Meine lieben Leser,
Jeden Nachmittag verbringe ich auf Dantokpa, dem größten Markt Westafrikas. Dort befindet sich die Baraque SOS, ein weiteres Projekt der Don Bosco Schwestern. Täglich laufe ich nach dem Mittagessen im Ausbildungszentrum „Maison de l’Esperance“ (ebenfalls ein Projekt der Schwestern) gut 20 Minuten über den Markt, um zur Baraque SOS zu kommen. Dantokpa hat eine Fläche von ungefähr 20 Hektar (das ist so groß wie 30 Fußballfelder zusammen!) und liegt an dem großen Kanal, der die ganze Stadt in zwei Hälften teilt und vom Meer in die große Lagune nördlich von Cotonou führt. Auf dem Markt findet man so gut wie alles: Exotische Früchte, Wurzeln, Reis, Maismehl und Gemüse, Fisch und Fleisch, Nähzubehör, Kosmetik und Perlen, Küchenutensilien, viele bunte Stoffe, richtige Abteilungen für Schmuck, Taschen, Schuhe und Technik. Zum Teil ist es Schmuggelware aus Nigeria, gerade dann, wenn es sich um Alkohol, Tabak oder Elektroartikel handelt. Es gibt einen Bereich, in dem man lebende Tiere kaufen kann (Ziegen, Hasen, Katzen und Geflügel) und einen riesigen Second-Hand-Teil, in dem man gespendete Kleidung bekommt.
Faszinierend ist der Fetischbereich. Hier bekommt man neben traditionellen Kräutern und Blättern auch tote Chamäleons, Schädel von Affen und Krokodilen, getrocknete Ratten, Seesterne und Tierfelle. Das wird für traditionelle Zeremonien benutzt, denn hier in Benin ist der Glaube an Voodoo und Fetische stark verbreitet.
Auf den Markt zu gehen, überfordert meine Sinne auch nach dem dreiviertel Jahr, das ich schon in Benin bin, immer noch. Erstmal gibt es einfach so viel zu sehen, dass ich garnicht weiß, wohin ich zuerst schauen soll. Ein ständiger Geräuschepegel umgibt mich, und Gerüche verschiedenster Art kommen von allen Seiten herbeigeweht. Die meisten Verkäufer haben ihren Stand in einer kleinen Hütte, die dicht aneinander stehen. Schaut man von oben auf den Markt, blickt man auf ein Meer von Wellblechdächern.
ein kleiner Teil des Marktes von oben
Kleine dunkle Wege schlängeln sich durch die Hütten durch, dort laufen einige Kunden oder Verkäuferinnen, die keinen festen Stand haben und oft mit einem Baby, in einem Tuch auf den Rücken gebunden, ihre Ware auf dem Kopf durch den Markt tragen.
Auch sein Mittagessen kann man sich auf dem Markt an mehreren Stellen besorgen! Meistens handelt es sich dabei um Maisbrei, Reis oder Bohnen, immer mit einer Portion zerriebenem Chili dazu.
„Yovo, was suchst du?“
Es gibt auch breitere Wege, die lange geradeaus führen und auf denen am meisten los ist. Dort brennt die Sonne mittags immer richtig heiß vom Himmel herab, die Verkäuferinnen schützen sich mit großen Sonnenschirmen gegen die Hitze. Meistens tragen sie eine Bomba, ein traditionelles beninisches Gewand, das aus einem Wickelrock, einem langärmeligen Oberteil und einer Kopfbedeckung, alles aus dem selben Stoff, besteht. Die vielen Muster und Farben machen den Markt noch bunter!
Diese Frauen tragen die traditionelle Bomba. In den Plastiksäckchen, die auf dem Boden liegen, war Wasser. Den halben Liter bekommt man für 4 ct, die Säckchen reißt man mit den Zähnen an einer Ecke auf, nach dem Trinken werden die Plastiktüten oft einfach auf den Boden geschmissen, denn Mülleimer gibt es nicht.
Schwere Jamswurzeln
Immer wieder findet man auch große zweistöckige Hallen, die zum Beispiel vollgestopft mit Stoffen sind.
Eine dezent überfordernde Stoffauswahl 🙂
Sandstaub und Chili in der Luft bringen mich zum Niesen, und gerade in den Bereichen, in denen ungekühltes rohes Fleisch verkauft wird, riecht es unangenehm, genauso wie auf dem Fetischmarkt, wo es süßlich nach Verwesung riecht. Männer schleppen Karren, vollbeladen mit schweren Säcken voller Reis oder Mehl, über den Markt. „Agoo!“ rufen sie, damit die Menschen ihnen den Weg frei machen. „Pure Water fifaa!“, „Kponwé, Kponwé!“ und „Aioma cinq cents!“ preisen die Verkäufer laut ihre Waren an. Preise werden verhandelt, danach wird die Ware in schwarze Plastiksäckchen gepackt und dem Kunden gegeben. Es ist unglaublich voll und wuselig, und ich trage meinen Rucksack vorsichtshalber immer vorne, nachdem ich von mehreren Verkäufern darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ich gut darauf aufpassen sollte. Der Markt ist ein großes Labyrinth und ich habe einige Zeit lang gebraucht, um mich einigermaßen zurechtzufinden. Aus manchen Hütten hört man Musik, sowohl traditionell als auch moderne beninische Songs, manchmal läuft aber auch ein religiöser Sender, in dem gerade der Rosenkranz gebetet wird. Die muslimischen Verkäufer breiten zu ihren Gebetszeiten Matten auf den größeren Wegen oder in ihren Hütten aus, um sich dort hinknien zu können und zu beten.
muslimische Frauen beim Gebet
Oft werde ich von den Verkäuferinnen angesprochen, manchmal laden sie mich ein, ihre Ware anzuschauen und zu kaufen oder ihr Mittagessen mit ihnen zu teilen, aber oft begrüßen sie mich nur auf Fon und freuen sich dann total, wenn ich mit ihnen ein bisschen Smalltalk in ihrer Stammessprache rede. Smalltalk in Benin sieht so aus, dass man sein Gegenüber u.a. fragt, ob er gesund ist, was er heute schon gegessen hat und was er einem mitgebracht hat. Oft werde ich dann noch danach gefragt, wo denn mein Ehemann ist 🙂 . Manchmal schlafen Babys der Verkäuferinnen auf kleinen gemusterten Tüchern in den Hütten oder hinter den Verkaufsständen ihrer Mütter. Auch die Verkäuferinnen selbst machen ab und zu mal ein Nickerchen, gerade wenn sie ihren Stand in den engeren Gassen haben und wenn nicht viel los ist. Ansonsten wird mit den Nachbarverkäuferinnen oder den Kunden ein bisschen geratscht, der Markt ist auf jeden Fall auch ein Ort, wo man sich austauschen kann! Auf meinem Weg zur Baraque SOS sehe ich viele Kinder, die meisten davon Mädchen, die ihre Ware auf dem Kopf tragen und auf dem Markt verkaufen. (Das ist eine traurige Realität hier, worauf ich aber in meinem nächsten Blogeintrag genauer eingehen möchte, denn genau mit diesen kleinen Mädels arbeiten wir in der Baraque SOS.)
Wenn ihr einen noch besseren Einblick in Dantokpa haben wollt, empfehle ich euch dieses kurze Video von Médecins du Monde, das euch einen ganz guten Eindruck von den breiteren Straßen des Marktes geben müsste.
Viele liebe Grüße,
Tata Barbara
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