Endlich – der 23 September, ein von den Jungs lange erwarteter Tag, ist da! Heute sind die Prüfungen, für die sie die letzten Wochen viel lernen mussten endlich geschafft und die Ferien können kommen. Viele dürfen nach Hause zu ihren Familien, einige der Jungs bleiben im Projekt und werden die nächste Woche Spiele spielen und Filme schauen. Ferien eben.

Unser Father ist der Meinung, wenn die Jungs Ferien haben, dann gibt es im Projekt nicht viel für uns zu tun und wir sollen auch auf Reisen gehen und die Schönheit und Vielfalt Indiens entdecken. Und so verabschieden wir uns am nächsten Tag schweren Herzens von den Jungs (wir haben sie schon alle ins Herz geschlossen und irgendwo in unseren Hinterkopf lauert die Frage, wie das wohl im August nächsten Jahres wird, wenn der Abschied nicht nur für eine Woche ist…)

Nachdem die Jungs weg sind, kann es auch für uns losgehen: das Tuctuc wartet schon und bringt uns zum Busbahnhof. Hier steigen wir in einen Bus und finden uns 2-3 Stunden später in Coimbatore bei unseren Mitvoluntären Jonathan und Fabian wieder. Es ist schön, mal wieder zu quatschen, Erfahrungen auszutauschen und ihr Projekt kennenzulernen.

Nach nur zwei Tagen geht es weiter. Montag, 4 Uhr früh quälen wir uns aus dem Bett und ab in den Zug. Unser Ziel ist Kotagiri, eine kleine Stadt in den Bergen. Schon die Anreise ist etwas Besonderes. Mit einer alten Dampflokomotive, die noch von den britischen Besetzern vor etwa hundert Jahren gebaut wurde, geht es langsam aber stetig den Berg hinauf.

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Generell lerne ich hier in Indien schon die Anreise zu genießen. Während man in Deutschland gelangweilt im Zug oder Bus sitzt, auf dem Smartphone herumtippt und darauf wartet, endlich anzukommen, beginnt in Indien das Abenteuer für mich schon mit der Reise. Stundenlang könnte ich aus dem Fenster schauen, während die immer noch fremd und exotisch erscheinende Landschaft an mir vorbei zieht. Weite, trockene Felder, Teeplantagen, Palmen, Wälder und dazwischen immer wieder belebte Dörfer mit vielen Menschen, Straßenständen und Kühen und Ziegen auf den Straßen, welche von Autos und Motorrädern hupend umrundet werden. Alle halbe Stunde müssen wir anhalten, damit die überhitzte Lok mit Wasser überschüttet werden kann. Dann gibt es einen kleinen Snack, sweet corn, Kekse, indische Süßigkeiten und natürlich Tee oder Kaffee. Einige Affen kommen aus dem Gebüsch undhoffen darauf, einige Leckereien erhaschen zu können.

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Man kommt mit anderen Reisenden ins Gespräch, welches je nach den Englischkenntnissen deines Gegenübers bei Smalltalk bleibt (wie heißt du? wo kommst du her? was machst du hier?) oder sich zu einer interessanter Unterhaltung entwickelt. Anschließend wird man meist eingeladen zum Essen oder zum Chaia (Tee), nach Chennai oder anderswo. Wenn ich unterwegs bin, habe ich jetzt vermutlich überall Anlaufstellen. Nach dieser fünfstündigen Zugfahrt, die zwar etwas unbequem und eng, ansonsten aber sehr abwechslungsreich und unterhaltsam war, sind wir endlich angekommen in den Nilgiri hills. Das bemerkt man gleich am Temperaturunterschied. Während es im Projekt in Nilavaarapatti warme 36 Grad hat, sind es hier nur 14. Irgendwie erinnert mich die Gegend an zu Hause. Das Klima, die Berge und die Landschaft. Nur die Teeplantagen, die hier die Landschaft prägen, findet man in Deutschland eher selten.

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Die knappe Woche in Kotagiri auf Mount Don Bosco verbringen wir mit ausruhen oder den Pfadfindern, die hier gerade ihr Lager aufgeschlagen haben. Einmal begleiten wir sie auf einen Tagesausflug und lernen die Schönheit der Landschaft kennen (inklusive Mittagessen im Grünen, wie es sich für Pfadfinder gehört!)

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Den nächsten Tag verbringen wir im Bus. Eigentlich wollten wir nach Modumalai, um den dortigen Wildpark zu besuchen (mit Elefanten, Leoparden, Bisons, Affen…) Leider aber meinte das freundliche Nicken und das „Yes Yes, Modumalai“ des Busbegleiters als wir in den Bus stiegen nicht, dass das der Bus nach Modumalai ist und so finden wir uns 4 Stunden später in Mettoparliam (einer Stadt in der es nichts, aber auch nichts zu besichtigen gibt) wieder. Nach einem schnellen Mittagessen setzen wir uns wieder in den Bus und fahren die 4 Stunden zurück. Anstatt eines Wildparks hatten wir also ein unterhaltsame Busfahrt, aus der wir die Lehre gezogen habe, immer 10 Mal nachzufragen wohin der Bus fährt. Am Samstag geht es dann gestärkt vom Urlaub wieder zurück ins Projekt. Diesmal nicht mit der alten Lok sondern einem normalen Zug.

Hier geht es jetzt richtig los! Den erste Monat hatten wir quasi Schonungs- und Eingewöhnungsphase. Ab jetzt werden wir die Kinder in Englisch unterrichten und richtig in ihren Timetable eingegliedert, dass auch Zeit für unsere Ideen und Vorstellungen bleibt. In meinem nächsten Blogartikel werde ich dann genauer über meinem Tagesablauf und meine Aufgaben im Projekt berichten.