Vor langer, langer Zeit (als Wunder noch Wirklichkeit waren) schrieb die Voluntärin Charlotte aus einem südlich gelegenen Dorfe im Lande Indien ihren letzten Blogeintrag. Viel, viel Zeit ging über die Berge hinein ins Land, bis unsere Heldin wieder Zeit und Muße fand, sich ihrem (mittlerweile etwas verstaubten) Blog zu widmen.
Kleiner Fun-Fact am Rande: Unsere Heldin wollte eigentlich die alldienstägliche Abendmesse besuchen, musste beim Aufbruch allerdings feststellen, dass das Zimmertor von außen verschlossen ward. Mit nichts als ihrem Laptop machte sich Charlotte also auf, die Zeit totzuschlagen, bis jemand kommen und sie befreien würde.
Nun heißt es aber: Spitzet eure Lauscher und horchet gespannt dieser neuen Geschichte!

Da der Sommer hier in Tamil Nadu im Mai seinen Höhepunkt erreicht, haben die Kinder von Ende April bis Anfang Juni ihre Sommerferien. Genau hierhin wurde also das alljährliche English-Camp von VEMBU gelegt: Am 21. April wurde es feierlich eingeweiht und am 21. Mai gebührend (mit einem Programm, dem es an nichts gefehlt hat) vollendet. Aber ganz von vorn!
Das Camp-Team war so aufgebaut: Hauptverantwortlicher war unser Bruder; Lehrer und Mithelfer waren ein Father, teilweise zwei weitere Brüder, eine Studentin (die Ferien hatte) und Annette und ich.
Den ersten Tag verbrachten wir damit, alle Kinder, die an dem Tag schon den Weg hier her fanden, einzuschreiben und mit ihnen viele Kennenlernspiele zu spielen.

Das Spiel heißt „Fingerbreaker“

Über die nächsten Tage und Wochen haben wir uns untereinander alle besser kennengelernt, sind weniger schüchtern geworden und haben immer mehr in den English-Camp-Alltag hereingefunden. Insgesamt haben 15 bis 20 Kinder das Camp besucht.

Der Alltag sah in etwa so aus: Um 9.15 Uhr starteten wir mit der morgendlichen Versammlung in den Tag: Die Kinder sagten ein kurzes Lied, ein Gebet und jeweils ein Kind die wichtigsten Nachrichten auf und von uns „Verantwortlichen“ gab es immer einen peppigen Morning-Talk.
Die erste Stunde wurde meist von einem Bruder übernommen, danach waren Annette und ich an der Reihe: wir waren für die „praktischen“ Teile zuständig (also alles ohne Grammatik. Dinge wie Berufe, Tiere, Konversation unter Freunden oder an der Bushaltestelle lagen in unserem Aufgabenfeld. Und natürlich viele Spiele 😀 ).
Unser nächster „Einsatz“ war immer die Mittagspause der Kinder, wo wir uns mit ihnen unterhalten und sie daran hindern sollten, nur in Tamil zu quatschen.

beim Mittagessen

Direkt danach hatten die Kinder noch einmal mit uns das Vergnügen im Unterricht 😀

Um 15.30 war die letzte Stunde und damit auch das Camp für den Tag beendet. Genau dann fing ich an, herumzurennen und einige Kinder einzufangen, denn ich war für die morgendliche Versammlung zuständig. Also dafür, dass das Gebet aufgesagt wurde, die Nachrichten gelesen wurden etc.
Für die „Camp-Angestellten“ war der Tag allerdings erst nach der Evaluation um 16.30 vorbei: Wir haben kurz besprochen, was anders gemacht werden könnte und was am nächsten Tag anstand und dann viel Zeit damit verbracht, Tee zu trinken und Snacks zu futtern…

