Anna und Lydia in Indien Archive - Don Bosco Volunteers https://blogs.donboscovolunteers.de/blog/tag/anna-und-lydia-in-indien/ Freiwilligendienst von jungen Menschen für junge Menschen! Sat, 16 Dec 2017 15:37:57 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.8.1 https://blogs.donboscovolunteers.de/wp-content/uploads/2023/11/cropped-01_cmyk-32x32.jpg Anna und Lydia in Indien Archive - Don Bosco Volunteers https://blogs.donboscovolunteers.de/blog/tag/anna-und-lydia-in-indien/ 32 32 Abschied https://blogs.donboscovolunteers.de/annalydiago2india/2017/09/18/abschied/ Mon, 18 Sep 2017 13:02:13 +0000 http://21153.652 Ich wache morgens mit den ersten Sonnenstrahlen und der Musik von umliegenden Tempeln auf der Dachterrasse auf (im Zimmer hält man es bei rund 37 Grad einfach nicht aus) und habe gleich zu Beginn des Tages eine tolle Aussicht über die Weite rund um Vilathikulam. Auf meinem Weg nach unten werf‘ ich einen Blick in den […]

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Ich wache morgens mit den ersten Sonnenstrahlen und der Musik von umliegenden Tempeln auf der Dachterrasse auf (im Zimmer hält man es bei rund 37 Grad einfach nicht aus) und habe gleich zu Beginn des Tages eine tolle Aussicht über die Weite rund um Vilathikulam. Auf meinem Weg nach unten werf‘ ich einen Blick in den Innenhof des Geländes und sehe von oben all die liebgewonnenen Menschen, die mich den ganzen Tag umgeben, wie sie ihre Morning-Jobs erledigen. Jeder Tag hier ist ein Geschenk.

Kofferpackchaos mit guten Freunden

Einen Monat ist es jetzt her, dass ich ein letztes Mal auf der Dachterrasse aufgewacht bin und diesen Moment genießen konnte. Viel zu schnell sind die letzten Monate, Wochen, Tage dahin geflogen, bis ich irgendwann im Zimmer stand und völlig fassungslos zu Lydia gesagt habe: „ Wir fliegen in 13 Stunden“. Vor uns noch halbfertig gepackte Koffer, Reste an Geschenken und ganz viele Sachen, die wir so gern mitgenommen hätten, aber die zu groß oder zu schwer für unsere sowieso schon viel zu vollen Koffer waren.

Jeden Tag haben wir auf unserem Kalender einen Tag durchgestrichen und ich hab in meinem Tagebuch eine kleine Zahl vermerkt wie viele Tage wir noch haben. Nicht weil wir uns so auf Deutschland gefreut haben… Sondern, weil wir versucht haben die Zeit so gut es geht zu nutzen, Zeit mit unseren Freunden zu verbringen, Abschiedsgeschenke herzurichten, zu packen, Sachen zu verschenken, alle Dinge bewusst ein letztes Mal zu machen und bloß nichts und niemanden zu vergessen. Wir haben uns für die letzten Tage viel vorgenommen, weil es so einfacher war den Abschiedsschmerz klein zu halten. Denn wenn zu viel Zeit war, um darüber nachzudenken wie es sein wird diesen wunderbaren Ort zu verlassen, dann hat es nicht lange gedauert und wir hatten Tränen in den Augen.

„Everyday is a chance to LEARN“ Wandbemalung zum Abschied in der Grundschule

So gab es vor dem Abschiedstag noch Geschenke für unsere Freunde und die Staffs, ein von uns gekochtes „German-Dinner“ für die Community, eine Wandbemalung mit den Grundschul-Kids, ein letztes Mittagessen mit den Sisters und eine wunderschöne Abschiedsfeier mit den Kindern, Jugendlichen und allen, die uns wichtig waren, mit rührenden Reden, Geschenken und Tänzen. Und schwubdiwup stand in meinem Tagebuch 0.

Geschenkeübergabe unserer Fathers

Hätte mir Anfang des Jahres jemand gesagt, wie sehr ich mich vor dem Abschied aus Indien sträube, hätte ich gelacht, denn da habe ich noch Tage rückwärts gezählt, weil ich am liebsten sofort wieder weg wollte. Aber schon nach ein paar Wochen ist dieser Ort ein Zuhause geworden und ich habe das Gefühl gehabt jede Menge Geschwister und wirklich gute Freunde gefunden zu haben. Für mich ist Vilathikulam zu einer Goldgrube an schönen Menschen und wichtigen Erfahrungen geworden, dass ich im Auto zum Flughafen saß und geweint habe, wie ein kleines Baby. Zum Glück ging es Lydia ähnlich und wir konnten uns gegenseitig Kraft geben und über die schönen Erinnerungen der letzten Monate die Tränen weg lachen.

Chappati essen im Flughafen in Mumbai

Gemeinsam mit den Jungs aus Keela Eral ging es dann mit dem Flieger über Chennai und mit 10Stunden Aufenthalt in Mumbai zurück nach Frankfurt. Das Warten in Mumbai haben wir uns mit Tagebuch oder Abschlussbericht schreiben, Karten spielen und ein letztes Mal Chappati von unserer geliebten Köchin essen, vertrieben.

Und jetzt in Deutschland, wo eigentlich alles ganz gewöhnlich sein sollte, denn das war ja 18 Jahre unser Zuhause, fühlt sich alles fremd und komisch an. Schon am Flughafen in Frankfurt waren plötzlich nur noch so wenig Menschen unterwegs, die Züge kamen pünktlich und Zuhause angekommen, war es als wäre ich nie weg gewesen. Ich stand in meinem Zimmer und alles war als wäre ich erst gestern hier weg – nur lag da ein ganzes Jahr mit unglaublich vielen Erfahrungen dazwischen und ich hatte tausend andere Dinge im Kopf, die ich gern mit Lydia geteilt hätte, doch auch von ihr habe ich mich ja schon in Frankfurt verabschiedet.

