Sophisita en Bolivia

Ein Jahr lang im Land der Superlative

Lecheee, me puede ayudar porfa?

Buenaaas!

Espero que todos ustedes estén bien (Ich hoffe, es geht euch allen gut)!

Nach über drei Wochen, die ich nun schon hier in Santa Cruz bin, wird es mal wieder Zeit für einen neuen Blogeintrag. 

Erste Amtshandlung des neuen Blogeintrags: meinen Titel „Lecheee, me puede ayudar porfa“ (Milch, kannst Du mir bitte helfen?) zu erklären – hier soll es nämlich nicht um Milch gehen, sondern um mich bzw. darum, wie es für mich ist, als hellhäutiges, europäisches Mädchen in einem so indigenen Land wie Bolivien zu sein.

Warum nun aber also Milch? Tja, das liegt daran, dass ich im Hogar von Emilio* und Gabriel* einen neuen, unglaublich innovativen 😉 Spitznamen verpasst bekommen habe: „Leche“ (Milch), weil ich so weiß bin hahah. Das meinen die Jungs aber liebevoll und auch einfach nur, weil sie so fasziniert von meiner Hautfarbe, von meiner Haarfarbe und meiner Augenfarbe sind (ich werde immer wieder gefragt, ob meine Haare nicht doch blondiert sind und ob ich Kontaktlinsen trage😋). Zum Beispiel möchten mir Luis* und Juan* deshalb oft meine Haare flechten – das habe ich dummerweise ein einziges Mal erlaubt (ein sehr großer Fehler), aber dadurch, dass meine Haarpracht seitdem um ungefähr 200 Haare ärmer ist, lasse ich das jetzt nicht mehr zu hahah. Aber hey – seitdem habe ich Mama verziehen, die mir früher beim Haare flechten auch das ein oder andere Haar rausgerissen hat – das war im Vergleich zu meinem bolivianischen Flechterlebnis nämlich noch gar nichts. Ein anderer Junge, Roberto*, droht mir jedes Mal spaßeshalber damit, dass er meine Haare abschneiden wird, um sie teuer weiterzuverkaufen hahah. Das wäre hier aber auch tatsächlich eine lukrative Einnahmequelle, deshalb habe ich leichte Paranoia, in Bolivien zum Friseur zu gehen, da einer ecuadorianischen Mitvolontärin mit schwarzen Haaren (also hier eigentlich eine normale Haarfarbe) beim Friseur einfach ein paar Haarsträhnen geklaut wurden- ich will mir gar nicht vorstellen, wie viele Strähnen mir mit blonden Haaren da einfach heimlich rausgeschnitten werden würden. Die Jungs möchten mir auch oft ein Haar ausreißen, um es genauer unter die Lupe zu nehmen – ich fahre mir dann immer durch die Haare, um zu schauen, ob ich eins von selbst verloren habe, wenn das der Fall ist, gebe ich es ihnen natürlich gerne, aber ausgerissen wird keins, da weigere ich mich strikt!!

Das war es erstmal mit Besonderheiten zu meinem Anders-Sein im Hogar, wo ja mittlerweile alle Jungs an mich gewöhnt sind. Aber wie sieht es hier eigentlich in meiner Freizeit aus, wenn ich mich frei auf den Straßen Santa Cruz‘ bewege?

Als Deutsche in Santa Cruz

Naja, generell muss ich sagen, dass wir Deutschen hier schon enormst angestarrt werden. Und von der älteren bolivianischen Bevölkerung meist mit so einem angewiederten und bösen Blick, als würden sie sich insgeheim denken: „Was machst Du dummer Europäer in meiner tollen Heimat?“ (ja, der Nationalstolz auf das Land Bolivien und vor allem die Stadt Santa Cruz ist hier sehr groß). Meine Taktik gegen diese bösen Blicke ist aber mittlerweile, dass ich die älteren Herrschaften freundlich anlächle und ihnen „Buen día“ (Guten Morgen) oder „Buenas“ (Abkürzung für Buenas tardes/noches – Guten Nachmittag/Abend) wünsche, da werden die Gesichtszüge dann schon sehr viel weicher und sie lächeln freundlich zurück.