Meine Lieblingstage waren die, wo am Nachmittag kein Unterricht stattfand, sondern eine gemeinsame Aktivität:
Für den Sing-Wettbewerb an einem anderen Nachmittag haben Annette und ich jeweils mit einer Gruppe englische Lieder eingeübt. Die Lieder von dem Tag haben sowohl die Kinder als auch wir noch ewig nach diesem Tag geschmettert 😀
Beim Film-Nachmittag haben wir„Die Croods“ auf Englisch angeschaut, und da ich den Film selbst noch nicht kannte, saß ich, genau wie alle Kinder, ziemlich gebannt vor der Leinwand.
Beim Quiz-Nachmittag sind die zwei Camp-Gruppen (wir hatten die Kinder über den ganzen Monat hinweg aufgeteilt, in ein Team „Goofy“ und ein Team „Mickey Mouse“) gegeneinander angetreten und mussten von Übersetzungsfragen über Wort-Erklärungsaufgaben bis zu einem kleinen Tanzwettbewerb einige schwierige Aufgaben meistern.

Team Mickey Mouse

Team Goofy

Am allermeisten Spaß hatte ich bei der Schatzsuche. Annette und ich dachten uns Rätsel aus und kurz vor Beginn habe ich mit einem der Brüder den Schatz (eine Tüte Bonbons) im Sandhaufen im Hof vergraben (das ist eigentlich kein Sandhaufen, sondern eine Art Sandbank. Ich nenne es Strand. Es gehört mittlerweile einfach zu VEMBU dazu). Die Kinder sind voller Enthusiasmus von Rätsel zu Rätsel gerannt und haben dann ewig im Sand gegraben (die letzte Angabe war eine Wegbeschreibung zum Ziel in Schritten, eben wie es sich gehört). Wir haben fröhlich zugeschaut!

Die Ausgrabungsstätte

Die Zeit ist nur so dahingerast und ehe ich michs versah, standen auch schon die Abschlussprüfungen vor der Tür. Am letzten Freitag hatten die Kinder schriftliche, am Samstag mündliche Prüfung. Für die mündliche Prüfung hatten sich die zwei Brüder, Annette und ich auf verschiedene Zimmer aufgeteilt. Jedes Kind hat jeweils 10 Minuten meinen Fragen standgehalten – ich war wirklich zufrieden! Es war mal total cool, auf der anderen Seite in dieser Situation zu sitzen, denn ich selber saß in der Schule ja oft genug auf dem Platz des Gefragten. Diesmal war ich die Fragende!
Am darauffolgenden Montag stand dann das Abschlussprogramm auf dem Plan. Dafür hatten wir mit den Kindern ein kurzes Drama, einen Tanz und noch einige andere Sachen eingeübt:

Drama, Baby

Hier wurde „Wavin‘ Flag“ gesungen

 

beim Tanzen

Die Schüler bekamen ihre Teilnahmezertifikate überreicht und zum perfekten Abschluss sind wir alle zusammen in Vilathikulams Park marschiert und haben dort noch Spiele gespielt und ein Eis verputzt 🙂

Mir hat das Camp total viel Spaß gemacht und ich habe die Kinder sehr lieb gewonnen, was den Abschied schon ein bisschen traurig gemacht hat… zu viel Zeit zum traurig sein habe ich allerdings Gott sei Dank nicht, denn am kommenden Freitag starten Annette und ich in unsere Reise in den nördlichen Teil Indiens! Uns steht eine ziemlich lange Zugfahrt bevor, auf die ich schon total gespannt bin.

So, das Ende dieser Geschichte ward nun erreicht. Unsere Heldin musste erstaunt feststellen, dass sie sich immer noch hinter verschlossenen Türen befand. Zu lange sollte die Zeit ihrer Errettung allerdings nicht mehr entfernt liegen, denn die abendliche Essensversammlung stand kurz bevor…
Und wenn sie nicht gestorben ist, dann berichtet die Voluntärin Charlotte in (hoffentlich) naher Zukunft über das nächste der unzähligen atemberaubenden Abenteuer, in die sie sich Tag für Tag stürzt!