Wiedervereint am Ulmer Bahnhof

Natürlich war es wunderschön Familie und Freunde wieder zu sehen und ja auch das deutsche Essen schmeckt, aber das alles mit dem Beigeschmack, dass es doch schwerer ist als erwartet nach Vilathikulam richtigen Kontakt zu halten und man somit von vielen Freunde nur noch schwer etwas hören wird. Denn was sich Face-to-Face an Kommunikationsproblemen ganz leicht mit Händen und Füßen kompensieren lässt, ist über’s Handy dann doch deutlich schwieriger. Es ist eben einfach nicht das Gleiche, wenn man zusammen lebt und den Alltag teilt und dann plötzlich wieder tausende Kilometer weit weg wohnt und 3,5 h Zeitunterschied hat. Und ja, das Leben in Vilathikulam geht auch ohne uns bestens weiter. Die neuen Volontäre (Link) sind schon angekommen und werden ganz bald unseren Alltag weiterleben.

Aber natürlich geht es auch bei uns hier weiter. Ab Oktober werden wir beide studieren. Und ja, der Alltagstrott hat uns schon fast wieder eingeholt. Aber eins haben wir uns ganz feste vorgenommen. Wir wollen die unglaubliche Liebe, Offenheit und das Strahlen, dass wir in Indien jeden Tag spüren durften, weiterhin in uns tragen, beispielsweise lächelnd durch die Hochschule spazieren und jedem, der es hören will von unseren einzigartigen Erfahrungen in Indien berichten. Denn wie sagt Winnie Pooh so schön:


How lucky I am to have something that makes saying goodbye so hard?


Wir hatten aus gutem Grund einen so schweren Abschied und sind manchmal etwas wehmütig, wenn wir an Indien denken, aber schlicht und einfach aus dem Grund, dass wir ein unvergleichbar geiles Jahr hatten.

Und jetzt wache ich zwar in meinem viel zu großen und weichen Bett auf, mit fetter Decke (es ist einfach viel zu kalt in Deutschland), und bei meinem Blick aus dem Fenster schaue ich auf die Gärten unserer Reihenhaussiedlung. Auf meinem Weg nach unten werf‘ ich einen Blick auf mein Handy und ein Lächeln huscht mir über die Lippen, denn ich hab die ganzen liebgewonnen Menschen zwar nicht mitnehmen können, aber dafür versüßen mir „Good morning“-Bilder, die mich per WhatsApp erreichen und damit verknüpft unzählige Erinnerungen an das tolle Jahr den Morgen. Jeder Tag war und ja jeder Tag ist ein Geschenk. ♥

Eure Anna

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Wenn Kinder aus dem Raster fallen… https://blogs.donboscovolunteers.de/annalydiago2india/2017/07/27/wenn-kinder-aus-dem-raster-fallen/ Thu, 27 Jul 2017 04:26:04 +0000 http://21153.644 Dass Kinder die Schule abbrechen, ist hier leider keine Seltenheit. Wer in der Schule nicht mitkommt, wer Prüfungen nicht besteht, wer es sich nicht leisten kann, auf eine Privatschule zu gehen oder wer arbeiten muss, um die Familie zu ernähren, geht eben einfach nicht mehr zur Schule. Dass das für eine Gesellschaft (die Kinder, denen […]

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Dass Kinder die Schule abbrechen, ist hier leider keine Seltenheit. Wer in der Schule nicht mitkommt, wer Prüfungen nicht besteht, wer es sich nicht leisten kann, auf eine Privatschule zu gehen oder wer arbeiten muss, um die Familie zu ernähren, geht eben einfach nicht mehr zur Schule.

Dass das für eine Gesellschaft (die Kinder, denen dann die Bildung fehlt, sind schließlich die Zukunft), für die armen Familien und für den Jugendlichen selbst ein schrecklicher Zustand ist, ist keine Frage.

Wer einmal aus dem Raster fällt, hat es unglaublich schwer, sich irgendwann nocheinmal hinzusetzen und die Basics (z.B. das englische Alphabet) zu lernen.

Für jeden Jugendlichen in Tamil Nadu ist das Nachholen von Abschlusspüfungen der 10. oder 12. Klasse zu einem bestimmten Termin möglich, auch wenn er in dem Jahr keine Schule besucht hat (wer durchfällt fliegt sozusagen von der Schule). Das heißt für diese “Nachholer”, dass sie sich den Stoff selbstständig aneignen müssen, während andere genau diesen Stoff das ganze Jahr im Unterricht behandeln.

Doch wie soll man englische Gedichte auswendig lernen, Grammatikfragen beantworten oder Essays schreiben, wenn man nicht mal einfache englische Wörter lesen kann oder in einigen Fällen in der 10. Klasse noch nicht das Alphabet beherrscht?!
(Zur Erklärung: In Tamil, der hiesigen Sprache, sind die Grammatik, Satzstrukur und das Alphabet grundverschieden zu Englisch bzw. zu unseren Schriftzeichen. Es ist für die meisten buchstäblich so, wie es für uns ist, Chinesisch zu lernen.)

Zum Glück gibt es Möglichkeiten der Nachhilfe von Projekten, wie z.B. Vembu, für dieses sog. “Dropouts” (Schulabbrecher bzw. aus dem Raster fallende Jugendliche). Neben drei Lehrern, die gezielte Examensvorbereitung machen, unterrichten wir täglich Basic-English-Lessons, die wir an das Niveau der Schüler anpassen.

