Es einen Kurztrip zu nennen ist eigentlich sogar übertrieben. „Ausflug“ trifft es besser, da wir in Chennai nur eine Nacht verbracht haben. Und das ist ganz schön abgefahren, denn Chennai liegt am anderen Ende von Tamil Nadu (der Bundesstaat, in dem wir sind), 540 km entfernt und zehn bis elf Stunden Fahrt von uns entfernt. Dennoch mussten wir diese gefühlte Weltreise auf uns nehmen, um endlich das langersehnte Registrierungsdokument zu erhalten. Es ist ungelogen nur eine Seite mit einem Foto von mir und einigen Informationen zu mir und meiner Einsatzstelle. Warum die dafür so lange gebraucht haben, versteh ich immer noch nicht.

Na ja, zumindest kamen wir so zu unserer ersten Reise in Indien: Am 11. November mittags ging es gemeinsam mit Father Arokiam erstmal mit drei Bussen nach Madurai – ja aus unserem Dorf rauszukommen, ist nicht so ganz einfach – und von dort aus mit dem Zug weiter nach Chennai. Die Zugfahrt war super angenehm, nicht so wie man’s aus so manchen Videos kennt 🤪 Wir sind aber auch in einem sehr modernen Zug gereist, den es noch nicht so lange gibt. Da hab ich mich gleich ein bisschen wie im ICE zu Hause gefühlt.

Am nächsten Tag haben wir die kurze Zeit vor Ort voll ausgenutzt. Vormittags hat es geregnet und deswegen konnten wir das richtige Sightseeing-Programm nicht durchziehen, sondern Father Arokiam und ein Father aus Chennai haben uns einige Don Bosco Einrichtungen gezeigt.

Wir waren zuerst an einer Schule (hier haben wir auch übernachtet), die vom Konzept her wie unsere in Sayalgudi ist, jedoch um einiges größer, und anschließend ging’s weiter ins Provincial House und in eine Druckerei, in der benachteiligte Jugendliche eine Ausbildung erhalten. Manche Druckmaschinen waren sogar aus Heidelberg und wurden Lea und mir ganz stolz präsentiert. In den Einrichtungen wurden uns auch immer alle möglichen Leute vorgestellt. So viele Hände geschüttelt und Fotos gemacht mit so vielen unterschiedlichen Menschen habe ich an einem Tag auch noch nie. (Wir haben mal nachgezählt, es waren mindestens 25 😂)

Extrem cool war auch noch die Privatführung durch das „Loyola Institute of Business Administration (LIBA)“. Das ist eines der Top-Colleges in Indien und hat ein richtig großes und modernes Schulgelände. Es gehört aber nicht zu Don Bosco, sondern zu den Jesuiten. Trotzdem haben die Fathers das einfach mal so kurz klargemacht. Ein kurzes Gespräch mit dem Leiter des Colleges, auf das man normalerweise ein paar Stunden warten muss, und los ging’s. Ich hab mich echt null wie in Indien, sondern eher wie an einem amerikanischen College gefühlt. Da ist mir mal wieder aufgefallen, wie groß die Spanne zwischen Armut und Reichtum ist. Neben einem so krassen und vor allem auch sauberen Gelände befinden sich dann nämlich zerfallene Häuser, Müll und Obdachlose. Und das war nicht das erste Mal, dass mir das aufgefallen ist. In diesen Momenten wird mir immer wieder bewusst, was für ein Privileg es ist, diesen Freiwilligendienst machen zu können und dafür bin ich sehr dankbar!

Zurück zur Erzählung: Nachmittags hatten wir dann den Termin im FRRO-Büro. FRRO ist die Behörde, die den Aufenthalt von Ausländern in Indien überwacht. Eigentlich kann dieser Registrierungsprozess komplett online abgehakt werden. Bei uns haben die leider totale Faxen gemacht, sodass wir persönlich zu einem Gespräch – oder eher Verhör, so hat sich es nämlich angefühlt – erscheinen mussten. Zwei Frauen, die sehr grimmig geschaut haben und überhaupt nicht lächelten, haben uns alle möglichen Fragen über unsere Einrichtung und unsere Beweggründe für den Freiwilligendienst gestellt. Nach ungefähr 20 Minuten Bangen meinten sie dann, dass wir noch drei fehlende Dokumente einreichen müssen und dann die Registrierung bekommen. Hat jetzt ja endlich geklappt!

Das Glück war auf unserer Seite und am Nachmittag hat es aufgehört zu regnen, sodass wir doch noch einige Sehenswürdigkeiten besuchen konnten. Es ging an den 13 km langen Marina-Beach (da muss ich aber echt sagen, dass ich den Strand bei uns in Sayalgudi schöner finde 🙃), in die St. Thomas Basilica und noch zwei weitere Kirchen. Vor allem die letzte Kirche fand ich sehr beeindruckend. Ich weiß den Namen leider nicht mehr, aber ihr könnt sie euch auf dem Foto anschauen.

Dann wurde es auch schon wieder dunkel (die Sonne geht übrigens das ganze Jahr fast immer zur selben Zeit unter, so zwischen 18 und 18:30 Uhr) und nach dem Abendessen ging es mit dem Nachtbus wieder zurück nach Sayalgudi. Die Zugfahrt war definitiv angenehmer. Ich weiß jetzt, dass man mindestens fünf Stunden vor der Fahrt nicht mehr trinken sollte, denn Toilettenstopps werden nur sehr wenige gemacht. Und das ist bei 11,5 Stunden Fahrt semi optimal 🥴 Ziemlich verklatscht und mit nur sehr wenig Schlaf waren wir um 8 Uhr am 13. November wieder zurück und haben zum Glück den Tag freibekommen. Da wurde natürlich erstmal Schlaf nachgeholt!

Das war‘s für heute auch wieder! Bis bald! 🥰