Vorbeifahrende Autos&Motos

Aus vorbeifahrenden Autos oder Motorrädern wird uns sehr sehr oft irgendwas hinterhergerufen oder wir werden angehupt. Das mit dem Anhupen ist aber so eine Sache- bis heute verstehe ich einfach nicht, wann ich angehupt werde, weil ich Europäer bin, wann ich angehupt werde, weil ich ein Mädchen bin (das wird man in Deutschland ja leider auch oft – #wir lieben Catcalling🙄) und wann ich angehupt werde, weil die Taxifahrer uns mit der Hupe quasi fragen, ob sie uns mitnehmen sollen. Und dann gibt es ja auch noch den vierten Fall, dass im bolivianischen Verkehr einfach allgemein sehr viel gehupt wird (zum Verkehr hier kommt aber irgendwann mal noch ein extra Eintrag). In jedem der Fälle ist es trotzdem mega unangenehm, aber mittlerweile reagiere ich einfach gar nicht mehr darauf und laufe einfach normal weiter, denn mit dem Hupen erhoffen sich die Typen natürlich, dass man irgendwie reagiert und sich nach ihnen umdreht – großer Fehler, wie ich in der ersten Woche festgestellt habe.

Da gibt es nämlich eine lustige Story dazu, wir waren während unserer ersten Woche mit unserem Koordinator in seinem Auto unterwegs, als während einer roten Ampel auf einmal neben uns ein Auto mit drei Typen angehalten hat, die freundlich lächelnd gewunken haben und davor einmal kurz gehupt haben, um auf sich aufmerksam zu machen. Ich habe glaube ich schon einmal erwähnt, dass ich sehr naiv bin: Ich dachte mir nichts dabei und habe einfach einmal zurückgewunken – dieses Auto ist uns danach im fahrenden Verkehr nicht mehr von der Seite gewichen und die Typen haben die ganze Zeit irgendwas gerufen und gegrölt. Irgendwann habe ich dann auch gecheckt, dass das Anhupen und Winken nicht einfach freundlich gemeint war, sondern, dass die drei dabei natürlich einen Hintergedanken hatten. Da wurde ich dann von Max erstmal ausgelacht, dass ich das nicht schon früher gecheckt habe und wie naiv ich denn bin hahah.

Auf einmal Kylie Jenner?

Eine andere lustige Geschichte hat sich ereignet, als wir alle am Vorabend des 24. September (an dem Tag wird die Unabhängigkeit von Santa Cruz gefeiert) zu einem großen Platz in Santa Cruz gegangen sind, auf dem ein Großteil der Bevölkerung zusammenkam, um das zu feiern. Auf einmal wurde ich von der Seite von einem ca. 20-jährigen angestupst, ich dachte zuerst, dass er weiter nach vorne möchte und bin schon zur Seite gewichen, um ihn durchzulassen. Falsch gedacht, er hat mich dann angesprochen und mich gefragt, ob ich ein Bild mit ihm machen kann hahahah. Ich hab dann auch wirklich ein Bild mit ihm gemacht und mich dabei gefühlt wie Kylie Jenner – bisschen unangenehm ist das schon, diese Aufmerksamkeit. War trotzdem wirklich super lustig die Situation und vor allem sooo unerwartet. Und tja, was soll ich sagen: Mittlerweile bin ich glaube ich in 10 unterschiedlichen Fotogalerien von wildfremden Menschen zu sehen hahah, da sich solche Ereignisse in den letzten Tagen gehäuft haben.

Bisher muss ich auch sagen, dass ich mich trotz der ganzen Aufmerksamkeit eigentlich nie unsicher gefühlt habe – unwohl schon bzw. es war mir einfach unangenehm, aber daran werde ich mich wohl gewöhnen müssen.

Das war es erstmal von mir, danke an alle, die bis hier hin gelesen haben! Falls ihr Lust habt, mich zu unterstützen, würde ich mich über eine kleine Spende sehr freuen, mein Freiwilligendienst wird nämlich zu 25% aus Spenden finanziert. Die Kontodaten findet ihr auf der „Spenden“-Seite. Dankeschön!! Vielen Dank auch an alle, die schon gespendet haben – ich habe seit August keinen Spendenbescheid mehr erhalten, deshalb konnte ich mich noch nicht persönlich bedanken 😚

Bis zum nächsten Mal bzw. „hasta luegooo“

*Name geändert (um die Identität der Jungs zu schützen)

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  1. Julia Buxbaum-Herrmann

    Liebe Sophie!
    Nun wollte ich es dich einfach mal wissen lassen: Ich lese aufmerksam jeden deiner Blog-Beiträge und freue mich sehr, so viel über deinen „neuen Alltag“ zu erfahren. Ich wünsche dir weiterhin tolle Erlebnisse und schöne Erfahrungen!
    Herzlichste Grüße aus Deutschland,
    Julia Buxbaum-Herrmann

    • Sophie Bonelli

      Liebe Frau Buxbaum-Herrmann, vielen vielen Dank für Ihren Kommentar, darüber freue ich mich wirklich sehr!!
      Liebe Grüße zurück ins kalte Deutschland :))

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