Anna macht beispielsweise mit Murugan* täglich ABC-Training. Er hatte Probleme in der Schule bzw. wirkte desinteressiert, woraufhin er von seinem Vater von der Schule genommen worden ist und in der sechsten Klasse begonnen hat, zu arbeiten. Nun ist er 16 und merkt, dass er die Bildung im Alltag doch braucht und will wieder zur Schule. Gemäß seines Alters wird er in die 8. Klasse gestuft, doch da kann er natürlich nicht mithalten, denn die Lehrer machen Unterricht, der sich an den Englischkentnissen der besseren Students und staatlichen Schulbüchern orientiert. So schaltet er im Unterricht weiter ab und die Lücken werden immer größer. Es ist ein Teufelskreis…

Anna beim ABC Training mit drei der Dropoutschüler

In Indien gibt es keine Trennung nach Mittel-,Realschule oder Gymnasium, was auch Vorteile hat; so wird niemandem schon anhand des Schulnames das Gefühl gegeben, schlechter oder schwächer zu sein. In Deutschland kann auch ein guter Schüler, der von seinem Umfeld gesagt bekommt, sowieso nicht mithalten zu können, nur schwache Leistungen zeigen.

Doch das Problem hier ist, dass es für die langsameren Lerner keine Möglichkeit gibt, Stoff zu vertiefen bzw. nachzuholen und so werden die Lerndefizite immer größer, da die Lehrer zu große Klassen haben, um im Frontalunterricht nachzusehen, dass jeder mitkommt (wobei es natürlich auch Ausnahmen und über den “Soll” hinaus engagierte Lehrer gibt, die dann aber meist auf Privatschulen unterrichten).

Wir haben uns inzwischen schon daran gewöhnt, dass Schüler mit Gedichten zu uns kommen, die sie komplett auswendig können, ohne ein einziges Wort davon zu verstehen. Danach wird im Exam nämlich nicht gefragt. Deswegen hassen viele Schüler Englisch; es ist für sie keine Sprache, die ihnen im Alltag oder für Kommunikation nützen könnte, sondern nur das Auswendiglernen von komischen, unzusammenhängenden Lauten. Dazu kommt vielleicht auch der Hintergrund des Nationalstolzes bzw. der Abneigung von Kolonialzeiten unter britischer Herrschaft, was wir aber nicht als Hauptgrund der vielen Probleme mit der englischen Sprache sehen.

Wer aus ländlichen Gebieten weg in die Städte mit besserer Infrastruktur und Arbeitsplätzen will, braucht im Alltag aber nun mal grundlegende Englischkenntnisse. Selbst im Nachbarstaat Kerala, der nur ein paar Stunden weg liegt und ein beliebtes Ausflugsziel ist (wirklichen Urlaub können sich nur wenige leisten), kommt man mit nur Tamil und ohne Englisch nicht weit. In Indien gibt es 27 verschiedene Amtssprachen und somit ist Englisch zwischen den indischen Bundesstaaten die Handels- und vor allem Kommunikationssprache. Von Jobs in internationalen Firmen brauchen wir gar nicht erst anzufangen. Ihr merkt, dass zumindest das Lesen des englischen Alphabets und die Grundkenntnisse der Sprache in viele Lebenslagen (z.B. um Aufschriften auf Verpackungen, SMS, Briefe vom Gericht und Government, etc.) extrem wichtig sind.

Generell ist Bildung nicht nur notwendig für die Person selbst und z.B. ihren Job, sondern für die Entwicklung der gesamte Gesellschaft. Daher ist neben mangelhaften Schulsystemen auch Kinderarbeit (hier ist der Blogeintrag dazu verlinkt) ein weiteres Problem für eine Gesellschaft.

Um Kinderarbeit gar nicht erst entstehen zu lassen, bietet unser Projekt Vembu verschiedene Childlabour-Präventivmaßnahmen. Darunter fällt u.a. die sog. Tuition, eine Art Hausaufgabenbetreuung nach der Schule für ca. 3 Stunden. Dazu muss man verstehen, dass die Kinder hier komplett anders aufwachsen. Ihre Eltern arbeiten hart für den Lebensunterhalt der Familie, die nicht wie in Deutschland vom Staat durch Sozial- und Solidaritätsprinzipien unterstützt wird. Für die Aufsicht der Kinder sind Geschwister bzw. Nachbarschaftshilfe die Grundlage; in einigen Fällen werden die Kleinkinder einfach mit zum Arbeitsplatz genommen, wo sie in extremen Fällen später dann auch mitarbeiten müssen.

Unsere Tuition hilft, sie zum Hinsetzen und Lernen zu bringen bzw. erstmal die Möglichkeit für ein Umfeld zum Lernen zu geben und sie damit vor dem Arbeiten zu bewahren. Denn das Leben der Kinder findet aufgrund der kleinen Häuser/Hütten, die dann zu fünft oder sechst bewohnt und oft nur zum Schlafen genutzt werden, hauptsächlich draußen statt. Ich kenne z.B. keinen einzigen Haushalt in Vilathikulam, der einen Schreibtisch oder einen leisen Raum zum Lernen für die Schuldkinder enthält.
(Ja wir hatten es schon immer sehr gut in unserer Kindheit in Deutschland!)

Unser Projekt versucht einen Platz für die Kinder zu sein, an dem sie genau das machen können: Lachen, Spielen und Lernen

Das Prinzip dieser Tuition (Nachmittagsbetreuung) ist ja schön und gut, nur leider gibt es nur zwei Lehrer für die 60 bis 100 Schüler, die fast alle Erklärungen und Hilfe bei Hausaufgaben bräuchten (die sie von ihren oft ungebildeten Eltern nicht bekommen können) und die in einigen Fällen auch (undiagnostizierte) Lernbehinderungen besitzen. Das “Gehalt” der Lehrer gleicht dabei mehr einer Aufwandsentschädigung eines Ehrenamts. Deswegen ist dies als Job wenig lukrativ und es gibt nicht viele, die Lust verspüren, sich den Mühen dieser Lehrerarbeit zu stellen. Also versuchen Anna und ich mitzuhelfen und die sonst vernachlässigten Schüler gezielt zu fördern.

