Mittendrin in Benin https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/ Wed, 18 Sep 2024 19:17:44 +0000 de hourly 1 https://wordpress.org/?v=6.9 Meine letzte Erzählung auf diesem Wege https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/09/17/zurueck-in-deutschland/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/09/17/zurueck-in-deutschland/#comments Tue, 17 Sep 2024 16:59:26 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1293 14. September 2024 „Wir begrüßen sie recht herzlich in der Werdenfelsbahn“, dringt es aus den Lautsprechern. Draußen ist es kalt und verregnet, aber drinnen im Zug ist es sehr gemütlich. Ich bin auf dem Weg zurück nach Passau. Eine intensive Woche liegt hinter mir, mit der ich nun endgültig zur ehemaligen Volontärin geworden bin. Dazu […]

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14. September 2024

„Wir begrüßen sie recht herzlich in der Werdenfelsbahn“, dringt es aus den Lautsprechern. Draußen ist es kalt und verregnet, aber drinnen im Zug ist es sehr gemütlich. Ich bin auf dem Weg zurück nach Passau. Eine intensive Woche liegt hinter mir, mit der ich nun endgültig zur ehemaligen Volontärin geworden bin. Dazu aber später mehr.
„Na wie waren die ersten Tage, ist schon komisch wieder in Deutschland zu sein, oder?“ Haben mich viele Freunde und Bekannte in den drei Wochen seit ich wieder zurück bin gefragt. Aber so wirklich seltsam wieder in der alten Heimat zu sein ist es wider aller (auch meiner) Erwartungen irgendwie nicht. Ungefähr die ersten zwei Tage nach meiner Ankunft kam mir alles in Deutschland zwar sehr aufgesetzt und unnatürlich vor und ich hab mich über kleine Sachen gewundert wie „war diese Straße schon immer so schmal und steil?“, aber das war alles. Naja was schon auch noch komisch war, war den Gedanken „Benin“ zu greifen. Benin nicht mehr im Alltag zu erleben, sondern nur noch als Erinnerung im Gehirn konserviert zu haben. Aber generell war ich sehr schnell mit dem Kopf wieder in Deutschland angekommen, genoss Zeit mit Freunden und Familie und nähte ein paar Taschen aus beninischen Stoffen. Ich machte einen kleinen Wientrip mit meinen Amigas und war nun für eine Woche in München und Umgebung, um Bekannte und Freunde wiederzusehen, besonders aber, um am Rückkehrerseminar teilzunehmen. Die Seminare hatte ich in meinem ersten Blogeintrag nur einmal kurz angeschnitten, aber im Grunde sind sie wichtiger Bestandteil des Volontariats. Für Don Bosco Freiwillige aus Bayern und Baden-Würtemberg finden diese im Kloster in Benediktbeuern statt. Vor dem Volontariat hatten wir dreieinhalb Vorbereitunsseminare und lernten auf diese Art viele gleichgesinnte Auslandsfreiwillige kennen. Wir entwickelten uns zu einer richtig netten Gruppe und wurden dann vor ziemlich genau einem Jahr nach Indien, Südamerika, Osteuropa und Benin entsandt. Um viele Erfahrungen und Erlebnisse reicher und mit neuen Zukunftsaussichten vor Augen, trafen wir uns nun in dem kleinen Dorf in Oberbayern wieder. Statt Schule, Abizeitung und Sommerprogramm sprachen wir nun über Kinder, Kulturen und das Leben auf dieser Welt. Es waren fünf schöne Tage, in denen reflektiert, sich ausgetauscht, gelacht und gemeinsam Zeit verbracht wurde. Fast alle hatten ein eindrucksvolles und unbezahlbares Jahr erlebt und es war interessant zu sehen wie jeder damit umgeht. Für die meisten ist das Ankommen dann doch ein Prozess und das Jahr hängt noch sehr nach, was auch absolut verständlich ist.

Es war aber ein bisschen schade, dass Valerie aufgrund ihres Studiums in den Niederlanden nicht dabei sein konnte und ich somit in dieser Konstellation nicht nur die einzige Beninvolontärin, sondern generell alleinige Volontärin des afrikanischen Kontinents war. Dadurch fand ich es teilweise schwierig, wieder so richtig in das Jahr einzusteigen. Umso schöner, dass ich die Nacht nach dem Seminar noch bei Luisa, eine meiner engsten Beninvolontärsfreundinnen (langes Wort ^^), verbringen konnte. Durch unsere Gespräche konnte ich mich so nochmal intensiver in das letzte Jahr hineinversetzten und es tat gut mit jemandem zu sprechen, der genauso into it ist.

Durch Musik, Kleidung, Gegenstände auf dem Kopf, Gespräche usw. versuche ich mir Benin seit drei Wochen dazubehalten. Ich blicke gerne zurück und schätze mich absolut glücklich, dieses Jahr erlebt haben zu dürfen, aber trotzdem bin ich auch fein damit, das Benin nun teil meiner Vergangenheit und eine Erinnerung in meinem Kopf ist. Es tut sehr gut, dass man trotz beendetem Volontariat immer noch als Part von Don Bosco erwünscht ist, weil es so viele Möglichkeiten gibt, sich zu engagieren oder einfach teilzunehmen. Außerdem werde ich in Schulen von meinem Jahr erzählen. Durch den Freiwilligendienst konnte ich viele neue Kontakte knüpfen und mir ähnliche junge Menschen kennenlernen, die in ganz Deutschland verteilt leben und auf ähnliche Erfahrungen wie ich zurückblicken.

Mein Lebensweg führt mich nun erstmal weiter nach Wien, wo ich in zwei Wochen mit meinem Geografiestudium anfangen werde. In machen Momenten überwiegt die Freude, in anderen aber auch Fragen wie „Finde ich nach einer so langen Zeit ohne Lernen wieder gut da rein?“, „Wird mir das alleine Wohnen nicht zu einsam?“, „Finde ich guten Anschluss in Wien?“ „Gefällt mir das Studium?“. Wenn ich allerdings zurück auf mein vergangenes Jahr blicke, sehe ich dort viele Gründe zuversichtlich zu sein!

Nachdem das hier nun offiziell mein letzter Eintrag ist, wird es allerhöchste Zeit euch mal ein fettes Danke auszusprechen! In dem ganzen Jahr habe ich irgendwie keinen großen Spaß am Tagebuch schreiben gefunden und umso wichtiger war dieser Blog für mich. Es hat richtig gut getan, Gedanken und Erlebnisse auf diese Art verarbeiten und sortieren zu können, eine besondere Erinnerung an dieses Jahr zu schaffen, aber besonders auch euch ein bisschen von Benin und Freiwilligendiensten zu erzählen. Jeder Eintrag ist ein kleines Herzstück und so hat es mich immer arg gefreut, wenn mir jemand gesagt hat, dass er/sie einen Eintrag gelesen hat. Das hat mich richtig motiviert das ganze Jahr regelmäßig weiterzumachen! Deswegen auch MERCI BEAUCOUP an jeden der das hier gerade liest und mir seine verehrte Aufmerksamkeit schenkt <3
So und zu guter Letzt mein Résumé: Freiwilligendienste (FWD) sind es absolut wert, dass man zumindest mal darüber nachdenkt, ob es für einen persönlich nicht auch eine Option wäre. Egal ob im Inland oder im Ausland. Egal ob ein entwicklungspolitischer FWD, Bufdi, FSJ, FÖJ, oder was auch immer. Egal, ob nach dem Abi, oder während des Studiums (und auch für deutlich ältere Altersklassen gibt es verschiedene Angebote). Egal ob im sozialen, oder ökologischen Bereich. Egal ob man sich im Endeffekt dafür, oder dagegen entscheidet. FWD sollten eine gut überlegte Sache sein. Es gibt unterschiedliche (kurzzeitige) Freiwilligendienste, die durchaus kritisch zu betrachten sind. Es gibt auch FWD, die nicht gut laufen, was im Vorhinein kaum einzuschätzen ist. Es gibt Menschen, die vielleicht nicht der Typ für FWD sind. Aber es gibt eben auch so viele vom Glück gefüllten Geschichten über FWD, dass man sich zumindest einmal mit der Möglichkeit befassen sollte. Und ich finde es übrigens auch eine gute Idee, einen FWD für ein ganzes Jahr zu machen, auch wenn das erstmal ganz schön lange und für manch einen abschreckend wirken mag. Nur so kann man in vollen Zügen in den FWD eintauchen.

Macht es gut und fühlt euch fest gedrückt!

Für das Ende dieses Blogs möchte ich euch noch einen letzten Gedanken mit auf den Weg geben. Im ersten Moment mag es nur wie eine kleine sprachliche Macke klingen, die mir regelmäßig an Mitmenschen, aber auch an mir selber auffällt. Aber im Endeffekt steckt doch viel mehr dahinter…

Afrika ist kein Land!

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Ein weiter Horizont https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/08/25/ein-weiter-horizont/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/08/25/ein-weiter-horizont/#respond Sun, 25 Aug 2024 14:18:55 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1279 Auf einen weiten Horizont… darauf blicke ich gerade. Ich sitze an diesem 23. August 2024 in meinem zweiten Flugzeug von Brüssel nach Frankfurt, zurück nach Deutschland.Vor wenigen Minuten habe ich zum ersten Mal seit einem Jahr wieder europäische Boden betreten. Vor mir liegt nun noch der restliche Flug nach Frankfurt, die Zugfahrt nach Passau und […]

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Auf einen weiten Horizont… darauf blicke ich gerade. Ich sitze an diesem 23. August 2024 in meinem zweiten Flugzeug von Brüssel nach Frankfurt, zurück nach Deutschland.
Vor wenigen Minuten habe ich zum ersten Mal seit einem Jahr wieder europäische Boden betreten. Vor mir liegt nun noch der restliche Flug nach Frankfurt, die Zugfahrt nach Passau und ganz viele „Hallos“. Und hinter mir? Ein Jahr, das eindrucksreicher fast nicht hätte sein können. Einerseits gefüllt mit negativen Gefühlen wie Heimweh, Selbstzweifeln und Unsicherheiten. Aber noch viel mehr ein Jahr mit positiven Momenten voller Tanzen, besonderen Begegnungen, Smalltalks, Ersten Malen, Dachterrassenabenden, beeindruckenden Menschen, bunter Kleidung, Umarmungen usw. Es war so schön zu sehen, wie man sich in einem Jahr in einer neuen Kultur immer mehr einlebt und schließlich zum kleinen Profi wird. Anfangs überfordernde Situationen wurden von Tag zu Tag normaler und wichtiger Bestandteil meines Alltags. Sei es das Verhandeln, das Zemfahren, das auf unangenehme Fragen reagieren, das Französisch, das Babys auf den Rücken binden, die Essensstände,… wahrscheinlich könnte ich ewig so weitermachen.
Die letzten Tage in Cotonou, taten nochmal gut. Ich spazierte über den Markt, genoss die Zeit mit den Baraquemädels und traf mich mit Freunden. Am Donnerstag vor dem Abflug hatte ich dann doch nochmal ordentlich Stress alles zeitlich hinzubekommen. Nachdem mich Sr. Johanna dann zum Flughafen gebracht hatte, begann aber doch ein sehr schöner Abschluss. Denn glücklicherweise flog ich (zumindest nach Brüssel) zusammen mit Johann, ein Volontär, den ich vor einem Jahr auch schon am Brüsseler Flughafen kennengelernt hatte. Und so durften wir vor unserer Ankunft in Deutschland noch ein paar epische Momente erleben. Wir beschenkten zwei Zemfahrer und einen Sicherheitsmann mit meinen letzten 3500 Francs. Mit Charme bekamen wir trotz zusammen insgesamt elf Kilo Gepäckübergewicht keine Probleme. Beim Gate aßen wir meine vier zermatschten Papayas, die ursprünglich als Mitbringsel gedacht waren. Und beim Zwischenstopp in Abidjan machten wir mit der Musikbox den aus der Elfenbeinküste stammenden Megahit „Coup du Marteau“ an.


Was ich auf jeden Fall durch diesen Freiwilligendienst nochmal deutlich verinnerlichen konnte ist, dass mein Leben in Deutschland, mit all dem Luxus wie Urlaub, Hobbys, Bildung, funktionierenden Klospülungen (bzw. überhaupt Klospülungen), Hygiene, usw. absolut keine Selbstverständlichkeiten auf dieser Welt ist.
Und generell habe ich das Gefühl viel über Menschen gelernt zu haben. Besonders was das Thema Gewohnheit und Erziehung angeht. Es gibt so viele Sachen, bei denen mich die Beniner und Beninerinnen beeindruckt haben. Das Durchhaltevermögen, die Offenheit und Fröhlichkeit, das schwere Tragen, die Entspanntheit… Und dann gab es wiederum einige Sachen, wo ich ihnen aufgrund meiner anderen Prägung und Erziehung einen Vorteil hatte: Emotionsbewältigung, Feinmotorik, Kreativität…
Ein weiterer Aspekt, den ich mitnehmen werde, ist die Natürlichkeit der Leute. Oft sind es kleine Handgriffe, oder Dinge wie Wäsche, die von Hand erledigt werden. Aber auch dieses Miteinander stellt für mich eine große Natürlichkeit da. Zum Beispiel ist das Aufpassen auf Kinder Gemeinschaftssache, Mehrgenerationenhaushalte sind absolut normal. Da das Wetter natürlich hauptsächlich aus Sonnenstrahlen besteht, spielt sich der Großteil des Lebens draußen und auf den Straßen ab. Dies fördert wiederum den Kontakt der Menschen untereinander.
Wie ich mich in dem letzten Jahr entwickelt habe, wird sich wahrscheinlich in den nächsten Wochen noch rausstellen – ich finde diese Frage zumindest bisher noch gar nicht so leicht zu beantworten. Aber eines ist klar: Mein Horizont hat sich deutlich erweitert.

