In den letzten Wochen ist wieder viel passiert. Ungefähr 3 Wochen lang bin ich mit meiner älteren Schwester einmal quer durch Indien gereist.
Samstag morgens ging es ganz früh vom Bahnhof in Vijayawada los. Die nächsten 22 Stunden haben wir dann im Zug verbracht, bis wir endlich in Mumbai, unserem ersten Stopp, angekommen sind. Zugreisen in Indien sind eigentlich ganz komfortabel. Meistens fahren Züge durch, sodass man keinen Stress beim Umsteigen hat. Bei Kurzstreckenzügen gibt es dann einfach Sitze, je nach Preisklasse mit Klimaanlage oder ohne. Für längere Fahrten kann man Schlafzüge buchen und hat somit eine Art Pritsche für die Nacht. Dabei kann man Sleeper (8 Betten pro Abteil), 3A (6 Betten), 2A (4 Betten) oder 1A (2 Betten) buchen. Hier unterscheiden sich die Preisklassen deutlich, je nach dem wie viele Betten pro Abteil sind und ob es AC (Klimaanlage) gibt. Längere Zugstrecken reisen wir 3A, dadurch sind die Fahrten recht gemütlich.


In Mumbai haben wir dann die typischen Touristenattraktionen besichtigt. Wir haben das Gateway und den Taj Mahal Palace angeschaut, in dem jetzt ein Hotel ist, waren am CS Terminus (Bahnhof aus der britischen Kolonialzeit) und beim Grabmahl von Haji Ali, wo es unglaublich guten Fruchtsaft gibt. Wir haben uns den Crawford Market an der Hauptmoschee angeschaut, der in einer riesigen Halle untergebracht ist, und an einem Tag haben wir auch eine Bootstour zu der Elephantana Insel gemacht, wo ein sehr alter Shiva Tempel in den Fels gehauen ist.







Besonders spannend war die Tour, die wir in Mumbai gemacht haben. Dabei haben wir uns die Dhobi Ghats angeschaut, wo Mumbais Wäsche gewaschen und getrocknet wird. Man sieht in der Nähe auch viele Männer mit weißen Kappen, die auf ihren Fahrrädern Lunchboxen ausliefern (Dabbawalas). Die Lunchboxen werden zur Mittagszeit abgeholt, noch warm zu den Büros gebracht und später wieder vor der richtigen Haustür abgeliefert, ohne dass die vielen Lunchboxen verloren gehen oder nicht richtig ausgeliefert werden. Dieses System gibt es nur in Mumbai und ist seit Jahren erfolgreich. Außerdem schaut man bei der Tour die verschiedenen Arbeitsbranchen in Dharavi, einem Armenviertel in Mumbai, an. Dharavi kennt der eine oder andere vielleicht von dem Film „Slumdog Millionair“, der dort gedreht wurde. Vor Ort gibt es zum Beispiel Töpferei, Näherei, Bäckerei und Leder vom Schlachter wird gefärbt und verarbeitet. Die meisten Menschen verdienen ihr Geld mit dem Sortieren und Recyceln von Plastik und Aluminium (80% von Mumbais Plastik wird dort wiederverwertet). Mumbai hat wirklich einen bleibenden Eindruck bei uns hinterlassen mit seinen vielen Facetten und doch der großen Schere zwischen extremem Reichtum und Armut.






Geplant waren eigentlich weitere 22 Stunden Fahrt, diesmal im Schlafbus nach Jaisalmer. Insgesamt waren wir dann aber wohl 28 Stunden unterwegs. Erst mit unserem Reisebus, der 4 Stunden Verspätung hatte und schließlich mit einem Regionalbus, der mit maximal 60 kmh durch die Landschaft getuckert ist. Jaisalmer ist eine eher kleine Stadt in der Savanne. Alle Gebäude vor Ort sind aus gelbem Sandstein, sodass ein Spaziergang wirklich wunderschön ist. Besonders berühmt ist Jaisalmer für sein Sandsteinfort. Mit einem Jeep sind wir außerdem an einem Mittag etwa eine Stunde raus gefahren in die Wüste Thar. Dort durften wir auf Kamelen reiten und haben uns in den Sanddünen den Sonnenuntergang angeschaut. Nach einer Nacht in der Wüste unter Sternenhimmel sind wir bei Sonnenaufgang dann wieder zurück nach Jaisalmer gefahren.






Der nächste Halt auf unserer Reise war Jaipur. Jaipur gehört mit Agra und Delhi zusammen zum goldenen Dreieck und wird auch Pink City genannt. Wirklich pink sind die Hausfasaden im Stadtzentrum natürlich nicht, sondern halt eher Ziegelsteinrot. In Jaipur haben wir Jal Mahal (den Palast des Wassers) und bei einem langen Spaziergang mit tollem Ausblick das Nahargar Fort und den Jawa Mahal (den Palast des Windes) angeschaut. Ein bisschen außerhalb, in Amber, befinden sich Jaigarh Fort und Palast, beides auch definitiv sehenswert.