Ein Ausschnitt aus der Tuition; so lernen die Kids hier, bzw. belagern die zwei Lehrerinnen mit ihren Fragen

Hauptaugenmerk liegt auf ABC- und Lesetraining bei den Älteren (6. bis 10. Klasse), die von Lehrern schon aufgegeben wurden und auch selbst schon nicht mehr daran glauben, noch Englisch zu lernen. Wir hoffen, dass sie Lesen lernen, um sie sich irgendwann auch selbstständig hinsitzen und z.B. Vokabeln lernen zu können.

Es ist manchmal eine Geduldsprobe, die auch uns an unsere Grenzen bringen kann… Aber irgendwo können wir die Schwierigkeiten auch verstehen;
Hier ein kurzes Beispiel für die scheinbare Unlogik der Sprache: L E T T E R S wird im Englischen ja so buchstabiert: el, i, ti, ti, i, ar, es und “elititiiares” hat mit der Aussprache “läthas” im ersten Augenblick wenig gemeinsam und in deren Köpfen entsteht keine Verbindung.
Zur Geduldsprobe für uns wird es dann, wenn nach einer Stunde intensiv Englisch-Nachhilfe eben immer noch zu “letters” “elephant” gesagt wird, weil man gerne mit irgendwelchen schon bekannten Wörter rät, um zu verbergen, dass man das Wort immer noch nicht lesen kann (Meint ihr eigentlich, das merken wir dann nicht, liebe Students?!)

Es ist zwar manchmal mühsam, sich mit einzelnen Schülern hinzusetzen und nicht die Geduld zu verlieren, wenn sie vor jedem Buchstaben überlegen müssen und man erwischt sich auch mal bei dem Gedanken, ob es nicht vergeudete Zeit ist, da sie sich es oftmals doch nicht merken können. Doch es kommt eben nicht immer auf Effizienz an, denn wer außer uns setzt sich sonst mit diesen Schülern hin und versucht Buchstabe für Buchstabe zu entziffern?! Ihre Eltern könnnen höchstwahrscheinlich kein Englisch oder sie sind beschäftigt und in der Schule haben die Lehrer keine Zeit für den Einzelnen. Wer sich da nicht selbst motiviert, aufzupassen, fällt raus; und die Tuition-Teacher haben auch noch 60 andere Schüler, die Aufmerksamkeit wollen. Also haben wir uns vorgenommen, besonders auf die Schwachen und Langsameren zu achten, um ihnen eine Chance zu geben.

Und diese Schwächeren oder vielleicht auch nur in einem anderen Tempo Lernenenden gibt es nicht nur auf der anderen Seite der Welt, sondern überall. Lasst uns nicht vergessen, dass sie unserer Mithilfe und Aufmerksamkeit bedürfen und die wir, in unserem Fokus auf Geld, Job, und Leistungsdruck, zu oft übersehen. Manchmal sollte man eben Effizienzgedanken wegfallen lassen und nur auf den individuellen Menschen mit seinen Stärken und Schwächen eingehen.

Die “Kleinen”, die “Unbedeutenden” gehen zu oft unter in dieser Welt. Lasst uns für die Rechte derer einstehen, für die sonst niemand kämpft!

*Name geändert

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Machtlos https://blogs.donboscovolunteers.de/annalydiago2india/2017/06/06/machtlos/ Tue, 06 Jun 2017 12:12:50 +0000 http://21153.619 Es fällt uns schwer die richtigen Worte zu finden, um zu beschreiben, was die letzten Wochen in uns vorging. Eine kleine Mitteilung am Essenstisch hat uns aus unserer Vorfreude, dass bald unsere Hosteljungs aus ihren Sommerferien zurückkommen, herrausgerissen und uns zurück auf den Boden der Tatsachen geholt, dass unser Zuhause (Vembu) eben nicht wie eine […]

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Es fällt uns schwer die richtigen Worte zu finden, um zu beschreiben, was die letzten Wochen in uns vorging. Eine kleine Mitteilung am Essenstisch hat uns aus unserer Vorfreude, dass bald unsere Hosteljungs aus ihren Sommerferien zurückkommen, herrausgerissen und uns zurück auf den Boden der Tatsachen geholt, dass unser Zuhause (Vembu) eben nicht wie eine Blase aus Friede, Freude, Eierkuchen ist und es auch hier Probleme gibt, die wir nicht zu lösen vermögen. Es entstand ein Gefühl von Machtlosigkeit, das uns überrollt hat wie ein Tsunami eine idyllische Küstenregion.

Was ist passiert?
Keine Sorge, es geht uns gut und wir sind wohl auf und lieben, wie hier beschrieben, alle Leute, unser Projekt und auch das Land nach wie vor über alles. Jedoch mussten wir uns mit der Tatsache auseinandersetzen, dass aufgrund einer Gesetzesänderung unser geliebtes Hostel vorläufig geschlossen wurde.

Waschstelle unter freiem Himmel - es ist ja sowieso immer warm

Waschstelle unter freiem Himmel – es ist ja sowieso immer warm

Laut dieser Änderung muss für jeden einzelnen Hosteljungen eine vorgeschriebene Fläche und Toilettenmöglichkeit gewährleistet werden. Da Vembu ein eher kleines Hostel mit weniger Platz ist, kann es diese Vorlagen momentan nicht erfüllen.
(Die Jungs haben im gleichen Raum auf dem Boden geschlafen, in dem sie auch tagsüber gelernt haben und sich unter freiem Himmel gewaschen)

Und so blieb uns nichts anderes übrig als zu zuschauen, wie die Brothers nacheinander die einzelnen Jungs informiert haben, dass sie nach den Ferien nicht mehr hier her kommen können. Und ja nicht nur bei uns hat das dicke Tränen und traurige Gesichter hervorgerufen…

Bisherige Toiletten, die erneuert werden müssen und beim Umbau soll hier ein Stockwerk aufgesetzt werden

Bisherige Toiletten, die erneuert werden müssen und beim Umbau soll hier ein Stockwerk aufgesetzt werden

Einige der Jungs werden in andere Don Bosco Hostels kommen und viele haben ja dieses Jahr sowieso die 12. Klasse abgeschlossen und damit das Hostel verlassen. Außerdem hat uns unser Father versprochen, dass er für jeden einzelnen etwas Neues sucht. Trotzdem ist es für uns unglaublich hart.