Ein vorletztes Mal LG! Eure Teresa

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Friedliches Abschließen https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/08/18/friedliches-abschliessen/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/08/18/friedliches-abschliessen/#comments Sun, 18 Aug 2024 10:18:14 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1262 Das ist mein letzter Eintrag aus Benin. In weniger als einer Woche werde ich wohl einige von euch live gesehen haben. Das soll aber noch nicht heißen, dass es mit diesem Blog schon vorbei ist, zwei Beiträge werde ich noch verfassen. So, aber nun erst einmal zu meinen letzten Wochen und Tagen hier in Benin […]

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Das ist mein letzter Eintrag aus Benin. In weniger als einer Woche werde ich wohl einige von euch live gesehen haben. Das soll aber noch nicht heißen, dass es mit diesem Blog schon vorbei ist, zwei Beiträge werde ich noch verfassen. So, aber nun erst einmal zu meinen letzten Wochen und Tagen hier in Benin und dem dankenswerterweise friedlichen Abschließen.

Valerie ist geflogen, wieder zurück in Deutschland angekommen. Noch am Tag ihres Abflugs sind wir durch die Straße gezogen und haben unseren liebsten Essensstandfrauen und unserer Herzensschneiderin Karten geschenkt. Meine größte Angst bezogen darauf, dass Valerie früher fliegt war, dass ich es mir ziemlich komisch vorstellte, mich schon von sämtlichen Leuten und Projekten verabschiedet zu haben (durch die Karten und Abschiedsfeiern) und dann doch noch ständig dort aufzukreuzen. Aber mittlerweile bin ich sogar richtig dankbar für den vorgezogenen Abschied und der Nachteil hat sich als Vorteil entpuppt. Am Beispiel von Valerie und anderen Volontären konnte ich nämlich feststellen, dass die letzten Wochen und Tage eines Volontariats noch der reinste Stress sein können. Und bei mir ist dies eben eher das Gegenteil, denn ich habe die Chance, meine Zeit so zu verbringen, wie es sich gut anfühlt. Also habe ich am vorletzten Samstag eine Volontärsfreundin, Esther, in Porto-Novo besucht und gehe aktuell fast täglich in die Baraque. Denn bis auf Foyer und Baracke sind alle Projekte in der Sommerpause und das Schlimmste was ich nun machen könnte, wäre alleine in meinem Zimmer zu sitzen und Däumchen zu drehen. Ich bin generell ein sehr gesellschaftsliebender Mensch, und u.a. weil Valerie ja nun weg ist, suche ich den Kontakt in der Communauté. Z.B. gehe ich eigentlich jeden Abend mit der Musikbox ins Foyer und wir tanzen zu Liedern wie „Fimbu“, „COTÉ“ und „Taki Taki“, oder spielen Karten. Außerdem wurde mir netterweise von der Oberschwester angeboten, dass ich auch bei den Schwestern essen darf, da ich ja nun alleine bin. Dieses Angebot nehme ich erstaunlich viel an, auch wenn ich morgens weiterhin am Bouilliestand, oder bei der Baguettefrau aufzufinden bin und mir Mittags immer noch hin und wieder Atasi hole. Aber ich habe festgestellt, dass es sich irgendwie gut anfühlt besonders abends an einem Esstisch mit anderen Leuten zu sitzen. Wer mir auch gerade den Alltag versüßt sind die 5 italienischen Gäste, die aktuell für drei Wochen hier zu Besuch sind und am gleichen Tag wie ich fliegen werden, wenn auch nicht im gleichen Flugzeug. Sie sind ebenfalls in der Baraque und essen bei den Schwestern und sind sehr nette Zeitgenossen. So kann ich mich schon wieder auf Europa einstimmen und es hat etwas sehr versöhnliches Benin am selben Tag wie sie zu verlassen. Dass sich mein Alltag durch Valeries Abwesenheit und die wenigen Projekte gerade recht anders anfühlt, hat bestimmt dazu beigetragen, dass es mir aktuell leicht fällt, mit dem Jahr friedlich abzuschließen. Auch dass ich mich wie gesagt eigentlich überall schonmal bedankt und so halb verabschiedet habe und auch, da Valerie und ich zusammen schon viel aufgeräumt und aussortiert haben. Letzten Donnerstag habe ich dann den ganzen Tag bei Luisa, einer engen Volontärsfreundin, verbracht. Wir haben Musik gehört, ihr Zimmer geschrubbt und sie hat noch fertig gepackt. Zur goldenen Stunde gingen wir dann auf die Dachterrasse und schauten der knallpinken afrikanischen Sonne beim Untergehen zu. Später kam auch noch Esther und ein paar Stunden nachdem ich gegen 22:00 Uhr wieder nach Hause gefahren war, hob der Flieger mit Luisa und Esther drinnen ab. Irgendwie habe ich den Abschied an diesem Tag selbst so intensiv wahrgenommen, dass sich die Zeit seit letztem Donnerstag nun nochmal reifer anfühlt, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Oft tauchen in meinem Kopf auch Bilder von verschiedenen Orten in Passau auf. Es fühlt sich so realistisch auf der einen Seite und doch auch irgendwie ein bisschen komisch auf der anderen Seite an. So habe ich neben der großen Freude auf Zuhause, doch auch ein bisschen Angst, dass mir Benin arg abgehen wird und mir manche Sachen in Deutschland schwer zu akzeptieren fallen werden.

Fühlt euch gedrückt und bis ganz bald!

LG Teresa

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Abschied nehmen https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/08/05/abschied-nehmen/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/08/05/abschied-nehmen/#comments Mon, 05 Aug 2024 21:59:14 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1234 Ein halber Monat. Etwas mehr als zwei Wochen. Tja, das ist die Zeit, die mir noch im bunten Benin bleibt. Logisch, dass da die Worte „Merci beaucoup“ und „Au revoir“ in letzter Zeit ganz schön oft gefallen sind. Was ich auf jeden Fall gerade lerne, ist den Druck beim Verabschieden rauszunehmen. Zuvor hatte ich immer […]

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Ein halber Monat. Etwas mehr als zwei Wochen. Tja, das ist die Zeit, die mir noch im bunten Benin bleibt. Logisch, dass da die Worte „Merci beaucoup“ und „Au revoir“ in letzter Zeit ganz schön oft gefallen sind. Was ich auf jeden Fall gerade lerne, ist den Druck beim Verabschieden rauszunehmen. Zuvor hatte ich immer einen hohen Anspruch, dass alle Abschiede super verlaufen müssen und die letzte Zeit in einem Projekt, oder mit einer Person und somit der letzte Eindruck der bestmöglichste ist. Das ist deswegen so ungünstig, weil man dann viel schneller enttäuscht wird, denn natürlich läuft nicht immer alles glatt – siehe später noch Ecole-Alternative-Abschied. Durch die vielen Au Revoirs konnte ich aber mittlerweile üben, mich eben auch mit einem „unperfekten Abschied“ zufrieden zu geben und daran nicht die gesamte gemeinsame Zeit zu messen.

Auf der Arbeitsebene ist es sehr entspannt gerade: Der Espace Eveil ist ja schon Ende Juni in Ferien gegangen, vor zwei Wochen sind dann auch noch das Maison de l´Espérance und die Ecole Alternative in die Sommerpause gestartet. Wobei „Sommer“? Den gibt es hier ja eh das ganze Jahr, gerade sind die Temperaturen aber sogar verhältnismäßig angenehm. Im Maison de l´Espérance hatte ich an unserem letzten Arbeitstag zwar eigentlich die ganze Zeit nichts zu tun, aber als dann in der Mittagspause alle für uns „Merci beaucoup“ sangen und mir ein T-Shirt geschenkt wurde, auf dem alle Azubis, Tatas und Fofos unterschrieben hatten, war das doch ein sehr schöner Moment. Etwas enttäuschender war da der Abschied der alternativen Grundschule. Valerie und ich hatten uns überlegt ein kleines Fest für alle zu gestalten und das auch schon vor ein paar Wochen mit der Direktorin abgeklärt. Als wir dann am Donnerstag, einen Tag vor dem Fest, vorsichtshalber nochmal nachfragten, ob alles passe, war die Antwort, dass die Schüler bereits schon heute in die Ferien geschickt worden seien. Das bedeutete für Valerie und mich Tschüss zu niemandem, was mir sehr leid tat, da wir ja nun doch ein Jahr lang regelmäßig mit all den Schülern und Lehrern zusammengearbeitet haben. Aktuell bin ich also nur noch im Foyer, mit den Mädchen und Babys, und in der Baracke. Unsere Abschiedsfeiern hatten wir letzte Woche allerdings auch schon in diesen beiden Projekten, da Valerie bereits am 08. August heimfliegt. In der Baracke gab es einen kleinen Klatschspielwettbewerb, Essen für alle und dann wurde wild getanzt. Bei der Abschiedsfeier fürs Foyer ließen wir die Mädchen in verschiedenen Spielen gegeneinander antreten, ich hatte eine Diashow vorbereitet und für alle gab es eine individuelle Karte und Gummibärchen. Als wir dann am Abend wie so oft ins Foyer gingen, um mit den Mädchen Zeit zu verbringen, gab es tatsächlich Tanz und Gesang zu Valeries und meinen Ehren, Karten und Armbänder. Es war einfach richtig schön und hat Spaß gemacht. Dadurch, dass die ganzen Abschiedsfeiern nun hinter uns sind, fällt auch eine gute Portion Stress ab. Valerie konnte ihre letzten Tage bisher krankheitsbedingt leider nicht so ausführlich genießen, was für sie natürlich auch superstressig war: krank sein, packen, verabschieden. In mir hat das wiederum aber auch Stress ausgelöst, weil ich einige Dinge, die wir gemeinsam organisieren wollten, somit alleine planen musste. Deswegen bin ich nun ganz dankbar, dass ich meine letzten Wochen noch in aller Ruhe genießen kann.

Vor ca. zwei Wochen hatte ich bereits Lara, eine mir eng stehende Volontärin, bei einem Dachterrassenpicknick verabschiedet. Vorletzten Samstag nun haben wir auf der Dachterrasse bei uns auf dem Gelände eine Volontärs- und Freundesparty geschmissen, um ein letztes Mal in großer Runde versammelt zusammenzukommen. Und zwei Tage später sind dann auch schon drei weitere Volontärsfreundinnen geflogen. Ja das geht jetzt Schlag auf Schlag. Die nächste ist dann Valerie, nächsten Donnerstag. Sie fliegt zwei Wochen vor mir, weil sie in den Niederlanden studieren wird, wo das Studium bereits Mitte August beginnen wird.

Die letzten Monate hatte ich ja eigentlich schon erfreut auf daheim und die Rückkehr geblickt. Aber gerade bekomme ich doch ganz schön Muffensausen und der Gedanke, dass alles hier einfach hinter mir lassen zu müssen kommt mir in vielen Momenten heftig vor. Wahrscheinlich die Greifbarkeit und Realisierung. Was mir hilft ist der Gedanke, dass ich nicht ein Land über das andere stellen will. Weder Benin über Deutschland (/Österreich) noch andersrum. Beide Länder haben ihre Reize und ihre positiven Seiten. Aus beiden Ländern konnte ich lernen und in beiden Ländern hatte ich sowohl schlechte, als auch gute Tage. In beiden Ländern steht man morgens auf und geht abends wieder ins Bett und beiden Ländern gehört ein Teil meines Herzens <3

Zu guter letzt noch ein Bild von mir, dass die ganze Aufräum- und Sortiersitution gut zusammenfasst: Beispiel Bastelschrank.

So meine Freunde GLG und letzte Chance die teresafreie Zeit noch zu genießen, bald komme ich! 😉

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Zwei Glückspilze auf Reisen https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/07/27/zwei-glueckspilze-auf-reisen/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/07/27/zwei-glueckspilze-auf-reisen/#comments Sat, 27 Jul 2024 11:31:30 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1177 Noch bevor Valerie und ich in Benin angekommen waren stand fest, dass wir auch Ghana sehen wollen und während des ganzen Freiwilligendienstes war unsere Ghanareise so als Highlight am Ende diesen Jahres geplant. Und diesem Begriff Highlight wurde sie definitiv gerecht. Für den Trip hatten wir aber auch im Kopf im Togo, durch den wir […]

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Noch bevor Valerie und ich in Benin angekommen waren stand fest, dass wir auch Ghana sehen wollen und während des ganzen Freiwilligendienstes war unsere Ghanareise so als Highlight am Ende diesen Jahres geplant. Und diesem Begriff Highlight wurde sie definitiv gerecht. Für den Trip hatten wir aber auch im Kopf im Togo, durch den wir sowieso durchmussten, Halt zu machen. Was uns bei dieser Reise wichtig war, war die Spontanität. Mal keinen Guide buchen, sondern selber losziehen und dann je nach Lust und Laune entscheiden wo wir hinwollen und wie lange uns ein Ort festhält.

