Einen Monat in Kerala

Meine Zeit hier in Indien neigt sich nun langsam dem Ende zu und mir bleiben nicht mal mehr 3 Monate. Auch wenn das am Anfang vielleicht noch sehr viel erscheint, ist es im Vergleich zu den 8 Monaten, die ich jetzt schon hier verbracht habe, sehr wenig. Vor allem wenn man bedenkt, dass ich nun vor zwei Wochen das Hostel verlassen habe und auch erst in zwei Wochen wieder nach Devadurga zurückkehren werde und dann nur noch zwei Monate dort bleiben werde. Momentan lebe und arbeite ich in Kerala, dem Nachbarstaates Karnatakas. Dort helfe ich in dem Don Bosco Global Education Center für deutsche Sprache in Palakkad aus. Die Schüler vor Ort sind im Alter von 16 bis 25 Jahren und wollen nach dem Beenden des B2 Kurses nach Deutschland. Die meisten von ihnen wollen dort als Krankenpfleger arbeiten oder den Bachelor oder Master in IT Bereichen abzuschließen. Ich übernehme Klassen, in denen ich mit ihnen gesprochenes Deutsch übe, über deutsche Kultur erzähle und am Nachmittag und Abend unterhalte ich mich mit den Schülern, spiele mit ihnen Brettspiele oder Badminton und helfe bei Hausaufgaben oder beim Lernen.

Obwohl meine Reise nach Kerala schon länger geplant war, war es dann am Ende doch sehr spontan. Der Plan war, dass ich Anfang Mai nach Palakkad komme. Dadurch, dass es dann vor Ort auf einnmal super heiß wurde, wurde die Institution für zehn Tage geschlossen und meine Reise war gecancelt. Zu Beginn dachte ich, dass ich wahrscheinlich garnicht mehr kommen kann, weil es super schwierig ist spontane Zugtickets zu bekommen und wir nicht wussten, ob der Unterricht nach den zehn Tagen wirklich wieder beginnen kann, aber ganz spontan hat mir mein Rektor einen Tag davor beim Mittag gesagt, dass ich am nächsten Tag nach Bengalore fahre. Ich habe also ganz schnell Rekord gepackt und alles geputzt ( für wen ich geputzt habe, frage ich mich aber bis heute, denn wenn ich wieder komme wird der Staub in jeder Ecke sein und Ameisen, Spinnen sich ein Zuhause geschaffen haben) da ich mich zu der Zeit alleine um die Kinder gekümmert habe, musste ich alles vorbereiten, damit die Person ,die das für mich übernehmen soll, über alles bescheid weiß. Also habe ich das auch noch gemacht und bin dann am nächsten Morgen ganz früh auf nach Bengalore. Aus Angst um 4:30 nicht aufzuwachen, habe ich mir gleich 5 Wecker gestellt und war dann auch irgendwann und ganz schnell im Auto der FAthers auf dem Weg nach Raichur und dann nach Bengalore. Von dort sollte ich am nächsten Tag nach Kerala reisen, das ging dann ganz spontan aber dem Tag selbst schon. Sponatanität wurde auf dieser Reise ganz groß geschrieben, wie unschwer zu erkennen ist. Nach 16 Stunden Zug fahren, beziehungsweise nach einigen Stunden schlafen, bin ich dann in Palakkad angekommen und abgeholt worden. Mittlerweile kann ich immer und überall schlafen und das sogar trotz des lauten Schnarchens meines Bettnachbarn( das klingt ganz Irre führend, ich meine natürlich die Person, die in dem Bett neben meinem Bett geschlafen hat.)

Die Jobmöglichkeiten in Indien sind stark begrenzt und vor allem das Gehalt in den Gebieten außerhalb der Großstädte ist sehr gering. Auch gewisse kulturelle Aspekte, wie beispielsweise die Rolle der Frau oder arangierte Ehen, schränken junge „modern denkende“ Menschen stark ein und macht das Leben in Indien für manche unattraktiv. Dazu kommt noch ,dass die Lebensverhältnisse und der Lebensstandard in Deutschland deutlich höher sind. Familien mittleren Standes leben hier oftmals in Häusern mit zwei bis drei Zimmern und meistens schlafen ganze Familien in einem Zimmer, weil einfach nicht mehr Platz zur Verfügung steht. Ärmere Familien leben oft in ein bis zwei Räumen und kochen draußen. Trotzdem sind sie sehr dankbar, dass sie wenigstens ein Haus haben, weil viele Menschen auch in einfachen Aluminiumhütten oder Zelten leben und Temperaturen um die 45 Grad im Sommer ohne Ventilator aushalten müssen. Oft gibt es, vor allem bei uns in Karnataka, stundenlang kein Strom und Wasser und gerade im Sommer schlafen wir alle zusammen draußen auf dem Boden, weil es sonst bei Stromausfall im Zimmer einfach nicht auszuhalten ist. Falls jetzt jemand fragen möchte, ob wir denn keine Angst vor Schlagen haben…besser ist es mich nicht an Schlangen zu erinnern. Deswegen möchten einige indische Menschen ihr Land verlassen und in Ländern, wie Deutschland ein neues Leben in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft, aufbauen. Natürlich können sich nur Menschen aus wohlhaberenden Familien leisten, Deutschkurse zu besuchen und nach Deutschland zu fliegen und die Menschen aus den ärmsten Familien bleiben leider arm, weil es wenig Aufstiegschancen gibt. Genau das ist aber auch der Grund warum es Projekte wie das in Devadurga gibt und Cild Labours oder Kinder aus armen Familien kostenlos aufnehmen und Schulbildung ermöglichen, sodass sie durch ihre Bildung eine Chance auf Jobs haben und nicht wie ihre Eltern Feldarbeit oder daily wage jobs annehmen müssen. Jetzt aber zurück zum eigentlichen Thema: Deutsch lernen in Kerala.