Es ist schwierig zu beschreiben, was in uns vorgeht, aber ja es fühlt sich an, als hätte man uns kurzerhand unsere kleinen Brüder weggenommen, für die wir jeden Tag versucht haben, ihr Leben hier im Hostel bestmöglichst zu gestalten und immer für sie da zu sein.

 

Unsere geliebten Hostel-Jungs, Brothers und Fathers

Unsere geliebten Hostel-Jungs, Brothers und Fathers, die gehen mussten…

 

Das klingt jetzt alles ziemlich traurig, aber dank unserem in Indien erworbenem Optimismus haben wir es geschafft, auch in dieser schlechten Nachricht etwas Positives zu finden. Es ist offensichtlich, das die Umsetzung der Gesetzesänderung erstmal den ganzen kleinen Hostels (im District hier sind rund 30 Einrichtungen betroffen) schadet und somit wertvolle Arbeit, die für Kinder und Jugendliche geleistet wird, massiv erschwert. Aber es muss auch gesehen werden, dass diese Gesetzesänderung ein wichtiger Entwicklungsschritt ist. Es ist ein Schritt in die Zukunft, der eben gegangen werden muss, um langfristig den Jungs ein Zuhause bieten zu können, in dem sie unter bestmöglichen Bedingungen aufwachsen können. Es war nie so, dass es den Jungs hier an irgendetwas akut gefehlt hätte, aber es ist wichtig, dass hier gewisse Renovierungen vollzogen werden, um den Jungs alles zu geben, was ihnen rechtmäßig zusteht.

Die ursprüngliche Dachterrasse auf die ein weiteres Stockwerk aufgesetzt werden soll, was genügend Platz für die Jungs schafft

Die ursprüngliche Dachterrasse, auf die ein weiteres Stockwerk aufgesetzt werden soll, um genügend Platz für die Jungs zu schaffen

Unser Problem ist jetzt nur, dass wir so gern sofort anfangen würden, dem Projekt beim Umbau zu helfen, um den Jungs schnellstmöglich ihr Zuhause zurückzugeben und das zu tun, weswegen wir diesen Freiwilligendienst angetreten haben: Gutes zu tun und das Leben der Menschen, die nicht so viel haben wie wir, positiv zu beeinflussen und kleine Veränderungen in der Welt zu bewirken. Aber genau deswegen fühlen wir uns so machtlos, denn hier ist momentan nicht genügend Geld für den Umbau vorhanden und erst wenn die Finanzierung zu einem Teil gesichert ist, angefangen werden kann.

Wie sagt man so schön: „It is all about the money!“ Traurig aber wahr.

Ja, wir haben uns am Anfang machtlos gefühlt und manchmal überkommt es uns auch immer noch, aber es ist auch in Hoffnung umgeschlagen. Wir lassen uns davon nicht unser Zuhause und das Zuhause der Jungs kaputt machen, sondern sehen es als Chance, daraus das Beste zu machen. Das Beste für unser kleinen Brüder, für die nächste Generation Hostel-Jungs, für die Community hier und auch für die nächsten Volontäre.

Ein riesen Dankeschön deshalb an alle, die bereits (oder genau deswegen) einen kleinen Teil ihres Geldes, das sie auch für Unterhaltung, Klamotten, Urlaub oder ähnliches hätten ausgeben können, hierher gespendet haben oder das jetzt tun. Jeder Euro hat hier einen unglaublichen Wert und nichts ist verschwendet. Egal, welchen noch so kleine Betrag ihr aufwenden könnt, er hilft uns die Machtlosigkeit zu überwinden und den Jungs ihr Zuhause zurückzugeben. Außer den bereits umgesetzten Spendenaktionen (Weihnachtsgeschenke, Tour, etc.) werden wir das übrige Geld und alles was darüber hinaus noch hinzukommt zu 100% in Umbau des Hostels investieren, damit gesichert werden kann, dass hier in Vembu nächsten Juni wieder unsere und viele neue Jungs ein Zuhause finden. (Hier könnt ihr spenden.)

Falls ihr noch Ideen habt, was wir im Moment tun können, lasst es uns wissen. Wenn ihr noch andere Menschen kennt, die uns unterstützen könnten, dann würden wir uns natürlich freuen, wenn ihr diesen Artikel teilt und es weitersagt!

Was machen wir jetzt ohne Hostel?
Das Projekt hier bietet noch viele weitere Zweige und Möglichkeiten sich einzubringen, von denen das Hostel nur ein kleiner Teil war… Wir werden weiterhin an der Schule für ehemalige Kinderarbeiter unterrichten und mehr in den Evening Study Centers (eine Art Hausaufgabenbetreuung für die örtlichen Kinder und Jugendlichen) eingesetzt werden und an den Youth-Meetings, Buchclub-Treffen usw. teilnehmen. Trotz dem Verlust unserer Hostel-Jungs versuchen wir natürlich bestmöglich für die Kinder und Jugendlichen, die täglich hier her kommen da zu sein und jede Sekunde, der verbleibenden 70 Tage zu nutzen 🙂

Und natürlich setzen wir uns gerade mit allen Kräften dafür ein, Spenden für die Renovierung zu sammeln. Denn nach einem Umbau wäre es möglich, dass schon nächstes Jahr unsere Jungs zurückkehren können und auch viele andere Jungen aus ärmeren Verhältnissen hier ein Zuhause finden könnten, um in Vilathikulam eine Schule zu besuchen und in ihrer Erziehung unterstützt zu werden.
Das liegt uns einfach so sehr am Herzen!