Die Jagd nach Visen

Dass ich mit meiner deutschen Staatsbürgerschaft und einem EU-zugehörigen Land ganz schön verwöhnt bin was das Thema Visum angeht, wurde mir vor dieser Reise mal wieder bewusst. Das einzige Mal, dass ich mich in meinem Leben zuvor um ein Visum kümmern musste, war das für Benin. Denn eigentlich bin ich es gewöhnt einfach so problemlos über Grenzen spazieren zu können.

Das Ghanavisum war verhältnismäßig einfach: Zur ghanischen Botschaft fahren. Dem Zemfahrer erklären, dass man ihn nicht mit nach Deutschland nehmen kann. In der Botschaft erfahren, dass man fürs Ghanavisum sämtliche Sachen, wie ein Einladungsschreiben, Passkopien usw. braucht. Also wieder zurückfahren, ein paar Tage später wiederkommen, Formulare ausfüllen. Einen Spaziergang zu einem Kopiershop machen, den man erst findet, nachdem man zig Leute gefragt hat, zurück in die Botschaft wandern, alles abgeben, zahlen (15.000 CFA=23 Euro), heimfahren. Drei Tage später wiederkommen, Reisepass mit Visum abholen, fertig!

Die Togolesen machten uns da schon etwas mehr Kopfzerbrechen: Eine togolesische Botschaft in Benin? Fehlanzeige. Und auch das Visum einfach schnell an der Grenze zu holen, wie es früher der Fall war, geht seit ein paar Monaten nicht mehr. Nein, das togolesische Visum gibt es jetzt ganz modern in einem Onlineformular. Allerdings viel zu wenig ausgeklügelt. So musste man das Foto seines Flugtickets angeben, obwohl man noch eine Seite zuvor angegeben hatte, dass man auf dem Landweg einreist. Aber das Visum zeigte auch ständig andere Probleme auf, sodass ich eine ganze Weile am Bibbern war, ob mir das Visum noch rechtzeitig ausgestellt werden würde. Schwein gehabt! Damit war das Thema Togovisum jedoch noch nicht gegessen, denn später in Lomé mussten wir noch zweimal zur zuständigen Ausweisstelle bis dann endlich alles vollendet war.

Warme Herzen in Lomé

Am Vormittag des 8. Julis ging unsere Reise dann los. Lomé, die Hauptstadt vom Togo, war unser erstes Ziel. Dort kommt man von Cotonou aus ganz praktisch mit einem der Autosammeltaxis hin. Meistens ist man dann mit ziemlich vielen anderen Menschen in ein Auto gequetscht, aber diese Fahrt war verhältnismäßig entspannt. An der Grenze zu Lomé mussten wir fast eine Stunde mit Bürokratien verbringen, aber dann war das Wunder vollbracht und ich stand das erste Mal auf dem Boden eines anderen afrikanischen Landes als Benin.

Der Unterschied Togo-Benin ist ähnlich wie Österreich-Deutschland. So wirklich viele große Unterschiede gibt es nämlich nicht. Zum Beispiel spricht man im Togo auch französisch und der Entwicklungsstand ist ungefähr derselbe. Aber, und das habe ich erst festgestellt als wir schon dort waren, es gibt eine Zeitverschiebung von einer Stunde. Die Leute tragen außerdem etwas weniger traditionelle Kleidung und an sich gilt Ware im Togo billiger, was sicherlich auch mit dem riesigen Hafen in Lomé zu tun hat. Übrigens ist der Togo eine ehemalige Deutsche Kolonie, was man v.a. daran merkt, dass noch sehr viel Deutschunterricht in den Schulen stattfindet.

Die gesamte Fahrt dauerte 4-5 Stunden und rausgelassen wurden wir direkt am Rande des großen Marktes. Natürlich wollten uns gleich alle Zemfahrer zum Hotel fahren, aber als wir uns deren Preise anhörten, fühlten wir uns doch ganz schön verarscht und wollten uns so lieber erstmal die Strecke auf Google Maps ansehen. Auf diese Weise lernten wir Dilan kennen: Da wir noch keine Togo-SIM-Karte hatten, bot er uns an, die Entfernung zum Hotel auf seinem Handy nachzuschauen. Nachdem die Zemfahrer 1. immer noch viel zu hohe Preise wollten und 2. den Ort nicht kannten, brachte Dilan den Vorschlag, eine von uns, die dann mit dem Handy navigiert, auf seinem Motorrad zu fahren und die andere solle ein Zem, das nachfährt, nehmen. Ich bin ein relativ misstrauischer Mensch und so war ich es auch erst bei Dilan. „Warum hilft er uns?“, waren meine Gedanken. „Will er Geld? Nummer? Europa?“ Aber nachdem er mir sein Handy in die Hand drückte und dann aus meinem Sichtfeld verschwand, um sein Motorrad zu holen fand ich vertrauen. Und so fuhren wir und fuhren und kamen irgendwann irgendwo im Nirgendwo an. Abgeschottet und definitiv nicht mehr im Zentrum von Lomé stellte sich dann heraus, dass unser Hotel ein Scam war (wir hatten glücklicherweise noch nichts gezahlt!) und waren wegen der komischen Lage aber auch gar nicht so traurig darüber. Auch da Dilan schon einen Plan hatte. Im Endeffekt fuhren wir wieder zu unserem Ausgangspunkt, nur diesmal in den Markt rein. Dort war nämlich ein günstiges, sicheres und offensichtlich gut gelegenes Hotel, das unser neuer Freund sehr gut kannte. Wir ließen uns dort nieder und unsere Lomébesichtigung konnte beginnen. Den restlichen Tag, eben so wie den nächsten und den ersten Teil des übernächsten verbrachten wir auf dem Markt oder am Strand.

An unserer Seite immer Dilan, der wie sich lustigerweise rausstellte, auch schon mit den Schwestern in Cotonou zu tun hatte, u.a. durch eine Ausbildung im ME. Unser Lieblingsort aber war eine windige Terrasse, ganz oben auf dem Hotel. Von dort aus konnte man unter sich das Marktgewusel beobachten, während nicht fern über einem immer wieder Flugzeuge vorbeiflogen und der Ozean, der direkt auf der anderen Straßenseite lag, zahlreiche Schiffe am Horizont schaukeln ließ. Außerdem mussten Valerie und ich am zweiten und dritten Tag vormittags noch zur Ausweisstelle wegen des Visums und besuchten an unserem zweiten Abend in Lomé eine Freundin, eine ehemalige Präaspirantin, die dort wohnt. Die am Ende noch 6 Präaspirantinnen haben nämlich mittlerweile alle das Schwesterngelände verlassen und verbringen gerade ein paar Wochen bei sich zu Hause. Im Oktober geht die Ausbildung dann in Lomé weiter. Zu unserer Freundin hinzukommen war auch eine kleine Tortour, da es schon dunkel wurde, wir keinen genauen Standort, nicht viel Akku und nicht viel Handykredit hatten. Außerdem war ihr Wohnort auch gar nicht direkt in Lomé. So fuhren wir bei Dämmerung durch das Maisfeld irgendeines Dorfes und landeten schließlich bei einer menschenseelenleeren Schule. Danke an diesen Zemfahrer, der sich kein einziges mal beschwert und völlig selbstverständlich mit uns auf weitere Informationen gewartet hat. Nachdem wir als genaueren Standpunkt nun noch eine Kirche mitgeteilt bekamen und sich unser Zemfahrer geduldig durchfragte, konnte eine Frau bei der Kirche unserem Zemfahrer endlich den genauen Standort zum Wohnort der Präaspirantin beschreiben. Der Weg hatte sich aber gelohnt. Wir wurden mit offenen Armen empfangen, bekamen Saft eingeschenkt und versanken schließlich in Gesprächen. Afrikanische Häuser bestehen oft aus einem großen Innenhof, um den herum dann ein paar kleine, einstöckige einfache Häuschen gebaut sind, die wiederum auch oft nur aus einem oder wenigen Räumen bestehen. Ein Großteil des Lebens spielt sich dann in diesem Innenhof ab, macht ja auch Sinn bei diesen Temperaturen. Und so saßen wir dann ca. zwei Stunden da, während die Familie um uns herumwuselte. Irgendwie ist das immer so schön, dass hier generell meist keiner abgeschottet von den anderen lebt, sondern alle immer irgendwie zusammen. Egal ob Familie, Nachbarn, oder Bekannte. Nachdem uns der Vater netterweise noch Stoffe geschenkt hatte, kehrten wir mit einem bekannten Zemfahrer der Familie glückstrunken wieder zurück.

Die zwei Seiten Accras

Da Lomé direkt an der ghanaischen Grenze liegt, marschierten wir zu Fuß in unser 2. Reiseland. Während die Formalien zum Ausreisestempel auf der togolesische Seite etwas schnell und unhöflich abgefrühstückt worden waren, ging es auf der gar ghanaischen Seite mit dem Einreisestempel direkt deutlich lustiger und freundlicher zu. Dass ich jetzt „yes“ statt „oui“ und „thank you“ statt „merci“ sagen musste, wollte mein Kopf noch nicht so richtig verstehen. Eigentlich wär die günstigste Möglichkeit, um zu unserem nächsten Ziel zu kommen, die Busfahrt gewesen, allerdings hatten wir in diesem Moment leider falsche Preise im Kopf und weil es sich anbot fuhren wir so mit einem Sammeltaxi nach Accra: in die Hauptstadt Ghanas. Ghana wirkt v.a. in den großen Städten im Vergleich zu den meisten anderen westafrikanischen Ländern ziemlich entwickelt. Das macht sich nicht nur an offensichtlichen Sachen wie bspw. der Architektur bemerkbar, sondern auch an dem Glutengehalt im Essen. Aber man darf sich nicht täuschen lassen. Hinter hohen schicken Häusern und funktionierenden Klospülungen verbergen sich auch in Ghana massenweise Armut und harte Lebensrealitäten.
Schon aus den Autofenster werfen Valerie und ich natürlich einen Blick auf eines unserer Lieblingsthemen: Die Kleidung. Während die Beninerinnen und Beniner immer superelegant aussehen in ihren bunten gemusterten traditionellen Stoffen, sieht es was das angeht bei den Ghanaern etwas langweiliger aus: Sie tragen „normale“ Kleidung und wenn man doch mal einen Stoff sieht, dann nur an Frauen. Auch was Frisuren angeht sieht es etwas anders aus: Ein großer Anteil der Frauen hat irgendein Tuch um ihren Kopf gewickelt, aber man sieht auch deutlich mehr Frauen mit offenen, natürlichen Haaren als in Benin. Nachdem wir uns kurz in unserem Hostel eingerichtet hatten, es war schon lange nach Sonnenuntergang, lockte uns der Hunger nochmal vor die Türe. Wir suchten nach einem geeigneten Essenstand und wurden bald fündig. Auch hier zeichnen sich kleine Unterschiede zur beninischen Küche ab, auch wenn der Grundbaustein (meist Reis mit Soße) gleich ist, nur eben anders zubereitet. Am nächsten Morgen waren wir erstmal etwas planlos, aber eine nette Deutsche, mit der wir am Frühstückstisch ins Plauern kamen, schlug uns ein paar Sehenswürdigkeiten in Accra vor. Na dann mussten wir doch eigentlich nur noch dorthin kommen!? Aber Zems gibt es in Accra kaum und die, die man sieht, fahren äußerst unverantwortlich. Nein, hier nimmt man Uber (Autotaxi), den man mit einer App bestellt und bei dem die App den Preis anzeigt. Taxis, die man zu sich winkt und den Preis verhandelt, sind eine weitere, aber v.a. wenn man sich nicht wirklich auskennt auch deutlich teurere Angelegenheit. Also downloadeten wir uns die Uber-App und warteten bis der Uber endlich kam. Nicht nur das Warten auf den Uber ist etwas nervig, auch die Abhängigkeit vom Internet und dann der Stau, den man im Auto viel mehr einzuberechnen hat, als auf dem Motorrad. Nachdem wir vergeblich versuchten an eine SIM-Karte ranzukommen waren wir schon etwas frustriert. Tatsächlich hatten wir im Endeffekt bis Tag 5 in Ghana keine SIM-Karte, weil wir es immer irgendwie anders ganz gut schafften uns durchzuschnorren. Also machten wir uns auf den Weg zu den Sehenswürdigkeiten. Sehenswürdigkeit Nummer 1 war ein Kunstmarkt, an dem die Verkäufer relativ aufdringlich versuchten, ihre Ware an die Touristen loszuwerden. Ich bin ja generell schon eine recht schlechte Käuferin und irgendwie fühlte ich mich auf dem Markt nicht wohl, wahrscheinlich weil es so ein reiner Touristenhotspot ist und ich so das Gefühl hatte, Accra und Ghana gar nicht kennenzulernen. Auch unser zweites Ziel war nicht wirklich besser: Der Memorial Park. „Ach wie lange waren wir in keinem Park mehr gewesen!“, dachten wir uns. Wir kauften uns Reis to go und wollten uns zum Verzerr entspannt in den angepriesenen Park setzten, den ich mir wie eine große Grünfläche mit Wiesen und Bäumen vorgestellt habe. Pustekuchen. Schon als wir von außen dran vorbeigingen, sahen wir, dass der Park fiel geschleckter und kleiner aussah, als in meiner Vorstellung und als wir dann auch noch in eine große Eingangshalle gelangt waren und auf die Preisliste starrten, machten wir auf der Stelle kehrt. Ich möchte hier nicht diesen Park mit seiner Bedeutung klein reden. Es war nur einfach nicht das, was wir in diesem Moment gesucht hatten, und v.a. war es wieder beinahe nur für Touristen (das sagten schon alleine die Preise aus). Na toll, was nun? Doch wie durch ein Wunder tauchte da gerade wieder der Mann auf, der uns eben noch den Weg erklärt hatte. Eigentlich wollte er nach unserer Nummer fragen, aber ich hatte eine bessere Idee. Und so erklärte ich ihm unser Dilemma und fragte ihn, ob er nicht irgendwelche weniger touristischen, sehenswerten Orte in Accra kenne.

