Irgendwann passiert´s

Es war der 26. September, ein Montag. Die Temperatur am Morgen war angenehm kühl (20° C). Um 6.00 h klingelte mein Wecker und dies heißt für mich und Jonathan, täglich: Morgensport.

Müde trotteten wir in unseren improvisierten Gymnastikraum, in dem wir unsere Fitnessübungen durchführten.

Nachdem ich diese abgeschlossen hatte, wollte ich noch ein paar Sprints im Innenhof laufen. Alles passte perfekt. Doch dann geschah es. Plötzlich verlor ich den Boden unter meinen Füßen, stolperte, schlitterte über den Boden und bremste mit meinem linken Knie. Ich fiel auf den rotfarbenen, staubigen Boden. Zwei Jung´s sahen mein Debakel und kamen mir zu Hilfe. „It´s OK“ sagte ich. Als ich jedoch mein aufgeschürftes Knie genauer betrachtete stellte ich fest, dass die Wunde relativ tief war und mir das Blut über mein Schienbein lief. Ich humpelte ins Zimmer, wusch meine Wunde mit kaltem Wasser aus (war wohl nicht die beste Idee!) und trug Jodsalbe auf.

Dann war wieder „alles in Butter“ – so dachte ich – bis der Freitag nahte.

 

Heiß und kalt.

Der Freitag begann chillig. Ich saß in meinem Stuhl und las ein Buch. Als ich aufstehen wollte spürte ich einen stechenden Schmerz in meinem linken Knie. Ich versuchte ihn bis zum Abendessen zu ignorieren. Zum Abend hin fühlte ich mich sehr unwohl. Ich verzichtete auf mein Essen, ging ins Zimmer und legte mich ins Bett. Mir war übel. Hitze- und Kälteausbrüche wechselten sich ab. Ich bekam Schüttelfrost.

Ein Arzt, der zufällig im Hause zu Besuch war, sah sich meine Wunde an, verschrieb eine Medizin und sagte zu Father Gabriel: „Tomorrow morning he has to go to the hospital“.

In dieser Nacht schlief ich schlecht, da ich starke Schmerzen hatte.

 

Ab ins Krankenhaus

Als ich am nächsten Morgen erwachte, war mir eiskalt und ich konnte nichts frühstücken. Mir tat so ziemlich alles weh, was einem wehtun kann. Bekleidet mit T-Shirt und dickem Pulli brachte mich der Fahrer mit der Rikscha ins Krankenhaus. Auf dem Weg dorthin wurde ich von vielen verständnislos angesehen, betrug doch die Außentemperatur 30 ° C. Jeder musste denken, – was für ein Spinner.

Wie in jedem Krankenhaus mussten wir erst einmal warten. Unsere Jungs sind hier bekannt und werden, wenn medizinische Hilfe von Nöten ist, kostenlos versorgt. Eine Krankenschwester befragte mich und gab mir ein Quecksilberthermometer zum Fiebermessen. Was die Ärztin alles zu mir sagte habe ich nur teilweise verstanden, da ich müde und schlapp war. Fakt: Ich hatte 40 ° C Fieber und eine fetzige Infektion im Knie. Mir wurden zwei Spritzen verabreicht. Eine, um das Fieber zu senken und die andere gegen die Infektion.

 

Zwei Spritzen und eine kleine Anekdote

Ich wurde in ein Behandlungszimmer gebracht, in dem eine Krankenschwester mit der Spritze auf mich wartete. „Pants off!“ meinte diese. Dann deutete sie auf meine Unterhose. Ich zog meine Unterhose aus. Daraufhin schaute mich die junge Krankenschwester schockiert an und sagte: No, no, no, pants on!“ Ich zog die Unterhose schnell wieder über mein Gesäß. Erneut sagte sie: „Pants off!“ und deutete diesmal auf die Rückseite meiner Unterhose. Ich zog die Unterhose langsam über meine Pobacke. An ihrem Lächeln und Kopfwackeln konnte ich erkennen, dass ich es diesmal richtig machte. Sie spritze mir die Medizin in beide Gesäßhälften.

Mein Rat an alle, die in Indien eine Spritze bekommen sollten: Behaltet die Unterhose an. Sprachbarrieren führen oft zu Missgeschicken, also hilft improvisieren mit Zeichensprache. Falls doch was schief geht, nehmt es mit Humor. Der springt dann auch schnell auf die anderen über. Auch wenn´s im ersten Moment etwas peinlich ist, so ist es im zweiten doch für alle lustig.

Meine Blutwerte waren in Ordnung. Die Wunde wurde medizinisch versorgt. Ich bekam Medikamente mit, die ich in den nächsten Tagen einnehmen musste. In drei Tagen wurde der Kontrolltermin angesetzt.

 

Anschnallen? Oder lieber doch, nicht????

Der Kontrolltermin war da. Der Driver und ein Brother, der zum Übersetzen mitfuhr, warteten bereits im Auto. Ich brauchte etwas länger, um einzusteigen, da ich stark humpelte und schmerzgeplagt war. Als ich endlich saß, fasste ich instinktiv zum Gurt und wollte mich anschnallen. Ich hörte beide rufen: „No, no, belt! Beide funkelten mich böse an und der Driver (wie bereits in einem anderen Artikel beschrieben: ein älterer, cooler Typ) ließ einen Schwall von tamilischen Wörtern über mich hageln. (Hörte sich wie Schimpfwörter an!!!) Der Brother erklärte mir: „No belt. The police is our friend. Indians do not put belts on. Indians always love to break rules. We always think nothing bad will happen while driving, and if there is an accident, wie think, we should have put the belt on that moment. But when we drive next time we do think, nothing bad will happen and do not put the belt on.“. Also ließ ich den Gurt wieder los und dachte mir, nach indischer Manier: Alles geht gut.

So war es dann auch. Die Fahrt ins Krankenhaus war bestens. Im Radio lief Tamilmusik und meine beiden Begleiter sangen lautstark mit.
Meine Wunde wurde versorgt und ich durfte für weitere drei Tage mein Bein nicht belasten.

Erneut vergingen drei Tage. Als ich am Morgen zum Krankenhaus gefahren wurde, teilten sie uns mit, dass der Termin auf den Abend verlegt sei. Zeit hat man in Indien genug!!!! Auf dem Heimweg kauften wir uns „Sambosa“ am Straßenrand. (Frittierte Teigecken, gefüllt mit Zwiebeln, Knoblauch und Gewürzen. Sehr delikat.)

Am Abend begleitete mich Father Rayn ins Krankenhaus. Erneut wurde meine Wunde versorgt und wir führten ein längeres Gespräch mit der Ärztin und der Apothekendame.

Kurze Anmerkung zu einem indischen Krankenhaus

Das Krankenhaus wirkte auf mich sehr faszinierend. Die Räumlichkeiten waren sauber. Die Arbeitskleidung des Personals wirkte nicht so langweilig und triest wie in Deutschland. Das Personal machte auf mich einen freundlichen und kompetenten Eindruck. Angst vor einer Behandlung in einem indischen Krankenhaus braucht man nicht zu haben. Natürlich ist es immer besser gesund zu bleiben. Und bitte nicht vergessen: „An apple a day keeps the doctor away!“

Bilder sind aus hygienischen Gründen nicht vorhanden, für den Fall, dass nach dem Lesen des Artikels gegessen wird. 🙂