Am 17. August bin ich morgens gesund und wohlauf wieder in Deutschland gelandet.

Die letzte Woche vor dem Rückflug war total chaotisch und geprägt von last minute Einkäufen, verzweifeltem Packen und vielen Verabschiedungen. In alle Projekte, in denen wir das Jahr über gearbeitet haben, haben wir zum Abschluss nochmal einen Kuchen mitgebracht, der gemeinsam angeschnitten und natürlich wie es sich gehört gegenseitig gefüttert wurde. Das hat mit den Resten der Zuckerpaste nicht nur einmal zu einer großen Kuchenschlacht geführt. Einige der Kinder haben auch nochmal einen Tanz aufgeführt und es wurden viele Abschiedsworte gesprochen.

Am 15. August war dann auch noch der Independanceday. Hier wird die Unabhängigkeit Indiens von Großbritannien gefeiert. Dafür wurde der Innenhof des Deepanivas mit den Farben der indischen Flagge geschmückt und die Jungs, alle Mitarbeiter und auch Kinder aus der Anuragam Community waren dabei. Ein Ehrengast (Politiker) wurde empfangen, es wurden patriotische Tänze aufgeführt von den Kindern, die fleißig die Flagge geschwungen und beeindruckende Pyramiden auf der Bühne gebaut haben, es gab einige Reden bezüglich des Anlasses und auch wir Volontäre haben ein allerletzten mal (zum Glück) das Tanzbein geschwungen. Am darauffolgenden Tag wurden dann endgültig die Koffer gepackt und es ging ab zum Flughafen.

Jetzt bin ich wieder seit ein paar Tagen in Deutschland und mein Kulturschock bei der Ankunft hätte nicht größer sein können. Von den Häusern über die Vegetation, die Kleidung, der Verkehr und das Essen, alles ist wieder anders als in Indien und doch so vertraut.

Was ich definitiv sagen kann: Eine bessere Entscheidung, als mit Don Bosco nach Indien zu gehen, hätte ich nicht treffen können. Das Leben in unserer Wohnung (liebevoll Ranzladen genannt, wir hätten definitiv öfter putzen können) mit meinen super Mitvolos, die Arbeit mit den Kindern in den verschiedenen Projekten, das Eintauchen und Erleben einer völlig anderen Kultur und Gesellschaft, das alles hat mir total gut gefallen. Ich durfte so viel sehen, erleben und lernen in diesem Jahr und bin für jede Erfahrung dankbar.
Ich durfte lernen, dass Indien so viel mehr ist als nur Müll, Lärm, Armut und Menschenmassen und habe großes Gefallen gefunden an den bunten Farben, dem scharfen Essen und der Herzlichkeit und Gastfreundlichkeit der Inder. Diese Offenheit gegenüber uns Ausländern, das freundliche und hilfsbereite Miteinander geprägt von Spontanität und Gelassenheit und die Selbstverständlichkeit beim Teilen unabhängig von Vermögen und Reichtum haben mich extrem beeindruckt und mir gezeigt: Vorurteile bringen niemandem etwas und stehen einem selbst nur im Weg. Man sollte sich immer selber ein Bild machen.

So hatte ich beispielsweise auch als Frau abends alleine in den Straßen nie Angst, denn immer gab es Mitmenschen, die ein Auge auf mich geworfen haben und geschaut haben, dass ich mich wohl fühle. Vor meinem Freiwilligendienst hätte ich mir das so nie vorstellen können.

Wenn man mich also nach meiner persönlichen Entwicklung fragen würde, so könnte ich sagen, ich habe Nerven aus Stahl bekommen, bin Meister im Multitasking und grundsätzlich einfach viel selbstständiger, offener und selbstbewusster geworden. Meine Antwort ist aber, dass ich unglaublich dankbar geworden bin. Damit meine ich nicht nur Dankbarkeit bezüglich meiner Privilegien in Deutschland, eine Zukunft voller Möglichkeiten, ein Gesundheitssystem und ein Staat, der sich für mein Wohlbefinden interessiert, sondern ich meine vor allem die Erkenntnis, Wertschätzung und Zufriedenheit für alles zu empfinden, was ich habe, ohne immer zu klagen und zu schimpfen.

Obwohl ich letztendlich Indien und alle Menschen, die ich dort zurückgelassen habe, vermissen werde, so freue ich mich doch auf alles, was mich jetzt in Deutschland erwartet.

Zum Schluss möchte ich vielen Dank an alle sagen, die mich auf meinem Weg begleitet und unterstützt haben.

Liebe Grüße

Anne