So leicht waren unsere nächsten Stunden gerettet. Emmanuel war eigentlich gerade auf dem Heimweg von der Arbeit, aber freute sich, uns seinen Heimatort und sein Wissen darüber mit uns teilen zu können. Und so gingen wir die nächsten Stunden die Straße, die auch am Memorial Park vorbeiführt, entlang, machten viele kleine Abstecher in denen wir kleine Slums, einen Schlachthof, einen Leuchtturm, ein ehemaliges Hotel, einen ziemlich armen Fischerhafen, der gerade renoviert wurde und das ein oder andere weitere zu Gesicht bekamen, während Emanuel erzählte und erzählte. Immer wieder tauchte der Ozean in seiner Pracht vor uns auf. Als es dunkel wurde kehrten wir glücklich über diesen besonderen Nachmittag zurück ins Hostel.

Durchatmen in Kizzi (Dorf bei Cape Coast)

Der nächste Tag war dann ein kompletter Reisetag. Acht Verkehrsmittel brauchte es, damit Valerie und ich an unserem Ziel ankamen. Das wäre allerdings nicht der Normalfall gewesen. Vom Hostel ging es mit einem Auto zur Busstation in Accra. Dort warteten wir dann fast zwei Stunden im Bus, bis dieser endlich voll war und somit losbrauste. Dem Ticketmann hatten wir zwar weis gemacht, dass wir in Cape Coast raus wollen, diese Information war wohl aber nicht bis zum Fahrer durchgedrungen. Als mein Google Maps nach über 3 Stunden Fahrt anzeigte das Cape Coast schön langsam nicht mehr vor, sondern hinter uns lag konnten wir den Bus zum stehen bringen und raushüpfen. Mit einem Kleinbus und anschließend einem Taxi fuhren wir dann genau die Strecke, die wir gerade nach Westen gefahren waren wieder nach Osten zurück und kamen anschließend mit einem Tuktuk zum Baobab Hostel. Welches Gefährt wir wohin nehmen müssen, das war dank der bemerkenswert großen Hilfsbereitschaft der Ghanaer kein Problem herauszufinden. So und was ist jetzt das Baobab Hostel? Ein Grund warum wir nach Ghana wollten war Nielson, ein ehemaliger Klassenkamerad von Valerie, der Volontariat in Ghana macht und uns für unsere erste Reise schon in Benin besucht hatte. Genauer gesagt wollten wir nach Kizzi, einem Dorf in der Nähe von Cape Coast. Das Projekt heißt „Baobab Children Foundation“ und in Cape Coast gibt es ein zum Projekt gehörendes Hostel. Dort trafen wir auf Nielson, kauften uns in der Stadt noch etwas zu essen und brachen dann mit einem Taxi und Minibus nach Kizzi auf. Bei mittlerweile Dunkelheit kamen wir in dem Dorf und nach einem kleinen Fußmarsch auch im Projekt an. Später lernten wir dann noch Nielsons Mitfreiwillige Louisa kennen, mit der wir uns sehr gut verstanden.

Den nächsten Tag verbrachten wir entspannt auf dem Gelände, schauten uns das Projekt genauer an, quatschten mit ein paar der Jugendlichen und guckten am Abend alle gemeinsam einen selbstgedrehten Film zum Thema Plastikmüll. Ja und was ist denn überhaupt das Projekt? Auf einem großen Gelände im Grünen stehen zahlreiche Häuschen, sodass das Gelände wie ein eignendes Dorf wirkt. Es gibt ein Mädchenschlafsaalshaus, ein Jungenschlaafsaalhaus, ein Lehrerschlafsaalhaus, ein Unterrichtsräumehaus, ein Küchenhaus, ein Volontärshaus und verschiedene Ausbildungsbereichshäuser. Zusätzlich wird auf ein paar nahegelegenen Feldern auch noch Landwirtschaft betrieben. Auf diesem Gelände leben ca. 100 Jugendliche zwischen ca. 13-20 Jahren, die aus schwierigen und armen Verhältnissen stammen, oder gehandicapt sind. Sie leben auf dem Baobabgelände für vier Jahre, in denen sie dort ihre Ausbildung meistern (Schreinerei, Weberei, Schneiderei, Batik, Küche,…) und unterrichtet werden. Die Aufgaben von Nielson und Louisa sind verschieden. Teilweise helfen sie beim Unterricht, machen Sport mit den Jugendlichen, Basteln, machen Bibliothektsbetreuung, usw. Außerdem starten sie auch Projekte wie beispielsweise den Film, den sie mit den Jugendlichen gedreht haben.

Am darauffolgenden Morgen standen wir schon um 5:00 Uhr auf. Freiwilliges Morgenjogging für die Jugendlichen war angesagt. Der Moment des Aufstehens war hart, das Joggen noch mehr (ehrlichgesagt mache ich hier bis auf regelmäßiges Tanzen gar keinen Sport). Aber als wir auf dem Rückweg dann gingen, konnte ich es richtig genießen und bin noch immer ein bisschen angetan von der Morgenluft und dem Gefühl schon vorm Frühstück morgens richtig produktiv gewesen zu sein. Nachdem wir den restlichen Tag noch entspannt auf dem Gelände verbracht hatten, hieß es am Nachmittag dann mal wieder Aufbruch. Mit Nielson zusammen verließen wir Kizzi und fuhren mit einem Sammelminibus nach Cape Coast, unserer nächsten Etappe.

Intensive Eindrücke in Cape Coast

In Cape Coast angekommen machten wir es uns direkt bei dem Laden eines ghanischen Freundes von Nielson bequem. Seine Frau hatte doch tatsächlich Fufu für uns gemacht (traditionell ghanisches Essen, eine Art fester Brei, ähnlich wie Igname pilé), herrlich. Später schauten wir vor dem Laden dann zuerst das EM-Finale (Glückwunsch Spanien!) und anschließend den selbstgedrehten Film. Die drei Nächte in Cape Coast verbrachten wir natürlich im Baobab Hostel und in der ersten davon war Nielson auch noch bei uns. Am nächsten Morgen klingelte der Wecker tatsächlich schon wieder um 5 Uhr, Valerie und ich machten uns rasch fertig und fuhren dann zum Karkum-Nationalpark. Aus drei Quellen wurde uns nämlich mitgeteilt, dass man dort sehr früh vor Ort sein muss, um nicht in den kompletten Menschenwall zu geraten und ewig warten zu müssen. Etwas übermotiviert standen Valerie und ich also schon um 7:00 Uhr bei bei der Kasse des Nationalparks auf der Matte. Außer ein paar Angestellten war niemand zu sehen. Weil wir also deutlich zu früh da waren mussten wir eine Stunde warten, die wir uns mit „Vier gewinnt“ aus Naturmaterialien gemütlich gestalteten. Weil man die Tour nur mit Guide machen darf, hieß es dann nochmal eine halbe Stunde warten. Die Tour an sich war schön aber v.a. für den Preis mit einer halben Stunde Dauer etwas kurz. Erst stiegen wir viele Treppen hoch und dann befanden wir uns auf einem Baumwipfelpfad. Die Konstruktion der Baumwipfelwege bestand eigentlich nur aus Leitern, über die Bretter gelegt worden waren und drum herum ein Netz. Mama, du hättest es geliebt**. Aber die Aussicht war schon toll.

Zurück im Baobabhostel frühstückten wir dann entspannt mit Nielson und waren später noch auf dem Markt in Cape Coast, der ganz anders ist als der Marché Dantokpa. Um Welten kleiner, weniger Kinderarbeit und ein Teil ist tatsächlich auch in Gebäuden drin. Nach einem feierlichen Reisabendessen hieß es dann sich von Nielson zu verabschieden, der wieder zurück zu seinem Projekt musste.

Cape Coast als Stadt hat mich an vielen Ecken von der Architektur an Italien erinnert. Von 1664 bis 1877 war Cape Coast die ghanaische Hauptstadt und einer der größten Sklavenhandelspunkte Westafrikas. Ein absolutes Muss bei einem Besuch in Cape Coast ist demnach auch das Castle. Wir haben am nächsten Tag die Tour durch das Schloss gemacht und haben den damaligen grausamen Umgang mit den Sklaven ganz nah erlebt. Sklaven wurden dort Monate, wenn nicht Jahre in dunklen Bunkern auf engstem Raum zusammengepfercht mit kaum essen und trinken und mussten abwarten bis sie schließlich durch das Tor vom Schloss zum angrenzenden Meer gebracht wurden, um in die neue Welt verschifft zu werden. Vergewaltigungen von den Briten waren alltägliches Prozedere für die Sklavinnen und hohe Strafen, wenn du es nicht einfach über dich ergehen lässt. Und wer seinen Mund aufgesperrt hat und dieses unmenschliche System kritisierte wurde mit anderen Leuten zusammen in einen kleinen dunklen Raum gesperrt, bis alle darin verdurstet oder welchen Tod auch immer gestorben waren. Die Bilder und Erzählungen im Kopf nachklingend gestalteten wir den Tag noch ruhig und verbrachten anschließend Zeit mit Louisa, die an ihrem freien Tag auch nach Cape Coast gefahren war.

Letzte Station in Keta

Als Zwischenstopp auf der Heimreise zwischen Cape Coast und Cotonou wählten wir Keta. Mit einem gemütlichen Kleinbus ging es nach Accra. Mit dem Uber fuhren wir dann bis zum Markt, wo es weitergehen sollte. Wir kauften uns Reis und auch später, also wir schon im Minibus saßen, deckten wir uns noch mit einigen Leckereien ein von Marktfrauen, die einem die Sachen bis in den Bus reichen. Auch während der Fahrt ist das immer so ein Ding, dass überall Verkäuferinnen und Verkäufer stehen und die Ware mal mehr mal weniger aufdringlich anpreisen. An roten Ampeln zum Beispiel. Wir hatten uns leider mit der Uhrzeit etwas verschätzt und kamen so erst um 23:00 Uhr an – netterweise waren wir bis direkt vors Hotel gefahren worden. Und so lagen wir auch schon kurze Zeit später schlafend in unseren Betten. Am nächsten Morgen, dem 18.07 und somit letztem Reisetag, sahen wir dann erst, wo wir gelandet waren. In einem ziemlich großen, grauen, verlassenen und runtergekommenen Hotel. Durch eine ebenfalls ziemlich verlassene Gegend gingen wir zum Strand und verbrachten dort in aller Ruhe noch etwas Zeit bis wir losmussten. Zusammenpacken, auschecken, Sammeltaxi suchen. Wir wurden direkt an der Grenze zu Lomé rausgelassen und dann begannen lustige Minuten. In Ghana zahlt man nämlich mit Cedi und nicht CFA und wir hatten umgerechnet noch ein paar Euro in der Hand, die wir nun loswerden mussten. Wir schlugen einfach bei allem zu, was uns die Leute anboten und was lecker aussah (Früchte, Säfte, etc.). Nachdem wir uns den Ausreisestempel für Ghana geholt hatten, ging es zum Einreisestempel für Lomé. Eine der ersten Fragen war dann mal wieder, ob wie den lieben Herrn Beamten nicht heiraten möchten. Das war in Ghana tatsächlich angenehmer gewesen, klar hatten wir da auch ein paar Begegnungen in die Richtung erlebt, aber deutlich weniger. Eine andere interessante Feststellung ist, dass wir in Benin immer für Französinnen gehalten werden und in Ghana war die Frage tatsächlich meistens „german“? Mit einem Sammeltaxi ging es dann von Lomé aus wieder zurück nach Hause, nach Cotonou.