Viele Grüße wünschen Anna und Lydia aus Vilathikulam

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Von Armut und Glück https://blogs.donboscovolunteers.de/annalydiago2india/2017/06/03/glueck/ Sat, 03 Jun 2017 02:15:22 +0000 http://21153.603 Sehr oft werden wir von den Kids hier gefragt: “Was gefällt euch besser: Deutschland oder Indien?”. Sie wollen natürlich nur die eine “richtige” Antwort (=Indien) hören, um diese mit Begeisterung oder eifrigem Kopfgewackel aufzunehmen.Wenn man davon absieht, dass mit Indien vor allem Tamil Nadu gemeint ist (denn dieser Bundesstaat, in dem wir leben, spielt in […]

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Sehr oft werden wir von den Kids hier gefragt: “Was gefällt euch besser: Deutschland oder Indien?”. Sie wollen natürlich nur die eine “richtige” Antwort (=Indien) hören, um diese mit Begeisterung oder eifrigem Kopfgewackel aufzunehmen.Wenn man davon absieht, dass mit Indien vor allem Tamil Nadu gemeint ist (denn dieser Bundesstaat, in dem wir leben, spielt in Indien eine Sonderrolle. Die Liebe der Tamilen zu ihrem Bundesstaat und der Kampf für eine Unabhängigkeit von Indien sind hier besonders stark), ist klar, dass es keine einfache Antwort auf diese Frage gibt, schließlich war Deutschland 18 Jahre lang unsere Heimat und wir waren doch sehr zufrieden… oder?

Wer von euch, liebe Leser, in den letzten Monaten mit uns geskypt hat, weiß, dass wir am Liebsten hier bleiben würden und dem viel zu nahen Abschied Mitte August sehr wehmütig entgegenblicken. Doch woran liegt es, dass wir hier so ein starkes Heimat- und Verbundenheitsgefühl entwickelt haben?

Es liegt hauptsächlich an der engen Beziehung zu den tollen Menschen in unserem Village Vilathikulam. Nicht überall hätten wir diese Erfahrungen machen können, hätten mit so vielen Leuten Freundschaften schließen können oder die Möglichkeit gehabt, lange Gespräche im Park zu führen oder die Menschen bei unseren Spaziergängen durchs Dorf spontan zu besuchen, von allen Seiten angelächelt zu werden und immer wieder dieses spezielle Funkeln der Lebensfreude in den Augen der Leute zu sehen, die vor ihren Hütten sitzen, die kleiner als mein 10 Quadratmeter-Zimmer in Deutschland sind, und in denen sie ihr Leben zu fünft oder sechst verbringen.

Ja, sie werden vielleicht durch Statistken oder Definitionen als arm bezeichnet, aber wen interessiert es, ob sie weniger als einen Dollar am Tag zum Leben haben, wenn sie damit ein glückliches Leben führen können und reich im Herzen sind?
Es ist echt ein Phänomen, dass gerade die, die so wenig haben, besonders glücklich wirken bzw. eine unglaubliche Lebenslust zeigen.

Der Advocatus Diaboli mag nun erwidern, dass sie es einfach nicht anders gewohnt sind und gar nicht anders kennen. Aber das stimmt so nicht! Vor allem in Indien gibt es viele reiche und auf “westliche” Art lebende Menschen. Besonders in den Städten findet man Villen, Shoppingmalls, Kinos, S-Bahnen usw. Nur ist eben Stadt-Land-Gegensatz in vielen Bereichen, wie Infrastruktur, Freizeit- oder Bildungsmöglichkeiten riesig.

Aber auch in Vilathikulam haben viele junge Menschen ein Handy und Internet (es ist für vergleichsweise wenig Geld zu haben und bietet viele praktische Tools an; dafür müssen sie dann jedoch bei anderen Sachen Abstriche machen). In Zeiten der Globalisierung kann man sich informieren und den Reichtum der Großstädte oder anderer Länder sehen. Und an dieser Stelle muss gesagt werden, dass auch wir das Bild von westlichem Reichtum vermitteln – ungewollt, aber es schwingt doch in nahezu jeder Erzählung über Deutschland mit.

Die jungen Menschen leben nicht hinterm Mond oder in der Steinzeit! Sie sind nur durch verschiedene Umstände determiniert und wachsen eben in ärmeren & prekären Verhältnissen auf (Kurzes Beispiel: 90% der Haushalte in Vilahikulam haben keine Toilette, doch die Regierung sorgt dafür, dass jeder Schüler in Tamil Nadu, der die 12. Klasse abgeschlossen hat, Zugang zu einem Laptop bekommt). Trotzdem zeigen sie sich glücklich und auch in Gesprächen erwähnen sie oft, zufrieden mit ihrer Lebenssitation zu sein. Da gibt es im Gegensatz zu Deutschland trotz Problemen kaum jemand, der jammert.

Ich persönlich glaube, dass ein Grund für dieses Phänomen die grundsätzlich entspanntere Lebensart der Inder ist (hier spreche ich für all diejenigen, die ich in meinem Dorf oder auf Reisen kennenlernte). Der gesamte Alltag ist von Spontanität und Gelassenheit geprägt. Fällt mal der Strom aus, wird nicht gemeckert, sondern man sucht sich seelenruhig eine Arbeit, die auch ohne Strom erledigt werden kann oder nutzt die Zeit für eine Teepause und gute Unterhaltung.

Um Klischees entgegenzuwirken, muss gesagt werden, dass entgegen der in Deutschland verbreiteten Meinung nicht jeder Inder unpünktlich ist. Pünktlichkeit spielt nur einfach eine untergeordnetere Rolle. Wenn jemand später kommt regt man sich nicht darüber auf, sondern akzeptiert die Situation, so wie sie ist. Was sollte man auch tun, wenn der Zug zwei Stunden später kommt? Vom Ärgern fährt er auch nicht schneller. So kommt es, dass wir auf all unseren Zugfahrten nie schimpfende Menschen an Bahnsteigen gesehen haben.