Insgesamt besuchen rund 150 Schüler diese Schule und leben auch hier in der Einrichtung vor Ort. Wenn sie die Kurse A1 bis B2 vollständig abschließen, sind sie insgesamt für 8 Monate hier. Um am effektivsten Lernen zu können, dürfen sie das Gelände nicht verlassen und lernen nach dem Unterricht. Die Lehrer leben auch auf dem Gelände und sind rund um die Uhr ansprechbar. Klingt jetzt wahrscheinlich ein bisschen wie Gefängniss, ist es auch ein wenig, aber gleichzeitig auch irgendwie absolut sinnvoll um eine Sprache in so kurzer Zeit zu lernen. Die B2 Schüler sprechen nämlich sehr gutes deutsch und manchmal wird es dann auch etwas peinlich für mich, wenn mir ein deutsches Wort nicht einfällt und sie es mir dann sagen…das ist wohl eines der Nachteile alleine als Volunteer in ein anderes Land zu gehen und seine Muttersprache zu vergessen, weil man sie mit niemanden sprechen kann. Keine Sorge ich spreche schon noch mit meiner Familie und Freunden, aber halt nicht so oft.

Geleitet wird die Institution von zwei Fathers und unterstützt von einer Ordernsschwester. Außerdem sind noch zwei weitere Schwestern und Fathers hier. Die Schwestern besuchen selbst die Deutschkurse und die Fathers haben Aufgaben wie Administrator und Spirituell Guide.

Ich muss aber zugeben, dass es sehr schön ist unter Menschen gleichen Alters zu sein und sich nicht immer um kleinere Menschen kümmern zu müssen. Auch wenn ich meine kleinen Devadurga Mäuse sehr vermisse und die Arbeit dort liebe, fühle ich mich hier sehr wohl und genieße es sehr.

In Kerala habe ich zwar noch nicht so viel gesehen, aber Palakkad ist sehr schön und sowohl die Stadt als auch die Schüler sind sehr „modern“( so sehr sogar, dass ich die ersten Tage Heimweh hatte, weil es mich zu sehr an mein Leben Zuhause errinert hat). Hier gibt es alles was es bei uns in Devadurga nicht gibt (ich will mich jetzt natürlich nicht beklagen) und so eine Shopping Mall ist doch schon ziemlicher Luxus und Supermärkte und große Läden sowieso. Und wenn ich euch sage, dass ich fast geweint habe, als die Fathers eine gegrillte Hähnchenbrust vor mir auf den Tisch gestellt haben, dann habe ich wirklich fast geweint. Außerdem bade ich in Nutella, Salat, Baguette und gutem Toast. Schmalzkuchen musste ich hier auch direkt ausprobieren und ich würde sagen, dass das ein ziemlicher Erfolg war.

Hier noch ein paar Fotos der Einrichtung:

Mein Freiwilligendienst finanziert sich hauptsächlich aus Spenden, wodurch ich auf finanzielle Unterstützung angewiesen bin. Falls du Lust hast einen kleinen Teil beizutragen, wäre ich dir sehr dankbar. Vielen Dank!

https://www.donboscomission.de/volontariat/2023/spenden/viktoriainindien

Morgen geht es für mich auf meine erste indische Hochzeit, also könnt ihr euch schon bald auf den nächsten Blog freuen, indem ich darüber berichten werde.

Liebe Grüße nach Deutschland

Eure Viki

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  1. Ulla Fricke

    Liebe Viktoria, spannend dein neuer Aufenthalt! Heike und ich haben Deinen Artikel sehr gerne gelesen und wir haben uns geragt- warum brichst du bei gerillter Hähnchenbrust in Tränen aus? Weil es dein Lieblingsgericht ist? Oder weil du nur immer Huhn im ganzen (inklusive Krallen und Schnabel) kriegst? Oder weil du bisher immer nur daal und vegetarisches Byrani isst? Kläre uns bitte auf…

    • Viktoria Groß

      Hi Ulla, gegrillte Hähnchenbrust ist ansoluter Luxus für mich, weil ich ja sonst immer nur Hostel Essen esse, sprich eher einfaches Essen. Das ist natürlich auch kein Problem, aber so ein Special Essen kann mich dann auch mal zu Tränen rühren 🙂

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