Die Reise war absolut interessant und gefüllt mit Marmeladenglasmomenten! Ich hoffe ich konnte euch auf diesem Wege ein bisschen mitnehmen und über die verschiedenen Kulturen in Teilen Westafrikas erzählen.

LG Teresa


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Demonstrieren für afrikanische Kinder https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/06/30/demonstrieren-fuer-afrikanische-kinder/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/06/30/demonstrieren-fuer-afrikanische-kinder/#respond Sun, 30 Jun 2024 12:54:51 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1148 La journée de l´enfant africain – Der Tag des afrikanischen Kindes In manchen Momenten spüre ich einfach, dass ich gerade meinen nächsten Blogeintrag erlebe. Genauso ging es mir auch am 21. Juni zwischen halb 2 und halb 5. Generell schätze ich Benin zwar als ein sehr von Armut geprägtes, aber zugleich total friedliches Land ein […]

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La journée de l´enfant africain – Der Tag des afrikanischen Kindes

In manchen Momenten spüre ich einfach, dass ich gerade meinen nächsten Blogeintrag erlebe. Genauso ging es mir auch am 21. Juni zwischen halb 2 und halb 5.

Generell schätze ich Benin zwar als ein sehr von Armut geprägtes, aber zugleich total friedliches Land ein – zumindest unterhalb der Sicherheitsgrenze. Das ist eine Gebietsgrenze im Norden, die man aus Schutz vor Entführungen usw. nicht überschreiten sollte. Als ich vor ein paar Wochen einen Umweg mit dem Zem nehmen musste aufgrund einer Straßensperrung wegen einer Demo, hat mich das doch sehr überrascht – Demos sind für Benin relativ untypisch. Es war wie sich dann herausstellte eine Demonstration für die Unabhängigkeit von Frankreich und ich fand es richtig cool, dass die Beniner ihre Stimme nutzten und sich zu einer friedlichen Demo zusammentrafen. Dass ich dann aber schon wenige Wochen später, am 21. Juni, selbst auf einer Demo mitlaufen werde, damit hatte ich wahrlich nicht gerechnet. Eingeladen dazu wurden Valerie und ich von der Tata C. aus der Baraque. Es handelte sich dabei nämlich tatsächlich um eine von den Schwestern organisierte Demo. Das Thema der Demonstration war der „Tag des afrikanischen Kindes“, da diesen Rechte entweder gar nicht erst zugestanden werden oder aber noch nicht wirklich umgesetzt sind.

Als Valerie und ich vorletzten Freitag gegen halb 2 bei der Baraque ankommen, müssen wir unsere Füße ganz schön fest in den Boden stemmen, um nicht umzufallen. Denn ganze Horden an Marktmädchen laufen auf uns zu, rufen unsere Namen, umarmen uns uns freuen sich uns zu sehen. Die Freude, die diese Mädchen in sich tragen und ganz ungeniert zum Ausdruck bringen ist so wundervoll. Alle sind eingekleidet mit weißen Baraqueshirts, die extra für die Demonstration gedruckt worden sind und sogleich wird auch mir eines in die Hand gedrückt. Das letzte Mal, dass so eine größere Aktion von der Baraque organisiert worden war, war das Weihnachtsfest, über den ich in meinem Beitrag „Alle Jahre wieder“ geschrieben habe. Mir fällt auf, dass ich im Vergleich zur Weihnachtsfeier prozentual gesehen viel mehr Gesichter der Mädchen kenne. Da es in der Baraque, in der ich normalerweise 2x die Woche für 3 h arbeite, immer ein Kommen und Gehen ist und die wenigsten Mädchen jedes Mal da sind, kenne ich die meisten gar nicht so gut. Aber von sehr vielen kenne ich das Gesicht und ein paar Eigenschaften. Von knapp zwei Duzend immerhin auch den Namen. Ich habe aber auch das Gefühl, dass es in der Baraque gar nicht so sehr auf tiefe Beziehungen mit den Mädchen ankommt. Auf der einen Seite spreche ich auf der hier umgangssprachlich gesprochenen Sprache Fon nicht mehr als ein paar einzelne Wörter/Floskeln. Bei den Marktmädchen wiederum ist es so, dass nur die wenigen, die zur Schule gehen, so gut französisch sprechen, dass wir uns auch mal länger unterhalten können. Dahingehend ist die Sprachbarriere schon ein Stein im Weg. Viel mehr habe ich aber ohnehin das Gefühl, dass es darauf ankommt aus dem Moment das Beste rauszuholen und im Hier und Jetzt zu leben. Das schaffen wir durch das Bastelprojekt, das ich jedes Mal mitnehme, Karten-/Murmelspiele, aber v.a. die von den Mädchen bis ins Unendliche geliebten Klatschspiele. Und bei all dem reicht der kleine Französischwortschatz vieler Mädchen bzw. mein kleiner Fonwortschatz komplett, für eine gute gemeinsame Zeit mit ganz viel Liebe aus.

Der Platz vor der Baraque wird immer voller. Plötzlich tauchen auch ein paar Schwestern und Präaspirantinnen auf – zweitere verlassen das Gelände eigentlich nie. Auch die für sechs Wochen mithelfenden französischen Praktikatinnen, und zwei von den Besuchern meiner letzten Tour Social sind sind am Start. Dazu kommen dann noch eine Handvoll Polizisten und alle ca. 60 Azubis des Maison de l´Espérance, welches nicht weit von der Baraque entfernt liegt. Die zwei Projekte haben sich für die Demo zusammengeschlossen.

Nach ein paar Reden starten wir los. Die Route führt sowohl an einer großen Straße beim Markt Dantokpa entlang, als auch mitten durch den Markt hindurch. Meine Arme habe ich links und rechts um die Schultern zweier Marktmädchen gelegt und nehme lediglich weg, um in einer der zahlreichen Pausen wie alle um mich rum eine kleine Tanzeinlage abzuliefern. Das ist allerdings nichts zu dem im Vergleich, wie intensiv Valerie beinahe die ganze Demo das Tanzbein schwingt. Das funktioniert so gut, da unser Tross von einer kleinen Band bestehen aus vier jungen Herren mit Trompeten und Trommeln begleitet wird. Die Baraque geht voran, das Maison de Espérance hinterher. Die Leute um uns herum schauen etwas verwirrt oder amüsiert und wundern sich, dass insgesamt 7 Yovos einen Teil der Gruppe bilden. Meine Begleiterinnen links und rechts bleiben mir treu uns lassen sich nicht einmal davon verschrecken, dass ich ihnen aus versehen nicht nur einmal auf die Füße trete. Es ist aber auch eng! Immer wieder werden mit einem Mikrofon Sprüche gerufen, die ich wegen meiner fehlenden Fonkentnisse aber nur halb verstehe. Nachdem wir irgendwann wieder bei der Baraque angekommen sind werden kurz Reden gehalten. Wie auch schon bei der Weihnachtsfeier bekommt jedes Marktmädchen zu guter Letzt eine kleine Box mit aufgepepptem Reis zu Essen. Das ist schon ein komisches Bild wie sie auf der einen Seite in die Baraque als Demonstrantinnen reingehen und auf der anderen Seite wieder mit ihrer kiloschweren Ware auf dem Kopf als Verkäuferinnen rauskommen.

Summa summarum: Die Demo war ein voller Erfolg und definitiv eine unvergessliche Erinnerung in meiner Beninzeit.

LG und Euch einen guten Rutsch in die zweite Jahreshälfte!

Eure Teresa

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Niedergeschriebene Gedanken https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/06/21/niedergeschriebene-gedanken/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/06/21/niedergeschriebene-gedanken/#comments Fri, 21 Jun 2024 07:08:41 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1124 Hi, ich bin´s mal wieder! Tatsächlich weiß ich noch nicht genau über was ich diesen Blogeintrag schreiben werde, deswegen tippe ich meine Gedanken einfach mal in die Tasten ein! Was hier tatsächlich ziemlich präsent und wichtig ist in meinem aktuellen Leben sind Freundschaften. Und damit meine ich v.a. Freundschaften zu anderen Volontären. Die ersten Monate […]

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Hi, ich bin´s mal wieder!

Tatsächlich weiß ich noch nicht genau über was ich diesen Blogeintrag schreiben werde, deswegen tippe ich meine Gedanken einfach mal in die Tasten ein!

Was hier tatsächlich ziemlich präsent und wichtig ist in meinem aktuellen Leben sind Freundschaften. Und damit meine ich v.a. Freundschaften zu anderen Volontären. Die ersten Monate hier haben wir uns nur relativ wenig mit anderen Freiwilligen getroffen, aber mit der Zeit haben wir dann immer mehr Volos kennengelernt und uns enger angefreundet. Mittlerweile sind so enge Beziehungen entstanden, dass ich keinesfalls Lust hätte auf diese Freundschaften zu verzichten. Stand jetzt gibt es soweit ich weiß 13 deutsche Weltwärtsvolontäre in Benin – evtl. gibt es aber auch welche von deren Existenz ich nicht weiß… Glücklicherweise sind wir alle mittlerweile ziemlich mobil in unserem geliebten Land und so sehen die meisten von uns sich trotz verschiedener Städte regelmäßig. Das vorletzte Wochenende haben wir zum Beispiel fast alle in der Stadt Grand Popo verbracht, wo wir am Strand gezeltet haben.

Letzten Samstag haben Valerie und ich in Adja-Ouèrè die Organisation eines beninischen Freundes angesehen und nächsten Samstag geht es für Valerie und mich nach Porto-Novo um dort eine Volontärin zu besuchen. Ich finde diese Kontakte unfassbar wertvoll, auch weil ich so einen Teil Benin bei mir habe, von dem ich mich nicht am Rückflugtag verabschieden muss. Zu meinen Beziehungen in Deutschland halte ich hauptsächlich über Sprachnachrichten Kontakt. Mittlerweile habe ich keine Scheu mehr Audios zu verschicken die über 5 oder auch 10 Minuten gehen. Ich liebe es auch selbst so lange Sprachnachrichten geschickt zu bekommen und mir diese wie einen Podcast anzuhören. Besondere Grüße gehen hier an Anna G. und Anna K. 😉 Was ich dahingegen mit Freunden echt selten mache ist Telefonieren. Mit meiner Familie aber durchaus, wir telefonieren ca. alle 2-3 Wochen mal etwas länger. Eine andere Art mich Leuten mitzuteilen ist offensichtlich dieser Blog. Schon nach dem ersten Eintrag habe ich gemerkt, dass es mir große Freude bereitet auf diese Art meine Gedanken zu verarbeiten, den Leser von meinem kleinen Abenteuer hier, aber auch über Benin und seine Einwohner zu erzählen und für mich persönlich später noch eine schöne Zusammenfassung von diesem Jahr zu haben. Mit dem Zeigen von Kindergesichtern im Internet bin ich immer sehr vorsichtig, wie man in den Einträgen vielleicht schon gemerkt hat. Das ist echt schade, weil die Blogeinträge natürlich viel belebter und noch nahbarer wären und es auch viele schöne Fotos gibt, die euch so vorenthalten werden. Aber ich kann diese Entscheidung, ob jemand sein Gesicht im Internet zeigen will, ja nicht für andere treffen.

Über was ich auch gerne noch schreiben würde ist mein Bezug zu Deutschland. Bevor ich in dieses Jahr gestartet bin, war ich fest davon ausgegangen, dass Heimweh dazu gehört. Angekommen in Benin war ich dann ganz verwundert, dass das nicht unbedingt so der Fall war. Ich hatte zwar schon viele Gedanken an Deutschland, aber nicht direkt in einer Heimwehform. Wenn schon dann eher immer wieder mal Sehnsüchte nach Menschen, Essen, Kälte etc. Richtiges Heimweh selten. Aber nun hatte ich eine Phase, in der ich mich immer mehr zu meinem Leben in Deutschland bzw. Österreich hingezogen gefühlt habe. Und ich habe vermehrt Heimweh gespürt. Das fühlt sich dann so an, dass ich intensiv an zuhause denken muss und eine sanfte Form von Schmerz in meiner Brust fühle. Es kann sich zwischen ein paar Minuten und ein paar Stunden abspielen. Lustig oder? Mit Heimweh hatte ich am Anfang des Freiwilligendienstes gerechnet, vielleicht in der Mitte, aber doch nicht am Ende, wo ich nun alles hier kenne und gewöhnt bin… Mir fiel es ein bisschen schwer, diese auch vermehrten Sehnsüchte und das Heimweh zuzulassen: „Ich will doch im Hier und Jetzt leben und mich an meinem beninischen Leben erfreuen, das mir nur noch zwei Monate bleibt“, dachte ich mir. Jetzt die letzten Wochen war wieder eher das Gegenteil, dass ich Benin richtig genießen konnte, der Fall. Das Wort Gefühlschaos beschreibt es vielleicht ganz gut. Aber wie die Psychologen so schön sagen, hat ja jedes Gefühl seine Daseinsberechtigung. In Momenten des Heimwehs fehlt mir und freue ich mich am meisten auf meine Verwandtschaft. Aber auch mein Umzug nach Österreich, anstehende Ausflüge und Jahreszeiten stehen auf meiner Klopapierliste ( 😉 ) ganz weit oben. In den Beninmomenten beeindruckt mich am meisten die Leichtigkeit vieler Dinge hier. Die offenen Menschen und vielen Kinder, das „natürlichere“ Leben, die zahlreichen Essensstände und die Stoffe.

