Die letzten Wochen brechen an und nach dem Sommercamp hat sich für uns der Arbeitsalltag wieder eingestellt. Zumindest fast, denn Engjell lag ein paar Tage lang mit Malaria im Krankenhaus und dementsprechend gab es die ein oder andere spontane Planänderung.
Nach dem Sommercamp haben wir uns aber auch erstmal eine kurze Verschnaufpause gegönnt und sind mit dem Nachtzug für ein Wochenende nach Chennai gefahren. Dort haben wir Verwandte von Luca besucht, die uns in der ziemlich modernen Stadt (mit immens viel Stau und Verkehr) herumgeführt haben. Von Shoppingmalls, über europäische Bäckereien bis hin zu Tempeln, Kirchen und Strand gab es hier wirklich alles.


Was unsere Arbeit betrifft, so unterrichten wir im Open Shelter weiterhin und wir freuen uns zu sehen, wie jedes Kind in seinem Tempo Lernerfolge erzielt. Mittlerweile sind wir alle wirklich ein eingespieltes Team. Stundenlang können die Jungs auch Karten- und Brettspiele spielen, jeden Tag wird fleißig gepuzzelt und das mittlerweile viele der Teile fehlen, ist kein Problem.


Sonst überlegen wir uns oft verschiedene Bastelideen oder andere Aktionen zur Abwechslung.
Unsere persönlichen Favouriten:
[ ] Kochstunden: Ob Obstsalat, Gemüsesticks oder Pfannkuchen, am Schnippeln und Kochen haben die Jungs großen Spaß und unser Motto heißt: Learning by doing.



[ ] Murmelbahn aus Klopapierrollen: Schweiß und Tränen wurden vergossen, damit die Jungs das auch richtig bauen und kleben. Hat auch funktioniert, allerdings nicht lange gehalten. Aber immerhin haben wir so unsere vielen Klopapierrollen recycelt…



[ ] Faschingsfeier: Zwar schon lange her, aber im Februar haben wir unsere eigene Faschingsfeier im Shelter organisiert, die Kinder geschminkt und die typischen Spiele wie Reise nach Jerusalem und Stopptanz gespielt.



[ ] Monster-Lesezeichen: Einfach zu basteln, haben die Jungs zur Verschönerung in ihre Spindfächer geklebt.


[ ] Autos: Eine weitere Recycling-Aktion bei der wir aus Klopapierrollen, Flaschendeckeln und Wattestäbchen Autos gebastelt haben.


[ ] Stressbälle: Aus Luftballons, Mehl und Trichter haben wir mit den Jungs Bälle gebastelt. Dass danach der ganze Raum voller Mehl ist, hätte ja keiner davor wissen können.
Nachmittags fahren wir weiterhin fleißig mit unseren Klapperrädern, die mittlerweile jede Woche irgendeine Art von Reparatur benötigen, in die Tadepalli Community. Wenn die Kinder, die zur Schule gehen, mit ihren Hausaufgaben fertig sind, verteilen wir meistens Ausmalbilder. Und selbst nach einem Jahr haben die Kinder immernoch genau so viel Spaß am Ballspielen und Seilspringen wie zu Beginn unseres Freiwilligendienstes.


Nach anfänglichen Startschwierigkeiten sind wir jetzt auch immer mehrere Tage lang im Vimukti, dem Rehabilitationszentrum für drogenabhängige Jungs. Erst Busfahrt im Klapperbus und dann weiter mit Sharringcar oder per Anhalter, irgendwie kommen wir immer hin. Die relativ jungen Kinder vor Ort freuen sich besonders, wenn wir die Musikbox mitbringen und sie dazu tanzen können. Aber auch an Mathearbeitsblättern haben sie erstaunlich großen Spaß, beim restlichen Unterricht muss man sie manchmal etwas motivieren. Im Vimukti verbessere ich auf jeden Fall meine Cricket- und Volleyballskills und spiele auch schon minimal besser Carromboard. Und das die Jungs einfach an den Palmen draußen hochklettern können für frische Kokosnüsse, ist natürlich auch genial.



In unserer freien Zeit versuchen wir sonst, noch so viel wie möglich mitzunehmen und zu unternehmen. Fast jeden Abend gehen wir zur Eatstreet an der Hauptstraße und probieren hier verschiedenstes Streetfood. Das ein Abendessen hier nur 30-60 Cent kostet, muss natürlich noch ausgenutzt werden. Außerdem versuchen wir verzweifelt auf den letzten Drücker noch von unseren Freunden zu lernen, wie man die ganzen indischen Gerichte kocht. Die Schärfe, den vielen Reis und sogar das mit den Händen Essen werde ich Deutschland definitiv vermissen.




Ein großes Highlight für uns war noch, als wir zu einer Function eingeladen wurden. In Indien wird ein großes Fest gefeiert, wenn ein Mädchen das erste mal ihre Periode bekommt. Für umgerechnet 25 Cent sind wir 2 Stunden lang mit dem Zug in ein Dorf gefahren. Weil die Familie katholisch ist, wurde für das Mädchen eine Art Messe abgehalten. Danach gab es für die 300-400 Besucher Mittagessen, ein Buffet aus Chickenbyriani und Nachspeisen und danach wurden noch ganz viele Fotos geschossen und Geschenke überreicht. Nach dem offiziellen Teil sind wir ans nahegelegene Meer gegangen und haben so einen schönen Tag abgeschlossen.






Mit dem letzten Rest an Urlaubstagen haben wir uns dann noch aufgemacht nach Kerala, dem wohl schönsten Bundesstaat, was die Natur angeht. Unser erster Stopp war in Kochi.


Besonders die Kathakali Aufführung, eine traditionelle Theaterart, bei der nicht gesprochen wird und wo man vorher beim Schminken und Verkleiden der Männer zusehen konnte, war sehr interessant.


Für einen Tag haben wir auch einen Ausflug in die Backwaters gemacht und haben die Gewässer mit einem Boot erkundet. Die Backwaters sind ein verzweigtes Wasserstraßennetz an der Küste in Kerala.


Weiter ging es für uns mit Zug und zwei Bussen eine serpentinenreiche Straße hinauf auf 2600 Höhenmeter nach Ooty. Dass es dort dann keine 36° Grad mehr wie in Vijayawada haben würde, sondern halt 15° Grad und durchgehenden Regen, haben wir nicht bedacht und erstmal ordentlich gefroren (dann wurden Socken und Regenjacken gekauft). Ooty liegt umgeben von weitreichenden Teeplantagen und ist für seine Tee- und Schokoladenfabriken bekannt. Auch der botanische Garten und die umliegenden Seen waren sehr beeindruckend.


Für unsere Heimreise sind wir schließlich in den berühmten Toytrain gestiegen und konnten während der Fahrt über Brücken und durch Tunnel hindurch viele Teeplantagen, weite Tropenwälder und weiter unten schließlich Palmwälder bewundern. Eine halbe Stunde lang musste der Zug auf der Strecke stehen bleiben, weil ein Elefant auf den Gleisen stand. Als der Zug dann endlich weitergefahren ist, konnten wir einen Blick auf den Elefanten erhaschen.




Jetzt sind es auch nicht mal mehr 4 Wochen bis zu meinem Rückflug, es ist also Endspurt angesagt für alle Dinge und Besorgungen, die noch gemacht und erledigt werden müssen. Bald stehen auch schon die ersten Verabschiedungen an. Den nächsten und letzten Blogeintrag wird es dann geben, wenn ich wieder in Deutschland bin.
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