Dominic in Kara

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Johannes der Frosch

Liebe Leser,

nach nun einer Woche in Kara, kann ich euch ein bisschen was über das erzählen, was ich hier so mache. Nach dem Frühstück morgens, was an keiner terminierten Zeit stattfindet, da jeder hier verschiedene Aufgaben hat und dementsprechend auch zu einer anderen Zeit los muss, frühstückt jeder so, wie er Zeit hat, sollte ich so gegen 8:30 Uhr im Foyer sein. Das heißt ich schlafe bis 7:00 Uhr, gehe danach gemütlich frühstücken und mache mich danach auf ins Foyer. Dort angekommen verbringe ich die Zeit mit den Kindern zusammen. Ich habe noch keine festen Aufgaben, da ich mich hier erstens noch einfinden soll, und zweitens die Ferien zwar eigentlich nur bis Montag gehen sollten, jetzt jedoch auf Grund der Lehrerstreiks um zwei Wochen verlängert wurden. (Wieso gab es sowas nie an meiner Schule?) Es wird gespielt und gequatscht. Am Freitag habe ich drei Springseile mitgebracht, welche unheimlich beliebt waren. Jeder wollte springen wie ein Boxer beim Training. Der eine konnte es besser als der andere, aber alle hatten unheimlich viel Spaß. Erstaunlich leicht wie man die Kinder hier glücklich machen kann.

Mit den Namen jedoch, fällt es mir noch ein bisschen schwer: die Kinder heißen nicht Kevin, Marco, Daniel, Rolf oder Robin sondern Mbodja, Gabin, Chapeau, Fussini oder Essobola (Keine Garantie für die Richtigkeit der Schreibweisen). Naja, ich denke das wird mit der Zeit.

Dienstag hat mir Père Jean-Baptiste, welcher für das Foyer zuständig ist und auch immer dort schläft, einen Fußball gegeben, welchen ich am nächsten Tag mit ins Foyer nehmen solle, dann würden mich die Kinder sofort lieben. Und so war es dann auch, am nächsten Tag wurde gespielt bis zum umfallen.

Dementsprechend gab es dann auch einige Blessuren, welche es zu behandeln galt. Im Foyer (Ein Gelände mit den Schlafsälen der Kinder, einem großen Duschraum, Pissoirs und Toiletten, einer Küche, den Büros von Jean-Baptiste und den anderen Erziehern, einem Ess-Saal, den Klassenräumen, und Spielzeugaufbewahrungsräume) gibt es auch einen Raum für medizinische Versorgung. So etwas wie ein kleines Arztzimmer. Ich habe mich gleich meiner neuen Aufgabe als angehender Arzt angenommen und alle Kinder fleißig mit den vorhandenen Utensilien verarztet.

Das Krankenzimmer hat jetzt jeden Tag von 18:00 Uhr bis 18:30 Uhr geöffnet, und nimmt sich Blessuren jeder Art an. Pflaster werden ohne Ende verteilt. Die Kinder genießen die Aufmerksamkeit.

Am Samstag war ich mit Christian und Jean-Baptiste bei einer Veranstaltung, welche in einem Amt für soziale Belangen stattfand. Dort gab es dann nach einem ca. 30-minütigem Drumherum Hefte, Stifte, Bleistifte, Schutzhüllen von irgendeiner Ministerin Togos, Christian meinte danach zu mir: „So, jetzt hast du der Ursula von der Leyen von Togo die Hand geschüttelt, herzlichen Glückwunsch“. Vielen Dank.

Das Projekt ist jedoch sehr auf solche Materialspenden angewiesen, da es sowas natürlich nicht umsonst gibt. Wir haben uns also sehr darüber gefreut. Als i-Tüpfelchen gab es dann noch zwei Jenga-Spiele (bitte googlen). Ich bin nach der Veranstaltung mit dem Pickup ins Foyer gefahren und habe mit den Kindern die Jenga-Türme gebaut, zwischenzeitlich Umfall-Domino damit gespielt.