Was mir auf jeden Fall großen Spaß macht und mich sinnvoll fühlen lässt ist der Alphabetisierungskurs, den ich derzeit im Maison de l’Espérance – dem Ausbildungszentrum – gebe. Denn ein paar der Jugendlichen und jungen Erwachsenen können weder lesen noch scheiben und so gebe ich in meiner Zeit am Donnerstagvormittag 1-3 Jugendlichen Einzelunterricht. Das Oratorium fand vorletzten Sonntag zum letzten Mal in dieser Schuljahr statt. Das heißt, ab jetzt haben wir den Sonntag eigentlich ganz frei, denn in die Kirche gehen wir schon seit ein paar Monaten nicht mehr. Und auch der Espace Eveil (die Vorschule) wird Ende diesen Monats seine Pforten schließen. Vorgestern habe ich außerdem meine 3. Tour Social geguidet. Sonst gibt es nicht wirklich Neuigkeiten aus den Projekten.

Ich hoffe alle, die dieses Jahr das Abi bestritten haben, können die neue Freiheit in vollen Zügen genießen und dass ihr auch in Deutschland nun die warmen Sonnenstrahlen und Sommergefühle fühlen könnt!

LG Teresa

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Über drei Ausflüge im Mai https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/06/01/ueber-drei-ausfluege-im-mai/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/06/01/ueber-drei-ausfluege-im-mai/#respond Fri, 31 May 2024 22:54:18 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1071 Ich schreibe diese Zeilen in der Hoffnung, dass ich diesen Blogeintrag noch (auf den letzten Drücker) im Mai hochlade. Falls ich das schaffe, dürft ihr mir einmal kurz auf die Schultern klopfen ;). Nicht einmal mehr drei Monate bleiben mir im bunten Benin, aber ich merke, dass sich das irgendwie ok anfühlt. Klar gibt es […]

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Ich schreibe diese Zeilen in der Hoffnung, dass ich diesen Blogeintrag noch (auf den letzten Drücker) im Mai hochlade. Falls ich das schaffe, dürft ihr mir einmal kurz auf die Schultern klopfen ;). Nicht einmal mehr drei Monate bleiben mir im bunten Benin, aber ich merke, dass sich das irgendwie ok anfühlt. Klar gibt es Momente, in denen beim Abschiedsgedanken mein kleines Herz zerbricht. Aber gleichzeitig habe ich neulich in der Vorschule auf Klopapier eine Liste gekritzelt, mit Sachen, auf die ich mich nach dem Volontariat in Deutschland/Österreich freue: Und da sind mir jede Menge Punkte eingefallen. Aber trotzdem will ich mein Abenteuer hier auf keinen Fall auch nur um einen einzigen Tag verkürzen!

In den Projekten läuft alles wie gehabt, die Mädels in der Baracke sind zur Zeit sehr verkuschelt und überall in beninischen Schulen werden jetzt Tests geschrieben und die letzten Tage vor den Sommerferien abgesessen. Gut das mit den letzten Tagen vor den Sommerferien trifft jetzt nicht auf die alternative Grundschule zu, deren Schüler müssen noch ein bisschen länger auf die beste Zeit im Jahr eines Schülers warten!

In den letzten Wochen hatte ich drei Ausflüge bzw. Besuche, an denen ich euch in diesem Eintrag gerne ein bisschen teilhaben lassen möchte:

11. Mai 2024: Besuch einer Psychiatrie in Adjarra

Aufmerksame Leser erinnern sich bestimmt noch an die Erzählungen von der französischen Hebamme aus meinem Blogeintrag „Geburtstagskind“. Die Geschichte mit dieser besonderen Freiwilligen ging nach besagtem Eintrag noch weiter und soll nun erzählt werden. Kleiner Reminder: Lilli kommt aus Frankreich, lebt für zwei Jahre in Benin, wird im Sommer heimfliegen und hat ein abgeschlossenes Hebammenstudium. Als solche hatte sie auch die ersten eineinhalb Jahren ihres Volontariats hauptsächlich gearbeitet, doch im November ist sie dann umgestiegen und arbeitet seitdem v.a. in einer Psychiatrie und mit den Kindern von psychisch Erkrankten. Um sie zu besuchen, sind wir erst mit dem Bus nach Porto-Novo gefahren, wo Lili uns mit dem Auto abgeholt und nach Adjarra gebracht hat. Dort angekommen und nach einer kleinen Pause in ihrer Wohnung wurden uns sämtliche Mitarbeiter, Büro- und Untersuchungsräume der Psychiatrie vorgestellt und das Interessante war, dass beinahe alle Mitarbeiter ehemalig psychisch Erkrankte der Psychiatrie gewesen waren. Und dann sind wir schließlich reingegangen in die Psychiatrie. Das folgende Bild zeigt die Psychiatrie von einer Dachterrasse aus.

Verteilt auf dem kleinen Psychatrieglände wohnen an die 100 Menschen. Von Schizophrenieerkrankungen, über Depressionen, bis hin zu geistiger Beeinträchtigung – die Gründe warum die Bewohner dort sind, sind verschieden. Ebenso wie die Dauer, die sie hier verbringen. Zwischen wenigen Wochen bis lebenslang ist alles dabei. Wirkliche therapeutische Unterstützung gibt es nicht. Immerhin bekommen sie Medikamente, die oft schon helfen und den Patienten auch nach der Entlassung noch zur Verfügung gestellt werden. Außerdem gibt es warmes Essen, eine Matte am Boden als Schlafplatz in den Schlafräumen (getrennt für Mann und Frau), Klos/Duschen und Akzeptanz für die Krankheit – das ist schon deutlich mehr als das, was die Erkrankten sonst haben. Die meisten von ihnen kommen nämlich tatsächlich von der Straße. Der Alltag in der Psychiatrie ist nicht allzu spektakulär, aber es gibt die Möglichkeit in der Küche zu helfen und den Haushalt zu erledigen. Die meisten Patienten dürfen nicht raus, wenige stabilere Patienten sind allerdings frei das Psychiatriegelände tagsüber für z.B. Spaziergänge zu verlassen. Die Menschen begegneten uns total erfreut und waren ganz aus dem Häuschen uns zu empfangen. Leider schenkte uns das Wetter nicht allzu viel Zeit und durch einen Regenschauer, der nicht auch nur eine einzige Hautschuppe trocken ließ, flohen wir zurück in die Wohnung von Lilli, die direkt neben der Psychiatrie liegt. Nachdem wir schicke neue Outfits von ihr bekommen (bestehend aus viel zu langem Stoff) und uns gestärkt hatten, bestiegen wir die Dachterrasse – die zahlreichen Dachterrassen sind definitiv einer der vielen Gründe warum ich Benin liebe. Von dort aus hatten wir einen guten Überblick über die idyllische Gegend. Irgendwie fühle ich mich immer, wenn ich nicht in Cotonou bin, wie im Urlaub. Cotonou als größte Stadt Benins ist extrem laut, überfüllt und trubelig (was seine Vor- und Nachteile mit sich bringt). Alle anderen Städte und v.a. Dörfer Benins sind dahingegen richtig heimelig, entspannt und grün.

Später haben wir noch einen Spaziergang gemacht zu einem Kinderwohnheim für Kinder von psychisch Erkrankten, die allerdings nicht in der Psychiatrie in Adjarra untergebracht sind. Außerdem befinden sich auf dem Gelände Ausbildungszentren für ehemalige Psychiatriebewohner (Bäckerei, Konditorei, Weber). An sich sind das natürlich echt gute und wichtige Projekte, aber wie gefühlt überall in Benin fehlt es am Geld. Einerseits ist es schwer genug Spendenpartner zu finden (die übrigens meistens aus Europa kommen). Andererseits sind viele Beniner aber auch nicht die besten Wirtschaftler. Auch ein Problem, das ich nun schon öfters bemerkt habe ist, dass man alles auf eine Person setzt, meist den/die Gründer/in. Und wenn diese Person, bei der alle Fäden des Projektes zusammenlaufen, dann nicht mehr fähig ist das alles zu wuppen, oder gar stirbt, bleiben die Beteiligten ratlos übrig.

16. Mai 2024: Besuch des Espace Eveils in Sô-Ava

Über Don Bosco läuft nicht nur die Vorschule Espace Eveil im Viertel Ladji, in der ich dienstags und donnerstags arbeite, sondern auch eine Vorschule in einem Dorf in Sô-Ava. Die Region Sô-Ava liegt nördlich vom See Nokoué, bzw. teilweise darin, besonders in der Regenzeit. Ganvié, das berühmte Wasserdorf Benins zum Beispiel liegt auch in Sô-Ava. Für den Besuch in der Vorschule sind wir einfach mit dem Verantwortlichen Don Bosco Mitarbeiter mitgefahren, der dort einmal im Monat vorbeischaut. Ebenfalls mitgekommen ist eine Krankenschwester, um einen Sensibilisierungskurs für die Eltern der Vorschüler zu halten. Unser Ausflug begann damit, dass uns der Don-Bosco-Chauffeur nach Calavi gefahren hat, von wo aus es dann mit dem Boot weiterging. Kanäle und der offene See wechselten sich ab und es war ein so magisches Landschaftsbild, dass ich ganz glücklich wurde.

Zumindest bis mit einem PLOPP PLOPP PLOPP und dunklen Wolken plötzlich die bezaubernde Stimmung endete. Und weil es nun richtig zu schütten begann, drehten wir um und warteten in dem nächstbesten Dorf ein ganzes Weilchen, bis wir unseren Weg weiter fortsetzen konnten. Angekommen in dem Dorf, in welchem sich die Vorschule befindet, hielten wir direkt beim Schulgelände, das am Wasser liegt. In der starken Regenzeit werden Teile des Dorfes stärker überschwemmt, aber das war nun noch nicht der Fall. Der Weg führte uns über eine riesige freie Fläche, deren Boden aus schwarzem was auch immer bestand (Schlamm/ Sand/ Erde?): Der Pausenhof. Dann ging es in ein kleines süßes Häuschen, in dem der Unterricht der Vorschule stattfindet. Bis zu dem Zeitpunkt als wir in dieses Häuschen eintraten, waren seit der Abfahrt in Cotonou drei Stunden vergangen. Die Kinder auf dem Pausenhof fanden natürlich besonders Valerie und mich sehr spannend und versammelten sich in Scharren, bis sie eine Weile später zu Pausenende in die Klassen geschickt wurden. Die Eltern der Vorschüler waren noch nicht da und trudelten schließlich so nach und nach ein. V.a. Mütter, aber auch eine paar Väter nahmen an dem Sensibilisierungskurs teil.

Valerie und ich verstanden davon allerdings nicht so viel, da der Vortrag nicht auf französisch stattfand. Als die Krankenschwester nach ca. einer Stunde mit dem Vortrag fertig war, waren wir jedoch noch eine weitere Stunde in dem kleinen Raum gefangen: Unwetter bestehend aus heftigem Sturm und Regen wollte uns noch etwas hierbehalten. Irgendwann hatte sich das Wetter wieder einigermaßen beruhigt und wir konnten den Heimweg antreten. Für diesen gab man uns eine große Plane mit, die wir während der Bootsfahrt über uns halten sollten – denn so ganz aufgehört hatte der Regen noch nicht. Ich war ein bisschen verwirrt über die Kombination Benin und starkes Frieren, das erlebt man durchaus selten. Im Auto verschwand immerhin die Gänsehaut und spätestens zurück auf dem Schwesterngelände konnte ich mich wieder vernünftig aufwärmen.