An dieser Stelle ein Aufruf an euch, liebe Leser:
Nehmt das Leben, so wie es kommt. Versucht vielleicht in nächster Zeit mal spontaner und entspannter im Alltag zu sein.
Der verspätete Bus kann die Chance sein, Dinge in seiner Umgebung wahrzunehmen, die sonst vielleicht übersehen werden (natürlich ist das nicht möglich, wenn man nur auf sein Handy schaut). Anna und ich zum Beispiel haben “indisches” Busfahren lieben gelernt. Es gibt nichts Entspannteres als sich den Fahrtwind um die Ohren blasen zu lassen (indische Busse haben keine Fenster – wozu auch es ist ja immer warm), Leute und deren alltägliches Treiben zu beobachten und sich spontan mit allen Mitfahrern/Mitwartenden zu unterhalten. Wir wissen, dass es keinen festen Fahrzeiten gibt und warten gerne!

Längere Bus- oder Wartezeiten (die Distanzen hier sind größer und Fahrtzeiten meist etwas länger) sind auch eine Möglichkeit, die Gedanken einfach fließen zu lassen. Was passiert dabei im Gehirn? Es können spontane Gedankenblitze, Erinnerungen und Ideen aufkreuzen, weil das Gehirn neue Synapsen bilden bzw. verschalten kann. Kreativität z.B. ist laut Studien viel besser im Ruhezustand möglich. Anstatt sich also zusätzlich ärgern und damit Stresshormone auszuschütten, verschwendet eure Energie nicht durch schlechte Laune und Beschwerden über Dinge, die nicht zu ändern sind, sondern beschwert euch nur dann, wenn es wirklich angebracht ist. Dies ist nur dann der Fall, wenn etwas bewirkt werden kann (z.B. um sich gegen Ungerechtigkeit einzusetzen).

Das war jetzt Mal ein bisschen anderer Blogartikel und um zur Anfangsfrage zurückzukehren: Auch ein Land wie Deutschland, in dem scheinbar vieles so gut klappt und in dem wir oftmals mehr als genug und praktisch keine Probleme haben, kann sich in manchen Denkweisen auch von angeblich weniger entwickelten Ländern etwas abschauen. So geben wir meist die Antwort, dass wir Indien trotz der uns bewussten Probleme sehr lieben und der Grund dafür die Lebensweise und unglaubliche Herzlichkeit der Menschen hier ist

Alles Liebe aus der sommerlichen Hitze und aus der Mangozeit wünscht
Lydia

 

Hier noch ein paar Fotos, die ein bisschen Lebensfreude vermitteln sollen:

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Wurzeln und Flügel https://blogs.donboscovolunteers.de/annalydiago2india/2017/04/16/wurzeln-und-fluegel/ Sun, 16 Apr 2017 16:35:13 +0000 http://21153.562 „Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel“ – J. W. von Goethe – Dieses Zitat ist nicht nur eine Homage an unsere tollen Eltern, sondern spiegelt auch unsere aktuellen Gedanken und Emotionen wider. Das erste Mal überhaupt kann ich annähernd nachvollziehen, wie schwierig es für eine Mutter sein muss, ihr Kind […]

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„Zwei Dinge sollen Kinder von ihren Eltern bekommen: Wurzeln und Flügel“

– J. W. von Goethe –

Dieses Zitat ist nicht nur eine Homage an unsere tollen Eltern, sondern spiegelt auch unsere aktuellen Gedanken und Emotionen wider.

Das erste Mal überhaupt kann ich annähernd nachvollziehen, wie schwierig es für eine Mutter sein muss, ihr Kind gehen zu lassen. Egal ob beim Umzug in die nächstgelegene Stadt oder ans andere Ende der Welt – Kindern Flügel mitzugeben, kann unglaublich emotional und hart sein.

Was ist passiert?

Wir mussten mit dem ersten großen, dauerhaften Abschied umgehen.

Auch wenn wir noch keine Mamas sind und die Bindung zum eigenen Kind natürlich noch um ein Vielfaches größer ist, haben unsere 19 Jungs, die wir in den letzten sieben Monaten täglich begleitet haben, einen großen Platz in unserem Herzen eingenommen. Sie sind wie eine Familie für uns. Wie es mit Geschwistern eben so ist, streitet man auch mal, kämpft miteinander oder es muss geschimpft werden, wenn gewisse Leute zum wiederholten Male zu spät zur Studytime kommen, um dort nur andere abzulenken, anstatt für die kommenden Examen zu lernen. 😉

Manchmal "fighten" eben auch alle...

Manchmal „fighten“ eben auch alle…

Was haben wir nicht mitgefiebert im letzten Monat, in dem unsere Ältesten (die 12. Klässler, die zwischen 17 und 18 Jahre alt sind) ihre Abschlussprüfungen hatten! Den ganzen März hatten sie sog. „Studyholidays“, die sie den ganzen Tag mit uns im Hostel verbrachten und eigentlich zum Lernen nutzen sollten.

Wie süß sie schlafen...

Wie süß sie schlafen…

(Übrigens hat es besser geklappt, als wir dachten, aber natürlich sinkt die Konzentration irgendwann, wenn man um 4:30 zur frühesten Studytime aufstehen muss und bis 22:00 fast durchgehend lernen soll; ich konnte es also vollkommen nachvollziehen, wenn sie irgendwann einfach eingeschlafen sind)

Kabbadi - Gamestime

Kabbadi – Gamestime

Zwischendurch gibt es natürlich noch die immer lang ersehnte Gamestime, bei der wir zum „River“ gehen (d.h. zu einem ausgetrockneten Flussbett, das aufgrund der ausgeblieben Regenzeit kein Wasser enthält). Es ist wie eine riesige Spielfläche mit Palmen am Rand, Ziegenherden, die ab und an vorbei getrieben werden, oder Chillis, die zum Trocknen ausliegen.