Recht schnell ging es für uns dann schon weiter nach Agra. Dort mussten wir uns natürlich das Taj Mahal anschauen. Extra früh sind wir aufgestanden und konnten so den Sonnenaufgang am Taj genießen. Was soll man sagen, es hat sich auf jeden Fall gelohnt. Bevor wir auch von dort wieder weitergezogen sind, haben wir uns noch das Agra Fort angeschaut. Kleiner Tipp am Rande: Bananenlassi ist eine Spezialität in Agra und ist wirklich lecker.




Weiter ging es nun knapp 4 Stunden mit dem Zug nach Delhi, der Hauptstadt von Indien. Unser Sightseeing gestartet haben wir am Bangla Sahib Tempel, das ist ein Tempel der Sikh. Die Sikh sind Anhänger des Sikhismus, einer monotheistischen Religion (nur ein Gott), die im 15. Jahrhundert in Nordindien von Guru Nanak gegründet wurde und sich auf Werte wie Gleichheit, Teilen und Selbstlosigkeit beruht. Auffällig ist, dass am Tempel alle Männer einen Turban tragen. Weil Männer und Frauen ihr oft die Haare ihr Leben lang nicht schneiden, ist der Turban eines der Merkmale der Sikh. Am Tempel bekommen alle, Gläubige und Besucher, auch eine kostenlose Mahlzeit zur Verfügung gestellt. Dabei setzen sich alle in lange Reihen auf den Boden und es wird gemeinsam Reis, Curry und Chapati gegessen.Nach dieser interessanten Erfahrung sind wir weiter spaziert zum India Gate, das in einem wirklich schönen Park liegt und zum Qutb Minar, einer Ansammlung von Ruinen und Grabmählern im ältesten Stadtteil von Delhi. Der Freund von meiner Schwester ist dann in Delhi noch zu uns gestoßen und zu dritt haben wir das Red Fort, die sehr überfüllte Jama Masjid (Hauptmoschee) und den Lotus Tempel angeschaut. Wir haben es uns auch nicht nehmen lassen, ins Kino zu gehen und den Bollywoodfilm „Sikandar“ anzuschauen. Obwohl der Film auf Hindi war, konnte man die Handlung gut verfolgen. In Bollywoodfilmen wird (im Gegensatz zu Hollywood) eigentlich immer an bestimmten Teilen des Films getanzt und gesungen.








Mit dem Bus ging es schließlich weiter in den Norden nach Haridwar, einer Stadt direkt am Ganges. Haaridwar ist berühmt für seine Ganges Aarti Zeremonie, bei der der Flussgott verehrt wird mit Musik, Sprechgesängen, Fackeln und Blumen. Am Schluss der Zeremonie stellen die Gläubigen Kerzen in das Wasser, die dann den Fluss runter schwimmen. Dort gibt es auch zwei Bergtempel, zu denen wir hingewandert sind. Viele Menschen pilgern dort hin (oder nehmen die Seilbahn), um den Gottheiten Opfer zu bringen oder sich ihren Segen zu holen. Von Haridwar aus haben wir einen Tagesausflug nach Rishikesh gemacht, sind am Ganges entlang gewandert zu einem Wasserfall und haben unsere Füße ins heilige Wasser gehängt.





Mit einem Bus ging es für uns dann über Nacht auch schon zum letzten Stopp auf unserer Reise: Dharamsala, oder besser gesagt der höher gelegene Teil Mc Leod Ganj (auf ca. 2000 Höhenmetern). Da haben wir dann tatsächlich richtig gefroren, als wir aus dem Bus gestiegen sind bei für Indien völlig ungewöhnlichen 15°C. Dharamsala ist die Heimat vom 14. Dalai Lama (spirituelles Oberhaupt der Tibeter) und Sitz der tibetischen Exilregierung. Viele tibetische Flüchtlinge und Möche haben hier Zuflucht gefunden und die Stadt ist deshalb auch sehr geprägt vom Buddhismus. Den Haupttempel Tsudlagkhang haben wir uns deshalb natürlich angeschaut. Außerdem haben wir an einer einstündigen tibetischen Meditation teilgenommen, das lange Sitzen im Schneidersitz taugt mir persönlich aber nicht so gut. Deshalb um so besser, dass man in Dharamsala auch viele Wanderungen mit wahnsinnig schönem Ausblick machen kann. Wir waren bei einem Wasserfall, haben einen Tempel angeschaut, bei dem zu Dudelsackmusik getanzt wurde und gerade ein Ziegenopfer vorbereitet wurde und haben uns an den wirklich steilen Wanderweg nach Triund gewagt (der steilste Anstieg, den ich in meinem Leben je gemacht habe, aber hat sich definitiv gelohnt).









Und nach so vielen tollen Erfahrungen und viel kulinarisch gutem Essen war unsere Reise dann auch viel zu schnell schon wieder vorbei, obwohl ich mich natürlich auch wieder auf die Kinder in den Projekten und meine lieben Mitvolos freue. Auf was ich mich aber definitiv nicht freue, sind die 40°C, die es jetzt mittlerweile in Vijayawada hat. Da wäre ich dann doch fast lieber im Himalaya geblieben…
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