25. Mai 2024: Besuch eines Kinderheims in Pobè

Das ganze letzte Wochenende war eigentlich relativ lustig. Es begann mit einem Volontärsaustauschtreffen in der deutschen Botschaft am Freitagvormittag, wobei die meisten von uns Beninvolontären eh im ständigen Austausch miteinander stehen. Später am Abend haben wir und fast alle dann schon wieder gesehen. Nicht in Cotonou, sondern in Porto-Novo, wo Geburtstag gefeiert wurde – dort haben wir auch übernachtet. Nachdem wir natürlich fleißig getanzt hatten, begann meine Nacht auf dem Boden einer Dachterrasse und endete – dank eines Unwetters – auf dem Boden im Flur. Kleiner Funfact: Viele Beniner haben gar kein Bett. Auf der einen Seite bringt ein Bett natürlich Kosten mit sich, auf der anderen Seite wollen sie das oft aber auch gar nicht. Dann reicht eine dünne Matte oder Stoff zum darunterlegen auf dem Boden. Gegen Mittag des nächsten Tages (Samstag) sind Valerie und ich dann mit einem überfüllten Sammeltaxi nach Pobè gedüst. Dort wollten wir zwei Freiwillige besuchen, die schon ein paar Stunden zuvor wieder von Porto-Novo heimgefahren sind. Sie sind so alt wie wir und machen einen Freiwilligendienst mit der Organisation „Kinderhilfe Westafrika“ für ein Jahr in dem Kinderheim „Les chants des oiseaux“ (Die Vogelgesänge). Nach ca. eineinhalb Stunden Route wurden wir von den Volontärinnen in Empfang genommen. Sie zeigten uns das Gelände und beantworteten geduldig all unsere Fragen. Für mich war es sehr interessant dieses Kinderheim zu sehen und ein bisschen mit unserem Kinderheim Foyer Laura Vicuña in Vergleich zu setzen. Das Kinderheim „Die Vogelgesänge“ ist für ca. 30 Kinder, sowohl Mädchen als auch Jungs, und der Altersunterschied ist in Summe wesentlich niedriger als bei unseren Kindern. Der Freiwilligendienst der zwei Mädchen ist auch ganz anders als meiner, da sie praktisch nur und dafür sehr intensiv für das Wohnheim da sind. Die Arbeit an den Werktagen spielt sich hauptsächlich morgens und am späten Nachmittag/Abend ab, wenn die Kinder nicht in der Schule sind, aber auch am Wochenende haben die zwei Freiwilligen nicht frei, sondern dann gilt es u.a. die Kinder mit Spielen und Basteln zu unterhalten. Ich finde es jedes mal aufs Neue extrem interessant in die Projekte von anderen Freiwilligen einzutauchen und aus den Erzählungen Realität werden zu lassen. Nach vielen guten Gesprächen, Austausch und Kontakt mit lieben Kindern (die mich beim Memory komplett alt aussehen lassen haben), ging es am nächsten Tag mit dem Sammeltaxi wieder zurück nach Cotonou, pünktlich zum Oratorium.

Voilà soviel ein bisschen zu ein paar besonderen Tagen der letzten Wochen. Und auch die nächsten Wochen sind tatsächlich relativ stark gefüllt. Denn auch wenn noch drei Monate bleiben, muss ich schön langsam gut planen, um am Ende nicht in Stress zu geraten. Wie wollen wir uns in den Projekten und von den Leuten verabschieden? Was wollen wir noch in Benin erleben? Welche Beziehungen wollen wir weiterhin vertiefen? Und auch mit dem Stoffkaufen muss ich dranbleiben, um noch alle Kleidungsstücke, die ich mir in den Kopf gesetzt habe, zu verwirklichen und dann in Benin und Deutschland/Österreich tragen zu können.

Bis zum nächsten Mal und meldet euch gerne bei mir 🙂

Teresa

PS: 31. Mai 2024, 23:54 Uhr – ich drücke bei diesem Blogeintrag auf „Veröffentlichen“. Nur zu blöd, dass mein Laptop die deutsche Zeit anzeigt. Hier in Benin habe ich diesen Blogeintrag also noch im Mai hochgeladen, in Deutschland um eine Stunde zu spät und so schon im Juni 😉

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Wo Sonne ist, da muss auch Schatten sein https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/05/14/wo-sonne-ist-da-muss-auch-schatten-sein/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/05/14/wo-sonne-ist-da-muss-auch-schatten-sein/#respond Tue, 14 May 2024 20:56:51 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=920 Hallo allerseits! Wahrscheinlich kann sich jeder von euch denken, das ein Freiwilligendienst nicht nur aus Friede, Freude, Eierkuchen besteht. Auch wenn ich meiner Meinung nach ein großes Los gezogen habe und auch sehr zufrieden bin, gibt es wie in jeder anderen Lebenssituation auch ein paar Aspekte und Gedanken, die einem nicht so leicht fallen. Und […]

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Hallo allerseits!

Wahrscheinlich kann sich jeder von euch denken, das ein Freiwilligendienst nicht nur aus Friede, Freude, Eierkuchen besteht. Auch wenn ich meiner Meinung nach ein großes Los gezogen habe und auch sehr zufrieden bin, gibt es wie in jeder anderen Lebenssituation auch ein paar Aspekte und Gedanken, die einem nicht so leicht fallen. Und von denen erzähle ich euch heute:

Lebensrealitäten

Das Leben der meisten Leute hier in Benin unterscheidet sich schon sehr deutlich von dem Leben, das mein Hauptumfeld und ich in Deutschland leben. Was mir dabei immer wieder auffällt ist die Eintönigkeit in beninischen Lebensweisen. Während mir die Decke schon auf den Kopf fällt, wenn ich einige oder gar einen einzigen Tag nicht wirklich rauskomme, ist das der Alltag der Wohnheimmädchen. Ihre ganze Frei-und Lernzeit verbringen sie im Wohnheim auf dem Gelände und auch die Schulen und Ausbildungen, die die meisten von ihnen besuchen, befinden sich ebenfalls auf dem Don-Bosco-Gelände. Und somit ist das einzige Mal in der Woche, dass sie das Gelände verlassen, der sonntägliche Spaziergang zur nahegelegenen Kirche – falls dieser nicht ausfällt. Ok, das mag jetzt ein Extrembeispiel sein, aber Eintönigkeit dominiert hier das Leben vieler Menschen. Bspw. bei den Marktfrauen, die Tag ein Tag aus auf dem gleichen Stuhl sitzen und darauf warten ihre Ware zu verkaufen. In den Urlaub zu fahren wäre für die meisten alleine aus finanziellen Gründen ziemlich absurd. Die meisten waren selten in anderen Städten Benins und kaum in Nachbarländern. Und wir in Deutschland? Ständig trifft man sich mit Freunden, geht ins Schwimmbad/Theater/Kino…, fährt regelmäßig in andere Städte und Länder, etc. (Wobei ich hier kurz anfügen will, dass das natürlich auch nicht das Leben aller Deutscher widerspiegelt. Dort findet man natürlich auch jede Menge Armut, harte Arbeit und Eintönigkeit.) Aber ich weiß, dass das meine europäische Sichtweise ist, die den Beninern nicht gerecht wird. Denn zumindest diese andere Art der Freizeitgestaltung liegt nicht nur an finanziellen Gründen, sondern auch an einem kulturellen Unterschied. Und so bemühe ich mich, das Land und die Leute durch beninische Augen zu sehen. Die Leute wachsen hier ganz anders auf, lernen den Alltag ganz anders kennen und finden andere Wege als Konsum, um glücklich zu sein.

Unerfüllte Träume

Hungerlöhne, fehlende Chancen und dazu noch ein verzerrtes Bild von Europa: Fast alle haben hier den großen Traum von Europa. Mal werde ich eher scherzhaft von jemandem gefragt, ob ich die jeweilige Person nicht einfach mitnehmen kann, mal ganz ernsthaft. Und das oft mehrmals die Woche… Und irgendwie kann ich die Leute natürlich verstehen. Es ist ja auch ganz schön ungerecht, dass jedes vierte Kind unter 14 Jahren in Benin arbeiten muss und oftmals nicht in die (kostenpflichtige) Schule gehen kann. Es ist ja auch ganz schön ungerecht, dass ich schwupps di wupps innerhalb von einem Tag mein Beninvisum erhalten habe und es andersrum für die meisten Beniner nahezu unmöglich wäre, an ein deutsches Visum zu kommen. Es ist ja auch ganz schön ungerecht, dass ich einfach studieren kann, was ich will und sich viele Menschen in Benin noch nicht einmal einen Ausbildungsplatz leisten können – der kostet hier nämlich und Geld verdient man dabei keines. Und trotzdem versuche ich, in diesen Gesprächen die Vorzüge von Benin darzustellen. Manchmal erkläre ich aber auch ganz direkt das Visum- und Arbeitsrechtproblem oder versuche das Gespräch scherzhaft zu lösen: „Na klar, dann falte ich dich einfach ganz klein und stecke dich in meinen Koffer rein!“

Zwei Welten

Generell fühlt es sich für mich manchmal komisch an zwischen diesen Welten zu stehen. Zusammen mit den Kindern fühle ich mich schon eher beninisch. Wenn ich in meinem Zimmer sitze fühle ich mich eher deutsch. Ich konsumiere deutsche Medien, lese deutsche Bücher oder schreibe mit deutschen Freunden/Familie. Wenn ich mit anderen Volontären unterwegs bin, ist es ein Mix: Dann spreche ich deutsch, unterhalte mich aber sowohl über Deutschland als auch über Benin und mache ggf. beninische Sachen, wie handeln, beninisch Essen etc. Auch durch jeden „Yovo“-Ruf wird mir vor Augen geführt, dass ich hier nicht direkt heimisch bin, weswegen ich fast jedem Rufenden auf die Nase binde: „Hallo, wie geht´s? Aber nenne mich nicht Yovo, sondern lieber Tata.“ Andererseits nennen sie mich durchaus oft bewusst Beninerin, wenn ich die beninische Kleidung trage: „Ah la béninoise“. Auf Reisen und in meiner Freizeit – je nachdem was ich mache – fühle ich mich zwar relativ schnell touristisch, ein Gefühl, das ich gar nicht mag. Aber bei der Arbeit und im Alltag sehe ich mich als beinahe gleichwertige Beninerin, oder zumindest nicht als Fremde, an.

Krankheiten

Während Valerie bisher mehr mit inneren Krankheiten (Bauchweh, Malaria, etc.) zu kämpfen hatte, war es bei mir eher das Äußere. ( <- Diesen Satz hatte ich schon vor einer ganzen Weile geschrieben, mittlerweile muss ich ihn revidieren. Genau in diesem Moment, wo ich den Eintrag nochmal überlese, sitzt Valerie beim Dermatologen ;)). Da unser Viertel Zogbo an einem See gelegen ist, wimmelt es neben den üblichen Moskito auch von kleinen Fliegen, die ihre juckenden, roten Stiche sorgfältig auf unserer Haut verteilen. Und ich bin leider wirklich keine Meisterin darin, den Juckreiz zu unterdrücken, sodass bei mir schnell Wunden entstehen. 2023 war es damit auch gegessen: Stich ->Wunde -> Narbe. Aber seit 2024 musste ich noch ein paar andere Erfahrungen machen: Mitte Januar kam die erste Infektion, besonders schlimm traf es meinen linken Fuß, der ganz dick wurde und beim Auftreten schmerzte. Und so wurde mir vom Arzt Antibiotikum verschrieben. Dieses hat zum Glück gut gewirkt und der kleine Schreck war vorbei. Mitte Februar kam dann erneut eine Infektion. Diesmal tat es zwar nicht weh, aber sämtliche Wunden wurden rot und von Tag zu Tag größer. Betroffen war hier hauptsächlich mein rechter Unterarm und meine Unterschenkel. Während des Zwischenseminars, ließ ich mir in einer Apotheke zum zweiten Mal Antibiotikum geben, was auch bedingt wirkte. Nachdem ich es allerdings beendet hatte, waren die Wunden immer noch nicht ganz weg und fingen erneut an zu wachsen. Diesmal versuchte ich es mit sämtlichen Cremes und Verbänden. Obwohl ich längst nur noch lange Hosen und meinen bodenlangen Rock trug, um niemandem diesen Anblick zuzumuten und unangenehmen Fragen aus dem Weg zu gehen, die ich trotzdem die ganze Zeit gestellt bekam, drückte ich mich aus gewissen Gründen vor dem Arztbesuch. Und das obwohl ich merkte, wie die Wunden auch meiner Psyche zusetzten. Doch irgendwann Mitte März musste ich einsehen, dass es wohl die einzige Lösung sei, der Dermatologie einen Besuch abzustatten. Es war ein ziemlich lustiger Arztbesuch und ich fühlte mich in guten Händen. Und tadaaa: Von da an sah ich dank der vom Arzt verschriebenen Produkte überglücklich Tag für Tag wie die Wunden schrumpften und schließlich verschwanden. Endlich fühlte ich mich wieder wohl in meiner Haut und kann seit dem meine Freude an den beninischen Outfits wieder ausleben!

Vielleicht noch ein paar Sätze zu dem Gesundheitssystem für die Beniner: Rein theoretisch gibt es zwar Krankenversicherungen, diese übernehmen aber nur Teile der anfallenden Kosten und sind lediglich unter den Reichen verbreitet. Es gibt öffentliche Erstversorgungskrankenhäuser, für die einfachere Bevölkerung, die nicht all zu teuer sind. Und zu dem gibt es wenige Hilfsprojekte, die z.B. kostenlose HIV-Tests und die darauffolgenden Medikamentenkosten bei positiven Ergebnissen übernehmen. Tatsächlich war es für mich anfangs etwas ungewöhnlich, dass man hier nicht wirklich zum Hausarzt, sondern immer direkt in eines der zahlreichen kleinen Krankenhäuser geht. Der Begriff „kleines Krankenhaus“ passt allerdings nicht zum Krankenhaus CNHU (Centre National Hospitalier Universitaire), welches das größte Krankenhaus Benins und eine Universitätsklinik ist. Das ist das Krankenhaus, wo ich die Dermatologie besucht habe und ich musste eine halbe Stunde über das Krankenhausgelände laufen, nur um diese zu finden.