Man kann hier schön das ausgetrocknete weitläufige Flussbett mit seinen Ziegenherden erkennen

Man kann hier schön das ausgetrocknete weitläufige Flussbett mit seinen Ziegenherden erkennen

Wokönnten die Chillis besser trocknen?

Wokönnten die Chillis besser trocknen?

Auf dem Weg zum River

Auf dem Weg zum River

Auf dem ca. 10 minütigen Fußweg zum River erzählen uns die Jungs ihren Gossip (d.h. ihre neusten lustigen Geschichten übereinander oder über ihre geheimen „lovers“) oder berichten von Familienproblemen, den kommenden Exams oder Bullenwettkämpfen etc. Doch nicht immer laufen wir dorthin… Nein, wir sind schließlich in Indien. Wenn ein kleiner Laster (das Tamilwort lautet „Kuttijaney“; übersetzt Mini-Elefant) vorbeikommt, kommt es schon mal vor, dass man schnell per Anhalter mitfährt. Es befinden sich dann 20 grölende und strahlende Jungs mit ihren glücklichen „white ghosts-sisters“ (richtig, das sind wir, die mit der Hautfarbe leider immer herausstechen und angeschaut werden) auf der Ladefläche des „Mini-Elefanten“.

Der tägliche Austausch, die vielen Gespräche, die gemeinsame Ausflüge zum River, zum Obstkaufen oder zum Post-Office (Apropos Post-Office: hier eine kleine Anekdote dazu) hat eine tiefe Bindung zwischen ihnen und uns geschaffen.

Es war beidseitig zu spüren. Die Jungs erzählten uns jeden Tag mehr Persönliches von ihnen, schrieben süße Einträge in unsere Tagebücher (in denen Anna und ich täglich die tollen Erinnerungen festhalten) und sparten in der letzten Zeit nicht an Komplimenten oder Vermissensbekundungen, wenn wir in den Urlaub fuhren.

Auf unserer Seite lief es meistens so:
Abends im Bett unterhalten sich Anna und Lydia:

„Omg heute hat XY (beliebiger Name einsetzbar) so gut mit mir Englisch gesprochen und dies und jenes erzählt…“
„Ohhh mir hat XY (beliebiger Name einsetzbar) heute so süße Sachen gesagt und sogar geschätzte drei Minuten richtig konzentriert gelernt!“
„Wie können wir sie jemals gehen lassen?!“
„Es wird so schwer Anfang April… aber vielleicht kommen wir dann endlich mal wieder dazu irgendwas zu erledigen“
„Ja wir sollten mal wieder Blog schreiben“
„Ja… aber ich freu mich erstmal auf morgen, denn da können wir Zeit mit den Jungs verbringen“

(Ihr denkt jetzt wahrscheinlich, dass wir total übertreiben, aber kurz vor dem Abschied haben wir tatsächlich fast täglich in etwa diesen Dialog geführt)

Vielleicht habt ihr jetzt einen Eindruck davon bekommen, wie sehr wir an ihnen hängen und wie schwer es uns fiel, sie gehen zu lassen.

Am Tag der Tour; Gut sichtbar das rote Anna und Lydia T-Shirt

Am Tag der Tour; Gut sichtbar das rote Anna-und-Lydia-T-Shirt

Foto-Shooting auf der Tour

Foto-Shooting auf der Tour

Zum Abschied haben wir noch rote Tshirts mit selbstdesigntem Anna&Lydia-Logo für alle Jungs und einen Ausflug gesponsort. (Nochmal ein herzliches Dankeschön an alle Spender!) Es war ein wundervoller Tag in Madurai, beim Tempelbesuch, in einem Wasserpark und in einer fast westlichen Shopping-Mall. Die Jungs haben gestrahlt und waren so glücklich! Es war für viele das erste Mal auf einer Rutsche oder auch auf einer Rolltreppe. In der Mall sind wir teilweise mit den Jungs nur den Aufzug hoch und runter gefahren. Für Jugendliche in Deutschland wäre deren Begeisterung unvorstellbar!

Ich hatte das Gefühl, dass dieser Tag niemals enden soll und doch war es am nächsten Morgen Zeit, Abschied zu nehmen. Es war so traurig zu sehen, wie sie ihre Koffer packten und die Fächer des Regals sich leerten. Es sah am Ende ähnlich leer aus, wie sich mein Herz an diesem Tag fühlte. Ich erspare euch Einzelheiten, aber Abschiedstränen gabs auf beiden Seiten.

Einer der Koffer mit den gesamten Habseligkeiten eines Hostelboys

Einer der Koffer mit den gesamten Habseligkeiten eines Hostelboys… Dieses Foto ist typisch für unsere melancholische Stimmung am Abschiedstag

Die 12. Klässler haben jetzt ihr Abitur in der Tasche und die meisten werden damit dann aufs College in den nächstgelegenen größeren Städten gehen. Auch wenn sie versprachen, mal zu Besuch zu kommen, hatte der Abschied etwas Endgültiges, da wir nicht mehr den Alltag teilen oder Kontaktmöglichkeiten fehlen (nicht alle haben Handys). Jetzt sind sie frei. Und so traurig der Abschied war, freuen wir uns natürlich, dass sie die Schulzeit überstanden haben.

Das meint Goethe wahrscheinlich in seinem Zitat: Wir benötigen Wurzeln, Geborgenheit, eine gute Erziehung und die Gewissheit, jemanden zu haben, der einen unglaublich liebt, und dazu gleichzeitig Flügel, die uns ermöglichen, zu träumen, abzuheben, frei zu sein und eigene Wege zu gehen.

Wir hoffen, dass wir den Jungs das gut vermitteln konnten und sie von uns genauso viel lernen konnten, wie wir von ihnen.DSC06579

Liebe Grüße aus Vilathikulam,

Eure Lydia

Der Beitrag Wurzeln und Flügel erschien zuerst auf Don Bosco Volunteers.

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