Was mich dann direkt auf eine Idee gebracht hat. Ich habe mich daran erinnert, wie ich als Kind stundenlang im Wohnzimmer eines Freundes Umfall-Domino mit ihm gespielt habe. Wow, ich werde mir einen Schreiner hier suchen und mir ganz viele Steine für die Kinder bauen lassen. Was für eine simple Beschäftigungsidee, wieso bin ich nicht schon in Deutschland darauf gekommen?

Ansonsten ist mir aufgefallen, dass der Tischkicker hier wirklich am Ende seiner Amtszeit ist. Die Figuren sind zum Teil nur noch locker an der Stange befestigt, dreht man die Stange, um den Ball zu kicken, dreht sich nur die Stange, die Figur bewegt sich nicht. Trotzdem spielen die Kinder jeden Tag mit ihrem Fußball-Tischkicker und haben ihren Spaß dabei.

Ich habe mir überlegt, den Kindern zu Weihnachten einen neuen Tischkicker zu schenken. Darüber habe ich dann mit Jean-Baptiste gesprochen, welcher mir sagte, dass das eine klasse Idee wäre. Er habe den Tischkicker bisher immer nur versucht zu reparieren, da ein neuer eindeutig zu teuer ist.

Er hätte aber auch gerne einen Tischkicker in der Baracke. Die Baracke ist ein kleiner Raum auf dem Markt von Kara. Hier wird der Erstkontakt zu Strassenkindern hergestellt. Ich war einmal dort: Der Raum ist bis auf eine Tafel an der Wand leer gewesen. Trotzdem ist dort immer ein Mitarbeiter, welcher versucht, Strassenkinder von der Strasse zu holen und sie für das Foyer zu begeistern. Man denkt sich eigentlich: Hey, die müssten doch sofort anbeißen. Die Kinder genießen ihre Freiheit auf der Strasse aber auch zum Teil, es ist nicht so einfach wie man denkt. Mit einem Tischkicker könnte man sicherlich einige Aufmerksamkeit auf sich ziehen.

Ein neuer Tischkicker, so sagte er mir, kostet hier um die 225€. Ich habe ihm zuversichtlich gesagt, dass ich versuchen werde, das zu organisieren. Hierbei habe ich mich weit aus dem Fenster gelehnt, jedoch bewusst: Ich vertraue auf mein tolles Umfeld in Deutschland. Ich bin dabei auf eure Hilfe angewiesen. Ein paar Zigaretten weniger am Tag, dafür erntet man ein paar leuchtende Kinderaugen mehr. Was für ein guter Tausch!

Darüberhinaus habe ich die Überlegung angestellt, einmal in der Woche mit vielleicht zehn Kindern und einem anderen Erzieher schwimmen zu gehen. Es gibt in Kara ein Hotel, welches sich nur unweit vom Foyer befindet. Dieses verfügt über einen großen Pool. Nun dachte ich, gehe ich mal mit J-B (Jean-Baptiste) einen Preis mit dem Hotel aushandeln, in der Hoffnung, dass sie ein Strassenkinderfoyer gerne unterstützen und uns vielleicht zusagen und besondere Konditionen erlauben. Das wird wohl nächste, bzw. übernächste Woche in Angriff genommen. Auch hier bin ich wohl auf Spenden von meinen lieben Lesern angewiesen. Ich werde euch auf dem Laufendem halten, was das Projekt Schwimmen angeht.

Ein weiteres Projekt, nennen wir es Projekt Kino, darauf hat Christian mich gebracht. Er erzählte mir, dass es mal einen Jahrespraktikanten gab, der jeden Samstag einen Beamer im Hof aufgebaut hat und zusammen mit den Kindern einen Film geguckt hat. Gute Idee, werde ich versuchen einzuführen. Der Beamer ist vorhanden und die Filme lassen sich auch auftreiben. Auch darüber werde ich euch mit Freude berichten. Soviel zu den Ideen welche ich diese Woche hatte.