So ich hoffe ihr seid jetzt nicht trüb gestimmt nach diesem etwas negativeren Blogeintrag. Ich bin es jedenfalls nicht! Ich glaube nur, dass es relativ wichtig ist alle Seiten zu beleuchten, sowohl Schatten- als auch Lichtseiten und freue mich deswegen diesen Blog nun doch hochgeladen zu haben, auch wenn er relativ lange in meinen Entwürfen lag.

Liebe Grüße und schönen Tag!

Teresa

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Geburtstagskind https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/05/06/geburtstagskind/ https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/2024/05/06/geburtstagskind/#comments Mon, 06 May 2024 18:24:43 +0000 https://blogs.donboscovolunteers.de/mittendrininbenin/?p=1034 Die Sonne strahlt, die Vögel zwitschern und es ist Dienstag. Meine Mama hätte eigentlich das gute Recht heute ihren 30. Geburtstag zu zelebrieren, aber vorerst halte ich sie von einer feierlichen Stimmung ab. Denn genau jetzt möchte ich das Licht der Welt erblicken. Irgendwann zwischen 8 und 9 Uhr am Morgen ist das kleine Wunder […]

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Die Sonne strahlt, die Vögel zwitschern und es ist Dienstag. Meine Mama hätte eigentlich das gute Recht heute ihren 30. Geburtstag zu zelebrieren, aber vorerst halte ich sie von einer feierlichen Stimmung ab. Denn genau jetzt möchte ich das Licht der Welt erblicken. Irgendwann zwischen 8 und 9 Uhr am Morgen ist das kleine Wunder schließlich vollbracht und das angeblich „tollste Geburtstaggeschenk“, verpackt mit dem eigenen Körper, liegt offen da. Und schreit erstmal ganz schön laut! Doch von diesem Tag an feiert meine Mama nie wieder alleine Geburtstag 🙂 Jener 03. Mai. 2005 jährt sich dieses Jahr zum 19. Mal. Wie schön, dass ich ihn heuer nicht mit rund 60 weiteren jungen Menschen in der Turnhalle verbringen und Aufgaben büffeln muss. Wobei ich trotz Matheabi einen sehr schönen 18.ten hatte. Und so sind es heute nicht meine Mitschüler, Lehrer und Familie, die mir ein Ständchen singen, sondern Kinder, Schwestern und Präaspirantinnen. Obwohl ich natürlich auch sehr viele liebe Glückwünsche aus Europa bekommen habe, danke!!! <3

Nachdem ich mich ein bisschen herausgeputzt habe, man wird schließlich nur einmal 19, treffe ich mich gegen 7:00 Uhr mit einer im Foyer lebenden jungen Mutter, um sie zu ihrem nahegelegenen Praktikumsplatz in einem Restaurant zu begleiten. Sie macht aktuell das dreimonatige Praktikum, das alle Azubis im Maison de l´Espérance nach ihrer neunmonatigen Ausbildung machen und es interessiert mich, wo und wie sie das Praktikum verbringt. Danach gehe ich zur Bank und begebe mich an einen Bouilliestand, um zu Frühstücken. Bouillie ist eine Art Brei, wobei die Konsistenz wesentlich flüssiger ist, bestehend aus Wasser und Mehl. Je nachdem welches Mehl man verwendet schmeckt die Bouillie verschieden. Die häufigsten sind wohl Hirse- und Maisbouillie. Aufgepeppt wird das ganze je nach belieben mit Nüssen, Zucker oder Kondensmilch. Dazu isst man oft Baigné, frittierte Bällchen aus Weizenmehl. Und fertig ist das Lieblingsfrühstück der Beniner.

Um ca. 9:30 Uhr kommt dann auch Valerie, die die Nacht, sowie auch die darauffolgende, noch bei ihren Eltern verbracht hat. Und wiederum eine Stunde später startet unsere Session in der alternativen Grundschule: Gruppenspiele mit der Klasse 1B. Noch bevor wir auf den Pausenhof gehen, lässt Valerie die Klasse für mich ein Joyeux-Anniversaire-Ständchen anstimmen, ein schöner Moment. Zwei französische Praktikantinnen, die für sechs Wochen hier arbeiten, helfen uns heute und nachdem wir Spiele wie Affentratzen, Empampi usw. gespielt haben, gibt es noch eine Tanzeinlage, bei der wir ganz schön abgehen. Die Mittagpause verläuft eher ruhig, u.a. mit Atasi und einem Schläfchen. Und auch später im Foyer ist nicht allzu viel los. Allerdings kommen Valerie und ich ins Gespräch mit einer französischen Hebamme, die für zwei Jahre in Benin lebt und dem Foyer an diesem 3. Mai einen Besuch abstattet. Valerie und ich löchern sie regelrecht mit Fragen, aber das Thema ist auch einfach zu spannend. Ich gebe euch mal ein paar Gesprächsinfos mit: „An sich sind die Mittel für europäische Geburten wesentlich ausgebauter, bzw. überhaupt da. Und europäische Frauen sind meist in einem besseren gesundheitlichen Zustand aufgrund der medizinischen Versorgung. Dafür sind beninische Frauen beim Gebären generell entspannter, machen sich also nicht so viele Gedanken, was sich positiv auf die Geburt auswirkt.“ Die Hebamme meint auch, dass Beninerinnen es besser schaffen auf ihren Körper zu hören. Außerdem haben viele Frauen schon mehrere Kinder daheim, was es dann auch vereinfacht. Aber leider flunkern sie oft ein bisschen, bei für die Hebamme wichtigen Fragen, da sie nicht ins große Krankenhaus möchten. Geburtsvorbereitungskurse gibt es in Benin leider kaum.

Als wir das Foyer gegen 18:00 Uhr verlassen und einen Kuchen aus einer Backmischung backen, die uns die Schwestern vor Ewigkeiten geschenkt hatten, stellt sich mir schön langsam die Frage, ob es wohl noch eine kleine Feier am Abend geben würde. Irgendwie hat mir nämlich keine der Schwestern, die ich schon zahlreich gesehen hatte, gratuliert und die Präaspirantinnen wussten auch nur Bescheid, weil Valerie ihnen diese Info zugespielt hatte. Schließlich kommt aber doch noch die Oberschwester auf mich zu, umarmt mich glückwünschend und lädt mich zum Abendessen ein. Die Präaspirantinnen sind im Foyer und eigentlich alle Schwestern sind sehr überrascht, als sie von meinem Geburtstag erfahren, weswegen ich gedanklich ein bisschen enttäuscht schon damit abschließe, was sonst jeden Geburtstag passiert und definitiv das Highlight darstellt. Doch zum Glück wird mir bewiesen, dass ich die Schwestern eindeutig unterschätzt habe und voilà, somit möchte ich euch nun vorstellen, wie Schwestern, Präaspirantinnen und Volontäre in Cotonou Geburtstag feiern:

Nachdem ich mit dem Essen fertig bin und mich gerade mit Sr. C. über das Maison de l´Espérance unterhalte, nehme ich auf dem Gang vor dem Essensraum die Präaspirantinnen wahr. Dann wird es dunkel. Und darauf hin folgt ein von einer Trommel begleiteter Gesang. Die 8 Präapirantinnen und ein Teil der Schwestern tanzen singend in einer Art Polonaise um die Tische. Als alle zum stehen kommen, wird das jedes Mal so euphorisch klingende „Joyeux Anniversaire …“ angestimmt, danach „Happy Birthday“ und zu guter Letzt sogar „Viel Glück…“ (auch wenn beim deutschen Text das Gesangsvolumen nicht mehr ganz so ausgeprägt ist 😉 ). Als i-Tüpfelchen wird mir ein Geburtstagkuchen mit der Aufschrift „Joyeux Anniversaire Tereza“ vor meinen hübsch geschmückten Platz gestellt. Vor Glück grinse ich wie eine ganze Herde Honigkuchenpferde, zumindest merke ich wie meine Backen schon schmerzen. Das Licht wird angeschaltet und ich darf feierlich die Kerzen ausblasen. Darauf hin folgt das Kartenlesen (normalerweise bereiten Valerie und ich auch immer brav eine vor). Zum einen liest mir eine der Schwestern nun eine Karte vor, zum anderen zwei der Präaspirantinnen: „Cotonou, le 03. mai 2024…“. Weil ich ein generell recht tollpatschiger Mensch bin versenke ich kurz vor dem nächsten Programmpunkt erstmal meinen Ärmel in der Sahne auf der Torte, was ich irgendwie zu verbergen versuche. Und dann wird mir mit dem feierlichen „Cadeau“ (Geschenk)-Song das Cadeau überreicht: Eine Tasche aus dem Don Bosco Schneideratelier und Kekse. Nun darf ich den Kuchen anschneiden. Wobei es dazugehört, dass man zuvor ein Wort sagt, dass daraufhin alle gemeinsam Buchstabieren: „Unité“ (Einheit), verkünde ich. Egal welcher Herkunft wir stammen, egal welche Hautfarbe wir haben, wir sind alles Menschen und bilden trotz unserer Verschiedenheiten eine Einheit. Nachdem ich mein Stück Kuchen halb verputzt habe, fordern mich die Präaspirantinnen zu einem Tanz auf. Später nachdem alle Tische abgeräumt und Teller gewaschen sind husche ich ins Foyer. Sogleich finden sich ein paar Mädchen, die mit mir Solo spielen wollen und ich schlittere knapp am letzten Platz vorbei. Beim Abendwort singt das ganze Foyer für mich und lässt den Tag mit all seinen Begegnungen und seiner Liebe ausklingen!

Am nächsten Morgen breche ich nach dem Putzen im Schwesternhaus zum Hotel von Valeries Eltern auf. Mit Zems düsen wir zum einzigen mir bekannten Badestrand und verbringen dort die nächsten Stunden, teils im Trockenen, teils im Wasser. Dann muss ich mich auch schon spurten, denn um 16:00 Uhr ist Party angesagt. Um ca. 15:00 Uhr erreiche ich das Schwesterngelände auf dem der Volontär Johann schon auf mich wartet, er ist extra aus Dassa angereist. Gemeinsam kaufen wir eine große Tüte belegte Baguettes, ich dusche rasch und es werden letzte Vorbereitungen getroffen. Dann kann es losgehen! Die Gäste trudeln nach und nach ein: Sowohl Volontäre als auch Einheimische und Valeries Eltern, die müssen allerdings im Laufe des Abends zum Flughafen. Wir bilden eine nette Truppe von 13 Leuten und das Beste: Ich hatte noch nie so schöne Gäste, denn nicht auch nur einer wagt es gegen den Dresscode „traditionell beninische Kleidung“ zu verstoßen 😉 Die Feier findet auf der großen Dachterasse, dem vierten Stock, der Schule Laura Vicuña statt, weswegen wir einerseits Privatsphäre haben, andererseits einen Bombenausblick. Auf der einen Seite hat man einen wunderbaren Überblick über Cotonou, ja man sieht sogar die Kräne des Hafens im Süden der Stadt. Auf der anderen Seite ist direkt der große See Nokoué, an den im Westen die Gebäude von Calavi und im Osten, ganz weit weg, die Lichter von (vermutlich) Porto Novo zu erblicken sind. Herrlich!

Besonders die beninischen Gäste animieren alle fleißig zum Tanzen und ich selbst fühle mich wie ein Flummi. Der um ca. 19:00 eintreffende Sonnenuntergang malt ein traumhaftes Bild über den Dächern Calavis und dem See. Später spielen wir noch Nicht-Lachen-Gruppenspiele (Valerie und ich sind dabei grandiose Scheiterinnen, ein Blick reicht schon und wir können uns nicht mehr halten) und „Action ou Vérité“ (Wahrheit oder Pflicht). Tatsächlich haben wir das große Glück die Party wegen eines anderen Don Bosco Festes der Schule Laura Vicuña, welches auf dem Pausenhof stattfindet, nicht um 22:00 Uhr beenden zu müssen, sondern können die Festlichkeiten bis Mitternacht ziehen.

Nachdem Johann, Valerie und ich um ca. 2:00 Uhr mit putzen, aufräumen und wischen fertig sind, müssen wir feststellen, dass die Präaspirantinnen den Schlüssel zu unserem Schlafgebäude von innen stecken lassen haben. Wir haben also die Möglichkeit alle mitten in der Nacht mit der schrillen Glocke wach zu schrecken, oder auf der angenehm kühlen Dachterrasse zu nächtigen. Die Entscheidung steht fest und so schlafen wir drei auf Stoffen in Stoffe eingewickelt hoch über den Dächern Cotonous. Ich hätte mir keine schönere Feier wünschen können und würde mich am liebsten einfach mit einem Fingerschnipsen wieder auf dieses Fest teleportieren. Danke an alle die dabei waren und danke nochmal an alle lieben Nachrichten aus Europa!

Fühlt euch gedrückt, eure Teresa.

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