, dass man hier Spanisch spricht.

..um einige wenige Punkte zu nennen. 😉

Ein paar wissenswerte Details

Nachdem wir eine Woche voll herzlichem Kennenlernen, allerlei Organisatorischem und Pädagogik-Vorträgen hinter uns gebracht hatten, wurden uns endlich unsere Arbeitsplätze und Zeiten mitgeteilt. Am nächsten Morgen klingelte der Wecker um 6:15 Uhr.

Insgesamt gibt es 6 verschiedene Don-Bosco-Häuser in Santa Cruz. In 4 von ihnen sind wir Volontäre gerade vertreten. Unsere Gruppe hat sich nämlich direkt am Tag unserer Ankunft bereits um 2 Holländerinnen erweitert und seit einigen Wochen leben wir zu 8. (inklusive Hausbesitzer, den man quasi nie zu Gesicht bekommt) in unserem kleinen, hoch-ummauerten Eigenheim, das theoretisch Betten für rund 30 Personen bereithält. Das letzte Mitglied, ein weiterer Junge aus Deutschland, wurde uns angekündigt, als er bereits in seinem Flugzeug saß. Ziemlich spontan für deutsche, völlig normal für bolivianische Verhältnisse.

Zusammen mit Rebekka (meiner deutschen Mitvoluntärin und Zimmergenossin) und zwei der Jungs arbeite ich im Hogar Don Bosco. Das Haus bietet ausschließlich männlichen Kindern und Jugendlichen im Alter von 6-17 Jahren ein neues Zuhause, wenn es ihnen aus den verschiedensten Gründen nicht möglich ist bei ihren Eltern zu leben. Dabei sind die Jungs in 2 große Gruppen aufgeteilt:

Die Infantil (bis ca 13 Jahre) und die Juvenil (ab 13). Im Moment umfasst die Gruppe der Kleinen 52 Kinder. Die Großen zählen rund 80. Mit also insgesamt circa 130 Bewohnern ist dieses Projekt mit Abstand das größte Don Bosco Haus in Santa Cruz. Wir beiden Voluntärinnen sind seit Anfang September in der Morgenschicht mit der „Infantil“ beschäftigt, während die beiden Männer nachmittags und den Älteren zugeteilt sind.

Tag für Tag

Montag – Donnerstag:

  • 6:15 Uhr – der Wecker
  • 6:30 Uhr – Kaffee und Banane
  • 6:59 Uhr – aus dem Haus rennen
  • 7:00 Uhr – 2. Frühstück im Hogar
  • 7:30 Uhr – Oficios (kleine Putzaufgabe für jedes Kind)
  • 8:00 Uhr – Sala Zeit (Die Jungs erledigen, sortiert nach Klassenstufen, in 5 verschiedenen Räumen ihre Hausaufgaben. Wir helfen.)
  • 10:00 Uhr – Merienda (kleiner Snack und Pause zum Austoben)
  • 11:00 Uhr – Beenden der Hausaufgaben
  • 12:30 Uhr – Mittagessen
  • 13:00 Uhr – Duschen
  • 14:00 Uhr – unser Arbeitstag endet damit, die Jungs in die Schule und möglichst viele in ihre Klassenräume zu scheuchen (Erfolgsquote: 95%)

Freitag:

frei

Samstag:

Samstags arbeiten wir die Spätschicht von 14-21 Uhr und tragen außerdem mit einigen älteren ausgewählten Hogarjungs (zwischen 14 und 17 Jahren) alleine die Verantwortung für unsere Gruppe.

  • ca 14:00 Uhr : Duschen und in Badehosen schlüpfen
  • ca 15:00 Uhr: ab ins Schwimmbad des Don Bosco Projekts (1 Min Fußweg)

  • ca 16:00 Uhr : Merienda und freie Gestaltung des Nachmittags
  • ca 18:00 Uhr : Duschen
  • ca 19:00 Uhr : Abendessen
  • ca 19:30 Uhr : Filmeabend
  • ca 21:00 Uhr : Umziehen, Zähneputzen und ab ins Bett

Der freiere Ablauf, das Schwimmen und das ins Bett bringen machen den Samstag zu meinem Lieblingsarbeitstag. Mittlerweile haben sich individuelle Rituale zum Gute Nacht – Sagen entwickelt, die einen an die Betten der Kinder fesseln und uns meistens nicht vor 22 Uhr nach Hause kommen lassen. Außerdem zeigen müde Kinder oft so schöne, neue Eigenschaften, die man dann tagsüber wieder schmerzlich vermissen kann. 😉

Sonntag:

  • 7:00 Uhr : Kinder aus dem Bett schmeißen
  • 7:30 Uhr : alle zusammen versammeln sich in einer Aula zum Fernschauen mit anschließender Morgenandacht
  • 8:00 Uhr : Frühstück
  • 9:00 Uhr : Messe
  • 10:00 Uhr: Merienda und freie Gestaltung des Morgens, die nur noch durch das Mittagessen um
  • 12:30 Uhr unterbrochen wird.
  • 14:00 Uhr Schichtwechsel und damit Ende des Arbeitstags und einer langen Woche

Damit wäre nun endlich geklärt, wie meine Woche normalerweise so aussieht, wenn nicht gerade ein 21 Tage langer Generalstreik die Struktur eines ganzen Landes auf den Kopf stellt… Aber das ist eine andere Geschichte!

Jetzt sind erstmal Ferien und wir fahren ab morgen 12 Tage lang in ein Sommercamp. Stattfinden wird es in der „Granja Moglia“, einem Haus des Projektes, das letztes Jahr schließen musste, da es finanziell leider nicht mehr tragbar war.

Tagesausflug zur Granja Moglia

Vielen Dank fürs Mitverfolgen meines Aufenthalts und das geduldige Warten auf meinen ersten wirklichen Blogbeitrag!

Eure Hanna

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  1. Hanz

    wurde aber auch Zeit !

  2. S.w

    Super Sache !

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