Also nochmal zurück zum Tagesablauf: Ich bin dann nach dem Frühstück bis ungefähr 12 Uhr im Projekt, danach fahre ich zurück in die Kommunität (Das Centre Don Bosco, wo ich wohne) und esse mit den anderen gemeinsam zu Mittag. Danach ist dann Siesta bis 15:00 Uhr. Die heiße Mittagssonne wird damit überbrückt und es wird nochmal Kraft getankt für den Nachmittag. Nach der Siesta fahre ich wieder ins Foyer und spiele mit den Kindern Fußball, Jenga, Gruppenspiele, es wird Seilchengesprungen und getobt. Im Prinzip wie in einem Jugendcenter. Die Freizeit der Kinder wird gestaltet. Mal gucken was mir noch in den Sinn kommt, an Ideen, für die Freizeit. Hier bin ich für Vorschläge, was man mit so einer Gruppe von Kindern machen kann, sehr dankbar. Denn tausend Köpfe haben mehr Ideen als einer.

Nach dem Schluss des Krankenzimmers, bin ich dann diese Woche, immer in die Kommunität zurückgefahren und habe dort zu Abend gegessen, wieder mit den anderen. (Père Fernando: Herr der Finanzen, Père Jose Luis: Direktor des Projektes in Kara, Père Francesc: Pfarrer der Gemeinde, Père J-B: Zuständig für das Foyer, Samuel: Jahrespraktikant. (Nach dem Ausbildungszentrum in Lomé, welches man drei Jahre absolviert, geht man für ein Jahr in ein Projekt der Salesianer in der Provinz Westafrika))

Danach gucken wir noch ein bisschen TV oder quatschen. Worauf ich in die Koje gehe. Ich schlafe meistens schon gegen 21:30, der Tag ist einfach so anstrengend, insbesondere mit der Sonne.

Was ansonsten noch zu sagen ist:

Verwirrte Tiere:
Hier auf den Strassen laufen unheimlich viele verwirrte Ziegen, Hunde, Katzen oder Hühnchen rum. Letztens beim Tanken liefen zwei Hühnchen auf dem Tankstellengelände rum. Manchmal kreuzt eine Ziegen-Familie die Fahrbahn um die Straßenseite zu wechseln, man muss wirklich aufpassen, ich muss dann aber immer lachen. Als ich Freitag mit dem Duschen fertig war, saß plötzlich ein kleiner Frosch in meinem Badezimmer. Als ich das Christian erzählt habe und ihn nach einem Namen gefragt hat, sind wir auf Johannes gekommen. Samstag hat Johannes sich nochmal kurz blicken lassen. Er taucht immer auf und dann verschwindet er wieder irgendwo in meinem Zimmer. Einfangen ist nicht, er hüpft mir andauernd davon. Sei es drum. Ich habe ein Haustier.

Finde die Hühnchen.

Markt:
Christian, Benedict und ich haben uns letztens auf dem Markt von Kara nach Stoffen für meine Anzüge im afrikanischen Stil umgeschaut, sind fündig geworden, haben sie gekauft und sie dann zum Schneiderei-Ausbildungszentrum der Salesianer-Schwestern gebracht. Diese werden dann Anfang nächster Woche meine Maße nehmen und die Teile für mich schneidern. Das Resultat werdet ihr dann sehen.

Regenzeit:
Die kleine Regenzeit sollte eigentlich Mitte September vorüber sein, trotzdem suchen uns zur Zeit nahezu täglich, zu den Abendstunden, unglaublich starke Unwetter auf. Es regnet dann wirklich heftig und die Blitze sind echt schön anzuschauen. Dementsprechend ist hier auch alles grün und wenn ich abends im Bett liege, dann hört es sich draußen ein bisschen an wie im Dschungel.

Bis dahin,
Dominic

Es sind die kleinen Momente im Leben, die einen glücklich machen können.

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